Suche löschen...
Dresdner Journal : 07.09.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190109077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19010907
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19010907
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1901
-
Monat
1901-09
- Tag 1901-09-07
-
Monat
1901-09
-
Jahr
1901
- Titel
- Dresdner Journal : 07.09.1901
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1670 Annahme sträuben, daß die auf ihre Befähigung zu großstaatlicher Realpolitik so stolzen Ungarn sich durch derartige offenbare Hallucinationen die Be sinnung und Kaltblütigkeit rauben lasten sollten, deren sie auch ohne Voraussetzung russischer Um triebe, angesichts der wachsenden Rührigkeit der Balkanslawen mehr denn je bedürfen. Vergebens sucht man inzwischen nach einer befriedigenden Erklärung für diesen seltsamen Preßfeldzug; man müßte sich denn dazu ve» stehen wollen, im Ernste den Andeutungen Glauben zu schenken, daß eS sich bei diesen Treiber eien um einen Plan der magyarischen Opposition zum Sturze deS Grafen GoluchowSkt und zur Er nennung eine- gegen Rußland schneidigeren gemein samen Ministers der Aeußeren handle. Dem gegen wärtigen Inhaber dieses Posten- wird eS aber kaum verdacht werden können, wenn er inmitten des ihn umgebenden Tohuwabohu an der Auffassung sesthält, daß seine Abmachungen mit Rußland aus dem Jahre 1897 ausreichend sind, um wirklich unbequeme Fort schritte Rußlands in den Balkanländern zu hemmen. Der französisch-türkische Streitfall, der aus der Konstantinopler Kai-Frage herausgewachsen ist, läßt noch keinen günstigen Ausgang absehen. ES scheint, daß noch andere als rein nationalistische Einflüsse am Werke sind, um die französische Politik über den Rahmen ihrer ursprünglichen, schon reichlich bemessenen Forderungen hinauszudrängen. Die sonderbare Aufdringlichkeit, womit in den „Times" Hrn. Delcassv die Unterstützung Englands angeboten wird, dürfte die Pariser Staatsmänner schon nach denklich stimmen. Keine Macht wird Frankreich an der Erlangung einer angemessenen Genugthuung für den „Fall EonstanS" hindern. Aber auf der andern Seite wäre eS kaum zu verstehen, wenn die Republik eine mehr finanzielle al- politische Frage zu Besitzveränderungen im Mittelmeere benutzen wollte, wo bei weit schwerer wiegenden Anlässen der statu» guo sorgfältig von allen beteiligten Regierungen geachtet worden ist. Die jüngsten An gaben über eine Anrufung Rußland- in diesem Streitfälle haben keinen Widerspruch erfahren. Unter allen Umständen würde .der russische Einfluß sich mäßigend, nicht verschär'end äußern. Die Meld ungen, wonach von türkischer Seite die guten Dienste Deutschlands in Anspruch genommen worden wären, sind jetzt überall al- falsch erkannt. Damit erledigt sich zugleich die Nachricht, der Deutsche Kaiser habe dem Sultan eine Bitte um Unterstützung gegen Frankreich abgeschlagen. Augenscheinlich ist diese Erfindung nur verbreitet worden, um die Türkei gegen uns mißtrauisch zu machen und die viel- beneideten Fortschritte unserer Orientpolilik zu stören. Während im alten Europa die Hauptsorge der Staaten noch immer auf die Entfernung oder wenigstens Unschädlichmachung von Brandstoffen innerhalb der festländischen Konstellation gerichtet bleibt, schwelgt Amerika im Vollgefühle