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Beilage zur ^Weißeritz - Leitung" 10l. Jahrgang Sonnabend, am 2 November 1938 Nr. 286 DMnMe - MI» MM na» SEIM» Zuerst ruhte Mount Evero" mar. durch ser Schiffchen so grob wie ein mir in meinem Kanonenschüsse zum Beidrehen, und dann kamen Boote , voll Blaujacken mit aufgepslanzten .Bajonetten herange-lieht. von anderen Leuten, so erhält schossen. Ich war wütend und traurig, weil ich die un- man es gewöhnlich. Ist man aber in schlimmer Lage und regelrecht down and out, so gibt einem selbst der Teufet Fortsetzung folgt.) zu die besaß ich und meine im Lause entwöhnt zu Pferde zu erstürmen. Es gab ein ent setzliches Gemetzel, reihenweise legten Ma nisse nieder. Eine Maschine nicht, konnte auch keine mieten. Schrift war, da ich mich ihrer der letzten fünf Jahre fast Und eines Tages lagen Mexiko und do. Seen Talco, Tochimilco und Tezcoco vor uns. Ein gewaltiger Schrei brach aus unseren Kehlen, und mir ritten hinab. Car ranza war nach Vera Cruz geflohen, und die Bevölkerung empfing uns jubelnd, überschüttete uns mit riesigen Massen von Nasen und Zetteln, auf denen Gedichte ge druckt waren. Nach wenigen Wochen, in denen ich mit den Indianern erst auf Schloß Chapultepec garnisonierte und un ter den Zedern spazierenging, die schon über Montezuma und Kaiser Max ge- rauicht hatten, setzt,?n wir uns nach Pueb la, der „Stadt der Engel", in Bewegung. Dart gab es eine erbitterte Schlacht, und wir mußten zurück. Auch in der Haupt stadt konnten wir uns nicht halten. Emilio Zapata mit seinen Horden ließ uns im Stich. Wieder ging es nordwärts. In Saltillo lag General Obregon wohlver schanzt, und diese feuersprühende, stachel- drahtumgebene Stellung versuchten wir. reichen Handwerkern und Stadtröten, de ren beleibten, täglich ihren Frühschoppen machenden Vätern man keinen verlorenen Krieg ansah, wie sie schamlos lachend Ar beitslosenunterstützung bezogen. Ich be kam keine, wollte auch keine und habe nie, so schlecht es mir auch ost in der Folge ging, solche verlangt. Ich brachte es gleich zu Anfang nicht fertig, in meinen guten amerikanischen Kleidern und dein mit Kohlrüben gefüllten Magen, zu den Behörden zu gehen und seelisch Spieß ruten zu laufen. Das überließ ich den Söhnen der roten Stadtröte, falls sie io etwas verspürt haben sollten! Gerne wäre ich wieder zur See gegangen, aber Deutschland besah keine Schisse mehr Elend sah ich auf der ganzen Linie oder wahnsinnigen Vergnügungstaumel feister Schieber und die Internationale predi gende rote Genossen. Es war — es gibt ein gutes, zwar drastisches, aber deutsches Wort dafür: — zum Kotzen! Zuerst schrieb ich meine Meriköerleb- krieg treiben, indem wir kleine amerikanische Dampfer durch Notsignale anzuhalten gedachten. Dann wören wir an Bord gegangen, hätten mit unseren Pistolen die Mann schaft in die Boote gezwungen, um nachher die Ventile zu öffnen und den Kasten voll Wasser lausen zu lassen. In dunkler stürmischer Nacht paddelten wir an Bord, lie ßen den Anker samt Kette auf dem Meeresboden liegen, hißten Segel und fuhren ohne Lichter aus der Bai nach Süden. Der Steuermann und ich mußten anfangs die ganze Arbeit tun, denn die beiden anderen wurden jäm merlich seekrank und stöhnten nach ihrer Mutter. Lustig fuhren mir den Golf hinab. Es war Proviant an Bord, und wir ließen es uns wohl sein. An der Gaffel flatterte 'die schwarz-weiß-rote Flagge, die das