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Export möglichst zu vergrössern, als das beste Mittel zur Verhütung einer Ueberproduction bezeichnen. Die ersten Be dingungen hierfür lauten aber, „billig und gut“ liefern, und hieraus erwächst die Nothwendigkeit für die Fabriken, in allen Einrichtungen auf der Höhe der Zeit zu bleiben und sich alle Fortschritte und Verbesserungen nach Möglichkeit zu Nutze zu machen. Wenn daher die Entwicklungsge schichte der Eisenindustrie der letzten Jahre er- giebt, dass neben der enormen Vergrösserung der Productionsfähigkeit die Verminderung der Ge stehungskosten und die Verbesserung der Qualität gleichen Schritt gehalten haben, so kann ihr ge rechter Weise der Vorwurf, die erstere in unzu rechtfertigender Weise betrieben zu haben, nicht gemacht werden, im Gegentheil würde ja eine Beschränkung der Entwicklung in einer dieser Richtungen die Concurrenzfähigkeit auf dem Welt märkte beeinträchtigt haben, dessen Aussichten für die Zukunft die Aufmerksamkeit aller Freunde der Eisenindustrie lebhaft in Anspruch nehmen. Wie der Stand des Preises des Roheisens im Allgemeinen das Barometer für das Eisengeschäft abgibt, so lässt sich nach dessen Production auch am besten die Entwicklung der Leistungsfähig keit der Gesammt-Eisenindustrie beurtheilen, und ist diese aus nachstehender Zusammenstellung ersichtlich: J ahre Betrag der Vermehrung. Tonnen. 1869 Tonnen. 1880 Tonnen. Grossbritannien . 5 445 757 7721833 2276076 Verein. Staaten . 1916 641 4295414 2378773 Deutschland . . . 1180 579 1950000 769421 Frankreich.... 1018 899 1733102 714203 Belgien 534319 610000 75681 Sa. . . 10 096 195 16310349 6214154 In dem Zeiträume, in welchem eine so riesige Productionsvermehrung erzielt worden ist, ist an der Verminderung der Selbstkosten mit gleichem Erfolge gearbeitet worden, wie daraus hervorgeht, dass der Kohlenverbrauch für die Herstellung der Stahlschienen heute nur noch etwa die Hälfte des jenigen Quantums beträgt, welches vor dieser Zeit für ein gleiches Gewicht von Eisenschienen auf gewendet werden musste, während der Verkaufs preis noch mehr gesunken ist, ohne dass hier durch eine Entmuthigung in der Eisenindustrie eingetreten wäre. Der Kampf um das Dasein ist allerdings in Folge dessen auf dem Weltmärkte ein sehr er bitterter geworden, und wenngleich die Lage der heimischen Eisenindustrie in den letzten Jahren eine Verbesserung aufzuweisen hat, so liegt doch in dem Umstande ein Grund zur Beunruhigung, dass die kräftigsten Anstösse zur allgemeinen Hebung des Eiseilgeschäftes im vorigen Jahre durch die Nachfrage eines Landes erfolgten, dessen Productionsfähigkeit das grösste Wachsthum auf weist. Diesem gegenüber ist die bald zu er reichende Deckung selbst eines so enormen Be darfes wie der von Amerika äusser Zweifel gestellt, und mit derselben Gewissheit steht die energische Goncurrenz dieses Landes nach auswärts zu er warten.* In den beiden Ländern England und Amerika, deren Productionsvermehrung zusammen 8/4 der Gesammten beträgt, ist auch die regste Betheili gung an den Fortschritten und Neuerungen auf dem Gebiete des Eisenhüttenfaches zu erkennen. Wenn dagegen unsere heimische Industrie sich nur mit 1/9 an der so oft als verwerflich bezeich neten Productionssteigerung betheiligt hat, so ver dient das Bestreben der Einführung aller Neuerungen und des Ausbaues der vorhandenen Einrichtungen, durch welches dieselbe sich jetzt in hervorragen der Weise auszeichnet, um so mehr Anerken- nung, da hierin ja der einzig mögliche Weg zur Erhaltung der Lebensfähigkeit und zur Erzielung eines gesunden Exportes liegt, der gegenüber dem jenigen Englands immer noch als bescheiden be zeichnet werden kann. Es wird der „alten Welt“ sehr schwer wer den, sich gegen die Ueberschwemmung durch die Producte der Landwirthschaft Amerikas erfolgreich zu wehren. Dagegen liegt gerade in der Bevor zugung auf diesem Gebiete für letzteres Land das grösste Hemmniss für eine dem colossalen Reich thum an Erzen und Kohlen entsprechende Entwicklung der Eisenindustrie, denn thatsächlich wenden die besten Arbeitskräfte sich mit Vorliebe der Land wirthschaft zu, und je mehr diese sich ausdehnt, desto mehr wird der Eisenindustrie die Bildung eines guten Arbeiterstammes erschwert, wie sol cher noch in Deutschland vorhanden ist. Der zur Unterhaltung eines gesunden Verkehrs er forderliche Austausch wird daher durch die Ent wicklung und Beförderung unserer Eisenindustrie ermöglicht, und die Aussichten, Amerika erfolgreich an der Beiheiligung am Eisenexport zu hindern, werden dadurch vermehrt. Die Blicke Englands, welches am meisten auf den Export angewiesen ist, wenden sieb angesichts der Gewissheit, den Bedarf Nord - Amerikas bald *An merk. Die Eisenproduction der Ver. Staaten von Nord-Amerika im Jahre 1880 beträgt nach der Schätzung von J. M. Schwank an Roheisen 3 300 000 t gegen 2 741 843 l in 1879; dazu der Import mit etwa 700 000 l ergibt einen Gesammt- verbrauch von ca. 4 000 000 t. Die Schienen- production wird auf 1 200 000 t geschätzt, unter welchen 775 000 t Stahlschienen, gegen 610 682 t Stahlschienen im Jahre 1879. Mit Zurechnung der eingeführten etwa 275 000 t würde sich der Gesammt-Schienenverbrauch auf 1475 000 t be- ziffern.