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LSI« Kinder anderweitig durch häuslich« Unterweisung oder durch ordentlichen Be such einer andern vorschriftsmäßig eingerichteten öffentlichen oder Privatlehr- anstalt «inen regelmäßig«» und genügenden Unterricht in den Slementarkennt- nissen erhalten. §. 27. Befinden sich an einem Orte mehre christliche Ele mentarschulen, so bleibt den Regierungen überlassen, di« jüdisch«» Einwohner nbthigenfaür nach Maßgabe der Ort-verhältnisse entweder einer von diesen Schulen ausschließlich zuzuweisen oder unter dieselben nach einer bestimmten BezirkSabgrenzung zu vertheilen. §. 28: Zur Pheilnahme an dem christ lichen Religionsunterrichte sind die jüdischen Kinder nicht verpflichtet; eine jede Iüdenschaft ist aber verbunden, solche Einrichtungen zu treffen, daß eS keinem jüdischen Kinde während des schulpflichtigen Alters an dem crfoder- lichen Religionsunterrichte fehlt. Als besondere ReligionSlehrer können nur solche Personen zugelaffen werden, welche zur Ausübung eine« Lehramt« vom Staate die Erlaubniß erhalten haben, §. 28. Zur Unterhaltung der vrtk- schulen haben di« jüdischen Glaubensgenossen in gleicher Weise und in glei chem Verhältnisse mit den christlichen Gemeindegliedern den Gesetzen und be stehenden Verfassungen gemäß beizutragen. §. 3". Eine Absonderung von den ordentlichen OrtSschulen können die jüdischen Glaubensgenossen der Re gel nach nicht verlangen', doch ist den Juden gestattet, in eignem Interesse auf Grund diesfälliger Vereinbarungen unter sich mit Genehmigung der Schulbehörden Privatlehranstalten nach den darüber bestehenden allgemeinen Bestimmungen einzurichten. Ist in einem Ort oder Schulbezirk eine an Zahl und BermögenSmitteln hinreichende christliche und jüdische Bevölkerung vor handen, um auch für die jüdischen Einwohner ohne deren Ueberbürdung eine besondere öffentliche Schule anlegen zu können-, so kann, wenn sonst im all gemeinen Schulinteresse Gründe dazu vorhanden sind, die Absonderung der jüdischen Glaubensgenossen zu einem eignen Schulverband auf den Antrag des Vorstandes der Judenschaft angeordnet werben, tz. 31. Die Regierung hat in solchem Fall über die beabsichtigte Schultrennung und den dazu ent worfenen EiNrichtungsplan die Communalbchörde des Ort« und die übrigen Interessenten mit ihren Erklärungen und Anträgen zu vernehmen, §. 32. Er gibt sich hierbei ein allseitiges Einverständniß über die Zweckmäßigkeit der Schulabtrennung und über die Bedingungen der Ausführung, so ist die Re gierung befugt, die entsprechenden Festsetzungen und Einrichtungen unmittel bar zu treffen. Im Falle obwaltender Differenzen bleibt die Entscheidung dem Minister der geistlichen re- Angelegenheiten Vorbehalten. §. 33. Eine solche nach §§.38—32 errichtete jüdische Schule, in welcher die Unterrichts sprache die deutsche sein muß, hat die Eigenschaften und Rechte einer öffent lichen OrtSschule. Insbesondere gelten dabei folgende nähert Bestimmun gen: s) Die Errichtung und Unterhaltung dieser Schule siegt in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung den jüdischen Einwohnern des Schul bezirks allein ob. Die Aufbringung der erfoderlichtn Kosten wird nach Maßgabe der Bestimmung des §. 