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Beilage zur Weitzeritz-Zeitung Nr. 221 Sonnabend, am 21. September 1929 95. Jahrgang Unsicherheit! „Jst's Gotteswerk, so wird's bestehen, ' Jst's Menschenwerk, wird's untergehen!" So sagt ein altes Wort. Dieses Wort ist richtig. Die Geschichte hat es bestätigt, und bestätigt es alle Tage von neuem. Weltreiche sind gegimndet worden und sind wieder zerfallen, gewaltige Bauwerke wur den errichtet, und heute reden nur noch ihre Trümmer von ihrer Pracht. Bücher, die einst mit Staunen und Entzücken gelesen wurden, verstauben im L^mkel de, Bibliotheken. Was vergangenen Geschlechtern als des Wissens sicherster Besitz erschien, wird von der Gegenwart wi< ein Traum der Kinderjahre belächelt. Aber die Ge schichte des Glaubens, obwohl eine fortlaufende Kett< schwerster Kämpfe, ist bis auf den heutigen Dag ein« ununterbrochene Folge immer neuer Siege geblieben, Wie ein Phönix stieg der Glaube, der vermeintlich tote, immer wieder aus der Asche hervor. Jst's Gotteswerk, so wird's bestehe^ Jst's Menschenwerk, wird's untergehen! Freilich, dieser Satz hat auch seine Gefahren. So wie er, sprechen alle vorsichtigen Leute, die nicht den Mut der Neberzeugung haben, die Reber abwar« ten als Partei «greifen wollen. Wenn wir abstimmen Lassen könnten über die Wahrheit des Glauben«, so würden viele mit ja antworten, viele auch mit nein und weit mehr noch würden auf ihren Stimmzettel schreiben: Zweifelhaft! Am zahlreichsten sind die Menschen, die unsicher und ungewiß hin und her schwanken, die Unentschie denen, die nicht ganz klar sehen, und abwarten wol len. Aber nur die Festen, die Tapferen, die Ueber- zeugten heften den Sieg an ihre Fahnen. Ein Mensch, »er seines Glaubens nicht gewiß ist, wird nie das Feld behalten, die Seele retten und di« Seligkeit er langen. Wir wissen, daß uns« Glaube GotteSwerk ist, dar um vorwärts mit gläubiger Zuversicht ««d ungcbroche- »er Tatkraft! Die Freiheit und das Himmelreich ge winnen keine Halben! vabsUeLäKinK MX nön reinvnuiciLiovxs: l»ux lX-rz.r, Scherz und Ernst. tk. Eine ,Kannen" von einem Stier attackiert. Eine Freilicht-AufsÜhrung der Carmen in d« be rühmten Arena von Bayonne, bei d« sich im letzten Akt ein wirkliches Stiergefecht abspielte, hätte um ein Haar einen nur zu lebensechten tragischen Ab schluß gefunden. Fräulein Celia Salvadori, die die Titelrolle der Bizetschen Oper aussührte, wurde wäh rend des ganzen Verlaufs der Vorstellung von den zehntausend Zuschauern stürmisch gefeiert; aber der Beifall machte einem drückeichen Schweigen Platz, als in oer Schlußszene ein Stier auf die Bühne stürzte und mit gesenkten Hörnern wütend auf die Sängerin losstürmte. Fräulein Salvadori wurde zu Boden ge rissen, konnte aber ausspringen, ehe sich die Hörner des rasenden Stieres in ihrs Brust senkten. Während die in der Vorstellung beschäftigten Picadores bemüht waren, die Aufmerksamkeit des rasenden Tieres von seinem Ops« abzulenken, gelang eS der Sängerin, sich hinter die Kulissen zu retten und die Tür zu schließen gegen die der Stier wütend anrannte. Fräulein Sal vadori kam bei dem „TÜeÄampf" nSt ein« leichten Schulterverrenkung davon. Schreibmaschine statt Schiefertafel für Schütze«. In England will man für den Anfangsunter richt im Lesen und Schreiben eine neue Lehrmethode einsühren, die darin besteht, daß man den Kindern das Alphabet vermittels der Tasten d« Schreibmaschine beibringt. Bücher, Schiefertafel und Griffel sind Ms diesen Zweck nicht mehr nötig. Schon in kurz« Zett haben die Kleinen dank dem Anschauungsunterricht an der Schreibmaschine, die großen und kleinen Buch staben sowie die Ziffern unterscheiden gelernt, und wenn das Kind erst einmal so wett ist und die Buch staben lesen kann, hat es aleic^eMa auch das mecha nische Schreiben «lernt. Ts braucht nur die Tasten niederzudrücken, die Geläufigkeit kommt dann mit d« Hebung von selbst. Wenn diese Theorie erst allgemein geworden sein wird, ist das Ende des Schreibens mtt der Hand gekommen, da« ohnehin infolge d« zu nehmenden Verbreitung der Schreibmaschine mehr und mehr in den Hintergrund getreten ist. Eine Trän« braucht man dieser Entwicklung kaum nachzuweinen. denn die Handschriften sind immer schlechter geworden, seit die Maschine die Herrschaft angetreten hat, und dis Kalligraphie ist heute nicht viel mehr als eine histo rische Erinnerung. Eine Geige reist zweimal um die Welt. Zweimal mußte im letzten Jahr eine Violine rings um den GrW ball geschickt werden, bevor sie ihrem rechtmäßigen B« sitz« ausgehändigt werden konnte. Dem berühmten Aeiaeniviel« Ekrem Zimbalist aehörte eine herrliche ! Violine, die aus den Werkstätten von Guadagntnß ! stammt und die ihm im April 1987 gestohlen wurde^ j als er sich gerade in Los Angeles aufhielt. Dam i Instrument ist etwa 60 000 Mark wert, imd der DtÄ ; konnte es natürlich nur unter großen Schwierigkeit« i verkaufen. Als « es einige Monate nach dem DiW , stahl in Chicago an den Mann bringen wollte, wmwq er verhaftet, und da Zimbalist damals mit fein« ' Frau, o« Sängerin Alma Gluck, auf ein« Gastspiel ! reise in Australien war, wurde die Geig« dorthin« ! nachgesandt. Ms das Instrument ab« endlich in - Australien eintraf, war der Künstler längst fort und die Geig« folgte ihm nun nach Java, Chma, Maniks ! Indien und zurück nach Australien, wurde dann nach Kalifornien befördert und hat ihren Eigentümer endlich in Connecticut erreicht, nachdem sie insgesamt eines» Weg von 55 000 Seemeilen zurückgelegt hatte.