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Dresdner Journal : 07.09.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190109077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19010907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19010907
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-09
- Tag 1901-09-07
-
Monat
1901-09
-
Jahr
1901
- Titel
- Dresdner Journal : 07.09.1901
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Örtliches. Dresden, 7. September. * Auf der Linie Blasewitz—Plauen der Dresdner Straßenbahn durch die Münchner Straße läuft seit einigen Tagen ein Straßenbahnwagen, der versuchsweise mit einer Schutzvorrichtung gegen Unfälle ausgerüstet ist. Unter dem Stirnseitenblech zeigt der Wagen ein seitlich ausgebogene« Eisengitter, während unter dem Radschutzbleche rechenförmig, horizontal angeordnete Eisen» tzäbe zur Aufnahme von Personen, die unter den Wagen geraten, angebracht sind Diese Schutzvorrichtung soll neben anderen auf ihren praktischen Wert geprüft werden. * AuS dem Polizeiberichte. Eine unbekannte Frauensperson, die anscheinend Verkäuferin, etwa 20 Jahre alt und ungefähr 1,75 m groß ist, volle«, runde« gesundfarbiges Gesicht hat, sich gewandt be nimmt, englisch und deutsch sinicht und dunkles Kleid, schwarze» Jackett und hellgelbe Glacehandschuhe trägt, hat hier am 5. d. Mt«. in einem Geschäfte Einkäufe gemacht und dabei mit einer 5Dollarnote bezahlt. Die Note ist aber insofern wertlo», al« auf ihr die Unterschrift de« Kassierers fehlt. Beim Vorzeigen der artiger Noten ist Vorsicht geboten. Etwaige weitere Geschädigte wollen sich zu 0. Unbek. 2840 bei der Kriminalabteilung melden. Zugleich wird ersucht, die Festnahme der Unbekannten veranlassen zu wollen. — In der Nacht züm 2. d. Mts. (vom Sonntag zum Montag) ist ein hiesiger Einwohner in der Martin Lutherstraße mit einer schweren Kopfwunde besinnungs los daliegend aufgefunden worden. Die näheren Feststellungen haben ergeben, daß er von einem unbe kannten Manne mit einem Stocke mit langem Hirschhorngriff geschlagen und durch di« Schläge sehr schwer verletzt worden ist. Dieser Unbe kannte , anscheinend Bauhandwerker, ist etwa 25 Jahre alt, mittelgroß, untersetzt, hat dunkle Haare, volles blasses Gesicht und vermutlich kleines dunkles Schnurrbärtchen, spricht schlesische Mundart und ist mit schwarzem Jackettanzug, schwarzem weichen Filz hut unv schwarz- und weißgekästeltem Schlips bekleidet gewesen In seiner Begleitung hat sich noch ein Un bekannter, ebenfalls anscheinend Bauhandwerker, be funden, der etwa 30 Jahre alt, mittelgroß, untersetzt ist, schwarze Haare, Augenbrauen und Schnurrbart, hageres dunkles Gesicht hat und ebenfalls schlesischen Dialekt spricht. Dieser ist mit dunklem Anzug und Ueberzieher sowie schwarzem weichen Filzhut bekleidet ge wesen und hat einen Spazierstock oder Schirm bei sich gehabt Ein dritter Unbekannter, der noch mit den beiden Vorgenannten gegangen ist, soll blond gewesen sein, kann aber nicht weiter beschrieben werden. Die jenigen, die über die Person des einen oder des anderen dieser Unbekannten irgend welche Mitteilungen zu machen im Stande sind, werden ersucht, sich umgehend zu 6. Unbek. 