seiner wirt schaftlichen Kraft. Mit staunenerregender Selbst bewunderung verherrlicht die Union durch den Mund ihres Präsidenten die Fortschritte, die ihrer Entwickelung auf vielen Gebieten unleugbar einen Vorsprung vor allen andern Ländern sichern. Ein politisches Seiten stück zu dem wirtschaftlichen Hymnus Mac Kinley- in Buffalo war die Rede, die der allgemein al- künftiger Präsident der Vereinigten Staaten geltende, übrigens deutschfreundliche Hr. Roosevelt in Minnea polis gehalten hat. Sie kann, völkerrechtlich ge sprochen, als eine neue authentische Deklaration der Monroe-Doktrin gelten, insofern Hr. Roosevelt al- Grundsatz aufstellte, daß die Union jeder territorialen Festsetzung europäischer Mächte auf amerikanischem Boden widerstreben müsse. Damit soll nach Roose velts Anschauung keineswegs die vorübergehende Machtentfaltung eines fremden StaateS an ameri kanischen Küsten zur Durchführung genau begrenzter Ansprüche in einzelnen Streitfällen ausgeschlossen sein. Und auch in den columbisch-venezolanischen Wirren könnte eS, wie der Washingtoner Regierung wohlbekannt ist, zur Entfaltung der KriegSflagge europäischer Staaten für die Zwecke des Schutzes und der Schadloshaltung ihrer Landesangehörigen kommen. Vielleicht ist diese Aussicht mit bestimmend gewesen für die Entschließung der UnionS-Regierung, zwischen den beiden in Krieg geratenen südameri kanischen Freistaaten zu vermitteln. Sie würde bei diesen Bemühungen, unter Voraussetzung eines günstigen Endergebnisse», auf die Erkenntlichkeit gerade solcher Mächte zählen können, denen sie eine unerwünschte Einmischung in die mittelameri kanischen Unruhen erspart Wo» sonst den Verlauf des columbisch-venezolanischen Zwiste« betrifft, so hat er zu einer schriftlichen Auseinandersetzung beider Republiken geführt. Die au» Eolumbien nach Washington gesandten Telegramme waren stet» von der Behauptung auSgegangen, die columbische Regierung erstrebe lediglich die Unterdrückung des Aufstandes und wolle keinen Krieg mit Venezuela. Daraufhin hat Venezuela eine Art von Anklageschrift veröffentlicht, worin dargelegt wird, daß und warum der venezolanische Staat zu militärischen Maßregeln angesichts der Grenzverletzungen durch columbtsche Truppen hätte greifen müssen. Nach neueren Meld ungen will Columbien die Akte Venezuela» durch eine Gegenschrift beantworten und beweisen, daß die columbische Regierung in allen Phasen de» Streites Mäßigung bewahrt habe und die columbischen Truppen an der Grenze nur die Aufgabe erfüllten, die Grenze zu schützen. Die inzwischen erteilten Antworten der beiden Republiken aus das Ber- mittelungS-Angebot Nordamerikas sind zwar in der Tonart verschieden, indem Eolumbien seine Bereit willigkeit entgegenzukommen bekundet, Venezuela sich indessen zurückhaltender zeigt; aber beide Noten ge währen der Hoffnung Raum, daß eS gelingen wird, den Streitfall ohne Blutvergießen zu schlichten, — ein AuSgang, der auch im Interesse des in Colum bien wie in Venezuela stark vertretenen deutschen Handels nur zu wünschen wäre. Die Presse Englands hat wieder einmal Anlaß genommen, sich mit der Möglichkeit deS Rücktritts des Premierministers Lord Salisbury zu beschäftigen. Da der Zeitpunkt dieses Ereignisses erst im näch sten Jahre, nach den offiziellen Krönungsfeier