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Ve»»S«pret«: Beim Bezüge durch di« »„«»äflsftene t»»erchat« Vre-dn- 2,80 M (etnschl Zuiragung-, durch di« V»K im Deuychen Reiche 8 M (ausschließlich Bestellgeld) vierteljährlich Eiuz«l»e Nummern 10 Pf Wird Zurückseudang der für die Echristleitung bestimouea, »der vou dieser «richt ein» geferderlen Beiträge beau. spracht, so ist das Postgeld beijufügea DresLlitr Jouriml Herausgegeben von der Königl. Expedition de» Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Grscheiueu: Werktag« nachm 8 Uhr. AukLndigaugSgedühre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Antündi- gung- Seile oder deren Rau« 2» Pf. Bei Tabellen- und Zifiernsatz 8 Pf Aufschlag für die Zeile Unterm Re daktionsstrich (Eingesandt) die Textzeile mittler Schrift oder deren Raum 80 Pf. Gebühren > Ermäßigung bei öfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi» mittag- 12 Uhr für dre nach mittags erscheinend« Nummer ^209 1901 Sonnabend, den 7. September nachmittags. Amtlicher Teil. Dresden, 5. September. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät der Königs ist dem Kauf mann Gottreich Max Fiedler in Marienberg für die von ihm am 10. Juli dfr. Js. unter eigener Lebensgefahr bewirkte Errettung eine» Maurerlehrlings vom Tode des Ertrinkens die silberne Lebensrettungs medaille mit der Befugnis zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, -daß der Photograph Ludwig Höffert in Berlin den ihm von Sr. Königs. Hoheit dem Prinzen Friedrich Leopold von Preußen ver liehenen Titel als Hofphotograph annehme und führe. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffeatl. Dienste. I« Geschäftsbereiche des Ministerium» der Justiz. DaS von dem RechtSanwalt Justizrath Ernst Moritz Putzger in Limbach bekleidete Amt eines Notars ist durch Riedcr- legung und Feststellung gemäß 8 92 des Gesetzes vom 1b. Juni 1900 mit Ende vorigen Monats erloschen I« Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei der Berg- und Hütten-Lerwaltung ist ernannt worden: Friedrich, zeither Hütteningenieur, al- Dozent für metallurgische Probirlunde und Pyrometrie an der Bergakademie zu Freiberg. (Behördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) nichtamtlicher Teil. Ei» Abschlag auf den Präsident« der Bereinigte« Staate» von Nordamerika, Mae Kinley. Noch ist kaum ein Jahr verflossen, seit ein ge kröntes Haupt einem fluchwürdigen Anschläge zum Opfer gefallen ist, und schon müssen wir wieder über die That eines jener Unseligen berichten, die in ihrem Hasse gegen jede bestehende Ordnung die Mordwaffe gegen diejenigen richten, die an der Spitze eines Staates sieben. Der Präsident der Verewigten Staaten von Nordamerika, Mac Kinley, ist gestern nachmittag in Buffalo, wo er einer Auf führung in der Llusie Hull der Pnnamerikan scheu Ausstellung beiwohnte, von einem Manne gleicher Herkunft Namens Leon Czolgosz der sich als Anarchist bekennt, durch zwei Schüsse in den Unter leib schwer verwundet worden. In dem tiefsten Mitgefühl für den verwundeten Präsidenten des uns Deutschen befreundeten nordamerikanischen Volkes und in den aufrichtigsten Wünschen für die Wieder herstellung Mac Kinleys, wie in dem Entsetzen und Abscheu vor der ruchlosen That wissen wir unS mit der ganzen gesitteten Welt im Einklang. Die Maß nahmen der zivilisierten Staaten gegen den mord wütigen Anarchismus sind bis jetzt, wie man weiß, noch nicht von dem gewünschten Erfolge begleitet gewesen; möchte daher die freventliche That gegen den Prä sidenten Mac Kinley ein neuer Aufruf an die Mächtigen dieser Erde