Volltext Seite (XML)
Orboberrecktsscliutr: ^ukwürts, Verlag 6. m. b. lt. Berlin 31 Nachdruck verboten. Alfred Heldberg wollte eine Frage stellen; er kam ihm zuvor. „Lassen Sie mich weiterexistieren in Ihrer Er innerung als Unbekannter, der vielleicht nur dazu auf die Welt gekommen, Ihnen zu helfen, damit man aufmerksam wurde auf Ihre guten, starken Hcimatbücher." Er ging dann gleich, sagte an der Tür leise: „Der Schluß ist so einfach, Sic werden ihn bewältigen. Der Prinz in dem Schauspiel ist müde und gebrochen. Ihm fehlte frisches, kraftvolles Blut, das der Väter war ja schon zu dünn in seine Adern gekommen. Er kann ja nicht mehr leben und muß sterben, weil er keinem großen Hindernis gewachsen ist. Ein schwacher, überzähliger Mensch' Nun wissen Sic etwas über den Schluß Bescheid." Er ließ Alfred Hcldbcrg seltsam betroffen zurück. Hatte der Unbekannte nicht auch geäußert, das unvollendete Schauspiel behandle sein eigenes Schicksal? Eine Woche danach las er zufällig in einer Tages zeitung, auf seinem Schlosse, nahe bei Köln, wäre Prinz Justinian Eberhard Bergöde gestorben, an Herzschlag im fünfuuddreißigsten Lebensjahre. Er wäre der letzte männ liche Ramensträgcr des uralten Geschlechts gewesen. Alfred Hcldberg las darüber weg. Keine innere Stimme machte ihn darauf aufmerksam, daß Prinz Berg öde der Dichter der Schauspiele war, die seinem eigenen Ramen soviel Glanz verliehen. Keine Ahnung streifte ihn, daß der Prinz, der am Rhein gestorben, sein Un bekannter war. Oft dachte Alfred Hcldbcrg noch an den Fremden, aber den Schluß des Schauspiels konnte er nicht schreiben — feine Feder war dafür zu spröde und hart, ihr fehlte das Sprühende, Warme, Packende, das den Schauspielen eigen war und sie so lebendig machte. Aber nach dem Tode seiner Frau, die nur wenige Jahre seines Reichtums mit ihm hatte teilen können, sprach er manchmal zu Maria von dem Schauspiel. Er gab es ihr zu lesen und besprach den Schluß mit ihr. Maria wußte nichts davon, daß der Ruhm ihres väter lichen Beschützers auf eine Lüge aufgebaut war — sic sah in ihm den großen Bühnendichter und riet: „Las; die Arbeit liegen, bis eines Tages die Stimmung über dich kommt, die dir die Feder in die Hand zwingt, so baß du den Schluß schreiben mußt. Du hast ja keine Eile." So blieb das dritte Schauspiel des Unbekannten liegen. Aber ost besprachen Alfred Heldbcrg und Maria noch den Schluß, dessen Inhalt dem Manne völlig klar war, den er aber nicht nicdcrschrciben konnte, weil er nicht den rechten Ton sand, weil ihm die biegsame Wärme, das heiße, starke Wort fehlten. Drittes Kapitel. Es wn. .me alte Geschichte, aber Alfred Heldbcrg sprach noch manchmal davon. Zwanzig Jahre waren ver gangen, seit ihm damals ein samoscr Schwimmer in der Nordsee das Leben gerettet. Er hatte eine Fcrienreise nach Schevenlngcn gemacht, und die paar Tage Kur, die ihm sein schmaler Beutel gestattete, dazu benutzt, sooft als möglich in der herrlichen Nordsee zu baden. Am vierten Tage vergaß er, daß auch das Meer Grenzen hat, selbst für die tüchtigsten Schwimmer, und zu denen gehörte er wohl kaum. Allzu hohe Wellen nahmen ihm plötzlich die Kraft; er wurde zum Spielball einer nassen Schaukel, und fühlte schon die Besinnung schwinden, als ihn im letzten Augenblick ein Helfer erfaßte, mit kräftiger Hand an sich riß und mit ihm dem Ufer zuschwamm. Auf trockenem Boden brach er ohnmächtig zusammen und reiste am nächsten Tage ab. Ihm graule vor der Nordsee; er mochte sie nicht mehr sehen, wie ein unendliches Grab schien sie ihm, das ihn beinah schon verschlungen, und vor dem er fliehen mußte. Sein Lebensretter war auch ein Deutscher und, wie er damals, noch überempfindlich von dem Erlebten, fand, ein grober Mensch. Angeschrien hatte er ihn, nachdem er kaum zur Besinnung gekommen: „Wenn man nicht ordentlich schwimmen kann, soll man sich in den Dünensand legen und sonnen, aber nicht den Forschen spielen wollen!" Er hatte natürlich alles Unangenehme, was er weiter anhören mußte, herunter