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2 ORGAN DER SED KREISLEITUNG 1 KARL- MARX- UNIVERSITÄT LEIPZIG 5. 6. 1969 13. JAHRGANG 30 PFENNIG über die Dialektik von Geduld und Tempo Haben wir nun Zeit oder haben wir keine? Brauchen wir Tempo, oder brauchen wir Geduld? Es ist ein miß lich Ding um solche Entweder-Oder-Schubkasten-Fragen, und es sollte an der Universität nicht allzu schwierig sein, verständlich zu machen, daß es eine Schubkasten- Antwort darauf nicht gibt. Daß wir Geduld brauchen, um alle zu einem hohen Tempo zu befähigen, weil nur so das Tempo kontinuierlich wachsen kann und nicht zu großen Sprüngen ausartet, bei denen der Springer den Kontakt zum Boden verliert und von jedem Gegenwind zurückgeblasen wird. Daß es also ein Tempo ohne alle erstens nicht geben kann und zweitens auch nicht geben darf, weil der Sozialismus ja eben nicht eine Gesellschaftsordnung für ein paar besonders Schnelle, sondern die menschlichste überhaupt ist; das heißt: für alle Menschen. Das einzusehen, ist die eine Seite, die Dialektik rich tig zu handhaben, die andere. Beide Seiten machen ,5 aber erst die Arbeit der Parteiorganisationen bei der Verwirklichung der Aufgaben des VII. Parteitages, also auch des Staatsratsbeschlusses und unseres eigenen Pro gramms aus. Ein Beispiel: Wir berichteten vor einigen Wochen über die Verbesserung der Ausbildung in den Hygienefächern im Bereich Medizin, über den „Hygiene-Tag". Allge meine Einschätzung: eine ausgezeichnete Sache, für die neben den Hochschullehrern und den Mitarbeitern des Instituts auch der Parteileitung und der FDJ-Leitung des 5. Studienjahres ein gut Teil Verdienst gebührt. Ein Nach teil ergab sich vorerst: Einigen Studenten war diese pro duktivere und effektivere Form des Studiums zu unbe quem - sie kamen nicht zum Hygiene-Tag. Dieser unbe streitbare Tempoverlust gründet sich auf mangelnde Ge duld in der Vorbereitung jener Verbesserung. Kein un korrigierbarer Fehler, zumal ihn die Genossen sofort selbst aufdeckten, aber ein beherzigenswerter. Nun hätte mehr Geduld in diesem Falle nicht geheißen, die gute Sache ein paar Wochen aufzuschieben — erst abstrakte Ideologie betreiben, um danach die Sachfragen zu lösen, wäre eine unsinnige Schablone. Mehr Geduld hätte hier bedeutet: gründlichere Analyse der Haltung des Stu dienjahres, feinfühligeres, verständlicheres Eingehen auf falsche Meinungen, größere Überzeugungskraft der Ge nossen. Mehr Zeit also für Gespräche mit allen. FDJ-Stu- denten, mehr Zeit vielleicht auch für die Vorbereitung der Genossen auf solche Gespräche. All das aber zugleich mit den Beratungen im Lehrkörper, mit der Klärung der Sachfragen. Wir sehen: Mehr Zeit ist nicht immer identisch mit län geren Fristen. Es geht in erster Linie überhaupt nicht um mehr Zeit, sondern um die vom Parteitag, vom 9. wie vom 10. Plenum geforderte höhere Qualität in der poli tisch-ideologischen Arbeit der Parteiorganisationen, und alle dafür aufgewandte Zeit ist dann richtig eingesetzt, wenn sie hilft, am Ende Zeit zu gewinnen, das Tempo zu erhöhen. Was an einer Stelle sicher richtig ist - noch ausführlicher mit allen Angehörigen des Bereiches über die zu lösenden Aufgaben zu sprechen —, kann anders wo sinnlos werden, wenn sich herausstellt, daß einigen Genossen die Qualifikation fehlt, in noch so langen Dis kussionen ihre Partner zu überzeugen. Die APO-Leitun- gen am Medizinisch-Poliklinischen Institut, an der Chir urgie. an der Medizinischen Klinik stellten fest, daß sich die Genossen zu wenig mit ideologischen Grundfragen beschäftigen - sie beschlossen, ihre Zeit in theoretische Mitgliederversammlungen zu investieren, die zugleich Vorlauf schaffen sollen fürs Marxistische Kolloquium. Wir haben tatsächlich keine Zeit für Schlendrian, Selbstzufriedenheit, Mittelmaß, wir brauchen hohes Tempo bei der Verwirklichung der 3. Hochschulreform (zu deren wichtigsten Aufgaben