sein, unerbittlich den Geist zu zerstören, aus dem immer und immer wieder solwe furchtbare Verbrechen geboren werden. Ueber den Anschlag liegen folgende Meldungen vor: Buffalo. Auf den Präsidenten Mac Kinley wurde gestern nachmittag zweimal von einem Fremden geschossen. — Die Schüsse, die der Fremde auf Mac Kinley in der Au«stellung abgab, trafen den Präsidenten in den Unterleib Der Verwundete wurde ins Hospital geschafft. — Der Man», der auf den Präsidenten während de« Empfange« im Musiktempel der Ausstellung den Ueberfall macht«, war gut gekleidet Nachdem er auf den Präsidenten zugetretea war, reichte er ihm di« Hand und schoß mit der anderen Der Attentäter wurde verhaftet, seine Persönlichkeit ist aber noch nicht festgrstellt worden Ueber da« Attentat wird noch folgende« gemeldet: Eine Kugel drang dem Präsidenten in die linke Brust seite, die andere in den Unterleib E« heißt, Mac Kinley habe da» Bewußtsein wieder erlangt und ruhe gegen wärtig schmerzlos Um 5 Uhr 14 Min konnte die Kugel, die in die Brust eingedrungen war und den Knochen getroffen hatte, herausgezogen werden Der Mörder heißt Leon CzolgoSz, wohnte in Detroit und hielt sich hier seit einer Woche auf Er bekennt sich al« Anarchist und ist deutsch-polnischer Abkunft. Nach dem Attentate versuchte die Menge, den Thäter zu lynchen, der Polizei gelang es aber, ihn aus der Ausstellung zu schaffen und ins Gefängnis zu bringen. — Die ärztliche Unterfuchung ergab, daß eine Kugel an dem Brustbein abgeprallt ist; eine andere durchschlug beide Magenwände; sie wurde nicht gesunden. Der Zustand Mac Kinley» berechtigt zur Hoffnung auf Ge nesung — Kurz vor 6 Uhr stellte ein Arzt bei Mac Kinley fest, daß die Atmung leicht fei und der Puls gut gehe. Um 6 Uhr wurde der Präsident chloroformiert Kurz vor 7 Uhr sprachen sich die Aerzte dahin au«, daß beide Wunden, wenn auch ernst, so doch nicht notwendig töd lich seien Die Kugel im Unterleib ist nicht gefunden worden, doch wurde die Wunde zugenäht Der Präsident erholte sich dann von den Folgen der Chloroformierung. Al» den Präsidenten die Kugeln trafen, fiel er dem geheimen Polizeibeamten in die Arme, den er kaltblütig fragte: ,Hat man auf mich geschossen, Georg?" Letzterer knöpfte die Weste Mac Kinley» auf und antwortete, al« er Blut sah: „Ich befürchte, Herr Präsident, daß e« der Fall ist " Der Mörder feuerte durch ein Taschentuch, in dem er die Waffe verborgen hatte Ein anderer Polizei- 5eamier, der nur zwei Schritte vom Präsidenten st»»r, sprang auf Czolgosz zu und warf ihn zu Boden 20 andere Personen stürzten sich ebenfalls auf den Mörder. Als er mit aller Müh« sich befreit hatte, war sein Ge sicht aufgeriffen und mit Blut bedeckt Die erste Kugel traf da« Brustbein, prallte ab und verursachte nur eine leichte Fleischwunde Die zweite Kugel durchschlug beide Magenwände und sitzt wahrscheinlich im Magen. Gegen H8 Uhr wurde MacKinlry in die Wohnung de« Präsidenten der Ausstellung Milburn gebracht. Ter Zu stand de« Präsidenten ist günstig. Der Mörder ist 28 Jahre alt und 5 Fuß 9 Zoll groß Er spricht sehr gut Englisch. Alle Polizeireserven sind nach der Zentralstation zu sammengezogen worden, wo sich Czolgosz in Haft befindet DaS Publikum hat keinen Zutritt — Die behandelnden Aerzte geben folgenden Bericht aus: Etwa um 4 Uhr wurde auf den Präsidenten ge schaffen Ein Geschoß traf den oberen Teil de« Brust bein«, prallte jedoch ab Da« zweite Geschoß drang in den Unterleib, fünf Zoll unterhalb der linken Brustwarze und 1'/» Zoll links von der Mittellinie. Der Unterleib wurde durch das Geschoß durchbohrt. Der