lichkeiten, zu erwarten wäre, so hätten die Er örterungen darüber zunächst nur einen platonischen Wert, aber die großen Londoner Blätter benutzen die Sache vielfach zu Bettachtungen über die ge samte auswärtige Lage, wobei sie Lord Salisbury mehr oder minder eindringlich ersuchen, auf seinem Posten wenigstens bis nach Beendigung der süd afrikanischen Wirren auszuharren. Aus diesen Bitten geht eine nicht eben zuversichtliche Stimmung im Hinblick auf Südafrika hervor; und die Londoner Publicistik scheint das Ende de- Krieges in naher Zeit offenbar noch nicht zu erwarten. Der Krieg i» Südafrika. Schon in einem Teile der gestrigen Auslage unseres Blattes brachten wir die Reutersche Depesche aus Middelburg (Kapkolonie), daß das ganze Kom mando deS Burenführers Lotter vorgestern früh südlich von Petersburg von Oberst Scobell gefangen genommen worden sei. Nach der nämlichen Draht nachricht sollten bei dieser Gelegenheit 12 Buren ge fallen, 46 verwundet worden sein, die Zahl der Ge fangenen 103 betragen und die Engländer auch 200 Pferde erbeutet haben. Heute nun liegt die Meldung des Wolffschen Telegraphen-Bureau- vor, daß dieser englische Erfolg sich bei Brown-Hoek in der Nähe von Petersburg zugetragen hat sowie ein zelne Buren entkommen sind, und ferner läßt sich jetzt auch Lord Kitchener selbst zu dem Vorgänge wie folgt vernehmen: Die Gefangennahme erfolgte frühmorgens. Die Buren verloren 19 Tote, 52 Ver wundete und mit Einschluß der Verwundeten 1l4 Ge fangene mit all' ihrer Habe. Unter den Gefangenen befinden sich die Kommandanten Lotter und Breedt, die FeldkornetS Krüger und W. Krüger und Leut nant Schormann. Gefallen sind u. a. die Gebrüder Vaster, zwei bekannte Afrikander aus der Kolonie. Die Engländer hatten 10 Tote und 8 Verwundete. — Hiernach sind die Verluste ter Buren noch größer, als zunächst milgeteilt wurde. Aus dem Berichte des englischen Oberkommandierenden ergiebt sich aber weiter, daß der der Gefangennahme des Kommandos vorausgegangene Kampf auch auf feiten der Briten mehrere Opfer gefordert hat. Es mag also hart gerungen worden sein. Die Gerüchte über eine Abberufung Lord Kitcheners aus Südafrika wollen noch immer mcht verstummen. Demgegenüber leugnet der Korrespondent deS „Daily Telegraph" in Pretoria e« jetzt bestimmt ab, daß der General, wie behauptet wird, gleich nach dem September nach Europa zurückkehren werde, und fügt hinzu, Kitchener werde die ihm zugewiesene Aufgabe beendigen, General Lyttelton aber nur den General Hildyard ersetzen, der Urlaub nehme Be kanntlich ist Lyttelton als künftiger Oberbefehls haber genannt worden. An sonstigen Meldungen liegen folgende vor: Kapstadt. (Meldung de» „Reuterschen Bureau«".) Nach einem hier eingrtroffenen Pnvatteleqramm ist van der Heever, Mitglied ke» Bescygebendea Rates, in Burgher-- derp verhaltet worden und zwar unter der Anklage, Waffen verborgen zu haben — Die Eisenbahnverbindung zwischen Worcester und Brootfontein ist zerstört. Die Post verkehrt bei Tage. Man glaubt, daß Scheeper- sich in der Gegend aufhält. (Wiederholt.) London Lord Kitchener telegraphiert au« Pre toria unter dem vorgestrigen Tage: Etwa »Ou Buren haben gestern früh de» Oranje überschritten und sind in da- Eingeborenen-Territorium bei Herschel eingedrungen. Englische Truppen haben die Verfolgung