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1. Beilage zu Nr. 55 des Dresdner Jnnrmls Montag, 8. März 1909 Kunst und Wissenschaft ihm zuerkennen. O. S. Ton erscheint substantieller als der MaKsnS, sein Vortrag rei aller romanischen Anmut und Eleganz kräftiger in )en Linien als der des letzteren. Man hatte dasselbe Werk in kurzer Folge in sozusagen verschiedenen Idiomen gehört. Thibaud bediente sich des französischen, Manän res weicheren spanischen. Das Programm, das noch die reiben Beethovenschen Romanzen in 6 und k* und kleinere Stücke von Fiorillo, Wieniawsk-Thibaud und Sarasate auiwies, vergönnte mit einigen Solonummern auch dem «'gleitenden Pianisten Hrn. Rudolf Zwintscher das Wort. Nachdem dieser das Kunststück vollbracht hatte, das Lalosche Konzert genießbar am Klavier zu begleiten — er stellte damit seinem Musikertum ein glänzendes Zeugnis aus — spielte er Stücke von Schumann, drei Intermezzi ox>. 4. Aber es wollte uns dünken, das sei nicht sein Element. Für Schumann fehlt seinem Spiel ras Versonnene. Rudolf Zwintscher ist offensichtlich keine Träumernatur, eher virtuose Ambitionen möchte man Wissenschaft. Man schreibt uns aus Leipzig: Das neue Institut für Kultur- und Universalgeschichte an der Universität Leipzig nimmt zusammen mit rem Seminar für Landesgeschichte und Siedelungskunde ne drei oberen Stockwerke eines ganzen Hauses ein, des ehemaligen Breitkopfschen Familienhauses, in dem auch Gottsched seinerzeit wohnte und Goethe viel verkehrt hat Die Räume in allen drei Geschossen sind hell und in ihren Einrichtungen allen Anforderungen entsprechend ausgestattet. Die Lehrmittel« des Instituts bestehen in einer Bibliothek im Werte von etwa 130000 M., in einer Sammlung von mehreren tausend kulturgeschicht lichen Anschauungsblättern, von ungefähr 140000 Blatt Kinderzeichnunaen rc. Die Zahl der in dem Institute stattfindenden Übungen ist beträchtlich; und diese Übungen gehen auch inhaltlich weit über die Ziele anderer histo rischer Seminarien hinaus. Für das Sommersemester 1909 sind folgende Übungen vorgesehen: I. Allgemeine Kurse. 1. Prof. 0r. Lamprecht: Anleitung zum Studium der Geschichte überhaupt: 2. Dr. pickt. Biermann: Übungen zur Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts; 3. vr. pbil. Köhler: Elementare Übungen im Gebiete der deutschen Kulturgeschichte. II. Spezielle Kurse. .4. Ent wickelungspsychologie. 1. vr. xtul. Kretzschmar: Psycho genetische Übungen an Kinderzeichnungen; 2. vr. xlnl. Krueger: Übungen zur Psychologie des Wirtschafts lebens. 8. Singuläre Kulturgeschichte. 1. Prof. vr. xtril. Mogk: Volkskundische Übungen auf Grund deutscher Kirchenvisitationsakten; 2. vr. plnl. Goldfriedrich: Übungen zur deutschen Kulturgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts; 3. Lektor G> Monod: Übungen zur französischen Kulturgeschichte; 4. Prof, vr plül. Conrady: Übungen zur chinesischen Geschichte. 6. Vergleichende Kulturgeschichte. Prof. vr. Lamprecht: Übungen zur vergleichenden Geschichte höherer Kulturen. Im Seminar für Landesgeschichte und Siedelungskunde: Prof. vr. pkil. Kötzsch ke: Einführung in das historische Verständnis des Siedelungswesens Deutschlands und seiner Nachbarländer. — Der internationale Kongreß für Archäologie, der zu Ostern in Ägypten zusammentritt, wird voraus- sichtlich von fast allen archäologischen Autoritäten besucht werden; die meisten Gelehrten haben bereits die Absicht ausgesprochen, aus Anlaß des Kongresses die Reise nach Ägypten zu unternehmen. Ter Kongreß wird in zwei Sessionen tagen, von denen die erste in Alexandria, die zweite in Kairo stattfinden wird. Der Khedive hat sich bereit erklärt, die Tagung in Kairo zu eröffnen. Mit besonderem Interesse blickt man den Sitzungen der numismatischen