Volltext Seite (XML)
übernommen zu sein scheint. Neu und typisch für Bruckner ist die Aufnahme eines 3. Themas, das mit voller Entfaltung des Blechbläserchores ertönt. Die großartige Schlußsteigerung dieses Satzes gibt eine Vorahnung des späteren Bruckner. Der langsame Satz, ebenfalls in Sonatenform gebaut, beginnt mit einem schlichten, choralartigen Anfangsmotiv, dem eine synkopierte Gesangsmelodie gegenübertritt. In vielen Nachahmungen der Motive zeigt sich deren kunstvolle Behandlung. Im Scherzo tritt Bruckners Naturverbundenheit deutlich in Erscheinung. Es ent faltet sich ein geheimnisvolles Poltern und Raunen, das in stetem Wechsel von flüsterndem Weben und handfestem Dreinfahren vorbeifliegt. Den Anfang macht ein wild losbrechendes Unisono, dessen Wechseltonmotiv und Linienführung die Verknüpfung zum Hauptthema des 1. Satzes herstellt. Ein kurzes zartes Trio bildet den lichten Gegensatz. Der Schlußsatz, der in Ansätzen bereits auf das Finale der gewaltigen V. Sinfonie des Meisters hindeutet, weist ebenfalls drei Themen auf. Nach einer kurzen lang samen Einleitung erklingt vom vollen Orchester einstimmig ein wuchtiges Thema, dessen Kopfmotiv mit großen Intervallsprüngen (Oktave nach unten, Dezime nach oben) für die Durchführung sehr wichtig ist. Ein Gesangsthema von Geigen und Cellis mit sehnsüchtigem Ausdruck erfüllt und ein Choralthema bilden zusammen mit dem Material der langsamen Einleitung den Baustoff der großartigen Durch führung. Die Reprise vereinigt am Schlüsse Teile der beiden Hauptthemen über dem D-Dur-Dreiklang. Sehr richtig hat schon Joh. P. Thilman daraufhingewiesen, daß sich diese Sinfonie, die in jedem Takte die unverwechselbare Handschrift des Meisters zeigt, im Kreise ihrer neun berühmten Schwestern nicht zu schämen braucht, enthält sie doch im Keime bereits alles, was Bruckner später nur eindringlicher und deutlicher wieder holte. Fritz Spies Anmerkung: KV 334 und KV 218 = Abkürzung für das von Ludwig Kochel, einem österreichischen Pädagogen und Mineralogen 1862 angelegte „chrono logisch-thematische Verzeichnis der Werke W. A. Mozarts“. Literaturhinweise Hermann Abert: W. A. Mozart, Verlag Breitkopf und Härtel, Leipzig Robert Haas: Anton Bruckner, Verlag „Athenaion“, Potsdam V orankündigung Nächstes B-Konzert 25./26. Oktober 1958! Im Rahmen der Dresdner Musikwochen 1. Außerordentliches Konzert: 1. November 1958 Werke von Mitzscherlich, Bartök und Dessau 2. Außerordentliches Konzert: 6. November 1958 Werke von Kelemen, Chatschaturian und Tschaikowski 3. Außerordentliches Konzert: 9. November 1958 Werke von Lutoslawski, Finke, Kochan und Beethoven 64 40 Ra II1-9-5 1058 1.4 It-G 009/58