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<20. Fortsetzung.) „Du verkennst die Lage, mein Lieber. Als Fräulein Vogts Verlobter bin ich schließlich so etwas wie dein Arbeitgeber. Ich fahre, wenn es mir paßt! Dalli, dalli. Fahr den Wagen vor!" Richtleben war dunkelrot geworden. „Bist du verrückt? Ich verbitte mir diesen Ton — und noch dazu vor den Leuten hier!" fügte er leiser hinzu. „Ich verbitte mir deine Redensarten. Bist du als Fahrer verpflichtet oder nicht? Marsch, marsch, mein Freundchen!" „Aber Herr Heimann ...", warf Armgard ei,.. Richtleben hatte indessen schon seinerseits gehandelt. Er packte Heimann am Arm und schüttelte ihn „Du blöder Mitgiftjäger du ..." Helma, die eben hinzutrat, hörte das Wort. Dunkel schoß ihr das Blut ins Gesicht. „Herr von Richtleben, was erlauben Sie sich!' Sie wandte sich mit einem fragenden Blick an Armgaro. Lie nickte unmerklich. „Sie sind auf der Stelle entlassen!" fuhr Helma, er leichtert, doch zornig fort. Richtleben war sehr blaß geworden. „Gnädiges Fräulein, ich bin nicht der Schuhputzer Ihres Verlobten..." Helma drehte ihm den Rücken zu. „Ich hoffe, Sie werden wenigstens nicht noch auf dringlich", sagte sie. „Komm, Wilfried!" „Siehst du", sagte sie draußen, „daß Armgard nichts von ihm hält. Sie ließ ihn fallen, so wie er sich ungehörig benahm!" „Ten sind wir los Das habe ich fein gemacht!" „Muß ich ihm nun etwas bezahlen?" Heimann dachte einen Augenblick nach. „Das Gehalt für einen ganzen Monat und das Reise geld...", entschied er. Helma schrieb einen Scheck und schickte den Boy damit hinauf. Richtleben rang schwer mit sich. Diesen Lappen den beiden vor die Füße Pfeffern zu können! Aber es ging nicht. Er mußte noch froh sein, daß er ihn bekam... Da rückte er nun zu Hause wieder an — ein Besiegter. Ein von der Gemeinheit Besiegter, gewiß! Aber Mangel bleibt auch dann fühlbar, wenn die edelsteck Beweggründe ihn heraufbeschworen. Nicht einmal Arbeitslosenunterstützung bekam er, da ja seine Mutter, als höhere Beamtenwitwe, kein ganz ge ringes Einkommen besaß. Und doch reichte es nicht, einen Mann wie ihn durchzuziehe» ... Das kranke Schwesterchen brauchte viel und teure Pflege... Er packte seine Sachen. In diesen Minuten hatte er sogar Armgard völlig ver gessen. Da brachte ihm der Boy einen Brief Er riß ihn auf. „Auf Regen folgt Sonnenschein! Der einzige Trost, den Ihnen bieten kann Ihre Schwester Armgard." Er lächelte bitter. Alberne Phrase, dachte er hart. D i e hat doch wenigstens ihren Beruf! Es war eine böse und traurige Fahrt gen Norden Dritter Klasse, Personenzug. Draußen lachende Sonne, lachendes Land. Er sah gar nicht hin. Wut war in ihm. Auch an Armgard dachte er mit Bitterkeit. Sie hatte doch Einfluß auf Helma! Mit keinem Worte war sie für ihn eingetreten... i Feige, feige... ' .Hatte wohl Angst, auch heimgcschickt zu werden Ach ja, die Torge ums Brot. Die machte feige und schwach. Wollte er richten? Auch er hatte nur im Jähzorn gehandelt... Auch er hätte sonst gepaßt und getuscht... Gegen Abend des nächsten Tages erst kam er in seiner Heimatstadt an. Aus übertriebener Sparsamkeit hatte er kaum etwas genossen. Er hatte ein grimmiges Vergnügen daran, seine schlimme Lage noch zu verschlimmern. Er haßte die ganze Welt. Zu Hause kam er an, als ob er ein Verbrechen be gangen habe. Gesenkten Hauptes stand er vor der