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Juli 1881. „STAHL UNI) EISEN.“ Nr. 1. 11 ist ja bei allen Proben erforderlich, dass sie mit Beachitung aller Umstände angestellt werden müssen, die auf das Resultat einwirken. Bei den Schlagproben kann dies bei einiger Sorgfalt leicht geschehen, dagegen gibt es bei den Zerreissproben Momente, die sich unserer Beurtheilung heute noch vollständig entziehen und das ist eben der Grund, weshalb wir mit diesen Proben noch nicht weiter gediehen sind, wie es zur Zeit der Fall ist. Als Controlprobe und um die Möglichkeit einer ferneren Entwicklung der Zerreiss proben auch für diese Fabricate zu bieten, sollen indessen auch hier Zerreissproben Platz linden. Die Commission glaubt aber hierfür die Verwerfung der bisher dabei massgebend gewesenen Contraction und dafür die Einführung der Dehnung dringend empfehlen zu sollen. Abgesehen von der Schwierigkeit, welche die genaue Abmessung der stattgehabten Contraction bietet, ist die Bildung derselben von mancherlei Zufälligkeiten abhängig, welche mit der Qualität des geprüften Materials in keinerlei Beziehungen steht. Wenn schon zugegeben werden muss, dass auch die Dehnung durch derartige äussere Umstände beeinflusst werden kann, so lehrt doch die Erfahrung, dass dieser Einfluss bei der Contraction in weit höherem Masse beobachtet worden ist. Um Ihnen an einem Beispiele zu zeigen, was alles bei den Zerreissproben zu beobachten ist, habe ich einige Probestäbe mitgebracht, deren Geschichte ich Ihnen kurz erzählen will. Ich kam vor einiger Zeit zu einer befreundeten Bahnverwaltung, welcher wir Bandagen geliefert hatten, und theilte mir der Vertreter der Bahn bei der Gelegenheit Folgendes mit: Bei Anstellung von Proben mit unseren Bandagen war, wie üblich, ein Stück für die Zerreissprobe herausgeschnitten und mit Stempel und Datum versehen. Später hatte man diesen Stempel wieder weggearbeitet, weil derselbe an einer Stelle eingeschlagen war, an welcher das Stück für die Zerreissprobe glatt bearbeitet werden musste. Der betreffende Arbeiter wird darauf beauftragt, die Zerreissprobe auszuführen, und bemerkt, mit dieser Arbeit beschäftigt, zu seinem Schrecken, dass der von ihm selbst vorher beseitigte Stempel beim Langziehen der Probe wieder zum Vorschein kommt. — Er meldet diesen Vorfall seinem Vorgesetzten mit dem Bemerken, dass so etwas nicht mit rechten Dingen zugehen könne. Die darauf angestellte Untersuchung zeigte, dass der Stempel nicht vertieft, wie er ein geschlagen war, sondern erhaben auf dein Probestücke zu sehen war. Weitere in derselben Weise angestellte Versuche ergaben, dass dieselbe Erscheinung regelmässig wiederkehrte und dass mehrere Millimeter von dem Stücke heruntergearbeitet werden konnten, ohne die Deutlichkeit der Erscheinung zu beeinträchtigen. Offenbar ist durch das Einschlagen des Stempels das Material im Innern des Stückes an den betreffenden Stellen verdichtet und hat der auseinander ziehenden Wirkung der Zerreissmaschine an diesen Stellen mehr Widerstand entgegengesetzt wie die umliegenden, nicht auf solche Weise verdichteten Materialtheile. — (Die Stücke werden vom Redner vorgezeigt.) Die vorhin ausgesprochene Ansicht der Commission über den Werth der Dehnung gegenüber der Contraction bei den Zerreissproben wird, wie es scheint, bei den Eisenbahntechnikern eine gute Aufnahme nicht finden. Wenigstens spricht Herr Prof. Bauschinger in dein mehrerwähnten Vortrage seine abweichende Ansicht hierüber klar aus. Auf Seite 4 des Berichts über diesen Vortrag heisst es: „Äusser der Ermittelung der Zug festigkeit wurde auch die Zähigkeit in das Programm aufgenommen, denn gerade bei Eisen und Stahl handelt es sich häufig in erster Linie nicht bloss um die Festigkeit, sondern auch um die Zähigkeit des Materials. Aber leider ist es schwer, diesem Begriff der Zähigkeit mit Zahlen näher zutreten, d. h. Versuche anzustellen, deren Resultate in Zahlen ein Mass für die Zähigkeit ergeben. Man kann nur sagen, dass die verschiedenen angewandten Versuchsmelhoden von der einen oder andern Seite dieser Eigenschaft nähertreten. In der Subcommission setzte sich allgemein die Ansicht fest, dass die Querschnittsverminderung, welche nach den: Bruch eintritt, der Eigenschaft der Zähigkeit noch am nächsten komme, und wurde deshalb die Messung des Bruchquerschnitts in das Versuchsprogramm und die Querschnittsverminderung in die Classification mit aufgenommen. Von anderer Seite wurde dagegen eingeworfen, dass die Längenausdehnung statt der Querschnittsverminderung als Mass der Zähigkeit hätte genommen werden sollen; aber nach einiger Ueberlegung werden Sie sich leicht überzeugen, dass die Verlängerung eines Stabes beim Zug eine andere Eigenschaft des Materials deutlicher zum Ausdruck bringt, wodurch der Einfluss der Zähigkeit etwas verdeckt wird. Es kommt offenbar bei dieser Streckung bis zum Bruch hauptsächlich auf die Gleichförmigkeit des Materials an. Je gleichförmiger dasselbe ist, desto mehr streckt es sich, bis endlich der Bruch eintritt, während die Einschnürung an der Bruchstelle offenbar viel mehr von der Zähigkeit abhängt. Nun ist freilich nicht zu leugnen, dass die Gleichförmigkeit eines Materials eine sehr werthvolle und sehr wesentliche Eigenschaft desselben ist. Deshalb wurde bei den späteren Versuchen, etwa bei drei Viertheilen aller der, mit jenen 1100 Probestücken angestellten,