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T» LsZ 8 s L L 8« -ö'S'S S S> LVssL SS»« L .Ich trage schon mehr Geheimniskram nur mir yer- unr, als mein alter Kopf vertragen kann, Fräulein Rosel. Aber sagen Sie mir eins: was hat die Arzttochter mit dem jungen Stakosch zu schaffen?" Rosel zuckle die Achseln, meinte dann etwas von pla tonischer Liebe und löste dadurch ein Achselzucken des Pfarrherrn aus. Dann nahm Harden das Schriftstück an sich und las. Noch nicht zu Ende, meinte er: „Ein närrisches Volk, unsere heutige Jugend. Aber lassen wir's gut sein, Sie ge hören ja auch dazu. Wenn das aber," und er schlug mit der flachen Hand aus das Schreiben — „Stakoschs Vater wüßte, dann. . . ." „Ja. Herr Pfarrer, dann . . . nun, sind Sie mir nicht böse. Dann ginge er auf irgend ein verschwiegenes Plätz chen, wo die Sonne aussteht, wie die Mitternachtsfinster nis und..." „Rosel, versündigen Sie sich nicht." „Herr Pfarrer, ick kann nicht anders; aber gut tüt' es ihm. Wenn's kein Schuß täte, dann müßte es ein Strick tun." „Rosel!" ,„Ja, ja, Gerechtigkeit, Herr Pfarrer, Gerechtigkeit. Das alte Leben vom Friesensteinhof ist verschwunden. Ein neues aber wird Einzug halten. Und was für eins: steht's nicht da? Lesen Sie doch einmal, Herr Pfarrer." Und der las murmelnd für sich das Furchtbare. / „. . . ja, liebstes Herz. Mein Vaterhaus ist eine Sumpfgrube geworden, und das neue Heim auf dem Frie sensteinhof wird ein fündiges Paradies werden. Sogar ein Theater und Marmorbad fehlt nicht. Komm, sieh dir's an. Pfui, dieser Wahnwitz, der sich an solche Projekte wagt. So lange diese Kupfergrube das Gold vermittelt, die man mit Falsch- und Börsenkünsten, falschen Eiden und hinterlistigen Gaunerftückchen errungen hat, so lange ruht kein Segen mehr auf dem Hause Stakosch. Und der Va ter mag Kommerzienrat werden, man mag ihn adeln und nach ihm Zechen, Dörfer und Straßen benennen. Die Stakoschs sind Angehörige einer Niedergangsrasse, ihre Errungenschaften sind Verbrechen. Wie freue ich mich -bloß, daß du meine Freundin bleibst, so komme ich doch ivenigstens immer wieder zu einem warnenden Bewußt sein, das mich davon abhält, mitzutun. Weißt du, wie lange das Geld noch reicht, wenn man so weiterlebt, wie momentan? Es kann gar nicht versiegen, es reicht jahr hundertelang. Nun male dir aus, Nebe Seele, was da an Schrecklichkeiten noch alles entstehen kann. — Uebri- gens, der Verheiratung mit der Lupinsky bin ich glücklich entwischt. Der gute Geheimrat hat den Vater irgendwo schwer beleidigt und damit war die Geschichte in die Brüche gegangen. Warst du schon einmal bei den Ent erbten?« .... Er hielt inne. „Meint er Sie und die Geschwister damit, Rosel?" Rosel nickte. Die Züge des Pfarrherrn wurden ungewöhnlich ernst. Wortlos reichte er den Brief zurück und trat ans Fenster. Vierundzwanzig Jahre war er jetzt im Amt, aber so etwas war ihm noch nicht begegnet. Vater und Sohn? Er legte sich diese Frage in Gedanken Wohl hundertmal vor. Dann drehte er sich plötzlich um. „Rasch, Rosel. Können Sie nicht meinem Gedächtnis nachhelfen? Was ist denn die Frau Direktor für eine Ge borene?« „Ja, das weiß ich nicht, wirklich nicht." „Aha, ich hab's. Adelheide Korsch, die Stiftsdame war ihre Tante. Der Vater war Bierbrauer, Kommerzienrat, Stadtverordneter. Jawohl, 's stimmt, Rosel, das waren ordentliche Leute, die sich ein kleines Kapital mit wirklicher Arbeit verdient batten. Die gute Frau Lobedank. Ick sehe sie noch vor mir. wie sie immer gerne auf der Bank vor meinem Hause gesessen hat und erzählte: ja, ja, jetzt brauen wir wieder hundert Hektoliter mehr, und der Ab satz steigt: da wird's für meinen Jungen Wohl auf ein Studium reichen und das Mädel kann eine brave Aus steuer kriegen. Wissen Sie, Herr Pfarrer, Landecker Da mast, Wüsteyiersdorfer