2799 bei der Kriminalabteilung zu meldrn. — Die Feuerwehr wurde vergangene Nacht nach der Güterbahnhofstraße alarmiert, wo niedergedrückter Rauch die falsche Feuermeldung veranlaßt hatte Heute vormittag gegen 11 Uhr rückte ein Löschzug nach Stephanienstraße 50 aus, wo im Keller eine Partie Kisten, Holzwolle, sowie der Kellerveeschlag durch ein glimmendes Streichholz in Brand geraten waren. Die Mannschaft fand die Gefahr schon nahezu beseitigt und war nur kurze Zeit thätig. Gegen Mittag erfolgte ein Alarm nach Klosterplatz 1, wo der Inhalt der Aschen grube brannte * Im Centraltheater fanden die letzten Vorstell ungen vor ausverkauften Häusern statt und errangen leb haften Beifall. Um allen Kreisen Gelegenheit zu geben, das Centraltheater zu besuchen, sollen Sonntags nach mittags 4 Uhr Vorstellungen zu kleinen Preisen erfolgen: Parquet 1 M, 1. Rang 1,50 M , 2. Rang 75 Pfg, 3. Rang 50 Pf- Der Billetverkauf zu diesen Nach, mittags Vorstellungen ist Sonnabend nachmittags von 2 bi« 6 Uhr und Sonntag von 11 Uhr geöffnet In beiden Vorstellungen treten sämtliche Künstler aus- * Der Vorstand des Aktienverein« „Zoologischer Garten" zu Dresden teilt über da« Geschäftsjahr 1900/1901 mit, daß der Rückgang im Erwerbsleben und die vielen festlichen Veranstaltungen, deren Schau platz Dresden gewesen ist, ungünstig auf das Betriebs ergebnis des Unternehmens eingewirkt haben Die gesamten Betriebseinnahmen ohne Berücksichtigung der Zinsen de« Jahresbeitrages der Stadt Dresden und der Gebühren der Aktionäre, sowie nach Abzug der Ausstelleranteile be liefen sich auf 139 573,43 M. gegen 147 967,96 M. im Vorjahre, blieben also um 8394,11 M zurück Der Erlös für Eintrittskarten war mrt 91490,37 M um 8610,60 M geringer al« der de« Vorjahre«. Der Erlös für Dauerkarten steigerte sich mit 19504,50 M um 514,50 M Der Bericht erwähnt sodann die Aus stellungen der Malabaren, der Hagenbeckschen Alaska- Tiergruppe, der Eisbärengruppe, der Löwen der Miß Claire Heliot, der Derwische, der Siamesin „Krao" rc. Die Betriebsausgaben betrugen 158,645,54 M. Von den Ausgaben erforderten Heizung und Beleuchtung, di« Konzerte und Ausstellungen sowie die Unterhaltung der Bauten höhere Summen als im Vorjahre. Besucht wurde der Garten von 286319 Personen gegen volles EintrittSgelv (im Vorjahre 327 962). Außerdem be suchten den Garten 115 Volksschulen mit 276 Lehrern und 7321 Kindern, sie zahlten einen Eintrittspreis von je 10 Pf. (im Vorjahre 127 Schulen, 294 Lehrer und 7425 Kinder). Unentgeltlichen Zutritt hatten von den Dresdner Volksschulen 1025 Lehrer (1022) mit 37183 (37 360) Kindern Am 1. April d. I«. war der Tierbestand 474 Säugetiere, 685 Vögel, 84 Rep tilien, Amphibien und Fische, zusammen 1243 Tiere in 319 Arten Geschenkt wurden d«m Garten 49 Säuge tiere, 86 Vögel, 50 Reptilien und dergleichen. Ge. boren wurden 62 Säugetiere, und 89 Vögel wurden er brütet. Durch Tod wurden 240 Säugetiere, 197 Vögel, 50 Reptilien im Werte von 7142,39 M ver loren. Der Tierbestand steht mit 56074,75 M. zu Buche. Die Rechnung schließt mit einem Verluste von 12459,16 M. ab. Für die nachgcnanntcn Ausstellungen ist die frachtfreie Rückbeförderung der ausgestellten Tiere oder sonstigen Ausstellungsgegenstände auf den Linien der Sächsischen Staatseisenbahnen unter de» üblichen Bedingungen gewährt worden: Internationale Ausstellung von Hunden aller Rassen in Friedenau-Berlin am 7 und 8. d. MtS., Geflügelausstellung in Darmstadt vom 7. bis. 9. d. Mts , Bienenwirtschastliche Ausstellung in Borna am 8. und v. d. Mts. und Geflügel- und Bögelausstellung in Kassel vom S bis 7. Oktober. Aachrichten aus den Landesteileu. Leipzig Die Ferienkurse, die auf allen Ge ieten der Medizin für praktische