ausgenommen. — Im Widerspruche mit Meldungen au- anderer Quelle drahtet der Berichterstatter de- „Daily Telegraph" au- Pretoria, daß seit dem Erlasse der Kundmachung Lord Kitchener- sich dir wöchentlichen Uebergaben von Buren verdreifacht haben und daß es nicht an Anzeichen fehlt, daß sie vor dem lb September weiter zunehmen werden. — Die „Time-" melden au- Pretoria vom s.d MiS.: E- verlautet hier, daß in Johannesburg einige Ver haftungen vorgenommen wurden, die mit der Verhaftung de» vr. Krause in London in Verbindung stehen. — Wie der Brüsseler Berichterstatter de» „Standard" erfährt, wurde der von Botha vorgeschlagene neue Feld- zug-pian von den Burenkommandanten genehmigt Danach sollen gewiss« Punkte im Oranjestaat, in der Kapkolonie und in Natal kräftig angegriffen werden, um Kitchener zu nötigen, die Stärke der britischen Truppen in TranSoaal zu ver ringern. Lourenyo MarqueS. Nach den letzten Nachrichten au- Komatipoort wird dort ein Angriss einer starken Burenmacht vor dem lü. September erwartet. Dieengli- schen Truppen stehen in Alarmftellung in den Befestigungen. Portugiesische Truppen sind am Donnerstag an die Grenze abgegangen. Tagesgeschichte. Dresden, 7. September. Se. Majestät der König und Se. König!. Hoheit der Prinz Georg haben heute vormittag in Begleitung deS Oberstallmeisters v. Haugk und des Flügeladjutanten vom Dienst Majors v. Watzdorf einen Jagdausflug in- Ullers- dorfer Revier unternommen. — Hoffräulein v. Borries hat mit gestern den Dienst bei Ihrer Majestät der Königin beendet und das Königl. Sommerhoflager verlassen; an deren Stelle wird Hoffräulein v. Abeken morgen Sonntag zur Uebernahme deS Dienstes bei Ihrer Majestät der Königin in Pillnitz eintteffen. — Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem Könige wird auf die Zeit vom 8. bis mit 2l. September der Königl. Kammerherr Sahrer v. Sahr auf Dahlen übernehmen De«1sche» «et». * Berlin. Don der Reise Ihrer Majestäten dc» Kaiser» und der Kaiserin wird au» Königsberg i Pr. folgendes berichtet: Die Stadt ist reich geschmückt und beflaggt. In den Straßen herrschte bereit» gestern leb hafte« Treiben. Da« Wetter war schön Die Feststraße vom Bahnhofe zum Schlöffe ist mit einer Reihe von Flaggenmasten eingefaßt, die durch Gewinde verbunden find. Am Eingänge zur Kaiserstraße, wo Se. Majestät der Kaiser von den Vertretern der Stadt begrüßt wurden, ist eine große Ehrenpforte errichtet; seitwärt» stehen Tribünen Di« Uebergänge über die Arme de« Pregel find besonder» reich geschmückt Im Gefolge Ihrer Majestäten find während der Kaisertage anwesend: die Oberhofmeifterin Gräfin v. Brockdorff, die Hofdamen Frl v Gersdorff und Gräfin zu Stolberg-Wernigerode, der Oberhofmeister Frhr v Mirbach, die Kammerherrcn Graf Keller, Graf zu Dohna-Waldburg, Graf zu Eulen burg-Gallingen, die General-Adjutanten v. Pfiffen, v Scholl, die Generale ä la suits v. Mackensen und v. Löwenfeld, die Flügeladjutanten Oberstleutnant Frhr. v. Berg, der Kapitän-Leutnant Graf Platin, der Ritt meister Prinz v Schönburg-Waldenburg; ferner der Rittmeister L Ire suits der Armee Fürst zu Fürstenberg, der Obsrhosmarschall Gra? zu Eulenburg, der Hof marschall v Trotha, der Oberstabsarzt vr. Jlberg, der Oberstallmeister Graf Wedel, der Vize - Oberstallmeister Frhr v Esebeck, der Chef