die Erziehung sozialistischer Persönlichkeiten gehört - und nicht nur unter den Stu denten). Daß die Genossen der Sektion Philosophie/WS an der Überwiodung von Erscheinungen, die auf dem 6. wie dem 9. Plenum kritisiert wurden, noch nicht genü gend wirksam arbeiten, wird die Partei nicht dulden - doch das schließt Geduld in der Auseinandersetzung mit den Genossen nicht aus, weder zwischen GO-Leitung und übergeordneten Leitungen noch in der Arbeit inner halb der Grundorganisation. Unsere Geduld muß die Geduld der Kühnheit sein, unser Tempo ist das Tempo aller. Daraus ergeben sich die hohen Anforderungen an die Qualität der Partei arbeit, an die politischen Kenntnisse, die Fähigkeit jedes Genossen, ideologisch zu arbeiten. Aus der genauen Analyse der Kampfkraft der Parteiorganisation und der Lage im Bereich ergeben sich die Maßnahmen, die allen gestatten, das Tempo gemeinsam mit uns zu halten. Im Brief des Politbüros an die Grundorganisationen steht der Satz: „Je größer die Aufgaben, desto enger und fester unsere Beziehungen zum werktätigen Volk.” Wir verstehen diesen Satz wie den ganzen Brief als Auffor derung zur Diskussion über die Dialektik von Tempo und geduldiger Arbeit mit den Menschen. Gleitbauprozeß E-M-aEHETauZaasaagzmIiLaaS-TAa yorfristig begonnen Am 27. Mai — vier Tage vorfristig - Start schuß zum Gleitbau / Grußschreiben an die Bauarbeiter In einem an den Leiter des Aufbaustabes, Genossen Jochen Müller, gerichteten Schreiben beglückwünschen Genosse Werner Dordan, 1. Sekretär der SED-Kreis leitung, und Rektor Prof. Dr. Ernst Werner die Bau arbeiter zum vorfristigen Beginn des Gleitbauprozesses. In dem Schreiben heißt es: Mit Freude und Begeisterung haben die Arbeiter, Angestellten, Studenten und Wissenschaftler der Karl- Marx-Universität vom vorfristigen Beginn des Gleifbau-, Prozesses zur Errichtung des Universitätshochhauses Kenntnis genommen. Damit wurde ein wesentlicher Abe schnitt der Baudurchführung erreicht. Gestatten Sie uns daher, Ihnen und allen Werk tätigen der am Neubau beteiligten Betriebe unseren Dank für die bewiesene hohe Einsatzbereitschaft, die schöpferische Initiative und den beispielhaften Fleiß der Bauarbeiter und Ingenieure auszusprechen. Mit An erkennung erleben wir den Einsatz modernster Technik auf der Baustelle, die als Beispiel einer modernen so zialistischen Großbaustelle dient. Wir wünschen Ihnen und allen Bauarbeitern weitere Erfolge bei Ihrem Werk, das im besonderep Maß die gewachsene Kraft unserer sozialistischen Volkswirt schaft ausdrückt und wesentlich zur Verbesserung un serer wissenschaftlichen Arbeit 'm Forschung und Lehre beitragen wird. ' ' . Bild oben: Etwa 5 Kubikmeter, gleich 12 Tonnen Transportbeton, liefert das Fahrzeug in die Vorratsbehälter, von wo aus er per Transportkübel und Turmdrehkran aufs Gerüst oder per Pumpe ins Kellergeschoß und dann mit dem Betonaufzug zu den drei Verteilersilos auf dem Gerüst befördert wird. Das ganze Gerüst wandert samt der Arbeitsbühne allmählich aufwärts. Mittlerweile sind die ersten beiden Geschosse frei, allerdings, da sie nur an den Spitzseiten Fenster haben, schwer zu er kennen. - Unten: Betonanlieferung. Die Kommandos an den Kranführer werden per Sprechfunk gegeben (Bildmitte). Foto: HFBS (Hartwich) Prof. Dr. Robert Lauterbach: Anregungen durch die SED- Kreisdelegiertenkonferenz Wertvolle Überlegungen zur Weiterbildung von Praktikern, besonders von Frauen / 250 Mark für das kämpfende vietnamesische Volk Prof. Dr. Robert Lauterbach, der als Gast an der SED-Kreisdelegiertenkonferenz teilgenommen hat, beglückwünschte in einem Brief Genossen Dordan zur Wahl als 1. Sekretär. Prof. Dr. Lauterbach teilte mit, daß er die Konferenz sofort mit den Kollegen seiner Arbeitsgruppe ausgewertet habe und berichtete u. a. von folgenden ersten Schlußfolgerungen: - Prof. Lauterbach wird 250 Mark als Solidaritäts spende für das vietnamesiche Volk