Aerzte an unserer Universität gehalten werden und in denen insbesondere auf die neuesten für Aerzte wichtigen Bestrebungen und Fortschritte Wert gelegt wird, beginnen kommenden 7. Oktober und dauern etwa drei Wochen. — Der große Zudrang zu den Realschulen in unserer Stadt ist Veranlassung gewesen, daß dir Errichtung einer fünften solchen Schule hier ins Auge gefaßt wurde, für die ein Platz im Südosten der Stadt in Aussicht genommen ist. Die erste Realschule besteht über 25 Jahre, ebenso die zweite, die gegen tausend Schüler zählt. — Zu dem Morde, der in der Nacht vom letzten Sonntag zum Montag an der 16 jährigen Arbeiterin Hedwig Apitz au» Heyda in Börln bei Wurzen begangen wurde, ist zu berichten, daß weder die Leiche der Ermordeten gefunden wurde, noch daß der Mörder Nitzschke ergriffen worden ist Leipzig. Der Aufwand für die offene Armen pflege hierselbst bezifferte sich im vergangenen Jahre auf 714 400 M , da» sind 34 400 M mehr al» im Vorjahre. Zum großen Teile entfällt die Mehrausgabe auf die Erhöhung des Unterstützungötarif«, denn an wöchentlichen Barunterstützungen wurden im vorigen Jahre 586 300 M verausgabt, LaS sind 32 000 M. mehr als 1899. Chemnitz Die Stadtverordneten haben in geheimer Sitzung die Uebernahme der Anwartschaft auf das mehrere Millionen M betragende Vermächt nis de« am 7. Juli in Berlin verstorbenen geh Kom merzienrat« v. Zimmermann, Ehrenbürger« der Stadt Chemnitz, fast einstimmig abgelehnt Mit diesem Ver mächtnis ist die Gründung einer „v. Zimmermannschen Familien-Stiftung" angeordnet, sie ist aber so verklausu liert, daß die Stadt voraussichtlich nie in den Besitz des Geldes gekommen wäre. — Ein weiteres Vermächt nis, allerdings nur in Höbe von 3000 M, wurde von den Sradtverorvneten ebenfalls abgelehnt, weil daraus der Stadt nur Kosten, aber keine Vorteile erwachsen wären. Wolkenstein Tödlich verunglückte in Schönbrunn der Gutsbesitzer Christoph Müller dadurch, daß er beim Einlegen von Garben in dieADreschmaschine geriet, wodurch dem Unglücklichen neben anderen schweren Ver letzungen, die er erlitt, de« Brustkasten eingedrückt wurde. Als man den Mann au« der Dreschmaschine befreit hatte, war er eine Leiche. Reichenau Hr. geh Kommerzienrat Oskar Preibisch und feine Gemahlin haben zur Erinnerung und zum ehrenden Angedenken an ihren, ihnen in seiner Jugend blüte entrissenen Sohn Walther bei der ersten Wieder kehr seine» Todestages, am 30. August, den bereits be stehenden Alters- und Invaliden Unterstützungskaffen der Firma C A Preibisch hohe Beträge, und zwar 25000 M für die Reichenauer Fabriken und 10000 Kronen für die Fabrik in Dittersbach i. Böhmen überwiesen. Diese Walther Preibisch-Stiftung soll dazu dienen, unver schuldete Not zu lindern und das gebrechliche Alter zu erfreuen Außerdem sind der evangelischen Kirche zu Reichenau 5000 M für die Armen Reichenaus zu dem bereit» vorhandenen Preibisch-Legat überreicht worden Kamenz. Einen herrlichen Anblick gewährte ein in vorvergangener Nacht in hiesiger Umgebung beobachtete« Meteor. E« durchstreifte in Gestalt einer großen bläulichweißen Feuerkugel in der südlichen Himmels richtung die Atmosphäre. Riesa. Bei einem Streite um Pflaumen kratzte in Stauchau ein dreijährige» Mädchen ein fünfjähriges mit einem rostigen Nagel in« Auge. Da« Auge fchwoll an, und trotz ärztlicher Hilfe starb da« Kind nach einigen Tagen an Blutvergiftung Roßwein. Im Gebiete der Mulde sollen bekannt lich im Interesse der