23 bewirkt, b) Wo die Unterhaltung der OrtSschulen eine Last der bürgerlichen Gemeinde ist, haben die jüdischen Glaubensgenossen im Falle der Errichtung einer eignen öffentlichen Schule eine Beihülfe aus Communalmitteln zu fodern, deren Höhe, unter- Berück sichtigung des Betrags der Communalabgaben der jüdischen Einwohner, der aus den Communalkaffen für das Ortsschulwesen sonst gemachten Verwen dungen und der Erleichterung, welche dem Communalschulwesen aitS der Vereinigung der jüdischen Kinder in ein« besondere jüdische Schule erwächst, zu bemessen, und in Ermangelung einer gütlichen Vereinbarung von den Ministern der geistlichen re. Angelegenheiten und des Innern festzusetzen ist. o) Die jüdischen Glaubensgenossen werden, wenn sie eine öffentliche jüdische Schule unterhalten, sowol von der Entrichtung des Schulgeldes als auch von ällen unmittelbaren persönlichen Leistungen zur Unterhaltung der ordent lichen OrtSschulen frei, cl) Der Besuch der öffentlichen jüdischen Schulen bleiht auf die jüdischen Kinder beschränkt. §. 34. Einwirkung auf den Lebensberuf jüdischer Knaben. Nach voll endetet Schulbildung der jüdischen Knaben haben die Vorsteher der Juden schaft unter eigner Verantwortlichkeit dafür zu sorgen, daß jeder Knabe ein nützliches Gewerbe erlerne oder sich auf wissenschaftlichen Lehranstalten einem höhern Berufe widme, und daß keiner derselben zum Handel oder Gewerbe betriebe im Umherziehen gebraucht werde. Sie haben sich deshalb zunächst mit den Vätern oder Vormündern zu vernehmen; wenn aber auf diesem Wege der Zweck nicht erreicht wird, so haben sie ihre Anträge an den be treffenden Magistrat resp. an den-Kreiklandrath zu richten, welcher die Vä ter oder Vormünder, Letztere unter Vernehmung mit der obern vormund schaftlichen Behörde, anzuhalten hat, daß den Knaben die erfoderliche Borbe- bereitung für einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Beruf oder für den Betrieb de« Landbaues oder eines andern stehenden Gewerbes zu Theil werde. §. 35. Zulassung zu öffentlichen Aemtern. Zu unmittelbaren StaatS- ämtern sollen die Juden insoweit zugelaffen werden, als sie sich durch den Dienst im stehenden Heere verfassungsmäßig CivilversorgungSansprüche er worben haben und mit den ihnen zu übertragenden Eivil- und Militairdien- sten nicht die Ausübung einer obrigkeitlichen Autorität verbunden ist. In wiefern die Juden mittelbare StaatS - und Communalämter bekleiden kön nen , ist nach den darüber ergangenen besonder» gesetzlichen Vorschriften zu beurtheilen. Es findet jedoch deren Eintritt anch in solche Aemter nur dann statt, wenn mit denselben die Ausübung einer obrigkeitlichen Autorität nicht verbunden ist. Behuf« Schlichtung streitiger Angelegenheiten unter ih- ben Glaubensgenossen könne» Juden zu SchicdSmännern gewählt-werden- An denjenigen Universitäten, auf denen nicht die Ausübung deS Lehramts statutenmäßig an da« Bekenntnlß einer bestimmten christlichen Confession ge knüpft ist, können JUden al« Privatdoccnten und außerordentliche Professoren der mathematischen, Naturwissenschaftlichen und medicinischen Lehrfächer zu gelassen werden. Außerdem bleibt die Anstellung der Juden als Lehrer auf jüdische UnterrichtSaüstaltt» beschränkt. §. 38. Ständische Rechte, Patronat rc. In Betreff der ständischen Rechte verbleibt es bei der bestehenden Verfassung, und soweit deren Aus übung mit dem Grundbesitz, zu dessen Erwerbung die Juden nach K. l überall besichtigt sind, verbunden ist, ruhen dieselben während ihrer Besitzzeit. Die 1 Verwaltung der Gericht«barkrit, wie des Patronats, desgleichen die Aufsicht ! über die CoMmunalverwaltung und über da« Kirchenvkrmöaen wird, wo i eine solcht Aufsicht der Gutsherrschaft zusteht, von der betreffenden Staat«- i und