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DRESDNER O PHILHARMONIE Dreieck, da sich der Leib dann übermäßig ein biegt, während der Kopf und der rechte Fuß voranstehen." Und auch auf Heinrich Heine wirkte „seine schauerlich bizarre Erscheinung“ in besonderer Weise, so sehr, daß es ihm wert erschien, niedergeschrieben zu werden („Flo rentinische Nächte“, 1836): „Das lange schwarze Haar fiel in verzerrten Locken auf sei ne Schultern herab und bildete wie einen du nklen Rahmen um das blasse, leichenartige Ge sicht, worauf Kummer, Genie und Hölle ihre unverwüstlichen Zeichen eingegraben hatten ... Auf der Bühne ... kam eine dunkle Gestalt zum Vorschein, die der Unterwelt entstiegen zu sein schien. Das war Paganini in seiner schwarzen Gaia: der schwarze Frack und die schwarze We ste von einem entsetzlichen Zuschnitt, wie er vielleicht am Hofe Proserpinens [Proserpina oder Persephone, Gattin von Pluto, dem Herr scher der Unterwelt] der höllischen Etikette vorgeschrieben ist; die schwarzen Hosen ängst lich schlotternd um die dünnen Beine. Die lan gen Arme schienen noch verlängert, indem er in der einen Hand die Violine und in der ande ren den Bogen gesenkt hielt und damit fast die Erde berührte, als er vor dem Publikum seine unerhörten Verbeugungen auskramte. In den eckigen Krümmungen seines Leibes lag eine schauerliche Hölzernheit ..., daß uns ... eine sonderliche Lachlust anwandeln mußte; aber sein Gesicht, das durch die grelle Orchesterbe leuchtung noch leichenartig weißer erschien, hatte alsdann so etwas flehendes, so etwas blödsinnig Demütiges, daß ein grauenhaftes Mitleid unsere Lachlust niederdrückte ... Aber alle ... mußten stracks verstummen, als der wunderbare Meister seine Violine ans Kinn | setzte und zu spielen begann.“ Und so wird wirklich von seinem Spiel etwas ausgegangen sein, was nicht in Worte zu fas- j sen ist. Seine atemberaubende Virtuosität und seine höchst vitale Kunstfertigkeit hat die |