„Es ist eins der geschichtlichen Wunder, daß mitten in der Hochblüte der Romantik, die sich selber als zwiespältig, zerrissen, krank empfand, die zeitlose, ungebrochene, monumentale Sinfonik Bruckners noch entstehen konnte“, sägt Alfred Einstein. Trotz des zeitlichen Abstandes von rund 100 Jahren, der zwischen dem Schaffen von Mozart und Bruckner besteht, trotz der grundverschiedenen Haltung, die beide Künstlerpersönlichkeiten in unumgänglichen Auseinandersetzungen mit ihrer Umwelt einnehmen, trotz der schon rein äußerlich auffallenden Verschiedenheit der Anwendung klanglicher Mittel — der kleinen, durchsichtigen Orchesterbesetzung Mozarts stehen die Klanggewalten des großen Wagnerorchesters Bruckners gegen über —, wird der empfängliche Musikfreund spüren, wieviel Gemeinsames aus den Tönen der beiden Söhne des österreichischen Volkes zu ihm spricht. Das Österreich Mozarts ist die sinnenfrohe Heiterkeit der reichverschnörkelten Barockbauten von Salzburg und Wien, die wir in ähnlicher Form an unserem Zwinger bewundern. Für Bruckner bleibt sein ganzes Leben hindurch das herrliche, unweit von Linz an der Donau gelegene Barockstift St. Florian, mit dem farben frohen Prunk seiner Innenräume, die geistige Heimat, der Zufluchtsort in Stunden des Zweifels und seelischer Not. Mozart und Bruckner eint ferner das hohe Ethos ihrer künstlerischen Verantwor tung. Mozart erfüllt in jedem seiner Werke, die an sich selbt gestellte Forderung: „Weil aber Leidenschaften, heftig oder nicht, nieirfals bis zum Ekel ausgedrückt