Wundkanal ist gefunden worden. Das Geschoß drang in den Magen, ihn von vorn durchschlagend Die Magenwand wurde sorgsam mit Seide zugenäht Sodann wurde di« hint«re Magenwand durchsucht und auf dieselbe W«is« geschloffen. Der weiter« Lauf de« Geschosse« konnte trotz sorgsamer Untersuchung nicht gefunden werden Die Wunde im Unterleib wurde ohne Schaden geschloffen und kein« Ver letzung der Eingeweide oder anderer Organe de« Unter- leide« festgestellt. Der Verwundete hat die Operation gut überstanden Ueber da« Ergebnis der Operation kann noch nicht- Bestimmtes gesagt werden Der augenblick liche Zustand berichtigt zu der Hoffnung, daß der Prä sident wieder genesen wird. — Ein abend« 10 Uhr 40 Min au»gegebene« Bulletin besagt: Der Verwundete erholt sich in befriedi gender Weise. Temperatur 104, Pul« 124, Atmung 24. — Nach dem Bulletin von 1 Uhr früh ist der Präsident schmerzensfrei und liegt ruhig da Die Temperatur ist 100,20, der Pul« 120 Der Angreifer heißt Leon Czolgoiz und ist deutsch polnischer Abkunft, geboren in Detroit Er gab an, keine Mitschuldigen zu haben Anarchistische Schriften hätten ihn überzeugt, daß die Regierung der Union durchaus schlecht sei, und da« beste Mittel, diese« Zustand zu beendigen, wäre die Ermordung de» Präsidenten Anzeigen von Wahnsinn find nicht vorhanden In Chicago wurden fünf Anarchisten unter dem Verdachte der Mitschuld verhaftet Tie a»öwärtige Politik Ler Woche. Die erste von den Forderungen, die von den Mächten im Pekinger Friedensprotokoll dem chinesi schen Reiche auferlegt worden ist, ist nunmehr er füllt. Prinz Tschun hat seinen Sühneauftrag in angemessener Weise auSgeführt. DaS Schwer gewicht sür diese dem Deutschen Kaiser, dem deutschen Volk und den Manen der verstorbenen Frhrn. v. Ketteler erwiesene Genugthuung muß auf die amtlichen chinesischen Kundgebungen, das heißt auf die Ansprache des Prinzen Tschun an Se. Majestät den Kaiser und auf das Handschreiben des Kaisers von China gelegt werden. Wir finden in dem Sühnebriefe Ausdrücke des Bedauerns, des Schmerzes, der Reue und Beschämung, kurz ein rückhaltloses Schuldbekenntnis und eine offen ausgesprochene Selbstdemütigung vor Deutschlands gerechtem Unwillen. Darauf hatten wir Anspruch, und unsere Diplomatie hat diesen Anspruch verwirklicht in der Form einer für die Beziehungen des Deutschen Reiches zu China bedeutungsvollen, durch keine Kunst der Auslegung abzuschwächenden Urkunde. Die Ansprache des Prinzen Tschun sollte in der von China vorgesehenen Fassung die Schuldfrage nur leicht berühren. Der Reichskanzler hat aber veranlaßt, daß auch Prinz Tschun mündlich, wie sein kaiserlicher Bruder schriftlich, das Be dauern der chinesischen Machthaber unumwunden erklären mußte. Die ernste, nachdrucksvolle Ent gegnung Sr. Majestät deS Kaisers auf diese Er klärung verleiht den Empfindungen der deutschen Nation den richtigen und würdigen Ausdruck. Die vielumstrittene äußere Einkleidung des Sühne-Empfanges war in der zur Ausführung gebrachten Art nach dem Urteil aller Teilnehmer von der angemessenen Feierlichkeit ersüllt, die die Umstände verlangten. Prinz TschunS persönliches Auftreten ließ ebenso wie die Haltung des Dol metschers Ain-Tschang, des nunmehrigen chinesischen Gesandten für Deutschland, keinen Zweifel darüber, daß eS ihnen am Herzen lag, Sr. Majestät dem Kaiser in der ehrerbietigsten Weise zu nahen Die anderen Herren der chinesischen Sühne-Gesandtschaft mußten im Vorzimmer warten, ohne den Deutschen Kaiser zu sehen. Daß ihnen diese Ausschließung peinlich war, können viele Augenzeugen bestätigen. Wenn sie