anliegenden Stadt- und Dorf gemeinden, auf Veranlassung der Besitzer von Fabriken, Mühlen rc, die an der Mulve liegen, zehn Thal- sperren gebaut werden, um einen Ausgleich zwischen dem Wassermangel in der trockenen Jahreszeit und dem zu anderen Perioden etwa austretenden Hochwasser herzustellen Zu den Kosten der Vorarbeiten haben die hiesigen städtischen Kollegien 100 M bewilligt — Um einen wirksameren Schutz, als bisher, vor Verfälschung der Milch bei ihrem Verkauf herbeizuführen, hat der Stadtrat beschlossen, ein Regulativ für den Milchverkauf nach dem Muster des in Chemnitz gehandhabten Regu lativs auch in Roßwein zu erlassen und das letztere vom 1. Oktober d. Js an in Kraft treten zu lassen Stolpen Bei dem hiesigen Postamt« sind gestern eine Stadt-Fernsprecheinrichtung und eine öffent liche Fernsprechstelle in Betrieb genommen worden vermischtes. * Zum Untergang de« kleinen Kreuzer» „Wacht". Der am 4. September infolge Zusammen stoßes mit dem Linienschiff „Sachsen" untergegangene kleine Kreuzer „Wacht" war dem I Geschwader al« Aufklärungsschiff zugeteilt. Aufgabe dieser Schiffe ist es, dem Geschwader voranzufahren, den Feind aufzu spüren und, sobald sie ihn erblickt, diese» dem eignen Flottenführer so schnell wie möglich zu melden Bei Erfüllung dieser Aufgabe stehen die Aufklärungsschiffe mithin zwischen dem Feind und dem Freund Nach Erfüllung ihrer Ausgabe müssen die leichten und schnellen Schiffe der Aufklärungsgruppen danach trachten, mit größter Beschleunigung noch der vom Feinde ab gekehrten Seite des eignen Geschwaders zu gelangen, denn hier wartet ihrer eine neue wichtige Aufgabe. Diese besteht darin, die Signale der Admirale den Schiffen des eigenen Geschwaders oder der Flotte wciterzugeben Im vorliegenden Falle bestand die eigene Flotte aus sieden Schlachtschiffen, die wahrscheinlich eine Linie von 2000 bi» 2800 m Länge bildeten. Dem Flottenführer muß es darauf ankommen, diese seine Schlachtlinie in eine solche Lage zu bringen, daß beim Eröffnen de» Feuers möglichst alle seine Schiffe ihre Geschütze spielen lassen können. Das erfordert bei einer so langen Schlachtlinie Zeit, und es kann auf die Ausklärungsschiffe keine Rück sicht genommen werden Anderseits müssen die Auf klärungsschiffe das Schußfeld möglichst schnell räumen. Ein langes Auf- und Abdampfen zwischen Freund und Feind oder ein Herumfahren um das letzte Schiff der eigenen Linie ist unstatthaft, weil die Aufklärungsschiff« dabei die eigenen Schiffe am Feuern verhindern würden. Es bleibt mithin für erstere nicht« anderes übrig, als durch die eigene Linie hindurchzukohren, und so erfolgt e,n sogenannte« DurchbrnchSmanöver Diese Manöver sind darum schwierig, weit die Schiffe der eigenen Linie in Bewegung sind Je größer die Fahrtgeschwindigkeit der Schlachtlinie ist, desto schwieriger ist daS Manöver. Der Abstand zwischen zwei Linienschiffen in Schlacht ordnung ist gering, die Lücke zwischen ihnen ist aber noch um die Länge eines Schiffe» geringer. Natur- Brunhilde. 