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IS. Jahrgang Sonnabend, äen s. April 1924 Nr. S2 /luer Tageblatt ME Mnzmger für Sas erzgebirge ZE L«g^<ao ft««»«—V. Ettthaiteatz ök eaMchMS»ka«tt»ach»,g«O »« Rate« ü« «ach« »ach -e» MmttgWlchi» Dae. p.stM«e.e»«», ft«u «Uerw Nr. «I, gusammensassung äer Arafte oäer UatasttophenpolMK. Bon Dr. EL!» M. d. R. VW am 8. Februar der RetchSprästdent aufAntras der RcichSregierung -en Reichstag Auflöste, verbreitete sich der Reichskanzler vor der Bekanntgabe der Auf- Wungsverfügung tn einer ziemlich ausführlichen Be- aründung dieser Maßnahme. Es Hätte ein Satz! zur Be gründung genügt r „der Reichstag erweist, sich zu-einer festen MchrheitSbtldung.und damit zu positiver Arbeit nicht mehr als fähig,". Der Rechtfertigung.der Aus- Wmv hätte tn kurzen, markanten Sätzen das Programm folgen müssen, unter dem die Regierung an das DM appellierte und in den Wahlkampf zu gehen bereit war. Las damals Versäumte sucht setzt die NeichSregterung ausgiebig nachzuholen. Die Reden, die der Reichskanz. ler. .der Außenminister, der Innenminister .und der Wirtschaftsminister tn letzter Zett gehalten haben, stellen sich, /als einen von Seiten der Regierung unternomme ne« Versuch dar, der Wahlbewegung. Ziel und Richtung zu geben. Im Staate mit parlamentarischer Regie- ' rungsfvrm wird man an sich ein solches Verfahren für richtig.halten müssen,, wenn schon zum Beistziel in der französischen Republik den aktiven Ministern im Wahl kampf Pie wettaehendsten Beschränkungen gesetzlich auf erlegt sind. Zn dem. was die deutschen Reichsminister ty ihren Reden auSgeführt haben, ist mancher ausge zeichnete politische Gedanke verkörpert, aber -der Temps hat doch bis zu einem gewissen Grade Recht, wenn er vor allem von der Rede StresemannS behauptet, daß tn ihr der Parteimann stärker zum Ausdruck komme als de» Staatsmann. Die Bedeutung.und Wirkung ^der Stresemannschen Rede tn Hannover braucht durch diesen . Einschlag wicht notgedrungen abgeschwächt zu werden. Bedenklicher ist es schon, .wenn die Begleitmusik, die zu, einer Ministerrede von der politischen Gefolgschaft des Ministers angestimmt wird, .sich eines anderen Noten- systernS bedient. „Wir müssen «ns zu diesem Staate bekennen, wie er ist," st» hat man es tn der letzte« Zeit wiederholt aus dem Dlunde StresemannS gehört; das ist ein klarer und staatskluaer Satz. Aber in dem Wahl aufruf, den die Bottspartei in Hannover tn Anschluß an die Rede StresemannS sestgelegt hat. da kämpft die Partei des republikanischen Außenminister» «unter den alten Farben schwarz-weiß-rot" und hofft aus «tn „deutsches VolkSkaisertum". Man kann bet weitherzig» ster Auslegung der Worte nicht sagen, Paß dies alS ein Bekenntnis ,M einem Staate, wie er ist" gewürdigt werden kann. Welche von beiden Tendenzen soll nun gelten? Hüten wir unS. .in diesem Wahlkampf die klare Linie zu verlieren oder auS dartettäktischen Gründen stimmungsmäßige Konzessionen auf Kosten der großen! staatspolttischen Notwendigkeiten zu machen. Wenn le,! st» ist es jetzt geboten, die Wahlbewegung als politischen AufklärungAdienst am deutschen Botte zu betrachten. Da» deutsch« Volk ist auch heute noch st» wenig r«alpolitisch und st» stark wunfch politisch eingestellt daß.immer noch in weiten Kreisen di« Plumpeste Irre führung,und Gchaumschlägeret Erfolg hat. Es steht aber jetzt so unendlich viel für UNS auf dem