de» Zivilkabinetts Wirk! Geh Rat vr v LucanuS, der Chef des Militärkabimtt« Graf v. Hülsen-Häseler, der Chef des Marinekabinetts Frhr. v Senden-Bibran, der Vertreter des Auswärtigen Amts Gesandter v Tschirschky und Bögendorff, der C(«f de» Generalftabe» der Armee Graf Schlieffen, der Krieg». Minister v. Goßler, der Ob«rftkämmer«r Graf Solm«. Baruth, der Hau»minister v Wedel, der Bize-Ob«rz«remo- nienmeister Graf Kanitz, der Oberhofprediger v. Dryander. SalutsLießen kündigte kur, vor 7 Uhr da» Eintreffen Ihrer Majestäten de» Kaiser» und der Kaiserin an Auf dem Bahnhof« waren die Prinzen Albrecht und Friedrich Heinrich sowie di« zum großen militäri schen Empfange befohlenen hohen Militär» anwesend, an deren Spitze der kommandierende General Graf Finck v Finckenstein; die Ehrencompagni« de» Grenadier- regiment» „Kronprinz" «rwie» auf dem Bahnsteige die Honneur» Ihre Majestät die Kaiserin fuhren im vier spännigen, offenen Wagen zum Schlöffe. Se Majestät der Kaiser folgten zu Pferde in der Uniform der Garde» du Corp», ebenso der Kronprinz in der Uniform seine» Grenadierregiment»; ein« Schwadron de» Kürassier- regiment» „Graf Wrangel" diente al« E-korte Truppe« bildeten Spalier. Die am Bahnhofsplatze errichtete« Triumphbogen und Tribünen der städtischen Körper schaften erstrahlten in einem Meere von Licht elektrischer Beleuchtungskörper und von Pechpfannen Bei der Ehrenpforte richtete der Oberbürgermeister Hoffmann an Se Majestät den Kaiser eine Ansprache, in der er dem Monarchen dankte für di« Erlaubnis, di« Majestäten begrüßen zu dürfen; er berührte die schwere Trübsal, die das ganze Kaiserliche Hau« betroffen hat, und vnsichette, daß dem Gange der Majestäten zur altehrwürdigen Schloßkirche die treuesten Segenswünsche der Bevölkerung das Geleit geben würden Mit dem Gedächtnis der Königin Luise werde fortan die Verehrung und Liebe zu Ihrer Majestät der Kaiserin, der Protektoren d«S diesen Namen tragenden Gotteshause», das die Maje stäten auf ihrem zweiten Kirchgänge einweihen würden, eng verbunden sein Der Redner dankte Sr Majestät dem Kaiser für die Segnungen, die au» der Erhaltung des Frieden» und der Mehrung de» geistigen und materiellen Gutes aller VolkSklaffen auch diesem Teile de» Reiche» erwachsen seien, und gelobte unwandelbare Treue und Hingebung zum Herrscherhause und Vater land« Auf die Ansprache des Oberbürgrrmeister« er widerten Se. Majestät der Kaiser etwa folgende»: Die Gefühle, zu deren Dolmetsch der Oberbürger meister sich gemacht habe, berührten Ihn und Ihre Majestät die Kaiserin auf da« Freudigste Sie seien hierher gekommen, um eine Erinnerung an die Zeit zu begehen, da vor 200 Jahren der letzte Kurfürst die Königswürde angenommen hab«. Eine solche Feier nachträglich symbolisch zu begehen, dazu diene der erste Kirchgang, zu dem Er hierher gekommen sei und der gleichzeitig an jene Zeit gemahne, da Sein hoher Großvater an derselben Stelle sich die Krone auf» Haupt gesetzt habe mit der Betonung, er habe sie von Gotte» Gnaden empfangen. Der zweite Kirchgang erinnere an eine schwer« Zeit, die über da» Land verhängt gewesen sei. Diese Ereignisse seien von so gewaltiger Bedeutung, daß sie diese Stadt und diese Provinz mit dem Königlichen Haus« auf ewig zusammengeschloffen hätten und da» König liche HauS mit dieser Stadt