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28 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Juli 1881. Abrundung der Proben möchte ich noch bemerken, dass dieselbe für die Biege- resp. Knickproben äusserst wichtig ist, denn das Eisen wird bei diesen Proben gerade an den Kanten mehr in Anspruch genommen als an den anderen Stellen. Bei Knickproben leidet das Eisen nicht ganz so viel, da es dem Hammer mehr Widerstand leistet. Damit das Eisen nicht so leicht reisst, musste man die Bedingung machen, dass das Probestück abgerundet wird. Das ist uns gelehrt worden von den Herren Holländern, die haben das immer zugelassen und lassen es heute noch zu. Vorsitzender: Hat einer der Herren noch eine Anfrage zu stellen? Herr Piedbotuf: Auffallend ist es mir, dass bei den Laschen weniger verlangt wird als bei Schwellen, die Bogen sind bei Laschen überall geringer angenommen als bei Schwellen. Vorsitzender: Ich glaube, Sie irren sich; es ist zuerst von der absoluten Festigkeit und später von dem Biegewinkel die Rede. Herr Vahlkampf: Ich wüsste nicht, was für ein Unterschied sein sollte zwischen der Qualität einer Lasche und derjenigen einer Schwelle. Vorsitzender: Hat sonst noch Jemand eine Bemerkung zu machen? Es ist dies nicht der Fall, und ich bitte Herrn Schuchart, uns noch das Referat über Bleche vorzutragen. Ich habe die Absicht, dieses Capitel noch zu Ende zu führen, und würden wir dann morgen bei dem Constructions- material wieder anfangen. Herr Schuchart: M. H., ich erlaube mir, einige Bemerkungen vorauszuschicken. Die Commission zur Classification der Kesselbleche, bestehend aus den Herren Jüttner, Thometzeck und Schiwig in Oberschlesien und Otto, Lebacqz, Knaudt, Rasche und mir aus Rheinland und Westfalen, beschäftigte sich zunächst damit, eine Zusammenstellung von allen denjenigen Vorschriften zu machen, welche für die Classification der Kesselbleche von den Behörden bisher gegeben worden sind. Es ergab sich, dass für Kessel meist nur 2, höchstens 3 verschiedene Sorten Bleche verlangt werden, und daher beschloss denn die Commission es ebenfalls bei der Classification von 3 Sorten zu lassen. Die bisher für diese 3 Sorten meist gebrauchten Benennungen von Lowmoor (LM), Holzkohlen- qualität (HK) und Feinkorn (Fk) erachtet die Commission indessen für unpassend und schädlich, weil sie den Eigenschaften der betreffenden Blechsorten durchaus nicht entsprechen. Was zunächst die Bezeichnung LM betrifft, so muss bemerkt werden, dass die echten eng lischen LM-Bleche in Folge ihrer Herstellungsweise von den deutschen ganz verschieden sind. Das für sie verwandte Roheisen, welches mit Cokes erblasen wird, ist grau und wird dann im Feinfeuer ebenfalls mit Cokes gefeint, wodurch es in Folge des Verlustes von C und Si so schnell gaarend wird, dass in den sehr kleinen Puddelöfen wenigstens 9 Chargen pro Schicht gemacht werden. Die Puddelöfen haben weder Wasserkühlung noch Kessel und man behauptet, diese Einrichtung sei von grossem Einfluss auf die Güte der Producte, wie Versuche ergeben hätten. Die Puddelluppen werden nicht lang gezogen, sondern nur zu Kuchen von 40 — 50 mm Dieke ausgeschmiedet und nach dem Erkalten mittelst Dampfhämmern in halbhandgrosse Stücke geschlagen, die dann nach dem Bruche sorgfältig für verschiedene Zwecke sortirt werden. Der für Bleche passend erachtete Theil wird zunächst in Partieen von je ca. 100 kg zusammengeschweisst, und darauf werden nach und nach je 2 zusammengelegt, bis die erforderliche schwere Bramme erreicht ist. Mit unserm deutschen Verfahren hat das englische sehr wenig Aehnlichkeit, und die Commission ist der Ansicht, dass das letztere in Bezug auf Vermeidung von Blasen und was die Erreichung gleichmässiger Festigkeit anbetrifft, dem deutschen Verfahren nachstehe, dass unsere deutschen LM-Bleche mindestens ebenso gut seien als die englischen und wir uns also nicht scheuen sollten, unser Fabricat unter eigenem Namen auf den Markt zu bringen. Die Benennung HK der 2. Sorte soll offenbar andeuten , dass dieselbe mittelst Holzkohlen hergestellt worden sei. Da jedoch die beste Blechsorte, wie ich eben hervorgehoben habe, nicht einmal mit Holzkohlen fabricirt wird, so ist dies bei dieser 2. Sorte ebenfalls nicht der Fall. Die Benennung Holzkohlen-Qualität ist daher unrichtig und gibt zu vielen Weitläufigkeiten und Irrthümern Veranlassung. Wenn Feinkornbleche verlangt werden, sollte man glauben, dass Bleche mit feinkörnigem Bruche gemeint sind. Würde man solche liefern, so würden sie, weil sie zu stahlartig wären, für Kesselzwecke unbrauchbar sein, und daher erhalten denn auch die sogenannten Feinkornbleche allgemein eine sehnige Textur. Ungeachtet diese Bezeichnungen also durchweg jetzt sehr unpassend sind, haben sie sich im Handel derartig eingenistet, dass die Commission glaubt, eine Streichung nicht ohne weiteres decre- tiren zu dürfen, sie betont nur nochmals ihre Mangelhaftigkeit und empfiehlt, neben ihnen noch Nummern und die hauptsächlichen Verwendungszwecke anzugeben. Die Classification dieser 3 Blechsorten erfolgt allgemein durch Zerreiss- und Biegungsversuche. Die Anzahl der Versuche, welche bei der Abnahme der Bleche stattfinden, ist meist verhältniss-