geschluckt; doch es war ihm ver dammt schwer geworden. Aber gegen seinen Lebensretter durfte er nicht aufbegehren, um so weniger, als er sich nicht im geringsten für die Rettung erkenntlich zeigen konnte. Alfred Heldberg redete eben wieder von der alten Ge schichte zu Maria Franz, seinem Mündet, die von ihrem fünfzehnten Jahre bei ihm zu Hause war. Seit vor ein paar Jahren seine Frau gestorben war, lebten sie beide allein in der großen, schloßartigen Villa in einem Vorort Berlins, die er gekauft von dem Geld, das ihm seine Schauspiele „Not macht stark!" und „In schwerer Zeit!" «ingebracht hatten. In viele Sprachen waren die beiden Schauspiele übersetzt worden; sehr reich hatten sie den einst so armen, unbekannten Schriftsteller Heldberg gemacht. Sein« Heimatromane wurden auch gebracht, aber sie erfreut«» sich, ebenso wie feine Märkischen Novellen, nur einer kleinen Lesegemeinde. Alfred Heldberg und Maria Fran» befanden sich im I Arbeitszimmer des Hausherrn. Es war um die Dämmer stunde, die beide liebten. Der Mann meinte leise: „Seit es mir so gut geht, habe ich besonders oft an meinen Retter denken müssen. Mir ist es, als wäre ich ihm etwas schuldig geblieben. Vielleicht lebt er in wenig günstigen Verhältnissen und braucht Hilfe, während ich genug Geld übrig habe. Ich war damals ein ganz armes Luder und bin's lange geblieben — erst seit mir's gut geht, verfolgt mich der Gedanke, die alte Schuld einlösen zu müssen. Ich weiß, daß mein Retter Ralf Burggraf hieß und irgendwo aus der Nheingcgend stammte. Ich will nun Erkundigungen cinziehen nach ihm, und geht es ihm nicht besonders, werde ich meine alte Schuld endlich be zahlen. Heute denke ich ganz besonders stark an ihn — ich habe nämlich vorhin von ihm geträumt. In meinen Mittagsschlaf spukte ein Traum hinein, der mich nicht los- läßt und mir wie eine Art überirdischer Mahnung er scheint. Ich sah meinen Netter alt und müde aussehend, in vertragenem und viclgcflicktcm Anzug und zerbeultem Hut. Ich begegnete ihm irgendwo an einer lauten Straßenbiegung. Viele Menschen gingen vorüber, und er blieb vor mir stehen und nahm den Hut ab, hielt ihn mir hin, sagte mit müder Stimme, die etwas beängstigend Zerbrochenes hatte: ,Wirf eine milde Gabe in meinen Hut, ich bin am Verhungern, und du schwimmst im Geld und vergißt, daß du längst nicht mehr da wärest, wenn ich dich nicht aus deni Wasser gezogen hätte? Dabei sahen mich entsetzlich traurige Augen anklagend an; cs durch- schaucrtc mich vom Kopf bis zu den Füßen, und dann wachte ich plötzlich auf. Was meinst du, Maria — war das nicht wirtlich wie eine Mahnung?" Maria Franz verneinte lebhaft. „So fasse ich den Traum nicht auf. Du hast dir schon öfter ausgemalt, dein Lebensretter könnte Sorgen haben, und nun bist du heute wahrscheinlich mit dem Gedanken eingeschlafen, und der hat dann den Traum ausgesponnen." Sie lächelte und sah in dem Dämmerlicht, aus dem sich ihr Helles Gesicht wie ein Kunstwerk hob, ganz unirdisch aus. „Eigentlich müßte ich deinem Netter wünschen, es ginge ihm wirklich schlecht, Onkel, damit du ihn für damals be lohnen kannst!" Sie nannte ihn Onkel, seit er sie, die verwaiste Tochter einer Freundin seiner Frau, bei sich ausgenommen hatte, und doch wußte er seit kurzem: er liebte das schmale, fein- glicdrige Mädchen. Seine Frau war gut, aber manchmal zu derb gewesen — eine Hausfrau von der Art, die ihre Wirtschaft zu betont leiten und viel Aufhebens davon machen. Manche Lcbensstunde hatte sic ihm mit Alltags kleinkram verdorben. Maria aber leitete den Haushalt still, man fühlte überall ihr Eingreifen; doch merkte man weder etwas vom Großreinemachen noch von den Wasch tagen, die Frau Heldberg immer zu kritischen Tagen erster Ordnung gestattet hatte, an denen sie selbst, auch nachdem sie über genügend Haushilfc verfügen konnte, wie eine graue Vogelscheuche herumgegangcn, Mann und Pflege tochter zum soundsovielstem Male klarmachend, welch ver antwortungsvolle Arbeit auf ihren Schultern