Abteilung entgegen, in der wertvolle Mitteilungen über altgriechische, römische nnd ägyptische Münzen erwartet werden. Als offizielle Kongreßsprache gilt Französisch; es bedeutet das eine Anerkenntnis der Tatsache, daß die französische Archäologie in Ägypten die erste Stelle einnimmt. Nach dem Konbreß werden die Mitglieder eine Nilfahrt unternehmen, dre sie bis Abydos führen soll. f Wie der „Berl. Lokalanzgr." meldet, ist der deutscheArchäologeMauinRoman Lungenentzündung gestorben. Der Gelehrte, der 1840 in Kiel geboren wurde, war besonders wegen seiner Forschungen über die pompejanischen Altertümer bekannt. Seine Haupt leistung ist die Entdeckung der verschiedenen Stile in der pompejanischen Wandmalerei. Seit 1872 lebte Mau, der zuvor Gymnasiallehrer in Glückstadt war, in Rom. Literatur. Man schreibt uns aus Berlin: Der vieldeutige tiefsinnige Reiz alter Stoffe mit ihrem schim mernden Märchengewebe und ihrer helldunklen Traum schönheit mag wohl den modernen Dichter magisch an locken, zum Weiterspinnen der Fäden verführen, zur modernen Auslegung seiner Rätsel verleiten. „Märchen noch so wunderbar, Dichterkünste machen's wahr." Im „Armen Heinrich", in der „Pippa", in „Kaiser Karls Geisel" hat Gerhart Hauptmann seine Dichtung an Motive der Sage, des Märchens und vergangener Dichtung angeschlossen. In seinem neuesten Werke, dem Schauspie „Griselda", das am Sonnabend im Lessing-Theater seine Uraufführung erlebte, ist es die Geschichte von der geduldigen und langmütigen Markgräfin Griselda aus Boccaccios Dekamerone, die ihm den Stoff seiner Hand lung bot. Natürlich konnte ihm die merkwürdige Begebenhei der Novelle nur den Grundgedanken, das Leitmotiv seines Dramas geben, das durch eine Umformung der Motive, durch eine überlegte Verteilung der Charakterakzente, eine schärfere Herausarbeitung des Konfliktes erst zu einem neuen Kunstwerk werden konnte. Nicht umsonst haben so kluge Kenner wie Fr. Schlegel, Grillparzer, Otto Ludwig den Griseldisstoff für undramatisch und für den modernen Dichter unbrauchbar erklärt. Das „Mißbehagen, ja das Gefühl der Empörung", das die brutale Behandlung der Frau, die Grausamkeit ihrer Prüfung hervorruft, läßt sich von diesem echt mittelalterlichen Eheproblem mit der allzu deutlichen Pointe „Er soll dein Herr sein" nur schwer fernhalten. Zudem war für den heutigen Ge stalter dieses Themas eine genaue Motivierung der selt samen Handlung vonnöten, die der alte Erzähler selbst mit Erstaunen als wunderliche Laune des ewig unver ständlichen Menschenherzens einfach hinstellte. AU diese Königl. Schauspielhaus. (Björnstjerne Björnsons «Über unsere Kraft".) Die große, seit alters immer wieder aufgeworfene und je nach persönlicher Meinung und Zeitgeschmack bejahte oder verneinte Frage, ob der Christenglaube einer Bestätigung durch Wunder bedürfe, sucht Björnstjerne Björnson im ersten Teile seines Doppel dramas „über unsere Kraft" in seiner Weise zu beant worten. Läßt er auch keinen Zweifel über seine Uber- zeugung, daß Pfarrer Sangs letztes und gewaltigstes «Wunder" nichts ist als eine Willensübertragung von ungewöhnlicher Stärke und darum die Frage selbst nicht entscheidet, so erfüllt er uns doch mit staunender Be wunderung für den Mann, der zugrunde geht, weil er dem Beispiele Christi in allen Stücken nachlebt und der Leiblichkeit auch nicht das geringste Zugeständnis macht. Ein Pergleich Sangs mit Brand zeigt deutlich den Unterschied zwischenBjörnsonundJbsen. MitwelcherMilde,mitwelchem echten Chrisiussinn sucht Björnsons Pfarrer die stilistischen Ansorderungen des Christusglaubens zu erfüllen, mit welcher starren Härte paart sich dagegen der Idealismus eines Brand! Björnson, der von Menschenliebe durch- Mhte, weiß auch die Behandlung seines Problems, trokdem