Spiele, daß ver antwortungsbewußte .Politiker ihr Bestes und Letzte» ein setzen müssen Für den Kampf und das Ringen um die Seele und den Verstand d«S deutschen Botte». Nur schwer und mühsam freilich wird ein Erfolg zu erringen sein; die Grenzen der politischen Einsicht de» Deutschen sind im allgemeinen st» eng wie die der Kleinstaaten, in de nen er jahrhundertelang seinen politischen Anschau ungsunterricht genossen hat, und die politische Urteils bildung »ist st» zerfahren, wie da» deutsche Parteiwesen, tn dem wir bei der jetzigen Wahl nun glücklich bet einem Sortiment von 29 Parteien angelangt sind. Der Ginn und der Blick für di« großen Zusammenhänge sind etn- aeengt und Lsstrübt, .aber doch ist eben Deutschland» Exi stenz al» Staat. Bott und Wirtschaftskörper nach dem verlorenen Kriege viel stärker als! früher yutzenpoltttsch bedingt. Die täglich sich verstärkende Wahlbewegung darf.nicht dazu führen. Pt« außenpolitischen Vorgänge au» dem Auge zu verlieren. Wir müssen pn» klar dar über bleiben Ha- der Ausfall der Reichstag-Wahlen von ausschlaggebender Bedeutung auf ^außenpolitischem Ge biete sein wird. Die kommenden Wochen und Monat« werden die Entscheidung darüber bringen, ob un» «ine erträgliche Regelung der Reparationen und ein Moratorium ge währt »verden wird oder nicht. Der Wille der bekannten Sachverständigenausschüsfe geht zwetfello» dahin, un» beide» zuzugestehen. Aber der Weg vom Willen zur Tat führt über die ReparationKkvprmisston und über Frank, reich!, .und dort wird b«i den enhgütttgen Entschließun gen ein« ausschlaggebend« Roll« di« politisch« Gesamt- «inftelluu, dh» deutsch«» Rolle» spiele»^ wie sie in den Reichstag-Wahlen ihr Spiegelbild finden wird. Kann Wittlich ein Deutscher so einfältig! sein, zu verkennen, haß eine radikale nationalistische Entwicklung Hn Deutschland die beste Hilfe Mr den französischen Imperialismus be deuten müßte? Die itztzigs Neubildung per französischen Regierung gibt einen Vorgeschmack hiervon, .denn diese Regierung ist ihrerseits bereits eine Konzentration de» PotnoarismuS. Nach dem entsprechenden.Ausfall der deutschen Wahlen würde eine Potenzierung, im französi schen Parlament und in der französischen Regierung fol gen. und der britische Minister Wedgewoov würde mit seiner Befürchtung.Recht behalten, daß eine Rechtsradi- kaltsierung der deutschen Politik eine katastrophale Ver schlechterung der politischen Lage Europas nach, stck ziehen würde. ES klingt ja schön und stolz, wenn man tn einer Volksversammlung g»der in einer zur politischen Schaubühne entarteten Gerichtsverhandlung, in, den Saal schmettert: „wir werden die schwarz-weiß-rvten Fahnen siegreich über den Rhein tragen," aber der wirklichen Befreiung-on Rhein und Ruhr bient man mit solchen Deklamationen nicht, .auch nicht der Festigung.unserer innerpolitischen Zustände. Da traf schon der General von Seeckt in seinem Befehl vom 4. November .1923 das Richtigere: „in harter, .nüchterner Arbeit aus p.em Boden von Gesetz und Verfassung besteht die einzige Möglichkeit zum Wetterleben". Die Grundfrage bet den Reichstagswahlen ist für den deutschen Wähler diesmal so klar und einfach wie selten gestellt: will das deutsche Volk in harter, zäher Arbeit eine Entlastung Hon dem von außen her auf.ihm ruhenden Truck und einen organischen Wiederaufbau im Innern, oder will es eine Katastrophenpolitik. Wer das letztere Witt., der