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V 11 8. DoMcrStag, den ZS. Mai, abends. 1893. v»iur»pr»>8, vre«ä«o viort»IM>r1icb 2 ItLklc KO ?k, b«t 6«» L»»«r1. 6«>it»cU»o v»»rt«i- Mutlok Z A»rk, »u—erd-dld Ue» 3k-ut»eUeo k«tok» tritt kort- uoä 8tempslru»ctUr>js tuoru. Lioreloo Huwluera: 10 kk. HaNüuäixuan^xvdüNreur kür äeo Ii»um einer ^««pnlteoen 2eile Irk-ioer Kotui ft Hü kV. Unter ..kin^e-iuxid" 6i« 2eii« LV kk. Lei l^vslleo - unä Ziffernnu.tr ent«pr. Xulrvtdlnx. Lreedvlnen: VL^iiet» mit XninLluas 6er 8ono- u. koiertn^e nkenst». ksrn»s>r«ctd -^nsodluLS: Kr. 1295. Dres-MrMmal. ^ür die GezamUeitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, j)rofeffor der titteratur- undMunstgeschicht-. ^anndme rou Lollilnsixuoxon »U8«Lrt»r l.«ixrix: H. /tranetrtetter, XonuniueionLr eien Dresdner 6ourn»I»; »emdar- »erUo-Vten I-niprtx >»»«! Lrenlen kr»»ktnrr ». «.: //aareniitein «t kecker, »erUo-Vi«n -L»md«r^ kr»^ l.«tp»lG-kr»nktnrt ». H. Uitnckeni /tuet. A/a««/ kert» Lonelon Lirlio krnnkknrl ». N.-Matt^»rt: «e 60., lerUn: /n« at<6rn6an1, Lr»»I»n: Lmit /fa/xrtli, Lnnnorer: L'. §c^ür«ior, N»U« r. S.: </. Larct et Oo. llernusxekerr Lvol^l. Lrpeäition 6e, Vrveäoer ^eurnnl». Orseeio», Lvin^eretr. 2V. kvrnsxrsck-^oscklus»: Xr. 1295. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Vachrichten. Wie«, 24. Mai. (W. T. BI Der Kongreß deutscher Philologen und Schulmänner wurde heute in dem Kestsaale der Universität feierlich eröffnet. Die Zahl der Anwesenden, unter denen sich die Minister unter Führung des Grafen Taaffe befanden, betrug mehr als Tausend. Ler Präsident Haertl begrüßte den Kongreß und be willkommnete zunächst jene, welche aus dem deut schen Reiche und den Ländern drr deutschen Zunge hrrbeigreilt waren, und sprach alsdann seine auf- richtige Freude über daS Erscheinen der zahl- reichen Arbeitsgenoffen aus Ungarn, Böhmen, Galizien, Krain, Italien, Bulgarien, Serbien und Rumänien aus. Hierauf begrüßte der Vize- burgermeister die Bersammlnng namens drr Stadt Lieu Im Namen des Kaisers begrüßte die An- wesenden der UnterrichtSminister vr. v. Gautsch, welcher in seiner Ansprache die Verdienste seines AmtSvorgäugrrS Grafen Thun hervorhod, dessen Denkmal heute enthüllt werden soll und auf die Gemeinsamkeit der staatlichen Zwecke in den Schulfragen hinwieS. Kein staatliches Schulwesen dürfe sich isolieren. (Lebhafter Beifall.) Die An wesenden begaben sich hierauf zur feierlichen Ent hüllung des Denkmals für den Grafen Thun. Wien, 2t. Mai. (W. T. B.) Bei dem Fest- mahle, zu welche« sich am heutigen Nachmittage die Teilnehmer deS PhilologenkougressrS vereinigt hatte», wieS Hofrat Hartel auf daS deutsch öster- reichische ArruudschaftSbündnis hiu, welches, dank der ge«einsameu Bestrebungen beider Staaten, eine lange Dauer verbürge und schloß mit einem Hoch auf Ihre Majestäten Kaiser Franz Josef und Kaiser Wilhelm. Direktor Jäger anS Köln brachte einen Toast auf den UnterrichtSminister Ur. ». Gautsch auS. — Bei dem Unterrichts- Minister Ur. v. Gautsch fand heute abend für die Teilnehmer deS PhilologenkougressrS ein Empfang statt, za welchem etwa SW Einladungen ergangen waren. Unter den Erschienenen befanden sich Ver treter der obersten Hofämter, deS diplomatischen CvlpS und der Generalität, ferner die Minister und daS Präsidium deS Abgeordnetenhauses. Wien, 25. Mai. (Tel. d.DreSdn.Journ.) Der beute den Delegationen zugehende grmriusame StaatSvoraaschlag für daS Jahr 1894 beläuft sich — nach Abzug eme« ZollüberschuffrS von 44370180 Gulden — auf IW 