kirchlichen Behörde auSgeübt. Die Staatsbehörde hat den GerichtShal- ter und den Verwalter der Polizeigericht-barkcit zu ernennen. Der Besitzer i bl«ibt zur Tragung der damit verbundenen Kost«» und sonstigen Lasten ver pflichtet. Wo da« Patronat einer Commune zusteht, können di« jüdischen - Mitglieder derselben an dessen Ausübung keinen Theil nehmen; sie müssen aber die damit verknüpften Reallast«» von ihr«» Besitzungen gleich andern : Mitgliedern der Commune tragen, auch sind sie al« ansässige Dorf- oder ; Stadtgemeindemitglieder verpflichtet, von ihren Grundstücken sowol die dar- > auf hastenden kirchlichen Abgaben, al« auch die nach Maßgab« dr« Srund- besitzes zu entricht«nd«n Beiträge zur Erhaltung der Kirchensystewe zu tragen. §. 37. Gewerbebetrieb. Die für den Gewerbebetrieb im Umhe»zieh«n > in Betreff der inländische» Juden bestehenden Beschränkungen werden aufge- - hoben. Auch der Betrieb der in den §§. 51, 52, 54 unb.55 der Gewerbe- : ordnung vom 17. Ja». 1845 genannte» Gewerbe wird den Juden fortan > freigegeben; jedoch'finden auch hier die Vorschriften de« §. 35 Anwendung, - wenn mit dem Gewerbebetrieb ein Staat«- odex EMmunalamt verbunden ist. §.38. Familiennamen. Führung der Hand«lSbüch«rrc. Die Juden sind - zur Führung fest bestimmter und erblicher Familiennamen verpflichtet. Sir > haben sich bei Führung ihrer Handelsbücher entweher der deutschen öder der - sonstigen, unter der Bevölkerung ihre« Wohnort« üblichen Landessprache und ! deutscher oder lateinischer Schriftzüge zu bedienen. HandlungSbücher, in - welchen gegen diese Vorschrift verstoßen ist, haben für den Juden keine B«- > weiskraft. Bei Abfassung von Verträgen und rechtlichen Willenserklärungen, l wie bei allen vorkommenden schriftlichen Verhandlungen ist ihnen nur der ' Gebrauch der deutschen oder einer andern lebenden Sprache , und deutscher : oder lateinischer Schriftzüge gestattet. Im Uebertretungsfalle trifft sie eine fiScalische Geldstrafe von 5V Lhlr. oder sechSwöchentliche« Gefängniß, §. 39. Zeugeneid. WaS die Verpflichtung zur Ablegung eidlicher Zeug- l niffe und die, diesen Zeugnissen beizulegende Glaubwürdigkeit betrifft, so fin- - det sowol in Civil- als Criminalsachen zwischen den Juden und unsern übri gen Unterthanen kein Unterschied statt. §. 49. Ehen zwischen Juden. So lange «in Andere« nicht verordnet wird, vertritt unter Juden die Zusammenkunft unter dem Lrauhimmel und da« feierliche Anstecken des Ringes die Stelle der Trauung; da« Aufgebot erfolgt durch Bekanntmachung in der Synagoge. Der di« Trauung vollzie hende Jude ist verpflichtet, zu prüfen, ob derselben ein gesetzliche« Hinder niß entgegensteht, und insoweit von ihm hierbei den bestehenden Vorschriften zuwider gehandelt wird, verfällt derselbe in 58 Lhlr. fiScalische Geld- oderr sechSwöchentliche Gefängnißstrafe. Für den Fall, daß vorhandene Ehehinder- nisse ihm vor der Trauung bekannt gewesen sind, wird diese Strafe verdop pelt. In Pen zum Bezirk des OberapvellationSgerichtS zu Köln, gehörigen LandeStheilen bewendet cS bei den über das Aufgebot und die Vollziehung der Ehe gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten. §.41. Ausländisch« Jü dinnen erlangen durch die Verheirathung mit inländischen Juden,Hi« Recht«, welche das gegenwärtige Gesetz gibt, jedoch nur auf vorgängigen Nachweis darüber, daß die Verheirathung diesseitiger Jüdinnen mst Juden de« betref fenden Auslandes dort ebenfalls gesetzlich zugelaffen ist. Ais dahin ist die Trauung