hinterher bemüht sind, diesen Eindruck in der Oeffentlichkeit zu verwischen, so haben ihre Spiegelfechtereien nur bei dem freiwilligen Chinesen- tum eines mehr international als deutsch empfindenden Bruchteils unserer Presse verfangen können. Auch in Basel ist es ja den Chinesen gelungen, die falsche Vorstellung zu verbreiten, als ob sie freiwillig dort Aufenthalt ge nommen hätten. In Wahrheit hielt ein Befehl deS Deutschen Kaisers sie von der ReichSgrenze fern, und die Aufhebung der Sperre, die Erlaubnis zur Weiterreise ist amtlich von dem Prinzen selbst al- eine mit unterthänigstem Dank zu erkennende Gnade bezeichnet worden. Für die amtliche Politik handelte es sich in dieser Sache nicht sowohl um eine Frage des Zeremoniells wie um die völkerrechtliche Sühn ung deS Gesandtenmordes in urkundlicher, amtlicher Form. DaS hat der Reichskanzler schließlich durch persönliches Eingreifen mit Unterbrechung seiner Urlaubs durchgesetzt, und damit ist's gut! Die endgiltige Unterzeichnung deS Pekinger Friedensprotokolls kann schon gemeldet sein, wenn diese Zeilen im Druck erscheinen. Der Grund für die Verzögerung deS abschließenden Aktes ist weder auf deutscher noch auf chinesischer Seite zu suchen. Vielmehr hat der britische Gesandte einen Aufschub veranlaßt, um vor der Unterzeichnung sich von der Richtigkeit des Wortlautes zweier chinesischen Edikte zu überzeugen, ein Umstand, der nicht er wähnt zu w.rden brauchte, wenn nicht englische Blätter, voran die „Timer", die Berliner Politik als Mutter der Hindernisse zu schildern versucht hätten, in der stillen, aber an der Umsicht des Reichs kanzlers gescheiterten Hoffnung, die Frage des Sühne-Zeremoniells zu einem neuen Streitfall zwischen dem Reich und China oder gar zwischen Deutschland und Rußland aufbauschen zu können. Das Vordringen der Russen in Tibet wie in Persien wird der Londoner Presse bald Stoff zu ernsteren Betrachtungen liefern, zumal sich auch der „fried liebendste" Brite nicht verschweigen darf, daß Se. Majestät der Kaiser und Zar Nikolaus und mit ihnen Graf Bülow und Graf Lambsdorff bei Dauzig jedenfalls nicht darüber nachsinnen werden, wie man zu Nutz und Frommen Englands eine deutsch-russische Annäherung verhindern könne. Auch in den Donauländern scheint eine solche Annäherung, die doch unter keinen Umständen andere als friedliche Zwecke verfolgen würde, wie ein Schreckgespenst zu wirken. Reden doch die Wiener Mitarbeiter der Blätter des reichshauptstädtischen Freisinns bereits von dem wahnwitzigen Zerrbilde einer deutsch-russischen Koalition gegen das ver bündete Oesterreich Ungarn! Natürlich glauben die Eingeber solcher Nichtigkeiten in Wien selbst keinen Augenblick an Dinge, die, wie sie wissen, lediglich aus ihrer eigenen Einbildungskraft geboren sind. Aber der blaue Himmel, der über der Zwei-Kaiser- Begegnung bei Danzig und über den deutsch- russischen Beziehungen lacht, soll mit Gewalt ver düstert werden. Es ist wie ein umgekehrtes Wetter- schießen, durch das man Wolken nicht zerstreuen, sondern zusammenziehen möchte. Die Meldungen über russische Truppenbewegungen am Pruth haben eine neue Auflage erlebt; eine Beglaubigung dieser für Buda-Pester Gemüter so fürchterlichen Kunde durch die Regierung in Wien ist noch immer nicht erfolgt. Und man muß sich nach wie vor gegen die Kunst und Wissenschaft. Die Internationale Kunstausstellung Dresden 1901. XXVII. Di« Berliner Gemälde. Wer die diesjährige große Berliner Kunstausstellung gesehen hat, die wirklich nicht» weiter ist, al« ein rie siger Bildermarkt, auf dem die Mittelmäßigkeit herrscht, wird