Etagcntür. Die Mutter öffnete selbst. „Schon da?" fragte sie in einem Ton, als ob sie ihn erwartet habe „Du bist Wohl geflogen?" „Ja", sagte er grimmig, „du hast recht, ich bin ge flogen. Aber wie du das so heiter ausfassen kannst..." „Na Gott! So gefährlich ist die Sache doch heutzutage nicht mehr. Komm, Ilse freut sich ja so! Leg eben ab. Wie sichst du bloß aus! Bist du nicht luftfcst?" „Mutter", jagte Manlius von Richtlcben gereizt, „allen Respekt vor deinem überlegenen Humor. Aber s o ist mir denn doch nicht zumute..." „Ich verstehe dich nicht", sagte befremdet die Frau und öffnete ihrem Sohn die Tür zum Wohnzimmer, in dem am Feilster, im Rollstuhl, die bleiche, gelähmte Ilse saß und ihrem Bruder strahlenden Antlitzes die Haud ent- ! gcgenstrcckte. „Kommst du denn nicht mit dem Flugzeug?" — „In meiner Lage? Ich bin natürlich. Bummelzug ge fahren ..." - „Ja, aber warum denn? Und wie siehst du aus, Manlius? Bleich wie ein Kranker und mager wie ein Hungernder..." i . „Ich habe in der Tat fast nichts gegessen während der langen Reise. Die Wut machte mich satt. Und ich wollte auch meine paar Kröten nicht so überflüssig verwenden...", grollte Manlius, der Ilse flüchtig die Hand gedrückt hatte, und warf sich erschöpft auf das alte Sofa. „Wenn ich jetzt noch ein Butterbrot kriegen könnte..." > „Aber wann bist du denn abgereist?" fragte, immer verständnisloser, Frau von Richtleben. „Gestern abend, so gegen acht Uhr..." „Aber da hattest du doch unsere Depesche noch gar; nicht!" rief Ilse Richtleben erregt, denn sie gewann den Eindruck, daß ihr Bruder nicht recht bei Verstand sei. > „Ich weiß nichts von einer Depesche", sagte der müde und stützte den schmerzenden Kopf in beide Hände. „Ich weiß nur, daß ich geflogen bin, nicht mit einem Flugzeug, bitte. Diese unverschämte Gans hat mich herausgeworfen wie einen Bettler. Und Heimann? Mit dem bin ich fertig. Ich habe ihn nie für fein gehalten... Aber dies! Und/, ach, du liebe Zeit! Ich bin eben ein Pechvogel — und wir leben in einer gräßlichen Zeit!" „So!" sagte Frau von Nichtleben erleichtert. „Wenm es weiter nichts ist! Dann, bitte, lies, während ich dir armen" Hungerkünstler etwas zu essen mache, dicS> Schreiben..." ! Sie reichje ihm von ihrem „Sekretär" aus ein gelbes! Dienstkuvert. i Aber sie konnte es doch nicht über sich bringen, hinaus-! zugehen. § Sie mußte den Eindruck sehen, den der Inhalt des! Briefes auf den Sohn machte. ' Manlius überflog den Bogen. „Gräflich Brockcsche Gutsverwaltung", las er, „gez., Manners, Rentmeister..." (Fortsetzung soigl.) wie oie Blätter sich verfärben. Die Birken nehmen im Herbst ein lichtes Ockergelb an; in Zitronenfarbe schim mern sieht man die Blätter des Ahorn, hellgelb verfärben sich die Blätter der Hainbuche, die der einheimischen Eiche werden rötlichgelb. Bei den Rotbuchen kann man ver schiedene Nuancierungen beobachten. Diese wechseln von Goldgelb in Gelbrot bis zu Kupferbraun. Noch größere Un terschiede zeigen die Eichen. Verfärben sich die Blätter der heimischen Eichen rötlich-gelb, so trifft man bei den aus Amerika eingeführten Eichen Blätter, die wie Bronze schim mern. Es gibt Eichen mit roten und purpurnen Blättern. Der wilde Wein legt im Herbst eine hellrote Farbe an, die Ulme erhält ein violettes Blätterkleid und die Blätter des Vogelbeerbaumes werden orangerot. — 722 — — 72Z —