87832V Gulden oder auf 41V41W Gulden mehr alS im Vor jahre. La« ordentliche HeereSerforderniS ist um 5276800 Gulden größer, daS außerordentliche um 1274 800 Gulden geringer, alS daS von 1893, sodaß thatsächlich daS Mehr des HeereSrrforder- aisses 4002000 Gulden beträgt. In der Be gründung deS ordentlichen Erfordernisse« deSgemein- iamen Budget- für daS Kriegsministerium wurde folgende« auSgeführt: Die bedeutenden Fortschritte -er übrigen Großstaaten in Bezug auf die Ent- Wickelung der Vermehrung ter Streitkräfte legen dem Kriegsministerium die Verpflichtung auf, die eigenen Wrhreinrichtuvgen behufs Erzielung eine« entsprechenden Kräfteverhältnisses zu erweitern und zu kräftigen. Das Ministerium erbittet daher für das nächste Jahr eine Erhöhung der Geldmittel, und stellt für die folgenden Jahre eine Steigerung der Anforderungen in Aussicht. Obwohl eine Be schlennigung in dieser Richtung dringend geboten sei, solle doch die Durchführung aus Rücksichten auf die Erhaltung deS finanzielle» Gleichgewichts auf mehrere Jahre verteilt werden. Luilst und Wissenschaft. Vie Madonna deS Botticelli. Novelle von Lothar Brenkendorf. rr (Fortsetzung). Mau traf im großen Salon die Vorbereitungen zum Ball, der daS Fest beschließen sollte, und die Musikanten intonierten Webers Aufforderung zum Tanz. In schlechtester Laune stand Herbert an der Thür eines kleinen Rauchzimmers, als er plötzlich diejenige, mit der sich all seine Gedanken beschäftigten, ganz in seiner Nähe sah. Scheu hinter sich blickend, als ob sie eine Verfolgung befürchte, ging Hertha von Lingen in einer Entfernung von wenig Schritten an ihm vorüber, und sie fuhr m heftigem Erschrecken zusammen, als er plötzlich an ihrer Seite war. Der junge Maler hatte bisher nicht daran ge dacht, was er ihr sagen würde, wenn cS ihm endlich gelungen wäre, sie zu finden, und für einen Moment war er wirklich in Verlegenheit um daS erste Wort, das seine erneute Annäherung motivieren sollte. Dann aber, als sie wie in zaghafter Frage zu ihm aufblickte, sprudelte cS mit einem Mal nur um so lebhafter und wärmer über seine Lippen. Er sagte ihr, daß er sie gesucht habe, weil ihre Unterhaltung vorhin viel zu schnell beendet worden sei und weil er noch viel, viel mehr von ihrem unvergeßlichen Vater zu hören wünsche. Er hoffte damit denselben freudigen Glanz rn ihre schönen Augen zu zaubern, der ihn vorhin so sehr entzückt hatte;, aber er sah sich diesmal in seiner Brüssel, 24. Mai. (W. T. B) Kerron (äußerste Linke) beabsichtigt am Freitag in der Kammer an de r Justizminister eine Interpellation über die Ausweisung der zu dem Grubenarbeiter- kongrrß eingetroffrnen französischen Delegierten Basly und Lamendin zu richten. Madrid, 24. Mai. (W. T. B.) Der Justiz minister und der KriegSminister haben den Minister präsidenten Sagasta davon benachrichtigt, daß sie beschlossen hätten, ihre Entlassung zu nebmeu. Moskau, 24. Mai. (W. T. B.) Die kaiser liche Familie ist heute nachmittag 5 Uhr hier ein- grtroffrn. Bukarest, 24. Mai. (W. T. B.) Die Kö nigin Mutter Natalie von Serbien ist hier au- gekommrn uud auf dem Bahnhöfe von dem Könige empfangen worden. — Die Parlamentssesfion ist bis zum 1. Juni verlängert wordr». — Die Kam mer hat den Gesetzentwurf betreffs Änderung der Modalitäten bei der Wahl der Bischöfe und Metro politen angenommen. Tirnowo, 24. Mai. (W. T B.) Anläßlich der Cyrill- und Metdudfeier wohnten der Priuz Ferdinand und Gemahlin dem Gottesdienste bei. Hierauf fand eine Vorstellung deS Offiziercorps deS zweiten Kavallerieregimentes statt, bei welcher die Prinzessin alS Inhaberin deS Regimentes in drr Uniform desselben erschien. Nach dem Vor beimärsche der Truppen veranstaltete die Stadt ein Bankett, bei welchem Prinz Ferdinand den ersten uud Stambulow den zweiten Toast auS- brachte — Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der Sobrauje stand die Beratung der Aatwortadresse auf die Thronrede. Der Tag deS SessiovSschluffeS ist noch nicht festgesetzt. Tirnowo, 25. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die große Sobrauje stimmte im Prinzip den auf die Änderung der Verfassung bezüglichen Be stimmungen zu. Die Antwortadresse auf die Thronrede bringt die Versicherung der loyalen Gefühlt der Nation für de» Thron und die Dank barkeit gegenüber dem Prinzen für die musterhafte Verteidigung der nationalen Interessen zvm AuS druck. Der HauptpaffuS der Adresse besagt: Die Bermähluag deS Prinzen erfüllt alle Bulgaren mit Freude und «it Hoffnung auf eine ruhm reiche und glänzende Zukunft deö Vaterlandes, indem dadurch ein Bollwerk errichtet werde gegen alle Angriffe auf die Selbständigkeit und Unab- häugigkeit deS Landes. Athen, 24. Mai. (W. T. B.) Infolge einer neuerlichen Erderschütlerung in Theben sind meh rere Häuser eingrstürzt. Meuscheu sind nicht zu Schaden gekommen. Chicago, 25. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Geheimpolizei der Ausstellung entdeckte am Sonntag einen Anschlag zum Diebstahl von Uhren und Geschmeide in der schwrizrrischen Abteilung. Die Diebe hatten daselbst versucht, den Fußboden zu durchbrechen. Wäre dieS gelungen, so hätten sie Pretiosen im Werte von einer Viertel«illiou Dollar« stehlen können. Bis jetzt sind noch keine Verhaftungen erfolgt. Dresden, 25. Mai. Madagaskar. In der vorigen Woche richtete der Adg. de Mahy, der Vertreter der Insel Reunion in der französischen Deputicrtenkammer, eine Anfrage an die Regierung wegen der Lage auf dem seiner Heimat benachbarten Erwartung getäuscht. Hertha war ganz unverkennbar von einer Erregung und Unruhe beherrscht, die auch durch die Erwähnung des geliebten Namens nicht verscheucht wurden, und indem sie sich noch einmal hastig umsah, sagte sie leise: „Verzeihen Sie mir, mein Herr, wenn ich Ihnen jetzt nicht Rede stehen kann; aber ich — ich war eben im Begriff, mich auf mein Zimmer zu begeben." „Wie, Sie wollen das Fest schon verlassen — jetzt, wo doch der beste Teil desselben erst seinen An fang nehmen soll?" Mit einem ernsten Blick schlug sie die Augen zu ihm auf. „Sie vergessen, daß ich nur eine untergeordnete Stellung in diesem Hause einnehme. Ich muß dank bar sein, daß man mir gestattete, mich wie eine Gleich berechtigte unter den Gästen zu bewegen; aber es würde mir schlecht anstrhen, zu tanzen." „Und warum daS?" fragte Herbert lebhaft. „Etwa nur, weil die anderen mit Recht fürchten mögen, von Ihnen verdunkelt zu werden — und weil Sie um so viel besser sind als sie? — Oh, ich bitte Sie, nuin Fräulein, wenden Sie sich nicht mit dieser Miene des Unwillens von mir ab! Es ist mir heiliger Ernst um daS, was ich eben sagte, und ich würde sehr unglücklich sein, wenn ich Ihnen damit wider meinen Willen wehe gethan haben sollte. — Ich war ja so froh, Sie endlich gefunden zu haben — und nun sagen Sie mir, daß Sie im Begriff seien zu gehen." „Ich muß gehen, mein Herr! — Ich kann Ihnen nicht sagt», weshalb — aber Sie dürfen mir « glauben, daß ich gehen muß." Madagaskar. Tamit wurde wieder einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, die Aufmerksamkeit