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Beilage M Wchech-Aeibmg. Nr. 117 MittwochPen 23. Mai 1917 abends 4 83. Jahrgang i Italien. Italien macht sich aus elueu „tauge« SrschöPfuugSkrieg gefakt. Sie hat nichts geholfen, die neue italienische Offensive. Gar nichts. Tie Engländer hatten ihre Freunde wieder einmal vorgeschickt, damit sie die Oesterreicher bedrängten und so auf Umwegen die deutsche Westfront schwächten. Sogar ihre großen Schiffsgeschütze stellten die Engländer in den Dienst dieses Vorstoßes, ein Beweis dafür, wie außerordent lich wichtig ihnen diese Hilfe Italiens war. Einige Tage schien es ja auch, als ob diese Ueberrumplungs- versuche kleine Erfolge hätten. Aber schnell wendete sich das Blatt; „unter schwersten Verlusten die Höhen hinabgewcr- fen" — „über den Jsonzo zurückgewichen", das war das Ergebnis der Kämpfe am Sonntag. Man hat sich wieder einmal sehr gründlich verrechnet. Vom Durch bruch, dem erhofften, keine Spur. Tas Land der „Katzelmacher" mutzte wieder einmal vergebens hoffen, nachdem man ihm die Sicherheit des Gelingens die ses Vorstoßes in allen Farben auSgemalt hatte Schneller noch als an der Westfront hat die Angrei fer ihr Schicksal erreicht, schneller als die Englän der mutz Cadorna wieder zu seinem Wetterberichte, diesmal über die Schneeschmelze, greifen, um das Volk zu beruhigen. Aber nachdem das italienische Hauptquartier selbst zugeben mutzte, daß die Offensive zum Stehen gekommen sei, erfaßt das Volk die Wut.' Man war sich darüber klar, daß die diesmaligen Anstrengungen nicht mehr überboten werden könnten, daß alles auf der einen Karte die ser neuen Offensive stand. Ter wachsende Kohlen mangel erdrosselt die italienische Industrie und den Bahnverkehr; es gibt keine Kohlenreserven mehr, und es ist nicht abzusehen, wie sich dieser Zustand bei der sinkenden Tonnage verbessern könnte. Auch hat sich die Kriegsmüdigkcit in Italien stark verbreitet; Reisende, die aus dem apenniuifchen Königreiche kom men, versichern, daß schon jetzt der Widerstand gegen die Kriegsfortsetzung lebhaft sei, und daß bei den rasch ansteigenden Schwierigkeiten spätestens im Win ter schwere revolutionäre Unruhen mit Sicherheit zu erwarten wären. So kämpfte Italien in der zehnten Jsonzoschlacht nicht bloß, für seinen Sieg, sondern auch gegen den Bürgerkrieg, und diesen Kampf hat es verloren, weil es nicht siegte. Lie Sozialisten werbe« immer deutlicher. „Tie beißenden Lehren der Wirklichkeit," schreibt das große Mailänder Gegenstück des Berliner „Vor- wärts", der „Avanti", „haben ihre Früchte getragen und auch den unverbesserlichsten Lügnern Vorsicht betgebracht." Selbst ein Malagodt der „Tribuna" hält für nötig zu schreiben, man müsse inbezug auf die Karstoffensive der harten Wirklichkeit in die Augen schauen, „die russische Revolution habe für die Ver bündeten schmerzliche Folgen gehabt. Man müsse sich auf einen langen Erschöpfungskrieg gefaßt machen. Die Kriegspresse hat also," fügt „Avanti" hinzu, „bereits die Hoffnung auf den entschei denden Schlag aufgegeben und kehrt zu ihrer schon mehrmals verkündeten und wieder ausgegebenen Hoffnung auf die Erschöpfung des Feindes zurück." Wie es aber mit dieser Erschöpfung bestellt sein wird, das weiß man in Italien besser als wir. Wenn einer am Rande der Erschöpfung angekommen ist, dann ist eS Italien. Tie Kriegshetzer freilich sind cs nicht, die hun gern müssen. Tas überlassen sie den Massen. Ihre „Fabriken" brauchen keine Kohlen; ihre Schornsteine rauchen von englischen und französischen — Bank noten. Revolution in Portugal. Straßenkämpfe in Lissabon. Ter Korrespondent der Madrider „EPoca" meldet aus Lissabon, die Frage der Lebensmittelversorgung hat