sie mit schrillem Mißton endet, von den wärmenden Strahlen nordischer Sommersonne durch dringen zu lassen; und wie er dem Helden des Schau spiels echt menschliche Teilnahme erweckt, so erscheinen in seiner Beleuchtung auch die weit minder Voll kommene», die Halben niemals als unwürdig, weil sie alle nur mit schwächerem Willen und geringerem Lriolg Diesseits- und Jenseitspflichten nachkommen möchten. Daß dieses Drama endlich wieder in den Spielplan des königl. Schauspielhauses ausgenommen worden ist, tonnen wrr in unserer religiös bewegten Zeit nur freudig begrüßen. Wir begrüßen es auch darum mit Freude, weil ein rundes Bild der nordischen Geistesrichtung erst gewonnen wird, wenn neben der Pflege der Schöpfungen Ibsens die Pietät gegen Björnsons reifste Leistungen tritt. Ibsen und Björnson zusammen hätten den großen, unsterblichen Nordlandsdichter ergeben. Unter der Regie des Hrn. Le Winger gelang die Ausführung recht einheitlich. Frau Salbach als die kante Pfarrersfrau schuf, wie schon im Jahre 1901, ein rührendes Bild des Glaubens an ihren Gatten. Hr. Mehnert, der zum erstenmal den Pfarrer Sang ver körperte, verlieh der idealen Erscheinung äußerlich viel leicht etwas zu viel von der herkömmlichen Christusgestalt, doch überzeugte er von der wunderbaren, weltabgewandten Hoheit dieses Jüngers Jesu. Ter Elias des Hrn. Tiller war vortrefflich in seinem Ringen um die Wahrheit, während Frl. Treßnitz (Rahel) nicht innerlich bewegt genug spielte. Frl. Diacono als Mrs. Hanna Roberts gab viel mehr, als man von ihrer Art erwarten durfte, «-ehr charakteristisch gestaltete sich die Pastorenkonferenz im zweiten Akte, in der die Herren Neumann (Bischof) Müller (Blank), Renö (Jensen), Eggerth (Falk), Gunz (Brei) nnd namentlich der von Zweifeln durch wühlte Bratt des Hrn. Froböse hervorragten. Daß eben Hr. Froböse und nicht der ursprünglich dafür in Aussicht genommene Gast diese Rolle innehatte, wird kein Besucher des Schauspielhauses bedauert haben. K. R. Künstler-Konzert. (Jacques Thibaud.) Der besten einer war es, der vorgestern im Vereinshaussaa sich hören ließ, und gleichwohl waren die leeren Stuhl reihen in der Mehrzahl. Wo blieben die Schüler und Schülerinnen unserer musikalischen Bildungsanstaltcn, die in solchen Fällen für Vorzugspreise Eintritt erhalten sollten. Thibaud ist ein Künstler, von dem sie lernen könnten, kein Virtuose und bloßer Blender, sondern ein ausgezeichneter Musiker. Mit Händels v ckur Sonate be gann er, die er mit vollendetem künstlerischen Geschmack spulte. Zugegeben, er spielt Händel mehr mozartisch als flilstreng nach der älteren pathetischen maniora, aber ein erlesener Genuß war es doch, den er bot. Dann ließ er Lalos Symphonie ospsgnolo folgen, und es war inter essant, seinen Vortrag mit dem Joan Manüns zu ver- glcichen, der dasselbe Werk im letztoergangenen Serie 8 Konzert im Königl. Opernhause spielte. Dabei zeigte sich ein interessanter Unterschied. Thibauds gesunder warmer Schwierigkeiten mögen Hauptmann angezogen haben, beschäftigten seine fortspinnende Phantasie, zumal ein starker poetischer Gehalt des Stosses verlockte. Ein wundervoller Duft edelster Weiblichkeit ging von der Gestalt der Griselda aus, und die trotzig wilde Liebe des Grafen bot sich als kräftiger Gegensatz. Hauptmann hat zunächst einmal das äußerliche Moment der absicht lichen Prüfung, das Halm noch in eine frivole Wette verwandelte, völlig ausgeschlossen. Sein Markgraf ist gegen die Gemahlin nicht absichtlich grausam, um sich ihrer Treue zu versichern, sondern er quält sie und sich aus inneren seelischen Motiven. Die Tragik sollte ganz in die Menschen und ihr Tun verlegt werden. Dann ist der leidenschaftslosen Passivität, die der Marlgräfin höchst undramatisch auferlegt ist, im