angenehm berührt sein, wenn er beim Betreten de« hiesigen Berliner Saale« (Nr 36) sofort bemerkt, daß e» mit der Berliner Malerei doch nicht so schlimm be- stellt ist, wie es nach dem Standpunkte der dortigen Ausstellung den Anschein erwecken könnte Im Gegen teil ist die Auswahl, die man für Dresden getroffen hat, sehr sorgfältig auSgeführt worden, und wenn man auch nicht in der Lage war, Meisterwerke von Berlin au» zu versenden, so ist der allgemeine Durchschnitt doch ein höchst achtbarer Allerdings stelle» in Dresden die Leute der Sezession, die unter Liebermann» Führung grollend au« der Vereinigung der Künstler ausgetreten find, gemeinsam mit den Mitgliedern der selben au« und tragen auf diese Weise ein wesentliche« Stück zu dem unleugbaren Erfolge der Berliner Abteil ung bei. Im ganzen und großen ist, wie gesagt? nicht» gegen die getroffene Auswahl ein,»wenden Nur ein Bild, da« vrelen au« dem Publikum besonder« gut gefällt, hätte man unsere« Erachtens nach in Berlin zurücklaffen sollen, und zwar „den über Jerusalem klagenden Christus" de« Grafen Ferdinand Harrach (Nr 36) Ohne Zweifel gehört Graf Harrach zu den am meisten sympathischen Erscheinungen unter den Litern, Berliner Künstlern und speziell zu den besten Berliner Porträt malern In diesem Christ»« aber hat er sich arg vergriffe«, indem er ihn wie einen Derwisch ooer orientalischen Bettler darftellt mit Gebärden, die direkt dem Theater entlehnt find. Dazu kommt, daß die Landschaft, in der Christus bloß die Rolle der Staffage spielt, von einer süßlichen Weichlichkeit ist, die der herben Umgebung Jerusalems gar nicht entspricht Entbehrlich, weil nicht mehr al» ein oft schon in gleicher Weise wiederholtes Paradestück, wäre wohl auch die „Abendruhe im Hafen" von Willy Hammacher (Nr 236) gewesen Fernerist Ulrich Hübner mit seiner „Brandung am Abend" (Nr. 298) nicht so gut vertreten, wie wir ihn früher in seinen Schilderungen von der Ostseeküste gesehen haben. Eugen BrachtS „Wiesengrund" (Nr. 69) überrascht durch den stark dekorativen Zug und die ungewöbnliche Helligkeit des Kolorits, da» der Künstler jetzt in erster Linie in seinen Bildern betont, während er früher die Zeichnung und Form in viel stärkerem Grade berücksichtigte Sein Schüler Loui» Lejeune legt in seiner großen Landschaft „Tauwetter" (Nr. 403) ein« Prob« beachtlichen Können» und fleißiger, nach möglichster Objektivität strebender Noturbeobachtung ab Denselben Naturvorgang de« Auflauen« eine« von mächtigen Föhren eingerahmten Sre« schildert ein zweit, r Bracht.Echüler, Karl Kayser.Eichberg (Nr 341), mit weit mehr Subjektivität und dem ersichtlichen Streben, auffallen zu wollen. In direktem Gegensätze zu Kayser« Verfahren steht die nicht in der Form, aber durch die eigentümliche Farbe stilistisch wirkende „Märkische Land schaft am Cboriner See" von Franz Lippisch in Char lottenburg (Nr 421), die durch die beiden an der Seite angebrachten Mädchenfiguren mit Netz und Garbe offenbar etwa« Symbolisches erhalten soll Die ganze Poesie eine« warmen Sommerabend« weiß Otto Heinrich Engel in dem Bilde seiner Fischer, die unter den Klängen einer Harmonika auf einem Kahne zum „Dorsch, angeln" (Nr 1 SS) ausbrrchen, mit wundervoller Intimi tät auszudrücken Noch schlichter und deshalb rcch ein drücklicher ist Iakob Albert«, der zu den selbständigsten unter den jüngeren Berliner Landschaftern gehört, in seiner Darstellung einer „blühenden Hallig", deren dürftige landschaftliche Reize wohl noch nie so liebe voll geschildert worden find, wie eS Albert« in diesem Bilde gethan hat Ein