der politischen Kreise Frankreichs auf eine Insel gerichtet, auf der England und Frankreich schon lange in der Geltend machung ihres Einflusses wetteifern. Die nicht un interessante Entwickelung der Dinge auf dieser dritt größten Insel der Erde schildern die „Hamb. Nachr." in folgenden Ausführungen: Die Beziehungen der Franzosen zu Madagaskar gehen auf die Zeiten Heinrichs IV. und Richelieus zurück. Schon am Johannistage des Jahres 1642 ist die Insel zuerst von und für Frankreich in Besitz genommen worden; aber in einem Vierteljahrtausend ist man dem erwünschten Ziel i i der Praxis nur wenig näher gekommen. Die an sich wenig ver lockende Insel hat inzwischen allerlei Wechselfälle er lebt: sie ist in der Napoleonischen Zeit in englische Hände geraten, und 1815 den Franzosen zurückgegeben worden. Allein trotz dieses Umschlag- und der historischen Ansprüche Frankreichs haben sich seitdem Engländer und Franzosen dort u.it eifersüchtigem Auge gegenübergestanden. Die Engländer, die sich mittlerweile auf Mauritius festgesetzt hatten und Ost afrika, von dem Madagaskar doch nur ein abgerissener Teil ist, wie man weiß, gern als ihre ausschließliche Domäne betrachten, haben bei den Malegassen Ein gang zu finden versucht, was ihnen auch bei dem König Radama I., der von 1810—28 regierte, gelang, insofern sich dieser unter englischen Schutz begab und englische Offiziere mit der Organisation seiner bewaffneten Macht beauftragte. Diese Wendung nahm ein rasches Ende, als RadamaS Frau und Nach folgerin, Ranawalona I., die ihren anglophilen Ge mahl vergiftet hatte, sich auf den Unwillen ihres Volke« stützend, den Europäern überhaupt und dem Christentum obendrein eine kurze Absage erteilte. Infolge dieser feindseligen Haltung verbanden sich Engländer und Franzosen im Jahre 1845 zu einer gemeinsamen Exekution, die den Erfolg hatte, den christlichen Missionaren daS Land zu öffnen. Der Sohn der Königin, der seiner Mutter 1861 als Ra dama II. folgte, erregte durch seine franKosenfreund- liche Haltung eine heftige Reaktion des eingeborenen Elements; es kam 1865 zu einem förmlichen Auf stande gegen die Franzosen, wogegen mit England ein Handelsvertrag abgeschlossen wurde. Mittlerweile gewannen die englischen Missionare immer mehr Boden ,m Lande; im Jahre 1868 geschah das Unerhörte, daß die Königin Ranawalonall-, eineVerwandteRadamaSH., sich mit einem Teile des Adels taufen ließ. Trotz der ursprünglichen Entrüstung der buddhistischen Priester und des Volkes — der malaiischen Howa— über diesen Abfall vom Glauben der Väter ist die christlich presbyterianische Bewegung fortgeschritten und heute ist daS Christentum in dieser Form StaatSreligion bei Hnnderttausenden geworden, soweit bei diesen ur- wüchsigen Barbaren vcn Christentum die Rede sein kann. Während die Engländer auf diese Weise sogar bis in die höfischen Regionen vordrangen, verlegten sich die Franzosen, die seit Anfang der achtziger Jahre sich der Kolonialpolitik mit größerem Nachdruck zuwandten, auf die Geltendmachung ihrer „historischen" Rechtsansprüche auf Madagaskar, riefen aber vorläufig nur um so größeren Widerspruch hervor. Den fran zösischen Pflanzern, die zum Behuf der Kautschuk- und anderer tropischer Kulturen auf die fruchtbare Ostseite der Insel von Reunion herüberkamen, wurden die gewünschten Landankäuse verweigert und eine Howa-Gesandtschaft ward 1882 nach Europa geschickt, um mit mehreren Staaten, darunter auch mit Deutschland Handelsverträge abzuschließen. DaS Deutsche Reich er freute sich