Charakter der Hauptmann- schen Griselda ein Gegengewicht geschaffen, indem sie als eine ursprünglich unbändige, verstockte und wilde Bauern dirne erscheint, die erst durch die Liebe zur stillen Dulderin geadelt wird. Hauptmann hat das Handeln seines Helden md seiner Heldin glaubhaft zu machen versucht, indem er n drei Eingangsszenen die Vorgeschichte breit exponierte, bevor mit der Vermählung in der vierten Szene die Ex oosition erst eigentlich einsetzt. Dieses Vorspiel ist der gelungenste, lebendigste Teil des TramaS. Auch hier zeigt ich Hauptmann wieder als der Meister des ersten Akts, als den wir ihn in der „Versunkenen Glocke", dem „Armen Heinrich", der „Pippa" kennen gelernt haben. Sogleich tehen sie sich gegenüber, der tolle, ungestüm hoch- ahrende Graf Ulrich und die starke stolze Bauerndirne Griselda. Sie trotzt ihm, und er besiegt sie doch mit seinem wilden Mannesungestüm, läßt sie in Haß und Schande zurück. Wir erfahren mehr von dem rastlos wirren Wesen Ulrichs, der die hochgeborenen Damen verschmäht und statt verbildeter Zierlichkeit erdenfeste Kraft und schlichte Einfalt sucht, von seiner Weiberscheu, die er auf Drängen der Verwandten endlich überwindet, um die Bauern magd zu freien, deren ursprünglich festes und stolzes Wesen er nicht vergessen kann. Und wie er nun die Dirne freit, das Kind der Erde und der Natur, die echte Tochter Evas, wie die feinen Herren sie beim Apfelpflücken umstellen und verhöhnen, wie sie alle Zu dringlichen mit dem Messer abwehrt und nur ihrem Herrn und Geliebten sich ergibt, das ist mit Dichter augen gesehen, mit prächtigen szenischen Gestalten dar- gestellt. Zwei eigene, groß und leidenschaftlich geartete Naturen haben sich hier gefunden. Die Entwickelung des Konfliktes hat nun Hauptmann auf zwei Motive gestellt: die ungeheuerliche Eifersucht des Mannes und das stark erwachende Muttergesühl des Weibes. Ter (straf liebt sein Weib so abgöttisch, daß er nicht nur keinen anderen Mann ihr Antlitz sehen lassen will, nein überhaupt jedes fremde Wesen von ihr fernhalten möchte und auch das noch ungeborene Kind haßt, weil es ihm einen Teil von der Liebe seiner Frau fortnimmt. Solch ein aufs äußerste gesteigertes, fast perverses Empfinden hat z. B. Bonrget in einer Novelle fein analysiert, bei Hauptmann müssen wir es als plötzlich erwachtes und dominierendes Gefühl hinnehmen, das aus der überreizten, ins Maßlose sich verlierenden Natur dieses wild sich ge bärdenden und doch innerlich so schwachen weichen Menschen hervorbricht. Er läßt in seiner Eifersucht den neugeborenen Knaben fortbringen, und als sein Weib ihn nach denr Kinde fragt, verläßt er sie. Ta erwacht in Griselda der alte Bauernstolz, der Trotz ob der eigenen Kraft, der Glaube an das Glück ihrer eigenen Arbeit. Im ärmlichen Kleid, wie sie gekommen, verläßt sie den Palast und schwört, nur als Scheuermagd dahin zurückzukehren. Und als ihr reuiger Gemahl ihr die Rückkehr befiehlt, will sie in niedrigster Arbeit die Schmach, die man ihr angetan, abwaschen. Der Anblick ihres Kindes, die tiefe Seelen not ihres Gatten lassen sie in einer großen Schlußszene versöhnt in seine Arme sinken. Aus übergroßer Liebe hat er gefehlt, und um dieser Liebe willen ist ihm vergeben. Es fehlt dem Drama, das der großen und spannenden Momente nicht entbehrt, an einen: einheitlichen Stil, an einer überlegten Durch führung. Allzu oft erscheint nicht der Dichter als Beherrscher des Stosses, sondern die notwendig von der Sage geforderten Handlungselemcntc schieben sich störend in die psychologische Entwickelung. Hauptmann hätte die Märchenmotive wie die Verstoßung der Griselda, ihre Rückkehr nach Haus, die endliche Aussöhnung entweder ganz xeal motivieren müssen oder er wäre gezwungen gewesen, das Ganze