und dieser Provinz enger verknüpften al» mit jeder andern Stadt und jeder andern Provinz Er entbiete der Stadt und ihren Bürgern Seinen herzlichen und innigsten Dank für den Empfang und spreche Seine Freude au», diese Erinnerung»tage mit ihnen begehen zu können, mit der Versicherung, daß Sein Schutz und Schirm und Sein Jntereffe der alten Krönunglstadt und der alten Provinz Ostpreußen immerdar erhalten bleibe« werde Die Gattin de» Oberbürgermeisters überreichte Ihrer Majestät der Kaiserin einen Blumenstrauß Der Zug bewegte sich unter Hurrarufen der Bevölkerung durch die reich beleuchtete Feststraße nach dem Schlöffe, vor dem eine Ehrenwache vom Grenadierregiment König Friedrich Wilhelm I. die militärischen Ehren erwies Im Schlöffe sand abend» großer Zivilempfang statt — Se Majestät der Kaiser haben den bisherigen Vizrkonsul in Jaffa, charakterisierten Konsul Schmidt zum Konsul in Jerusalem ernannt — Der Kaiser! Konsul Hein»sen in Puerto Plata (Dominikanische Republik) hat den Kaufmann Fr Lembcke zum Konsular-Agenten in Monte Christy ernannt — Das „Militär-Wochenblatt" meldet: Prof vr. v Leuthold, Generalarzt (mit dem Range als General major) und Leibarzt Sr Majestät de« Kaisers, CorpS- arzt des GardecorpS, ist unter Belassung in dem Ver hältnis al» Leibarzt Sr. Majestät und Verleihung de» Range« als Generalleutnant zum Generalstabsarzt der Armee, Chef dc« EanitätScorp« und der Medizinal- Abteilung im Kriegiministerium, sowie zum Direktor der Kaiser Wilhelms-Akademie für da« militärärztliche Bildungswesen ernannt worden. — In «inem Telegramm au« Berlin bezeichnet die „Cöln Ztg" die auch von deutschen Blättern ge brachte Meldung von einer Vermittelung Deutsch- Weit angenehmer als diese Art LandschastSmalerei, die durch allerhand Seltsamkeiten ausfallen will, sind die Berliner Landschaften mit Architektur. Auf diesem Ge biete steht diesmal Max Liebermann allen anderen voran Wir entsinnen un« kaum, ein so sauber durch geführte» Bild von diesem Künstler gesehen zu haben, wie sein „Altfrauenhau» in Leyden" (Nr. 418) ist. Aber nicht nur durch diesen für Liebermann» Verfahren un gewöhnlichen Umstand zeichnet sich diese« Bild au», sondern weit mehr noch durch die sonnige Heiterkeit und durch die unendlich feine Abstimmung de« Ganzen auf einen mattroten Gesamtton Ein ebenso in jeder Hin sicht ausgeglichene» Kunstwerk, aber weniger reizvoll im Motiv ist di« „Slakade in Rotterdam" de» immer vor trefflichen Han« Herrmann (Nr 263), ein an niedrigen holländischen Hafenhäusern vorüberführender Steg am Wasser Ihm reiht sich Viktor Freudemann« thüringische« Dorf in der „Dämmerung" (Nr. 185) würdig an. Ein ent zückend stimmungsvoll durchgeführte« Bild ist weiter die Helle „Mondnacht" am Waffe» von Franz Skarbina Ar. 658), der durch seine „Schildwache" aus der Zeit Friedrichs deS Großen aufs neue beweist, daß er auch al« Figurcnmaler zu de« leistungsfähigsten Berliner Künstlern gehört Die leider viel zu hoch oufgehängte „Schön- bürg im Saalethale" von Paul Schultze-Naumburg (Nr 635) endlich bestätigt, daß die verfch,edevaNlqsten Richtungen m der Landschaft«malerri zur Zeit in Berlin mit Glück gepflegt werden, während des von Jahr zu Jahr freier und farbiger werdenden Oskar Fränzel« „Abend in der Marsch" (Nr 184), Richard Friese« Eisbär („Feinschmecker" Nr ISO), Paul Meyerheim« „Roter Ara« und seine Gäste" (Tauben, Nr 475) da« Berliner Ti«rbild mehr oder minder gut vertreten Da wir di« bester«« Bildnisse de« Saa-eS schon be sprochen haben, bleibt un« nur noch übrig, auf zwei größere Figurenbilder de«srlben, die ihren Stoffen nach so verschieden al« möglich find, hinzuweisen. Da« eine ist Arthur Kamps« in der Malerei »»«gezeichnete« „Walzwerk" (Nr 32V), da« jedoch durch den unum gänglichen Vergleich mit Menzel« „modernen Zyklopen" vielleicht unverdienterweise lertct, das andere Anton v. Werner« „Kaiser Wilhelm I auf dem Sterbelager" (Nr. 735), ein Werk, das nicht nur durch seinen Gegen stand ergreift, sondern auch farbig weit bester gelungen ist, al« die meisten von früher her bekannten Arbeiten des Berliner Akademiedirektors. H A Lier. Wissenschaft. Heilkunde. vr. Lesage vom Pariser Pasteur-Institut hat soeben der wissenschaftlichen Welt kundgegeben, daß er im Blute von Dy«» enterie-Kranken, von denen er eine große Anzahl in einem Krankenhause in Toulon untersuchen konnte, einen neuen BacilluS entdeckt habe. Die Krankheitsfälle stammten au» China, Cochinchina und Algier Der fragliche Keim fand sich mtt großer Regelmäßigkeit in um so größerer Zahl, je weiter die Krankheit vorge schritten war, während er bei der Besserung de» Zu stande« abnahm. Mit der dem echten Forscher eigenen Vorsicht hält vr. Lesage noch mit der Be hauptung zurück, daß dieser Keim der eigentliche Erreger der Krankheit sei, aber er findet sich zu der Versicherung berechtigt, daß seine Entwickelung in einer bestimmten Beziehung zu dieser Krankheit, — und zu dieser allein — steht; ver Keim ist vielgestaltig, zu weilen erscheint er al« Micrococcu«, zuweilen al« Streptococcu«, meisten« aber al« Diplococcu«, bei dem der eine Teil weit größer ist al« der andere, so daß Lesage diese Form mit der eine« Ballon« und der daran befindlichen Gondel vergleicht Der Diplococcu« ist be weglich, durchscheinend und von einer weißen Kapsel umgeben, di« oft vi«l« Diplococcrn gleichzeitig umschließt; er läßt sich schwer färben und wächst in flüssigen Nähr böden schnell Er bildet Kulturen von unbestimmter Umgrenzung und von dem >u«sehen eine« gesprenkelten Schleier«; Milch bringt er nicht zum Gerinnen Im menschlichen Körper wird er reichlich bei den Darm- au«scheidungen der Dy«enterie gefunden, auch in de« Darmschleimhäuten und im Au«wursr; bei der Leichen schau wurde er in allen Organen de« Körper« nach gewiesen, am stärksten aber in den Nerven und den ge schwollenen Drüsen d.ö Gekröse«. Wenn die Bakterien unt^r die Haut eine« Kaninchens oder Meerschweinchen» gespritzt wurden, brachten sie eine tödliche Blutvergiftung hervor, aber ohne örtliche Erkrankung deS Darme«; bei einer Katze dagegen trat nicht nur Blutvergiftung ein, sondern auch eine Art von Dysenterie, die sich am Darm in genau derselben Weise äußerte, wie bei dem Men schen vr. Lesage wird bald weitere Mitteilungen über seine Entdeckungen veröffentlichen. Der „Lancet" fügt dieser Nachricht binzu, daß Lesage al« einer der besten Kenner der Bakterienflora der menschlichen Eingeweide geschätzt werde Bei der ungeheuren Verbreitung der Dysenterie in allen Tropengegenden und der großen durch sie bedingten Sterblichkeit wäre die Auffindung ihre» Erregers natürlich