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bchalteP, sondern ging tm Zimmer hin und her. „Du käpust Mmogttch gegen Herrn Mantle etwas einzuwenden haben/ " ^ein, nein, ich habe nicht das Geringste gegen ihn. Im Gegenteil, er gefällt mir sehr gut, er ist ein inter essanter, gebildeter Mann..." „Nun also! Was verlangst du noch mehr?" rief der Oberst, und schöpfte wieder Hoffnung. „Er liebt dich, und wird alles tun, was er dir von den Augen absehen kann." „Das ist möglich, Vater, aber mir genügt es nicht, daß er mich liM." „Mts NüM du denn noch?" „Auch ich mühte ihn lieben. Und das ist nicht der Fall." „Törhetten!" Der Oberst wurde immer heftiger, je lauter in ihm eine Stimme des tiefsten Mitleids für seine Tochter sprach, „Einbildungen von unreifen Mädchen! Eiye« Mann, den man achtet und ehrt, lernt man in der Ehe auch lieben. Archibald Mantle ist gewiß wert, ge achtet zu werden. Es gibt kaum ein Mädchen in London, das so leichtsinnig wäre, ihn zurückzuweisen." „Um so mehr beklage ich, daß er gerade mich erwählt hat, da ich mit dem Vesten Willen keine andere Antwort geben kann." Elinor war jetzt ganz ruhig und fest, als sie das sagte. Im ersten Augenblick war sie Wohl erschrocken gewesen, aber das hatte sie überwunden. Oberst Graham blieb vor seiner Tochter stehen. „Ich kann diese Antwort nicht gelten lassen. Du be weist' mir nur, wie unsinnig es ist, daß nicht die Eltern über das Schicksal ihrer Kinder bestimmen. Du, ein halbes Kind, verwirfst die Werbung eines ernsthaften Mannes, der in jeder Beziehung turmhoch über all den jungen Burschen steht, mit Venen Tennis gespielt und geflirtet wird. Ünd das, ohne auch nur den Versuch einer Erklärung oder den Schimmer eines Grundes." Ls dauerte eine Welle, bevor Elinors Antwort Ham. „Ich habe einen Grund.' „Däm darf ich dich wohl bitten, ihn mir zu sagen", herrschte der Oberst sie an. Elinor konnte nicht verhindern, daß ihre Augen naß wurden. Sie war nicht gewöhnt, von ihrem Vater so behandelt zu werden. MS ihre Mutter starb, war sie noch ein ganz kleines Mädchen gewesen; seither hatte sie sich innig an den Vater ««geschlossen. Und Oberst Graham vergötterte seine Tochter und hatte ihr immer jeden Wunsch erfüllt. Wie sollte ste jetzt diese Wandlung verstehen? Und wie sollte sie ihm gerade jetzt das sagen, was sich schon schwer in Worte bringen ließ, wenn ihr Vater nicht so zornig war. Aber ste war ein tapferes Mädchen, und sie erkannte, daß es gesagt werden mußte. Sie hob den Kopf und sah mit ihren feuchten blauen Augen ihren Vater an. „Vater, ich kann Herrn Mantle nicht heiraten, weil...', alle Tapferkeit tonnte nicht verhindern» daß sie zögerte, es auszusprechen. „Welldrängte Oberst Graham, obwohl er fürch te, das Ende des Satzes zu kennen. „Well ich einen anderen liebe.' Run war es gesagt und nicht mehr zurückzunehmen. Elinor atmete tief, und war noch ein wenig erstaunt, daß ste doch den Mut gefunden hatte, es auszusprechen. Aber gleichzeitig empfand sie ein unbeschreibliches Glück darüber, daß sie ihren bisher recht dunklen und unbestimmten Ge fühlen einen Namen gegeben hatte. Bisher hatte sie ja auch schon gemerkt, daß es unter den jungen Leuten, mit denen sie verkehrte, einen gab, vessen Gesellschaft ihr besonders lieb war; aber ste war nicht genötigt gewesen, sich Rechenschaft darüber zu geben, warum sich das so ver hielt. Und so spürte ste etwas wie Dankbarkeit für Herrn Maulle, der ihr mU seinem Anttag zu einer so beglücken den Klarheit verhalfen hatte. Denn