Hafenliebchen des Steuermannes aus alten Seidenunterröcken genäht hatte. Nach neun Tagen, auf der Höhe von Mazatlan, zwang uns der amerikanische Hilfskreuzer „San Diego", der gegen un ¬ gebundene Freiheit, in der ich jahrelang geschwelgt hatte, nun untergehen sah. Als die amerikanischen Matrosen über unsere Reling kletterten, wollte ich mich erst erschießen, warf aber den Revolver ins Wasser. Sie schrien: „Hands up!", „Hände hoch!", die anderen taten es, mir kam aber die ganze Situation so komisch vor, daß ich meine Pfoten in die zerlumpten Taschen steckte und die Eroberer mit einem brüllenden Gelächter bewillkommnete hatte, miserabel. Der Manuskript inhalt sicher auch! Jedenfalls kamen meine „Glücksritter" regelmäßig von ungefähr zwanzig Verlegern zurück, und ich ver brannte sie deshalb. Schrieb neue. Gleich stapelweise, denn ich hatte Blut geleckt, als eine kleine Zeitung mehrere meiner „Tro pischen Stimmungsbilder" abdruckte. Geld bekam ich keines dafür, ich mochte rekla mieren, so oft ich wollte, man ignorierte mich einfach. Es ist dies sonderbar, und Leben ost ausgefallen: Wenn es einem gut ich rpich. Zum ersten Cello.in einem CafS. ! , , ..... . primitiven mexikanischen Indianekmsthoden, uNv die Cello spielerin hielt mich deshalb zum Narren. denn hier regiert die rote Korruption und ihre Genossen!" ich mich aus. Und ich sah Söhne von In Charleston kamen wir auf den früheren österreichi schen Lloyddampfer „Martha Washington", und es ging durch den Atlantik und die minenverseuchte Nordsee nach Rotterdam. Ein Extrazug brachte uns nach herzlichem Empfang durch das Rote Kreuz nach Wesel. Wir hatten eine schwarz-weiß-rote Flagge vorn aus der Maschine, aber sobald wir bei Emmerich die Grenze passierten und in unsere Heimat kamen, zwangen uns Kommunisten, sie abzunehmen. Eine Militärkapelle und die halbe Bevölke rung nahm uns in Empfang, und mit sehr merkwürdigen Gefühlen kam ich in die Kaserne zu Wesel. Ueberall sah ich leere Läden, verhungert aussehende, fadenscheinig ge kleidete Menschen mit bedrückten sorgenvollen Mienen, Sol daten der Freikorps, die oft noch halbe Kinder waren. Wir wurden mit Massen von Zeitungen und Flugblättern der Kommunisten überschüttet. Für uns. die mir aus einem Siegerlande kamen, wo niemand körperliche Not o-l'"-»^ hatte, war diese Heimkehr sehr traurig. Traurige Heimkehr Nach wenigen Tagen erhielten wir Brotkarten und Reisegeld und fuhren weiter in verschiedenen Richtungen nach Deutschland hinein. Meine Ankunst zu Hause in Karlsruhe, das ich vor fünf Jahren verlassen, mar merk würdig. Gefühle bestürmten mich, als ich die Not der Meinen sah, über die sich weder reden noch schreiben läßt. Ich empfand nur in einer Art dumpfresignierter Gewiß heit: „In Deutschland kannst du keine Wurzel mehr finden. nichts, denn dieser gehörnte Herr ist seit seinem Reinfalk mit Doktor Faust mißtrauisch gegen das Menschenvolk ge worden und zeigt sich nicht mehr. Ich befaßte mich also mit dem Verkauf von Zigaretten an kleine Wirtschaften. Mein Lieferant war ein Gauner. Die Glimmstengel waren nämlich mit „Wald und Heide" gefüllt, nur die oberste Lage der Packungen enthielt Tabak. Außerdem waren die Steuerbanderolen gefälscht. Das erfuhr ich erst später. Stets war ich von einer wilden und traurigen Sehnsucht nach den Ländern unter dem Aequator erfüllt. Aber es gab ja keine Schiffet Ein paarmal holte ich einige Kartons Pirmasenser