ruhte. Die gute und in der Jugend sehr hübsche Frau Hanna war nicht die richtige Lebensgefährtin für ihn gewesen, das hatte Alfred Heldberg bald eingesehen. Das hübsche Gesicht hatte ihn in den großen Irrtum hineingelockt. Er war eine überempfindliche Künstlernatur, er brauchte Freude ohne Derbheit, er brauchte Verständnis für seine Stimmungen. Die junge Maria besaß das Ver ständnis. Mit ihr konnte er von vielen Dingen reden, die seine Frau langweilten. Er staunte oft über Marias wundervolles Einfühlen in sein Denken, und er sann manchmal, wie wohl alles gekommen wäre, wenn eine Frau von Marias Art seine Frau geworden. Zuweilen überfiel ihn wie ein kecker Wegelagerer der Gedanke, ob Maria nicht die Seine werden könnte. Er war zweiund vierzig, Maria zwanzig Jahre. Gewiß, der Alters unterschied war groß, aber nicht zu groß; er hatte dazu noch seinen berühmten Name», seinen gediegenen Reich tum in die Wagschale zu werfen. Und Maria verehrte ihn. Das wußte er. Jetzt war der Gedanke wieder da, setzte ihm zu: Fessele Maria an dich, ehe andere auf sie aufmerksam werden; sie ist von zu apartem Reiz, und wäre längst entdeckt, wenn du nicht so abseits und abgeschlossen mit ihr lebtest! Er sagte leise: „Wenn du wüßtest, welche Gedanken mich zu weilen quälen, Maria, würdest du mich auslachenl" Er konnte nicht anders, er mußte aus das Thema los gehen; überwältigend stark drängte es ihn dazu. Die weiche Dämmerung nahm ihm die Schwere. Marias tiefe, verschleierte Stimme beteuerte. „Auslachen könnte ich dich niemals, dazu stehst v» mir viel zu hoch, Onkel!" Sie bedauerte: „Es tut mir leid, daß es Gedanken gibt, die dich quälen können!" Er antwortete: „Hu hättest die Macht, die Gedanken zu bannen, sie für immer unschädlich zu machen." Sie horchte auf. „Ich hätte die Macht - ich? Aber -,«nn will ich dir helfen! Ohne daß ich weiß, worum es sich handelt, verspreche ich cs dir!" I- - ' Ihre Stimme qahm inbrünstigen Klang an. „Wenn du mein Leben forderst, ich gäbe es gern für dich hin!" > Seine schmalen Hände legten sich fest um die Seilen stützen des Armstuhls, in dem er faßend er fühlte, wie sein Herz pochte, während er antwortete: „Dein Leben fordere ich nicht, Maria — aber etwas anderes, was unendlich viel gilt! Dich selbst möchte ich, Maria — dich selbst, denn ich liebe dich! Zur Frau möchte, ich dich, neben mir gehen sollst du auf meinem Lebensweg! bis ans Ende, und vor allem Rauhen möchte ich deine Zartheit behüten." ! Maria saß ganz still, und die Dämmerschatten hatten! sich vertieft, ließen ihr schmales Gesicht nicht mehr er kennen. Tickte denn die alte Barockuhr auf dem Ständer in der Ecke neben dem Bücherschrank noch, oder war sic ver stummt ob des Großen, Unfaßbaren, das sich eben in dem! stillen Zimmer ereignet?, ging cs Maria durch den Sinn.! War die alte Uhr verstummt, damit sie, die kleine, un bedeutende Maria Franz, sich überlegen konnte, mit welchen Worten sic dem Manne antworten sollte, der in ihren Augen der größte und beste und auch wertvollste Mensch war? Er aber deutete ihr langes Schweigen falsch; er schämte sich der Worte, die ihm die weiche Stunde abgerungen, j „Verzeih, Maria — es war töricht von mir, dir von Dingen zu reden, die ich immer und ewig vor dir hätte! verschweigen müssen! Vergiß, was ich gesagt habe, Maria, und nun laß mich, bitte, allein! Ich verspreche dir auch, nie mehr auf das von mir eben Gesagte zurückzukommen!" Maria erhob sich und ging auf ihn zu. Die sonst so Leichtfüßige schob sich förmlich zu ihm hin, und vor ihm niederkniend, legte sie ihre verschlungenen Hände auf seine Knie und antwortete bewegt: „Nein, ich verlasse dich jetzt nicht, du hast ja mein langes Schweigen falsch aufgefaßt. Ich habe doch keinen Menschen , auf Erden so lieb wie dich — ich bin doch unsagbar stolz auf dich, und ich glaube, es muß schön sein, immer bei dir bleiben zu dürfen." Sie gestand: „Als man vor einem halben Jahre klatschte, du würdest eine schöne Frau heiraten, habe ich nächtelang