untersagt. Die ausnahmsweise Gestattung de« Aufenthalt« im Jn- lande vor Führung diese« Nachweise« hängt von der Genehmigung de« Mi nisters des Innern ab. Die Trauung eine« ausländischen Juden mit einev Inländerin darf nur dann erfolgen, wenn neben den durch die bestehenden - Gesetze bereits vorgeschriebenen Ersoderniffen auch noch , zuvor ein gehörig beglaubigtes Attest der OrtSobrigkeit seiner Heimat beigebracht und der Po- lizeiobrigkeit deö Wohnorts der inländischen Jüdin vorgelegt worden, nach welchem eS ihm seinen LandeSgesetzen zufvlge erlaubt ist, eine gültige Eh« mit der namentlich zü bezeichnenden Braut in diesseitigen Landen zu,.schliß ßen, sodaß bei seiner Rückkehr in die Heimat der dortigen Mitaufnahme sei ner Ehefrau und der in der Ehe etwa erzeugten Kinder nicht«' im Weg« steht. Der Jude, welcher, diesen Vorschriften entgegen, eine Trauung zwi schen einer fremdenJüdin und einem inländischen'Juden oder zwischen einem ausländischen Juden und einer inländischen Jüdin vollzieht, verfällt in die §. 48 angedrohte Strafe. §. 42. Niederlassung und Aufenthalt fremder Juden- Zur Niederlas- sung ausländischer Juden bedarf e« vor Ertheilung der Naturalisationsurkunde der Genehmigung des Ministers deS Innern. Ausländische Juden dürfen ohne eine gleiche Genehmigung, weder als Rabbiner und Synagogenbeamt« noch ass GewerbSgehülfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten angenommen werden. Die UeberschreitUng diese« Verbot« zieht gegen die, betreffenden In länder und den fremden Juden, gegen Letztern, sofern er sich bereits länger al« sechs Wochen i» den diesseitigen Staaten aufgehalten hat, eine fiScalische Geldstrafe von 28—388 Lhlr. oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe nach sich. Fremden Juden ist der Eintritt in da« Land zur Durchreise und zum Betrieb erlaubter Handelsgeschäfte nach näherm Inhalt« der darüber beste hend«» polizeilichen Vorschriften gestattet. In Betreff der Handwerksgesellen bewendet es jedoch bei den Bestimmungen der Ordre vom 14. Oct. 1838 und den mit auswärtigen Staaten besonders geschlossenen Verträgen. §. 43. Schuldverhältnisse und besondere Abgaben. Die über di« Schuld- verhältnisse einzelner jüdischer Korporationen ergangenen Vorschriften und besonders getroffenen Anordnungen bleiben bis zur Tilgung dieser Schulden in Kraft. Ueber die Aufhebung und Ablösung der noch bestehenden persön lichen Abgaben und Leistungen der Juden an Kämmereien, Grundherren, Institute rc., bei denen eS zur Zeit s«!n Bewenden behält, wird weiter« De- timmung Vorbehalten. . V Abschnitt II. Betreffend die Verhältnisse der Juden im GroßherzogthuM Posey. §. 44. Judenschaften. Di« Vorschriften deS Abschnitte I. §§. 2 —14 we- ,cn Bildung von Judenschaften finden auf das Großhcrzogthum Posen, wo- elbst den Juden bereits CorporationSrechte gesetzlich bcigelegt find, mit soll ender Maßgabe Anwendung: l) Die Regierungen sind ermächtigt, Ort- chasten, welche bisher zu keiner bestimmten Iüdenschaft gehört Haven, »ach mherer Vorschrift des §. 2 einer solchen einzuverleiben. 2) Die nach §§. 5—7 der Verordnung vom >. Jun. 1833 eingesetzte Verwaltungsbehörde bildenden Vorstand der Iüdenschaft. 3) Zur Aufnahme von Schulden, , zur Anstellung von Processen und zur Abschließung von Vergleichen über Gerechtsame der Corporationen oder über die Substanz des Vermögens der Judenschaft, wie ür Aufstellung des Verwaltungs-Etats und zu außeretatSmäßigen Ausgaben st die Genehmigung der Regierung erfoderlich.