damals, als Sieger über die den Howa ver haßten Franzosen, eines Rufes und Ansehens, der bis „Nicht eher, als bis Sie wenigstens einmal ge tanzt haben werden! — Wenn hier wirklich jemand wäre, der im dünkelhaften Hochmut des plebejischen Emporkömmlings darin etwas Unschickliches sähe, so soll er doch nicht die Genugthuung haben, daß seine Anmaßung Ihnen und andern ein Gesetz geworden fei. — Ich bitte Sie um diesen ersten Tanz, mein gnädiges Fräulein; denn ich will nicht, daß die Tochter eines Mannes, der tausendmal mehr wert war als alle diese, in irgend einer Hinsicht geringer geachtet werde als sie." Hertha zauderte noch; aber die innige Wärme in seinen Worten überwand ihr Widerstreben. Und als sie wenige Minuten später in seinem Anne von dem bunten Wirbel des feurigen Walzer- fortgerissen wurde, da lag es sogar wie ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen, und er erriet, daß noch etwas anderes als allein die rasche Bewegung ihr Herz so stürmisch gegen seine Brust pochen machte. Sie tanzten länger als irgend eines der anderen Paare, und erst al- die Musik aufhörie, reichte Herbert seiner jungen Tänzerin den Arm, um sie au» dem Saale ^u führen. Ihr Atem ging nur wenig schneller; aber ihre Wangen waren von einer zarten Röte überhaucht, die sie nur noch reizender und holdseliger machte. Er fragte, ob er ihr eine Erfrischung holen dürfe; doch Hertha lehnte mit beinahe ängstlich klingender Ent schiedenheit ab. „Nein, nein," sagte sie, indem sie ihre Hand von seinem Arme herabglriten ließ. „Ich habe Ihren Wunsch erfüllt; nun aber darf ich richt länger bleiben. Gute Nacht, Herr Volkmar — und Haven in die öden Bergketten Madagaskars vorgedrungen war. Die Franzosen fühlten sich in ihrem „Prestige" arg bedroht und schickten 1883 ein Geschwader ab, das einige Küftenplätze beschoß und den Haupthafen der Ostseite, Tamatawe, in Besitz nahm. Die neue Königin Ranawalona III., die auS ihrer Heirat mit ihrem Reichskanzler Rainitairiwoni neue Widerstands kraft gewonnen zu haben schien, weigerte sich lange Zeit, den Franzosen Zugeständnisse zu machen, so daß diese sich schon anschickten, mit den Waffen ins unzu gängliche Innere der Insel vorzudringen. Endlich fanden es die Howa, die von den Küsten ausgeschlossen zu werden fürchteten, doch geratener, am 17. Dezember 1885 einen Vertrag abzuschließen, in welchem daS französische Protektorat über die ganze Ostseite anerkannt, die Erlaubnis zum Grunderwerb den Franzosen gewährt, IO Millionen Franken Kriegs kosten übernommen und bis zu deren Zahlung die Besetzung Tamatawes eingeräumt wurde. Es wurde ferner bestimmt, daß die französische Schutzherrschaft dadurch einen sichtbaren Ausdruck bekommen sollte, daß fortan die Leitung der auswärtigen Beziehungen der Howaregierung durch die Hände eines französischen Generalresidenten vor sich ginge, der mit einer kleinen Schutzwache von 70 Mann in der Hauptstadt Tana- nariwo seinen Wohnsitz aufschlagen sollte. So ist denn, dem formellen Rechte nach, Mada gaskar seit sieben Jahren diplomatisch von Frankreich mediatisiert und damit der politischen Konkurrenz der Engländer die Thür geschlossen worden. Allein trotz dieser auswärtigen Abdikation der Howaregierung hat es seitdem nicht an kleinen Reibereien und allerlei Schlichen und Kniffen der Landeskinder gefehlt, sich der unliebsamen Umarmung der Republikaner au» dem fernen Abendlande zu entziehen. Zwar sind in man chen Dingen französische Sitten und Trachten einge drungen; die Prinzen prunken in Generalsuniformen, die