eine weitere Verschärfung erfahren. Trotz aller Regierungsmatznahmen herrscht Brotmangel. In Lissa bon stürmten die hungrigen BolkSmassen die Bäcker läden, und nur durch das energische Eingreifen von Polizisten und Truppen, die von den Waffen Gebrauch mache» mutzten, konnte die Ordnung wiederhergestellt werden. AelMiche Vorkommnisse wiederholten sich in der Provinz. Jedoch nicht nur Lebensmittel, sondern auch viele andere Artikel fehlen. Viele Fabriken und Werkstätten dürsten bald feiern müssen. Tic See transportmittelkrise scheint unli.bar. Die durch den verschärften N-Bootkrieg in Portugal geschaffene Lage ist höchst beunruhigend und bietet einen düsteren Aus blick für die Zukunft. Kriegerfamllien-Wterstützung. Unter der Voraussetzung, daß die Betreffenden von dem Einberufenen unterhalten worden sind, oder das Unterhaltungsbedürfnis erst nach erfolgtem Dienst- etntritt hervorgetreten ist, haben außer der Ehe frau Anspruch auf Familienunterstützung.' die ehe- ! lichen Kinder unter 15 Jahren, die Eltern, Groß eltern, Schwiegereltern, Schwiegergrobeltern, Geschwister, schuldlos geschiedene Ehefrauen, die Anspruch auf Unterballsgewährung haben, elternlose S n rVl, uneheliche Kinder, wenn die Vaterschaft aner kannt oder festgestellt ist, auch wenn sie eine fremde ' Staatsangehörigkeit besitzen, falls sie sich im Jnlande > befinden; ferner uneheliche, mit in die Ehe gebrachte Kinder der Ehefrau, auch wenn der Ehemann nicht der Vater ist, und unter Umständen auch Pflegeeltern und , Pflegekinder, und endlich auch uneheliche Kinder deut- ! scher Mütter in Deutschland, deren Väter österrei- ! chisch-ungarische Staatsangehörige und in das öfter- reichisch-ungarische Heer eingetreten sind. Für diese angeführten Personen besteht ein An spruch aber nur, wenn der in den Dienst Eingetretene zu den Mannschaften zählt und nicht etwa Kapi tulant ist. Ter Anspruch besteht aber weiter für die Angehörigen der Reichsangehörigen, die an der Rückkehr aus dem Auslande infolge feindlicher Matz/- ! nahmen verhindert oder vom Feinde verschleppt worden ! sind, und ferner für die Angehörigen des Unterperso- ! nalS der freiwilligen Krankenpflege. j Viele Klagen über die Familicnunterstützung be- ruhen zum großen Teil auf Unkenntnis oder Ver- kennung der Rechtslage. Es kommt nämlich nicht allein j darauf an, daß, der in den Dienst Eingetretene zu ° den Mannschaften zählt; der unr Unterstützung Nach- j suchende mutz auch bedürftig sein. Es ist den Behörden zur Pflicht gemacht wor- ! den, die Familienunterstützung so weitherzig zu verteilen, wie nur irgend zulässig, um vor allen ; Dingen dem vor dem Feinde stehenden Ernährer das sichere Gefühl zu geben, datz, während er dort drau- ! ßen zum Schutze des Vaterlandes auf der Wacht steht, seine Familie vor jeder Not bewahrt bleibt. Aber wie es Pflicht von Staat und Gemeinde ist, zu helfen, so gut sie können, so ist es eine selbstverständliche unbe dingte Pflicht aller Unterstützten, Staat und Gemeinde, die auch mit ihren Finanzen in Kriegsnot stehen, nach Kräften zu entlasten. >,, * !-! . ' - * ' ' Lie FamilienunterstÜtzung setzt sich zusammen aus dem reichsgesetzlichen Mtndestbetrag und dem städti schen Zuschutz, der den örtlichen und persönlichen Verhältnissen entsprechend bemessen wird. Ter reichs gesetzliche Mindestbetrag beträgt seit dem 1. Novem ber 1916 für die Ehefrau 20 Mark und für jede sonstige unterstützungsberechtigtc Person 10 Mark. Bechmann nnd Hindenburg. Rcichslcitung mW Hccreslcituug. „Ueber unsere Kriegsziele befinde ich mich in voller Uebereinstimmung mit der Obersten Heereslei tung," sagte der Kanzler in seiner jüngsten Rede Lebhafter Beifall im Reichstage. Natürlich muß man