Volltext Seite (XML)
October 1881. STAHL UND EISEN.“ Nr. 4. 153 nach dem mit dem 1. April er. eingeführten er mässigten Tarife jetzt stellen, und wie sie sich stellen würden, wenn die für holländische Erz- * transporte eingeführten ermässigten Tarife auch auf Minette-Transporte Anwendung fänden. Hieraus ergibt sich eine Frachtdifferenz von rot. 41/2 •16 pro 10 Tonnen für die Strecke Hayingen-Mülheim a. d. Ruhr zu Ungunsten der Minette-Transporte, und es steht hiernach fest, dass inländische Erze von geringerem Werthe auf längeren Trans portrouten nicht so billig pro Tonnenkilometer verfrachtet werden, als es für ausländische Erze von höherem Werthe auf kürzeren Transportrouten pro Tonnenkilometer thatsächlich geschieht. Ob und in welchem Verhältnisse die höhere Fracht den Reichseisenbahnen oder den preussischen Staatsbahnen zufällt, wollen wir mit Rücksicht auf die Angabe im Ministerialerlass vom 22. August er., dass für letztere Bahnen die im rheinisch-westfälischen Verkehr allgemein üblichen Einheitssätze zu Grunde gelegt seien, in unserer nächsten Nummer näher untersuchen. Indess auf diese Differenz kommt es weniger an, als auf die Erwirkung eines Frachtsatzes, der die Massenverwendung der Minette im westfälischen Hochofenbetrieb möglich macht. Wir freuen uns, dass der Herr Minister dieser wichtigen wirth- schaftlichen Frage näher getreten ist, und wir geben uns der Hoffnung hin, dass sowohl das Interesse der Eisenbahnen als auch der Indu striellen alle betheiligten Factoren zur nach haltigen Wirksamkeit anspornen wird, damit ein allen Verhältnissen Rechnung tragendes Resultat in einer Angelegenheit erzielt wird, die auf staatsökonomischem und industriellem Gebiete eine vieles Andere überragende Bedeutung in sich birgt. Den 25. September 1881. Zs. Wirthschafts-politische Uebersicht. Zu den wichtigsten Factoren, welche die wirth- schaftlichen Verhältnisse eines Volkes beeinflussen, gehört die Lage der Staatsfinanzen und die Art und Weise, in welcher die Bedürfnisse des Staa tes gedeckt werden. Unbefriedigende Finanzlage und unrationelle Steuersysteme haben noch stets ungünstig auf die Wirthschaft der Einzelnen im Volke eingewirkt; es haben daher Fragen, welche Bezug auf die Gestaltung des Staatshaushaltes und die Art der Besteuerung haben, wenn auch die hieraus entstehenden Kämpfe in der Haupt sache auf politischem Gebiete ausgefochten wer den, ein hervorragendes wirthschaftliches Interesse. Dieses Interesse wird durch die Vorgänge in unserm Vaterlande ganz besonders wachgerufen, daher mag es gerechtfertigt erscheinen, wirth- schaftliehe Betrachtungen auch auf diejenigen Be strebungen zu lenken, welche auf die Umgestal tung der Besteuerung und des Staatshaushaltes im Deutschen Reiche gerichtet sind. Unter den bedeutungsvollen Reden des Reichs kanzlers Fürsten Bismarck haben wenige grösseres Aufsehen hervorgerufen, als diejenige, welche er am 22. November 1875 im Reichstage gehalten hat. Der Kanzler entwickelte in derselben seine IV. II. Gedanken über die Nothwendigkeit der Steuer reform und die Art der Besteuerung im Reiche. In Bezug auf die letztere sagte er: „Ich glaube, dass ich die Pflicht habe, meine Meinung darüber darzulegen, und dass ich vielleicht Manches Ueberzeugung anstosse, wenn ich mich von Hause aus wesentlich für Auf bringung aller Mittel nach Möglichkeit durch indirecte Steuern erkläre und die directen Steuern für einen harten und plumpen Nothbehelf nach Aehnlichkeit der Matri kularbeiträge halte . . Nachdem der Kanzler der Einkommensteuer als directer Steuer in gewissen Grenzen Berech tigung zuerkannt halte, sagte er weiter: „Im Uebrigen aber ist das Ideal, nach dem ich strebe, möglichst ausschliesslich durch indirecte Steuern den Staatsbedarf aufzubringen.“ Der Kanzler hatte Recht, mit diesen Aeusse- rungen hatte er sich nicht nur in Gegensatz zu der Ueberzeugung Mancher gebracht, sondern er hatte mit der Befürwortung indirecter Steuern gegen eine Lehre verstossen, welche, wie die Lehre vom bedingungslosen Freihandel, fast zum Dogma erhoben war. Wer erinnert sich nicht der mitleidsvollen Ueberlegenheit, mit welcher die 3