29s Roman von Gersegg. (Fortsetzung.) Bei ihrem Eintreten war der Graf aufgestandcn und fühlte, daß eine körperliche Schwäche ihn an wandelte; er goß sich ein großes Glas Thee und Cognac zusammen und trank es mit einem Zuge aus. „ES fehlte gerade noch, daß ich schwach würde, wie ein altes Weib!" Dann löschte er die Lampe aus und ging leise, aber festen Schrittes in sein Zimmer. Hier öffnete er das Couvert; es enthielt einen Brief und eine Visitenkarte. Der Brief war von seinem Bruder auS Paris, französisch geschrieben, und lautete: „Mein lieber Bruder! Man weiß im KriegSministerium mit Be stimmtheit, daß dein Aufenthalt in jener Gegend der preußischen Regierung bekannt geworden ist. Du mußt also unmittelbar nach Empfang dieses Schreibens abreisen, und da auf dem Landwege die Gefahr der Entdeckung zu groß ist (in Cux- hafen ist bereits ein harmloser französischer Kauf mann als Spion festgehalten worden), muß eS auf dem Seewege geschehen. Zu dem Ende wird unser Gesandter in Kopen hagen eine kleine Dampfjacht nach Bornholm schicken, die tagsüber dort ankern und in der nächsten DienStagnacht von Dunkelwerden an auf der Höhe von Stüdemünde kreuzen wird, um dich aufzunehmen; eS wird dir, mit Hilfe des Schiffes, mit dem du seither deine Exkursionen gemacht hast, nicht schwer fallen, an Bord zu gelangen.' Zum Zeichen, daß er an Ort und Stelle ist, wird der Dampfer um punkt sieben Uhr abends einen Kanonenschlag abbrennen und eine Minute später eine rote Rakete steigen lassen, und wird von da ab an der Seeseite beständig Lichter zeigen, damit du ihn in der Dunkelheit finden kannst; an der Landseite darf er es natürlich nicht thun. Die Sachen sind sehr ernst. Die Ereignisse drängen zum Ende, und die Kriegserklärung steht vor der Thür. Die Kanalflotte ist in Cherbourg zusammengezogen und ist jede Stunde zum Aus laufen bereit, so daß sie in drei Tagen in der Ostsee erscheinen kann. Hoffentlich ist dein Aufenthalt dort von einigem Nutzen gewesen, wenn aber auch nicht, so ver säume doch unter keinen Umständen diese Gelegen heit, fort zu kommen; verbrenne deine Papiere, so weit sie nicht bei der zu erwartenden Aktion etwa von Nutzen sein können, und lasse alles übrige im Stich; nur fort! Deine Frau legt ein paar Zeilen bei; die ganze Sache, vorzüglich die mit dem Kopenhagener Dampfer, ist — natürlich alles telegraphisch — so in Eile arrangiert worden, daß ich selbst eben nur genügende Zeit für diesen Brief bis zum Abgang der nächsten Post hatte, und daß ich Victoriuen keine Zeit zu längerem Schreiben geben konnte. Tausend Grüße. Auf baldiges Wieder sehen in Paris. Stets dein Bruder Henri." Die Visitkarte trug auf der Vorderseite den Namen: ,Maäame la oomtess« Victorino 6e Tsiierr^-Tboriot n6v baronoe Olun^ und aus der Rückseite die Worte: „Wir sind in tausend Sorgen. Henriette ist sehr krank, sie ruft nach Papa. Komme dcch gleich —" Ingrimmig legte er das Schreiben als letztes auf die übrigen zu vernichtenden Familienpapiere und ergriff ein Päckchen wertlos gewordener Skizzen und Aufzeichnungen aus den ersten Tagen seines Aufenthalts, um damit den Anfang zu machen. Niedergekauert vor dem Feuerloch des Ofens, in dem lange nicht geheizt worden sein mochte, bemühte er sich mit geringem Erfolge, das Papier anzuzünden, und stickender Rauch verbreitete sich im Zimmer. Einem der Dienstmädchen, daS gerade zu dieser Zeit leise den Korridor entlang schritt, fiel der brenzliche Geruch auf; bemerkend, daß derselbe aus dem Zimmer des Grafen hervordrang, und be fürchtend, daß diesem ein Unfall zugestoßen sein möchte, gab sie, den strengen Befehl Marias nicht achtend, der Thür einen kräftigen Stoß, und das altersschwache Schloß gab dem Drucke nach. Bei dem draußen herrschenden Sturme wälzte sich aus den unteren, offenen Räumen des weit- länfigen Gebäudes sofort ein heftiger Luftzug inS obere Stockwerk hinauf und ergoß sich in daS