Drillich, Hirschberger Leinen usw. — Ja, so redete sie damals. Und die Tochter war auck «kne Brave, jawohl alle Acktnna vor den Leuten. Sckcint mir fast, als wenn der Junge nach der Mutter «»ge . „Kann schon sein, Herr Pfarrer." „Kind," sagte der Pfarrer, „Sie sind doch »och so kaum zwanzig Jahre. Wenn ich Sie so altmütterlich rmtz lebensmüde reden höre, dann will mir'S schier das He»G zerschneiden. Sind Sie doch ein bißchen hoffnungsvoller. Der HerrWott lebt noch, Rosel, Sie werden es nock spür« dürfen..." „Du liebe Zett, Herr Pfarrer. Gewiß, der Her»»»« lebt noch, aber ..." „Aber was ist denn das wieder für ein Aber? Gr sorgt auch, er hilft weiter. Da in jenem Briefe, Rosel, da liegt Ihre ganze Zukunft drin. Wenn der Herr ihn einmal wegnimmt, dann —" „Ihn? Wegnimmt? Herr Pfarrer, Unkraut v«aeM nicht!" „Aber in feinem Sohn und dessen Freundin stütz Ihnen ja wertvolle Verbündeten erstanden. Fetzt glaube ich, daß er ein rechter Wohltäter sein könnte. Sie werde» noch einmal zu allem kommen, was Ihr Erbe gewesen, wenn die Grundstücks- und Hypothekengeschichte nie ge wesen wäre. — Doch das ist Zukunstssache. Jetzt denke« wir mal wieder an die Gegenwart. Sie werden mnzie- hen wollen?" „Wenn ich eine schöne Wohnung fände?" „Ich sagte schon; ich will dafür sorgen. Ziehen Ne sich an und gehen Sie mit mir, Rosel." „Es ist aber gleich zwölfe, Herr Pfarrer, Franzek rmtz Christel werden bald kommen. Und ich habe noch nickt einmal das Mittagessen bereit. Ich will rasch etwas eich holen: entschuldigen Sie sehr." Sie nahm aus der Kommode einen ledernen Gekdde«- tel, legte bei der Gelegenheit wieder den Brief zurSL der noch auf dem Tische lag, zählte einige Münzen in die Hand, schloß auch das Geld wieder ein und wandte sich dann zur Türe. Kaum daß sie gegangen war, kamen Fränzel untz Christel heim. Sie hatten einen ziemlich gleichen Weg r» ihren Arbeitsstätten und kamen immer zusammen, wie üe auch immer zur gleichen Zett fortgingen. Christel, die fick zu einem lieblichen jungen Mädchen entwickelt hatte, kenne bei einer Putzmacherin neben dem Hütemachen auch etwas Schneiderei, damit sie später auck Rosel helstn konnte, Franz Lehrling bei einem Kupferschmied. Beide Kinder waren ziemlich verlegen, den alten Pfarrherrn in der schwesterlichen Wohnung vorzufinden. Sie antworteten nur ungern auf seine vielen Fragen, und das Eis schmolz erst, als Rosel wieder zurück war und de» Hungrigen Eierkucken buk. Pfarrer Harden hatte sich leutselig in die kleine Küche gesetzt, wohin der Dust des Backwerks die Geschwister ge lockt hatte. Einige Antworten Fränzels schienen ihn sicht lich heiter zu stimmen. Der heute so ernst gestimmte Man» konnte hie und da ein leichtes Lächeln kaum unterdrücke». Endlich begann Franz zu erzählen, daß der Meister ihnen versprochen habe, demnächst einmal mit allen fünf Lehr lingen die Kupferzeche „Franz Josef" zu besichtigen. Die Blicke Rosels und des Pfarrers trafen sich. „Das erlaube ich nicht," wollte die Schwester bereit sagen. Dock ehe sie es aussprach, zog der Pfarrer d n Jungen an sich und meinte: „Das ist aber fein. Franz. Da möchte ich fast mit einfabren. Und das sage deine« Meister mit einem schönen Gruß vom Sckmiedeberz-r Pfarrer; wenn ihr kommt, dann seit ihr alle samt deM Meister zu mir zu Mittag gebeten." Rosel widersprach nicht. Mehr im Stehen als im Sil n hatten die Kinder daS Mittagsmahl eingenommen: nun bekam jedes noch -in« Vesperscknitte mit. Dann war die Mittagspause vorüber und ste wanderten wieder ihren Arbeitsplätzen zu. Als die Fabrikvfeifen Hirschberas den mittäglich-« Arbeitsbeginn verkündeten, War Rosel wegberrit. (Fortsetzung folgt.) Splitter. Ich Will! die höchste Kron' ist diese, di« mich fchnrückt, Der Freiheit Siegel, das mein Geist mir «rfgedrückt. Rückert.