in eine unwirklich märchenhafte Stimmung zu hüllen. So ist die künstlerische Wirkung an einer peinlichen Vermischung der Stile gescheitert. Hauptmann beginnt in einem volkstümlich derben Holz schnittstil, mit dem eine feiner stilisierte Färbung der Höflingssprache hübsch kontrastiert. Aber bald mischen sich namralistische Elemente hinein; es werden ziemlich unbeholfene Ansätze zu einer psychologischen Vertiefung der Charaktere gemacht. Der Märchenton steht un vermittelt neben der realistischen Behandlung eines Che- konflikts. Aus dem Stoff erwachsen dem Dichter seine schönsten Szenen, die tiefsymbolische Szene des Mähens, in der das Torfkind seinem alten Leben der schönen Tätigkeit des Landmanns Lebewohl sagt, in dem ergrei fenden Bilde, da sie in ihren: einfachen Gewand, dem ,,gri- selten Kittete" des Märchens, wieder erscheint, um nach Hause zurückzukehren, in dem Finale, da sie als Scheuermagd die Stufen der Treppe wäscht und ihr eigen Kind er blickt. Überall leuchten hohe poetische Schönhe:ten, fein und geschmackvoll gedachte Einzelheiten, edle Reize einer künstlerisch formenden Phantasie hervor. Aber der schmerz liche Kontrast zwischen dem Besten und edelsten Wollen und einem höchst unzulänglichen Vollbringen drängt sich in diesem Werke noch stärker auf als sonst in den letzten Dramen Hauptmanns. Mühsam und schwächlich sind eine Reihe von Szenen komponiert; die Handlung schreitet langsam fort in ermüdenden Reden zwischen einem ganz Schemen gebliebenen Onkel deS Grafen und dem Probst; die Charaktere der Hauptpersonen werden von ihnen selbst oder von Nebenfiguren des langen und breiten er läutert. Nichts ist einheitlich und geschlossen durchgeführt, alles zerfahren, unklar, schwankend. Wohl die Hand eines Meisters, aber eine Hand, die zitterte, unsicher wurde und vergebens durch Schnörkel und eine forcierte Groß zügigkeit die Schwäche zu verbergen suchte. Auch dc» Königl. Opernhaus. (Neßlers „Trompeter on Sälkingen".) Tie Vorstellung unter Hrn. . Schreiners Leitung erhielt ihren besonderen Wert uich Frau Nasts Mane. Es ist erstaunlich, wie es der Künstlerin gelingt, die Gestalt mit Poesie zu umkleiden nd dadurch das ganze Werk genießbarer zu machen, uf einen höheren Ton als den einer recht wohlfeilen Sentimentalität zu stimmen. Nur schade war es, daß « recht isoliert damit stand. In dem übrigen Ensemble «mühte sich eigentlich nur der Vertreter des Konradin, ir. Hummel, erfolgreicher, seiner Rolle schärfere Umrisse u geben, und es wäre ihm wohl auch geglückt, wenn r stimmlich mehr hätte wirken können. Indessen sein «n sich weicher und angenehm klingender Baß steht gleichsam unter dem dumpfen Drucke einer mangel- Men Resonanz, entwickelt keinen freien sonoren Voll lang. Hr- Puttlitz gab den alten Freiherrn viel zu Kids, mehr als Comthur im „Don Juan", denn als ,tn jovialen trunkfesten Schönauer Sckloßherrn, und -rau Schäfer bedenkt auch nicht, daß sie der Tanten- olle, die sie spielt, einen Stick ins Komische geben sollte, list dem Gast Hrn. Koennecke, der als zweite Gastrolle «n Werner gab, als Darsteller strenger ins Gericht zu phen, verbietet sich von selbst, da er mit der Bühne Wand betritt. Indessen könnt- seine mangelnde Ver- .rautheit in diesem Falle wenigstens nicht so aus dem Rahmen fallend wirken wie in der Rolle des Grafen Luna. Erscheinung und Stimme für lyrische und Helden- parlicn bringt er jedenfalls mit. Es bleibt allerdings ibjuwarten, ob er schauspielerische Intelligenz zu ent- ivicleln und seine Stimme in Aussprache und Tonansatz von den llnstimmigkeiten einer noch im Naturalistischen Äckenden Singweise zu befreien vermag, und es würde silb vielleicht empfehlen, ihn eine Bersuchszeit an einer -^geleiteten kleineren Bühne absolvieren zu lassen. O. S.