geweint." Weiter kam sie nicht; er sprang auf und zog die schmale Gestalt mit sich empor. „Du, Madel, mach' cs kurz, sag' mir vorerst nur das eine: Ich will dir gehören!" Sic sprach ihm nach: „Ich will dir gehören!" f Dem Manne war es, als hätte er even ein Glas löst- T Di auch i Tage froren Eames Die E lungcn Weihn nicht j diese E solchen solche ! Arno öffnc.'e liehen alten Weins getrunken; aber er riß sich zusammen, er durfte sich in seiner seligen Trunkenheit nicht das, geringste vergeben. Er durfte Maria nicht erschrecken. Er legte sanft seinen Arm um ihre Schultern und raunte ihr ins Ohr: „Du sollst nie bereuen, Maria, was du mir eben ver sprochen hast — alles, was du wünschest, werde ich dir zu Füßen legen, du Feine, du Junge!" Er nahm ihre Rechte und küßte sie, bat leise. „Geh jetzt, Maria, ich muß mich erst mit meinem Glück auseinandersetzen, mich daran gewöhnen!" Maria glitt aus dem Zimmer, und er schaltete das Licht ein, das alle Dämmerschatten verjagte. Wie ihm zumute war, das hätte er nicht zu schildern vermocht. Er wußte nur, er war glücklich — nein, über glücklich. Maria wollte ja sein Weib werden. Am liebsten hätte er sie vorhin an sich gerissen und sie mit Küssen überschüttet; aber er hatte gefürchtet, sic zu erschrecken. Er ging durch das große Zimmer und spann Träume von einer wunderschönen Zukunft. Seine breite, untersetzte Gestalt ließ ihn älter er-, scheinen, als er war; auch sein.Gesicht sah älter aus. Viele! Jahre der Not, als er noch der unbekannte Schriftleiter einer kleinen Familienzeitschrift gewesen und seine stillen Heimaterzählungen nur spärliche Freunde gefunden, sie hatten ihm scharfe, harte Linien um Augen und Mund ein gegraben und seinem Blick den Glanz genommen; aber seine etwas groben Züge waren interessant, und die schon grauen Schläfenhaare verfeinerten sie. Er preßte die Handflächen fest gegeneinander, um nicht laut aufzujubettu vor Glück. Und oben, in ihrem Schlafzimmer, in dessen weiß und mattgrüne Einrichtung ihre Zartheit so wundervoll hinetnpaßte, ging Maria Franz ebenfalls hin und her; ihr war es, als müsse sie mit unzähligen Gedanken fertig werden — und eigentlich gab es doch keinen einzigen, der sie irgendwie stören brauchte, sie war doch vollkommen glücklich. > l Konnte es denn eine herrlichere Aufgabe für sic aufj der weiten Gotteserde geben, als Alfred HeldbergS Frau! zu werden, seine Lebensgefährtin? Irgendwo ganz tief drinnen in der Brust saß so ein! seltsames Bangen, das sie nicht verstand, das sie störte,^ und das nicht weichen wollte. Sie hatte däs Licht eingeschaltet und trat nun vor den hohen Spiegel ihres Toilettentischs und lächelte dabei ein! wenig. Sie wollte sich überzeugen, ob sie auch repräsen- tadel genug wäre als Gattin eines so berühmten Mannes. Sie schüttelte den Kopf. Schade, daß sie so klein und sö überschlant aussah, obwohl sie doch gesund und kräftig war — eine tüchtige Turnerin und Schwimmerin. Schade, daß ihr Haar zu hell war, Weitz fast schien das Blond bei! abendlicher Beleuchtung. An Onkel Alfred« Seite gehörte eine schöne, blendende Frau; sie kam sich selbst matt und' unscheinbar vor. Plötzlich lachte sie laut auf; sie konnte nicht anders. Stolz war in dem Lachen und Uebermut. Wenn sie einem Alkred Heldberg gefiel, war sie eben schön und repräsen-1 tabel. Ihre tiefblauen Augen leuchteten; aber sie fühlte immer I noch das seltsame Bangen, daS da irgendwo ganz tiefl drinnen in der Brust fast " —, - ' . . (Fortsetzung folgt.' I schuld» Z regier! beinitt die M Umsan Wassci drei N schein Di Dezem! scheu !) flaggt Trieblr schmuck „T verbani Verbän dert, sic dem Vi Deutsch stellen, durch ei u. a. üb Insbesor ten. Di tig mit zur freu —Post der absyk Bannes Führer t Busch, in Bannes schließend , Alok jüngst zur Stal digungso Olzmann Dankschr, dem neu, wird. Kloh der Köm zwvnzigjö Lieferwas Haus star Herr« darf begir zigjährige! Silberne vereine ai leisteten di schönen B Hirsch Königshan unverschlos beiden Hau stiche und haben, flück