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Es ist viel darüber gerätselt worden, warum Rossini in seiner zweiten Lebenshälfte nicht mehr auf der Woge seiner Erfolge schwimmen wollte, warum er sich so völlig als Schaffender aus der Kunstszene zurückgezogen hatte. Reich war er, berühmt genug auch. Das kann der Grund nicht, oder nicht allein, gewesen sein. Vielmehr - und das spricht wohl sehr für die Ernsthaftigkeit dieses Leichtfüßigen - sah er seine eigene Kunstauffassung sich überle ben, sah einen Wandel sich vollziehen zwi schen dem, was er wollte und konnte und dem, was ein veränderter Publikumsgeschmack zu verlangen schien. Er fühlte sich als „der letzte Klassiker“, wie er mehrfach gesagt und geschrieben hat und war einfach nicht mehr geneigt, für die romantische Welt und ein dar aus entstandenes überwiegend kleinbürgerli ches Publikum, das so ganz anders als jenes der großen Opernjahre seiner Jugend war, zu komponieren. „... und es wird nach mir noch schlimmer werden. Der Kopf wird über das Herz siegen: die Wissenschaft die Kunst zu grunde richten, und unter dem Übermaß von Noten wird, was man instrumental nennt, das Grab der Stimmen und des Gefühls werden. Möge es nicht dazu kommen!!!“ (1852). Er hat eben nicht auf dem Höhepunkt seines Erfolges leichtfertig seinen Genius verraten, sondern hellsichtig resigniert, auch wenn er dies gern hinter der Maske von buffoneskem Witz ver bergen wollte. 39 Opern hat er hinterlassen. Nicht alle hatten den gleichen Erfolg. Mißerfolge und Enttäu schungen waren darunter, Pfiffe und Buh-Ru fe, nicht immer gerechtfertigt, wie es eben so im Leben geht. Und doch hat er seit seinem „Tancredi“ und der „llaliana in Algeri" (beide 1813) einen unvergleichbaren Ruhm als Opernkomponist begründet. Neapels Operndi rektor, Domenico Barbaja, wünschte, ihn an sein Haus zu binden. Rossini komponierte für