geschmackvolle« Bild ist auch der „Trübe Tag" am Meere von Max Schlichting (Nr 618), doch würde die in diesem Werke geschilderte Naturpoefie vielleicht noch mehr zur Geltung kommen, wenn die Aufmerksamkeit der Beschauer nicht durch die ziemlich große, elegant gekleidete Dame, die in die See hinautblickt, geteilt würde Bester, al« je bei un« in Dresden, ist diesmal Walter Leistikow vertreten Sein Spätnachmittag im „Grunewald" (Nr 415) mit den mächtigen Kiefer«, durch di« da« goldige Licht der Abendsonne dringt, um lange, große Schatten auf di« leuchtrnden Flächen de« Boden« zu malen und um sich in der Ecke eine« kleinen Weiher« zu spiegeln, ist von einer solchen ruhigen Vornehmheit und Klarheit, daß da« ganz naturalistisch gearbeitete Bild viel stilvoll» wirkt, al« die meisten früheren Landschaften de« Künstler«, in denen er absichtlich stiiifirrt hat Weicher und beinah« lyrisch ist dann der „Abend" an einem Kanal (Nr 416), dessen Wasser ruhig durch einen echt märkischen, schwer, mütigen Wald fließen Leider kann man die beiden Landschaften Ludwig Dettmann«, der unlängst zum Direktor der König«berger Akademie ernannt worden ist, nicht mit derselben ungetrübten Freude wie diejenigen Leistikow» bettachten I« länger, destomehr geht Drttmann dem Einfachen au« dem Wege, um sich schwierige und absonderliche Aufgaben zu stellen, die er nicht zu lösen vermag So ist z B sei» große« Bild „Morgen ist Feiertag" al« ein Stück höherer Poesie gedacht Wir sehe« einen mächtigen Glockenstuhl in freiem Feld«, dessen Geläut am Sonnabend den Leuten auf dem Feld« verkünden soll, daß der Tag der Ruhe bald für sie Hereinbrechen wird Ein Schäfer mit seiner Herde ist bereit« auf dem Wege nach ferner Behausung Auch in der Natur ist schon der Frierabend angebrochen Die Strahlen der untergehenden Sonne durchfluten mit ihrem Glanz die Gegend, aber man weiß nicht, wo man sich befindet, ob hoch in den Alpen, so daß der Hintergrund al« Gletscher aufgefaßt werden könnte, oder etwa in der Umgebung von Königsberg oder sonst im Norden, wo derartige Glockenstühle vielfach vorkommen Diese Un klarheit zerstört die Wirkung des Bilde«, während die bei untergehender Sonne heimziehende Schafherde (Nr 146) wenigsten« verständlich ist, obwohl auch hier da« kolo- ristische Problem de« nur durch da« Laud eine« Busche« sichtbar werdenden Sonnenuntergang« nicht befriedigend durchgeführt ist. Ein ganz wunderlicher Gesell, der stet« mehr will, al« er kann, ist Marlin Brandenburg. Um den „Waldesschauer" (Nr 70) zu versinnliche», malt er eine Anzahl knorrige Tannen und läßt ein Pferd mit zerrissenen Rosenketten über wilde« Stein geröll durch sie einherstolpern, während einige unheim liche, nackte Gestalten sich furchtsam im Dickicht zu ver bergen suchen Etwa« weniger rätselhaft wie ge wöhnlich tritt Ludwig vHoffmann in einem unbekleideten „Hirten" au« der Urz«it auf (Nr 293), aber er entschädigt sich sofort wieder durch da« „MythuS" genannte Bild (Rr. 293), auf dem wir einen Engel er blicken, der sich mit einem Frauenzimmer etwa« zu schaffen mach«; Mythu« aber heißt da« Bild vermutlich deshalb, weil niemand zu sagen vermag, wa» di« briden Gestaltrn eigentlich von einander wollen Befremdend wirkt weiter Paul Baum« „Ansicht von Neapel" (Nr. 26) Er hat seine Punktiermanier, die er früher bei Motiven au« Holland und au« der Dre«dn«r Gegend nicht selten mit Glück angewendet hat, benutzt, um die reich« Farbenwelt de« Süden» wiederzugeben, aber diesmal nur ein ganz unglaubliche« Violett herau«gebracht, da« vor ihm noch kein anderer Jtalienfahrer gesehen haben dürste.