bei der UGL ein zahlen, im Fachbereich Geophysikalische Erkundung und Geologie wird eine Sammlung für Vietnam durch geführt. - Als Leitet der Arbeitsgruppe III des Gesellschaft lichen Rates (Entwicklung des Forschungspotentials der Universität) überarbeitete Prof. Lauterbach ihren Arbeitsplan gemäß den von der Konferenz beschlos senen Schwerpunkten. — Der Fachbereich wird einen zweijährigen Lehrgang zur systematischen Ausbildung von Geophysikerinnen bzw. Geophysik-Ingenieurinnen vorbereiten und ab 1970 durchführen. Außerdem wollen sich die Kolle gen bemühen, gemeinsam mit dem VEB Geophysik beschleunigt ein Programm für Nachmittags- und Abendstudium — also postgraduale Ausbildung ohne bzw, mit nur teilweiser Unterbrechung der beruf lichen Tätigkeit - aufzustellen. Mitgliederversammlungen der APO und Grundorganisationen: Alle zur Verantwortung erziehen In allen Grundorganisationen der Partei fan den in den Tagen nach der Kreisdelegierten konferenz Parteileitungssitzungen statt, in denen die Mitgliederversammlungen zur Aus wertung der Konferenz und des Briefes des Politbüros an die Grundorganisationen vorberei tet wurden. Inzwischen fanden auch die meisten Mitgliederversammlungen bereits statt. UZ sprach mit Heinz Clauß, Mitglied der Kreis leitung und Sekretär der Grundorganisation Medizin, über erste Ergebnisse. Wir erfuhren, daß es in fast allen APO ein außerordentlich intensives Studium und erstes gründliches Nachdenken über die Beschlüsse des 10. Plenums, die Ergebnisse der Kreisdelegierten konferenz und den Brief des Politbüros gab. Das sei an zahlreichen wertvollen Überlegungen und guten Ideen zu spüren. So gibt es sowohl in Studenten-APO als auch in APO der Kliniken richtige Beschlüsse zur Verbesserung der mar xistisch-leninistischen Bildung der Genossen. Viele Genossen betonten mit Genugtuung eine ganz klare Einordnung der zahlreichen Höhe punkte der letzten Monate — ausgehend vom 9. Plenum über die APO-Wahlen, die Delegier tenkonferenz der Grundorganisation und die Kreisdelegiertenkonferenz bis zu den Beschlüs sen des 10. Plenums und dem Brief — in eine einheitliche politische Grundlinie. Im Mittelpunkt der meisten Versammlungen stand die Forderung nach voller Verantwortung der Parteiorganisationen und damit jedes Ge nossen für die Hauptfragen im Bereich. Dabei wurde auf der Grundlage des Referates von Kurt Hager und des Briefes besbnders das Ver hältnis von Bewältigung ideologischer Probleme und Lösung der Sachfragen diskutiert. „Nur was man begriffen hat, macht man richtig“, inter pretierten z. B. die Genossen der APO Wirt schaft Kurt Hagers Satz „Ohne revolutionäre Theorie keine revolutionäre Praxis“ als An forderung an ihre eigene Arbeit. In den Dis ¬ kussionen dieser APO-Versammlung entstand auch der Vorschlag, als Parteiorganisation die Kunstausstellung zu besuchen und für die eigene Weiterbildung zu nutzen. Die Parteileitung der Grundorganisation prüfte in ihrer Sitzung u. a. die Feststellung der Kreisdelegiertenkonferenz, daß der Kampf um höchste Leistungen in der Forschung noch nicht in allen Teilen der Universität ausreichend ent wickelt sei, für den eigenen Bereich und kam zu der Schlußfolgerung, daß es notwendig ist, auf der Grundlage eines Berichtes des stellver tretenden Direktors für Forschung, Genossen Prof. Hofmann, mit ihm übef den Stand der Konzentration der Forschung und über ideologische Probleme dabei zu beraten. Ziel der Beratung muß es sein, den noch verbreiteten Selbstlauf auf diesem Gebiet zu überwinden und zu sichern, daß die zu Ehren des 20. Jahrestages der DDR übernommenen Verpflichtungen in hoher Quali tät erfüllt werden. Weitere Maßnahmen dienen u. a. der gründ lichen Vorbereitung und einem effektiven An laufen der Kooperationsbeziehungen mit dem kommunalen Gesundheitswesen, der Konzipie rung und Durchsetzung eines neugestalteten fünfjährigen Medizinstudiums (siehe auch S. 9).