plötzlich geöffnete Zimmer, dessen einen, vom Grafen vorhin schlecht eingeklinkten Fensterflügel er krachend aufstieß. Die vom Tische gerissenen Papiere flogen in allen Ecken umher, und daS Mädchen, einen scheuen Blick auf da» angerichtete Unheil werfend, machte schleunigst, Entschuldigungen murmelnd, die Thür wieder hinter sich zu. Der Graf aber beeilte sich, daS Fenster zu schließen. „Ich habe kein Glück mehr", sagte er er bittert, „wenn das Mädchen über die Sache spricht, ist Maria in zwei Minuten hier." DaS Mädchen hütete sich wohl, ihrer Herrin, deren Borwürfe sie fürchtete, etwas von ihrer Vor eiligkeit zu sagen, und so ging diese Gefahr vor über; der Graf fing an, zum zweiten Male, diesmal etwa» weniger systematisch, feine Skripturen zu- fammenzusuchen, und steckte die wenigen später noch brauchbaren Papiere sofort in seine Brieftasche, während alle übrigen zusammen mit den Familien briefen gemeinsam in den Ofen wanderten, der dies mal seine Schuldigkeit that. Daß einer dieser Familicnbriefe, der letzte, gestrige, dem Feuertode entging, hatte der Graf, den verstörten Blick auf das hereinstürzende Mäd chen gerichtet, nicht bemerkt; diesen einen, als letzter oben auf dem Konvolut liegenden hatte der Wind stoß erfaßt und durchs offene Fenster ins Freie ge tragen. — Ter Teufel, der nie schläft, wußte eS so einzu- richten, daß Maria gerade an einem Fenster des Erdgeschosses stand und einen Blick auf daS Unwetter draußen warf, als dicht vor ihren Augen der Brief herunterflatterte und ein paar Schritte weiter, im Garten, zur Erde fiel. Sie eilte hinaus, und gleich wieder inS Haus tretend, las sie aus dem Couvert die Worte: „Herrn Gustav Steinberg im Hause des Herrn Hafenmeister« Hartungg Stüdemünde in Pommern. Einliegend dreißig Thaler in Kassenanweisungen." Ter Maler mußte also aufgestanden sein — er hatte das Fenster geöffnet, und der Brief war hinaus- geweht. In echt weiblicher Fürsorge, ob etwa auch die Kassenscheine mit hinousgeweht sein möchten, bog sie das Couvert auseinander und schüttete den Inhalt auf die Fensterbank. Der Brief faltete sich beim Niederfallen aus einander, und Maria erblickte lateinische Schriftzüge und bei genauerem Hinsehen französische Worte. (Fortsetzung folgt ) aemäß bewegt sich diese Lücke mit derselben Geschwindig keit weiter wie die Schiffe selbst. Da« „durchbrechende Schiff" muß mithin genau abpaffen, daß sein Vor steven vom Heck de» einen Schiffe», fein Achter steven vom Bua de« folgenden frei bleibt. Er schwerend tritt hinzu, daß da« heftig wirbelnd« Kielwasser der großen Schiffe da« leicht« kleine Schiff in seiner Steuerfähigkeit leicht nachteilig beeinflußt. Wird dann vielleicht noch der Pulverrauch einc« bereit« feuernden Schiffe» in die Lücke getrieben, so erhellt, daß da« Manöver ein« der schwierigsten ist und daß kleinere Hilfen mit dem Steuerruder jederzeit muffen gegeben werden können. Da hier mit Sekunden gerechnet werden muß, so ist e« auch nicht möglich, bei einem Versagen der Steuervorrichtung (wie solches bei dem stattgehabten Unglücksfalle eintrat) mit den Schrauben zu steuern. Ob da« rammende Linienschiff dem kleinen Kreuzer hätte aut weichen können, läßt sich nicht beur teilen; verpflichtet war es dazu nicht Hoffen wir, daß derartige Unfälle, die, ob sie gleich sehr bedauer lich sind, doch zeigen, daß unsere Flotte eifrig beim Neben ist, sich fürderhin nicht ereignen. Und ob eS gleich nur ein bedingter Trost ist, so ist das