Schuhe über den Rhein. Aber es war eine gefährliche Sache, nachts in einem Nachen über den Strom zu setzen. Man konnte leicht ertrinken oder angeschossen werden, auch lohnte sich der Verdienst nicht. Wiederholt packte ich mei nen Rucksack, nahm eine Decke mit und wanderte tagelang im Schwarzwald herum. Abends zündete ich ein Feuer an. rauchte meine Pfeife und starrte in die rauschende harzduftende Dunkelheit. Nachher rollte ich mich in die Decke. Das war herrlich und erinnerte mich an die Ver gangenheit! — Später machte ich einen Handelskurs mit, fand auch etwüs durch Uebersetzungen zu tun. Dann gab ich Privatunterricht In fremden Sprachen, war auch an einer Privatschule als Lehrer für Englisch und Spanisch angestellt und leitete eine Filiale. Es war ein mageres und anstrengendes Brot. Täglich gab ich sieben bis elf Stunden an einzelne Schüler und kleine Klaffen nach der : S. Fortsetzung. Unter den angemorbenen Rekruten fand eine Spaltung Satt, dreihundert davon wollten nicht nach Nogales, sondern n den Nachbarstaat Chihuahua, wo General Villa mit fei ler Armee stand. Diese dreihundert führte ich an. Einer )avon entpuppte sich als ein zwar echter Indianer, aber As ein solcher der in Kalifornien das Doktorexamen be- itanden und dann vor Heimweh zu den Seinen zurückge- !ehrt war! Wir ritten quer durch die romantische Sierra Madre. In einem ausgestorbenen Städtchen trafen wir Banditen, von einem Mädchen geführt. Sie schenkte mir einen gefangenen Silberlöwen. Dann kampierten wir bei einer verlassenen Mine. Ein alter Russe bewachte sie, der mit sämtlichen Freibeutern der Sierra auf gutem Fuße stand und sieben Frauen — lauter Schwestern — besaß, die in einer Art Wachtstube mit Schießscharten und Ge wehren hausten. Den Tag darauf ritten wir in Chihuahua ein. Die ganze Bevölkerung stand Spalier, meine Indianer, die noch nie eine Stadt so nahe gesehen, trommelten, und der Silberlöwe fauchte in seiner Kiste. Ich war so stolz wie ein Pfau, als wir vor General Villa bei der Kathedrale defilierten. Mit fünfhundert Mann, darunter die Indianer und ich, eroberte General Villa durch einen Handstreich — indem wir einen Frachtzug anhielten und dann damit nachts un bemerkt einfuhren — die Grenzstadt Iuarez an» Rio Grande. Fast fünftausend überraschte gegnerische Soldaten streckten die Waffen und gingen zu uns über. Wir zogen nun zur Offen sive gen Mexiko Citi». Bei Zacatecas, Torrcon und Leon schlugen wir Schlach ten, wo Tausende zugrunde gingen. Un aufhaltsam rückte unsere Armee von sieb- zigtausend Reitern gegen die Landes hauptstadt vor. Hinter Cuernavaca stieß Zapata mit seiner Jndianerarmee zu uns. Sehr bald aber wurde es mir in meiner Höhle langweilig, und ich wagte mich daher eines Tages in ... Stadt hinab. Im Hotel Gambrinus traf ich einen deut schen Steuermann und drei andere Kerle. Tramps aus den Vereinigten Staaten, die nach Mexiko verschlagen wa ren. Mit diesen faßte ich den Plan, eine amerikanische Segeljacht, die im Hafen beschlagnahmt lag und keine Seele an Bord hatte, zu stehlen und irgendwohin nach Süden zu fahren. Unterwegs wollten wir für Deutschland Kaper- Berlitzmethode. Ich kam dabei gesundheitlich auf den Hund, aber ich hielt es ziemlich lange aus. Unterdessen verliebte "lale in eine Deutsche! Sie. spielte > war reichlich dumm mit meinen Von UkonRsusi* ru schincngewehre unsere Leute um. und schließlich zogen un sere Reste Unverfolgt