sich freuen, wenn unsere führenden Männer in i den entleibenden Dingen an einem Strange ziehen. § Kann man überhaupt einen Strich ziehen - zwischen den verschiedenen Kriegszielen? Auf der einen > Seite die militärischen und politischen Ziele, wofür ! die Heeresleitung moralisch verantwortlich sein soll, i auf der anderen Seite die wirtschaftlichen und Poli- ' tischen Ziele, die ausschließlich den Kanzler angehen sollen? Tas sieht schiedlich aus, aber nicht fried lich, und fruchtbar wäre ein solches Nebeneinander gewiß nicht. Politik und Heerwesen greifen ineinander Schon in Friedenszeiten, wo jeder Staatsmann bet seinen inneren Maßnahmen die Bedürfnisse des Heeres berücksichtigen muß und bet seiner auswärti gen Politik die Frage zu stellen hat, ob und wie ! die Wehrmacht etwaige scharfe Folgen seiner Politik ! ausgletchen kann. Uno nun erst in Kriegszeiten! Ta z hat die Heeresleitung erst recht ein entscheidendes Wort < in die Wagschale zu werfen bei allen Entschlüssen : der Staatsmänner, die unmittelbar oder» mittelbar die Krieasaufaaben und die Kriegsziele berühren. Tas ganze öffentliche Leben ist auf den Krieg gestellt; da bleibt kaum etwas übrig, was nicht in das Kriegs gebiet fällt. Am wenigsten in der sogenannten hohen i Politik; denn jeder diplomatische Schritt gegenüber ! den feindlichen oder den neutralen Staaten kann Wir- > kungen haben, die unsere Heeresleitung vor neue Auf- , gaben stellt und zu neuen Berechnungen und Maßnah- ; men veranlaßt. Es ist ja selbstverständlich, daß der Reichskanzler sich nicht an den Generalstabstisch setzt, um in die Tagesbefehle Hindenburgs hineinzupfuschen, und daß der Feldmarschall sich nicht darum kümmert, ob die ! neuen Steuern so oder so gestaffelt werden. Zwischen j diesen technischen Einzelheiten, die jeder Teil für sich ! erledigt, liegt aber das große und wichtige Gebiet ! der gemeinsamen Angelegenheiten, über die eine ! Verständigung erzielt werden muß, wenigstens ! in den Grundlagen und den letzten Zielen. Tas i ganze Staatswesen Ut eine Maschine mit einer Unzahl ! von Rädern und Rädchen. Sie sollen nicht neben ; einander laufen, jedes nach seinem Belieben, sondern incinandergreifend, getrieben von einer einheitlichen ! Kraft, und hinwirkend auf ein einheitliches Aiel. In der Monarchie ist diese zielsichere Zusam- i menfassung und Ordnung der Kräfte leichter zu er- ! reichen, als in den Republiken Ter Kaiser ^nd ! König gibt die Entscheidung, wenn die berufenen Räte i aus den verschiedenen Dienstzweigen sich nicht einigen können. Am besten ist es freilich, wenn der Monarch ! kein Machtwort zu sprechen braucht, das sich gegen ! ;inen Ratgeber richtet, sondern wenn die berufenen , Vorarbeiter mit einem einheitlichen Ratschlag vor ihn hintreten. 's Uhr, ereignete sich in Troisdorf eine Aetherexplosion, d§ zehn Menschenleben zum Opfer fielen. Außerdem wurd vier Arbeiterinnen verlei t. .D — 800 Morgen Wald vernichtet. Lor etwa acht Tag, entstand in der zwischen dem Dorfe Kleinletpisch und d^ OberfSrsterei Grünhaus gelegenen sogenannten „Köhne" ei- Waldbrand, der mit großer Schnelligkeit um sich grk und die OberfSrsterei Grünhaus mit ihren Ansiedelung sehr gefährdete. Die tiefe Wald- und Torferde, die gro! Trockenheit und der scharfe Ostwind begünstigten das Um" greifen des Brandes. Durch mehrtägige angestrengte A von Militär aus Torgau und KottbuS, von Gesänge Arbeitern und Bewohnern aus der Umgegend ist e» mehr gelungen, den Brand zum Stillstand zu brir Gegen 8VV Morgen schöner Wald sind durch den ungehe Brand vernichtet worden. Die Koynehäuser und die L fSrsterei Grünheide sind außer Gefahr. Die metert..,. Torfmassen und die dicke Schicht von Walderde geben Ä dem