von der größten Bedeutung. * Wie dem „Berl Tgbl " geschrieben wird, ist auf Grund großer Stiftungen, die der StaatSuniversität von Kalifornien in Berkeley zufloffen, diese bedeutend« Lehranstalt in den Stand gesetzt worden, einen eigenen Lehrstuhl für indianische Anthropologie zu er richten ES ist ein deutscher Gelehrter, vr A L Kröber, dem die erste Professur hier zugefallen ist Er wird sich unter anderem die Aufgabe stellen, die Lieder und Legenden der verschiedenen Stämme zu sammeln und deren Sprachen, soweit das noch nicht geschehen ist, auf zuzeichnen Einen bedeutenden Vorgänger auf diesem Gebiete hat er in dem au« Berlin gebürtigen Professor am Naturhistorischen Museum in New-Dork, vr Franz BoaS, der hauptsächlich im nordwestlichen Amerika seine Studien betrieb vr. Kröber wird seine Arbeiten in Kalifornien beginnen, wo es noch viele Indianer giebt. * Einen eigentümlichen, psychologisch interessanten Fall von der Thätigkeit de» Unbewußten im Traum« erzählt Prof vr Maier-Tübingen in den von ihm herauSgegebenen „Psychischen Studien". Prof. Maier weilte kürzlich auf Besuch bei »inem in Rosen heim verheirateten Sohne und machte von dort Aus flüge in di« Alpen Am 1 August besuchte er mit dem ihm bekannten Einjährigen P da« Schloß auf Herrenchiemsee. Nachher schrieben sie auf der Frauen insel je zwei Ansichtskaiten an Familienangehörige. Pros. Maicr übergab auch seine beiden Karten dem P., der sie vor Abfahrt de» Dampfbootes in den am Wirt» hauSgebäude befindlichen Briefkasten werfen wollte. Am Abend de» dritten Tages kehrte er, nachdem er noch einen Ausflug gemacht hatte, zurück, und al» er im Familienkreise von seinen Erlebnissen berichtete, sagte plötzlich sein Sohn A : „Wir glaubten schon, e» sei dir etwas zugestoßen, weil P (der genannte Einjährige) in der vergangenen Nacht einen sonderbaren Traum hatte. Dieser erzählte nun, er habe im Traume die eine jener beiden Karten, die ihm Prof. Maier auf der Frauen insel übergeben hatte, ohne Ortsangabe gesehen Der letztere erwiderte darauf, e« sei gar nicht denkbar, daß er Ott, Straße und Hausnummer beizufügen vergessen hätte, denn so etwa» sei ihm noch niemals vorgekommen. Kaum «ine Viertelstunde nach diesem völlig gleich» giltigen Gespräche ertönte die Flurklingel, der Brief träger brachte die Post, und darunter befand sich auch »u aller Erstaunen die bewußte Ansichtskarte von der Fraueninsel Die findige Post hatte die Adresse de» Absender» ermittelt und die Karte al» unbestellbar zurückgestellt Thatsächlich war die Vorderseite der Katte nicht auSgesüllt E« handelte sich hierbei nicht um einen schlechten Spaß de« P, denn dieser würde, wie er versicherte, die Karte, wenn er da« Fehlen der Adresse bemerkt hätte, sicherlich nicht in den Kasten ge worfen haben E« bleibt also nur di« Annahme übrig, daß P, als er die Katte in Empfang nahm, doch un willkürlich eitlen flüchtigen Blick darauf geworfen habe, ohne daß jedoch der Fehler zur bewußte« Wahrnehmung gelangte, und daß nachher da« davon in seiner Erinner ung ihm unbewußt zurückgebliebene Bild den sonderbaren Traum veranlaßte Litteratur. * Eine feinsinnig« Feftgab« zum siebzigsten Ge- burtütage Wilhelm Raabe« hat Han« » Wol- zogen dem Dichter und seinen Verehrern dargebracht.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)