ab. Von Chihuahua ritten wir, im- vier noch viele Taixsende, in den Nachbarstaat, um dort mit den Naquiindianern einen letzten Stand zu machen. General Urbalejo, den ich jetzt wieder traf, warf mir vor, ich Hütte ihm die dreihundert Indianer entführt, und zur Strafe sollte ich erschossen werden. Schon stand ich bereit, die Gewehrläufe der Exekutionsmannschaft legten auf mich an, da spielte ich meine letzte Karte aus. Ich litt nämlich sehr an der Ruhr und bat den General, das Feuerkom mando einige Minuten aufzuschieben, da ich erst mal hinter einen Busch treten müsse. Da sing er an, so furchtbar zu lachen, daß er sein Urteil zurücknahm und ich frei ausging! Während dann wir Indianer nach Hermosillo zogen, wo der Feind schon laß, griff Villa die Stadt Agua Prieta an und wurde vernichtend geschlagen. Vor Hermosillo stieß er zu uns, und wir wurden ebenfalls in der dreitägigen Schlacht bei Alamito zurückgeworfen. Die Armee fiel aus einander, und die Indianer zogen nach Hause. Ich machte noch mit Villa den Ueberfall auf die amerikanische Stadt Columbus mit, da uns General Pershing mit 22 000 Mann auf den Fersen nachzog. Diese hetzten uns über ein Jahr lang durch die Sierra, kreuz und quer, während das übrige Mexiko Gewehr bei Fuß stand und das phanta- stische Schauspiel betrachtete. Nachher zogen die Amerikaner ab und in den Krieg gegen Deutschland! Ich konnte mich endlich von Villa trennen und ver lebte einige idyllische Wochen mit dem Mädchen, das mir seinerzeit den Silberlöwen geschenkt hatte, in einem para diesischen Gebirgstal. Manchmal ritten wir mit unseren Leuten — Banditen ins Tal hinab und hielten einen Eisenbahnzug an. Bei einem Ueberfall wurde meine Freundin erschossen, und müde nach jahrelangen Strapazen und BlutvSrgirtzen, müd? der ewigen Hetzjagd — auf meinen Kopf war ein Preis gesetzt — schlug ich mich nach Guaymas durch. Freunde versteckten mich m einer Höhle beim Ha fen. Ich wollte weg, weit fort in eine friedliche Gegend, wo mich niemand kannte. Gefangen... Schwer gefesselt wurden wir an Bord der „San Diego" gebracht, unser Piratenschiff in Schlepptau genommen, und fort ging's nach Kalifornien. In Los Angeles trennte man mich von den anderen, die alle Schuld auf mich schoben, und ich kam ins Gefängnis, wo ich die berüchtigte „Dritte Instanz" erhielt. Diese besteht aus moderner Folter wie: Prügel, Nichtschlafenlassen, kalten Bädern und abermals Prü gel. Ich wurde als Pirat zu Zuchthaus verurteilt, aber bald wegen meiner Jugend zur Internierung und Deportie rung begnadigt. Mit Handschellen gefesselt, brachte man mich in das Internierungslager „Fort Douglas" bei der Mormonenstadt Salt Lake City am Großen Salzsee in Utah. Dort befand , sich eine bunte Gesellschaft hinter Sta cheldraht. Künstler und Landstreicher. Kaufleute. Bankiers und Kommunisten, die alle zusammen wie Hund und Katze lebten. Ich traf den bekannten Kapitän Conrad Sörensen, der die Blockade brach und 1916 Munition nach Deutsch- ostasrika brachte. Bei ihm lernte ich Navigation. Wir hatten auch ein Theater, worin ich zum Spaß der anderen mit meiner langen Gestalt als Balletteuse auftrat und mexi kanische Liobesliedet zur Gitarre sang. Im Sommer 1919 wurden di? meisten von uns in einen Extrazug mit ver nagelten Türen gepackt und nach Charleston geschickt. Unterwegs, wenn, wir rangierten, schrien ost aufae- hetzte Amerikaner: „Schmeißt die Hunnen in den Sumpf!"