Feuer fortgesetzt noch reichliche Nahrung, so daß « ein vollständiges Erlöschen des Brande» vorläufig noch nie, zu denken ist. Man nimmt an, datz ausgeworfene Funk!, der Werfslokomotwe der nahen Kohlengrube da» FeH verursacht haben. ..... , H Scherz und Ernst Folgenschwere Aetherexplosion. Sonntag nacht, E In der brennenden Frage der Kriegsziele ist t erfreulicherweise der Fall. Wer das bezweifelt, mH ja dem Reichskanzler zutrauen, daß er aller W ein Märchen auftische, auf die Gefahr hin, daß morgen durch eine wörtliche oder tatsächliche Fl stellung der Wahrheit Lügen gestraft werde. Wenn er unter den gegenwärtigen Umstänm von der Uebereinstimmung in den Kriegsziclen spriq so hat das eine sehr aktuelle Bedeutung. Es Han« sich jetzt nicht um graue Theorien oder eine entfern Zukunft, sondern um praktische Aufgaben st Tages. Die brennendste Frage ist ja die: Künw und sollen wir den Russen ein besonderes Er gegenkommen in Aussicht stellen? Tas ist doch wahrst keine Angelegenheit, die den Reichskanzler allein « ginge und der Heeresleitung gleichgültig wäre. < handelt sich da nicht bloß um wirtschaftliche ob diplomatische Fragen, sondern auch um unsere mil tärische Sicherung im Osten. Täbek HÄ' die Oberste Heeresleitung ein gewichtiges Wort, ja entscheidende Wort mitzusprechen. Selbstversst lich konnte der Reichskanzler mit seiner Taktik ge über Rußland und überhaupt mit der unt schiedlichen Behandlung der verschiedenen Fe nicht eher hervortreten, ehe er die Zusttnnr aller Instanzen gefunden hatte. Auch die Alst mung der Verbündeten, denn die Sache ber Oesterreich mindestens ebenso, wie uns, und zieht wegen der Rückwirkung auf dem Ballan die Bulg und die Türken ins Spiel. So haben wir also die Uebereinstimmung, die hi brauchen. Warum wM - - " Wert bezweifel» Allgemeine Kriegsnachrichtei Rußlands WahlrechtsPlL-s. Tie Kopenhagener „Politiken" meldet ans tersburg: In Regierungskreisen herrscht die Aw daß die verfassunggebende Nationalversammlung testens am 1. Oktober wird zusammentreten kön Tie Vorbereitungen sind bereits in vollem Gange ri werden von einem Ausschuß geleitet, der von k Regierung ernannt worden ist und in dem alle Pc teien vertreten sind. Das aktive «nd Pas s i> Wahlrecht erhalten alle Bürger über 20 JahH Ties gilt auch für die Familie Romanow, doch wer! diejenigen Mitglieder des gestürzten Kaiserhauses, zurzeit gefangen gehalten werden, nur das akti aber nicht das passive Wahlrecht erhalten. Es wäre doch so schön gewesen, den abgef ten Zaren etwa als Präsident der Fretheitsdmna w derzusehenl! Es gibt «och Richter — sogar in England. Tas Mitglied des Unterhauses Booch wurde einer hohen Entschädigung an einen naturalifie ten Deutschen namens Gruban verurteilt, t Booch durch betrügerische Erweckung falscher Borst lungen aus seinem Geschäft gedrängt hatte. Hier! spielten Drohung mit Internierung und Versprechu gen Booths, seinen politischen Einfluß bei Lkw George und dem Munitionsminister zur Geltung . bringen, eine Rolle. Uncle Sam znm Gruße. Reuter meldet aus Washington: Amtlich W bekanntgegeben, daß 2600 Seesoldaten die erste amü kantsche Division nach Frankreich begleiten werdH Jene Division wird dem Befehle des Generals W sching unterstehen und sobald wie möglich nach Fran reich gehen. Es werden auch baldmöglichst die nch angeworbenen Genieregimenter nach Frankreich a gehen. Unsere Helden bei Arras und an der Aisne wn den diese neuen Söldlinge Englands mit besonderes Interesse begrüßen! ? > * " Das mittelamerikanische RepubliUeln Nicaragua k die Beziehungen zu Deutschland abgebrochen. " Der Streik der Munitionsarbeiter in England ist ) einer Besprechung beim Premierminister Llohd George b gelegt worden. i