Be wußtsein immerhin erfreulich, daß derartige Zusammen stöße in fremden Flotten vielleicht nur darum selten oder nicht vorkommen, weil man nicht wagt, bei Friedens« manövern die Schiffe mit aller Kraft fahren zu lasten. So dürfen beispielsweise in der Marine Frankreich« Flottenevolutionen höchsten« mit nur halber Maschinen kraft anSgeführt werden. Da« ist aber keine Vorbereitung für den Ernstfall. * Der feidene Brief de» Kaiser« von China an Se Majestät den Kaiser, dessen Wortlaut bereit« veröffentlicht wurde, stellt ein bemerkenswerte« Kunst werk chinesischer Stickerei dar. Die Umhüllung de« Briefes besteht der „Cöln. Ztg." zufolge aus einer mit gelber Seide, der kaiserlichen Farbe, überzogenen Mappe, deren Frontseite eine reiche und mit außerordentlicher Feinheit ausgeführte Stickerei in Gold und Seide zeigt. Da« Mittelstück bildet ein schmales Rechteck mit in schwarzer Seide aufgestickten chinrfischen Schriftzeichen, die wohl die Adresse bedeuten werden. Der Raum recht« und link« wird von je einem sich windenden, in Gold gestickten Drachen ausgefüllt, während die übrige Dekoration teil« in Blumen, teil» in arabeskenartigen Stickereien in bunten Farben besteht, die dem Ganzen einen sehr frischen und freundlichen Ausdruck geben. Verschlossen wird die Mappe durch kleine, höchst sinn reich angebrachte Zustecker au« Elfenbein, die die Mappe durch eine Art von Hrbelwirkung zusammenhalten In dieser Mappe liegt der kaiserliche Brief, der durchweg auf gelber Seide sehr kunstvoll beschrieben ist. Er be steht au« einer ganzen Anzahl zusammenhängender, aus klappbarer Bogen, die, wenn sie ganz und gar entfaltet sind, eine Länge von wohl 4 m einnehmen dürften. Dieser lange Seidenstreif bildet also rin zusammen hängende«, von oben nach unten zu lesende« Schriftstück, da» auch mit einem großen, in roter Tusche aufgedruckten Stempel versehen ist Die erste Klappe de« Briefe», die, wenn der Brief zusammengelegt ist, die Frontseite bildet, hat in der Mitte einen großen Drachen in Goldstickerei, der nach oben und unten von in der Farbe sehr wirksam abgetönten mattgrünen Ornamenten begrenzt wird, außer denen noch blumcnartigc Ornamente in lila, blau und dunkelgrün den Abschluß bilden. Diese Stickereien sind mit so un gemeiner Sorgfalt angefertigt, daß man zuerst glaubt, Emaillearbeit vor sich zu Haden. Die letzte Klappe de« Briefes hat ein ähnliche» Drachenornament mit ver mehrten und vergrößerten Zierstickereien in denselben Farben wie an der Vorderseite. Eingerahmt ist der Brief feiner ganzen Länge nach auf beiden Seiten mit fast drei Finger breiten aufgedrucktcn Randleisten in ziegelroter Farbe, die Drachenmotive enthalten Se. Majestät der Kaiser haben angeordnet, daß dieses sowohl politisch wie künstlerisch hochinteressante Schriftstück den Sammlungen de« Hohenzollernmuseum« einverleibt werden soll 6.X Ueber die außerordentliche Bedeutung der Mode, vom wirtschaftlichen Standpunkte au« betrachtet, macht eine englische Zeitschrift folgende An gaben: Man hat berechnet, daß in Frankreich avrm die zahlreichen mit der Mode zusammenhängenden In dustrien 2 M«ü Leute beschäftigen. Die Ausfuhr der Modewaren muß eine ungeheure Summe betragen, wenn man bedenkt, daß allein der jährliche Umsatz der Pariser Schneider sich auf 200- bis 220 Mill M. beläuft. Da« Pariser Putzgeschäft hat einen jährlichen Umsatz von 20 Mill M. und beschäftigt ungefähr
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