jetzt wußte ste es ganz bestimmt: nie und nimmer konnte sie die Frau Archibald WaMes oder irgendeines anderen werden, wenn er auch noch so interessant, angesehen und reich sein mochte. Es gab nur einen einzigen ... „Ist es Gilbert Daly?" fragte der Oberst, und seine Stimme war gar nicht mehr herrisch, sondern merkwürdig weich. Elinor sah ihn einen Augenblick lang überrasch: an; dann nickte sie bloß. Oberst Graham konnte einen tiefen Seufzer nicht unter drücke». War es also schon so weit? Er hatte gehofft, die glänzende Erscheinung Archibald Mantles, der Ernst seiner Werbung, die lockenden Zukunftsaussichten würden ge nügen. kleine Jugendflirts im Nu verbleichen zu lassen. Aber als Elinor gesagt hatte, daß sie einen anderen liebe, da wußte er, daß seine Tochter gewählt hatte und vurch kein Machtwort mehr umzustimmen war. Und trotzdem er ja unzufrieden sein mußte, trotzdem ungeheuer viel für ihn durch diese Antwort sich entschied, konnte er einen gewissen Stolz nicht ganz unterdrücken. Wie gern hätte er ihr ge sagt, daß noch kurz vorher auch der Mann, den sie liebte, um sie geworben hatte. Aber andererseits sah er einen Abgrund vor sich. Konnte er Mantle heute abend nicht Elinors „Ja" bringen, dann war er verloren. Und Elinors Zukunft war dunkel und ungewiß. „Elinor", sagte er endlich, „ich danke dir, daß du mir dein Geheimnis anvertraut hast. Wir wollen vergessen, daß ich so hart zu dir gesprochen habe. Wir wollen wieder gute Kameraden sein, was?" Elinor nickte lebhaft, und schämte sich auch gar nicht, daß bei dieser Gelegenheit zwei Tränen nicht länger in ihren Augen bleiben konnten, sondern über die Wangen rollten. „Nun, Elinor, setzen wir uns und sprechen wir wie Kameraden." Der Oberst führte sie zu ihrem Stuhl und setzte sich an seinen Schreibtisch. „Du glaubst, Gilbert zu lieben, Elinor..." „Ich weiß es", korrigierte ste. „Gut, gut, also du weißt es", begütigte der Oberst. „Aber du bist doch viel zu klug, um nicht auch zu wissen, daß diese Liebe unmöglich zur Heirat führen kann." „Warum nicht?" Elinor, die erst vor einigen Minuten entdeckt hatte, daß sie Gilbert liebte, war jetzt äußerst er staunt, als sie hörte, daß die Heirat nicht ein ganz einfaches Ding wäre. „Aber, Elinor, bedenke doch! Du bist ein armes Mäd chen — jawohl, ganz ohne Vermögen", der Oberst dachte an „North Australian", die er doch zum höchsten Kurs hätte verkaufen sollen, und seufzte. „Darüber mutzt du dir klar sein. Und Gilbert Daly ist ein junger Mann, der gewitz nicht in der Lage ist, dich zu ernähren." „Er ist nicht weniger tüchtig als andere; er wird bald dazu in der Lage sein", erwiderte Elinor mit der ganzen Zuversicht ihrer achtzehn Jahre. „Zugegeben, datz er tüchtig ist, datz er die besten Zu- kunftsaussichten hat; aber wann werden sie sich er- süllen?" „Wir warten eben." „Das kann lange dauern, Elinor." „Wir sind beide noch jung." „Jawohl, ihr seid jung; und daß es dir mit dem, was ou sagst, ernst ist, will ich gern glauben. Aber was weißt du denn von Gilbert Daly? Hat er denn überhaupt schon von der Zukunft mit dir gesprochen?" Elinor wich dem forschenden Blick ihres Vgters aus. „Nein", sagte sie zögernd. „Wir haben noch gar nichts besprochen." Oberst Graham nickte mehrmals. Es war ihm lieb, zu wissen, daß Gilben die Wahrheit gesagt hatte. „Du weißt also nicht einmal, ob er dieselben Gefühle für dich hat, wie du für ihn?" „Das braucht man nicht zu besprechen, um es zu wissen", meinte Elinor mit großer Sicherheit. (Forts, lolat.l