olivenfarbigen Prinzessinnen rauschen in Lyoneser Seidengewändern und duften nach Lau äs will« llsurs; die höheren Staatsbeamten gefallen sich in gestickten Fracks, langen Pantalons und Lackstiefeln, während da» gemeine Volk — etwa 3 Millionen — noch mit Vorliebe der Mode de» Paradieses huldigt. Allein eS finden sich stets neue Punkte, bei denen die Abneigung der Eingeborenen Raum und Gelegenheit findet, sich zu bethätigen. So z. B. haben die Franzosen seit 1890 den Anfang damit gemacht, die Jurisdiktion in ihren« Interesse zu organisieren und z. B. ein Tribunal in Tamatawe errichtet; hier aber und in Majunga sperren sich die Howas gegen die neuen Formen, wie es scheint, nach den Buchstaben deS Vertrage- von 1885 mit Recht, da die Rechtsprechung doch nicht zu den auswärtigen Angelegenheiten gehört. Die Howa» haben ferner, um französischen Ansprüchen zuvor zukommen, ungeheure Länderstrecken der Küste nominell an englische Gesellschaften abgetreten, wogegen die Franzosen behaupten, jedes derartige Geschäft bedürfe, weil mit Fremden abgeschlossen, der Bestätigung ihre» Residenten in Tananariwo. Im Jahre 1889 haben die Franzosen die an der Nordküste belegene ausge dehnte Bucht von Diego Suarez und im vorigen Jahre die benachbarten IIs8 glorisasss, letztere schon ihres Namens wegen, annektiert, ohne bei den Howas um Erlaubnis zu fragen. Inzwischen sind auch fran zösische Missionare und Jesuiten mit den englischen ReverendS, ähnlich wie in Uganda, in eifrigen Mit bewerb getreten; die Zahl der Katholiken ist, den 350000 Protestanten gegenüber, schon auf 80000, die Zahl der in den Jesuitenschulen erzogenen Kinder auf 15000 gestiegen; aber man weiß aus Erfahrung, daß je mehr Bekehrungen je mehr Anlässe zum Streit und Unfrieden gegeben sind, und daß der wahre Geist des Christentums bei dieser Sorte von Menschen am wenigsten eine fruchtbare Stätte findet. So ist Sie aufrichtigen Dank für alles Gute, da» Sie von »reinem herrlichen Vater sagten." Er nahm die kleine Hand, die sie ihm schüchtern gereicht hatte, und führte sie an seine Lippen, ohne sich darum zu kümmern, daß in diesem Moment vielleicht ein Dutzend neugieriger Augen auf ihnen ruhte. „Gute Nacht!" sagte er innig. „Und auf Wieder sehen — auf baldiges Wiedersehen, Fräulein Hertha." Wie mit Blut übergossen zog sie ihre Hand zurück und huschte eilig davon. Mit glücklichem Lächeln sah ihr Herbert nach, bis die Sammet portiere vor der Thüröffnung sie seinem Blick entzog. Dann schlenderte er durch die lange Reihe der licht überströmten Gemächer zurück, ohne noch irgend welches wirkliche Vergnügen an all der toten und lebendigen Schönheit zu finden, die ihn hier umgab. Er wollte Melanie, der er nach dem Herkommen eigentlich den ersten Tanz schuldig gewesen wäre, jetzt ausiuchen, um das Versäumte nachzuholen, so gut e» sich noch thun ließ; aber er fand sie weder in dem großen Salon noch in dem Wintergarten, den man jetzt als Erholungsraum für die Tanzenden geöffnet hatte. Schon wollte er — vor sich selbst hinreichend entschuldigt — alle weiteren Nachforschungen auf- grben, als der matte Lichtschimmer, den er auS einem kleinen Seitengemache fallen sah, seine Neugier reizte. Er schlug den Thürvorhang zur Seite und sah einen kleinen, mit allerlei orientalischen Stoffen phantastisch aufgeputzten Raum, der ihm weniger durch seine bunte Ausstattung al- durch den Umstand gefiel, daß er vollständig leer war. Nicht» konnte dem jungen Maler in diesem Auge« blick gelegener kommen al» ein wenig Einsamkeit und