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20 kalenders für die sächsischen Geistlichen geführt. Zur wissenschaft lichen Arbeit ließ mir das große Amt nicht ausreichend Zeit; ich habe aber doch wenigstens sowohl in Grüna, als auch später in Flöha meinen Vorsatz, die Tagesarbeit regelmäßig mit dem Lesen eines Abschnittes aus dem Alten Testament in der Ursprache zu beginnen, von seltenen Ausnahmen abgesehen, durchgeführt. Am 1. Januar 1915 wurde ich unter Ernennung zum Super intendent mit der Verwaltung der aus Teilen der Kirchenbezirke Chemnitz-Land und Marienberg neugebildeten Ephorie Flöha be auftragt. Das Pfarramt Flöha konnte ich, da es vorher nicht frei war, erst im Oktober 1915 übernehmen, bis dahin mußte ich die Ephorie von Grüna aus verwalten. Wie ich in Grüna der erste Pfarrer war, so war ich in Flöha der erste Superintendent. Die Neueinrichtung von Parochie und Ephorie hat mir viel Freude gemacht. Meine Flöhaer Tätigkeit fiel in die schweren Jahre der Kriegs- und Umsturzzeit 1915 — 21. Sie ist mir trotz der Lasten, die äußerlich und innerlich getragen werden mußten, in schöner Erinnerung; denn ich fand für die Arbeit des Aufbaus der neuen Ephorie und für die Arbeit in der Gemeinde nicht nur interessierte Zuschauer, sondern auch viele tatkräftige Helfer. Die Kriegszeit mit ihren vielerlei sozialen Aufgaben in der Gemeinde, die gemeinsame Sorge um die Angehörigen im Felde — unser Sohn war ja auch von 1914 —1918 mit draußen — verband die Herzen schneller, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre. 1921 wurde ich zum Vortragenden Rat im Ev.-luth. Landeskon sistorium gewählt. Es waren ernste und schwere Aufgaben, die damals der obersten Kirchenbehörde gestellt waren. Ich habe nach Kräften daran mitgearbeitet. Auch bin ich stets bestrebt gewesen, mein Verwaltungsamt nicht vom ,grünen Tisch' aus, sondern in lebendiger Fühlung mit den Gemeinden und Geistlichen zu führen und dabei zugleich gerecht und wohlwollend zu verfahren. Es war nicht immer leicht, zwischen den Belangen der Gemeinden auf der einen und den Wünschen und Bedürfnissen der Geistlichen auf der anderen Seite den rechten Ausgleich zu finden. In der letzten Zeit meiner Amtstätigkeit wär ich auch stellvertretender Landes bischof und habe als solcher in Würzburg, Berlin und Eisenach an den Verhandlungen über die Neuordnung der deutschen evan gelischen Kirche teilgenommen. Am 1. Juli 1933 wurde ich mit sämtlichen übrigen ordent lichen Mitgliedern des Ev.-luth. Landeskonsistoriums durch den vom Staate zum kommissarischen Landesbischof ernannten Pfarrer Coch beurlaubt und am 1. Oktober 1933 in den Ruhestand ver setzt. Die Zeit des Ruhestandes habe ich — abgesehen von der bei den emeritierten Theologen üblichen Aushilfstätigkeit in Predigten, Borträgen, Bibelstunden usw., die ich, solange ich konnte, immer sehr gern geleistet habe, dazu benutzt, zunächst noch einmal das gesamte Neue Testament mit Kommentar durchzuarbeiten, sodann