soll in das Lager gehen, in dem man ohne Waffen, phne Geld, ohne Bundesgenossen mit dem Liede „Siegreich woll'n wir Frankreich schlagen" glaubt, das deutsche Problem al» Weltproblem lösen zu können..oder tn da» andere Lager, tn dem der Irrwahn solche Orgien feiert, daß unter dem Sowjetstern dem deutschen Volke Heil widerfahren könnte. Ein Meer von Blut und Tränen wird auf.beiden Seiten das Ende sein. Soll'» noch nicht genug.sein des Elends und Jam mers .das über uns hereinaebrvchen ist? Gehört wirk lich mehr als ein Mindestmaß von politischem Intellekt dazu, um zu erkennen, daß wir nur durch Lahre rüh-t- ger Entwicklung, durch eine Konzentration unserer Kräfte zu einer Wiedererlangung unserer nationalen und wirt schaftlichen LebensmMichkeit gelangen können! Unser ganzes politisches Denken und Handeln muß dienstbar ge macht werden der einen grossen realpolittschen Notwen digkeit der Festigung von Staat und Wirtschaft. Natio nalistische Phrasen sind hierfür ein ebenso wenig.ge eignetes Mittel wie der politische Radikalismus, wie das Hereinbringen aller möglichen fernliegenden und neben sächlichen Probleme in die politische Fragestellung. Es seht um die Lebensfrage des deutschen Volke« schlechthin. Elberfeld besetzt 1 Nach Meldung de« „Ryetnisch-Westfältschen Ltg." au» Elberfeld, .sind französische Truppen im Norden der Stadt auf Elberfelder Gebiet vovgedrunaen. Sie haben eine Reihe von auf Elberfelder Gebiet gelegenen Häusern tn da» besetzte Gebiet einbezogen. Nach dem Waffensttllstandsvertrag und Versailler Vertrag ^gehört das Elberfelder Gebiet zu der dem von den Engländern besetzten Brückenkopf. Köln vorgelager ten neutralen Zone und darf daher von den Franzosen nicht besetzt werden. Ungeachtet dieser Bestimmungen umgingen die Franzosen zu Beginn der Ruhrbesetzung die Stadt und zogen im Westen von Barmen, der Schwe sterstadt Elberfelds, .eine Nvrdsüdltnte Hattingen—Lan- genberg—Vohwinkel—Kronenberg, griffen aber außer dem nach Nordosten auf die Bahnhöfe Hensteh und Vor halle bei Hagen über, so daß Elberfeld Praktisch seit Za. nuar 192g von allen Setten eingeschlosse^. war. Im Frühsommer 1923 drangen die Franzosen von Voh winkel schon einmal tn die Stadt vor, um die Reichs bank au-zurauben ^verschwanden aber noch am selben Lage unter Mitnahme zahlreicher Geiseln. Der neue Vorstoß von gestern, der kaum anderen al» Raubzwecken dienen kann, mutz entweder von der tzahener Ltordost- Geaend oder von der Nordsüdltnto her erfolgt sein. Verschärfung -es Elfenbahnerstreik». Wie der Deutsch« Etsenbahnerverband mittetlt, ist über den gesamten Stsenbahnbeztrk Groß-Hamburg Pie Sperre verhängt worden. Da« eigenmächtige verlassen der Arbeitsstellen greift Wetter.um sich, Die Streikbe wegung hat inzwischen auch auf Sie Etsenbahnwerkstätten Ohlsdorf über-^rtsfen. Dort wurden 160 Arbeiter we gen Perweigerung der verlängerten ArbettGeit entlast fen. Die RkichMchndirektion tzsfft, »den Betrieb mit Unterstützung der technischen Nottztlfe, die bereit» ein gegriffen hat. ausrechtzuerhalte«. Die Etsenvahnerbewegung.hat auch auf.Freibur« t. Br. übergegrtffen. Die süddeutsche« Eisenbahner schei nen gewillt, eine Berliner Einigung.abzulehuen und auf pollftändiger Erfüllung der gestellten Sarderua- gen zu bestehen. Gestern nachmittag hat der größere Teil der Arbeiter der Betriebswerkstätten! Nürnberg.HauplÄahnhos und Nürnberg-Rangierbahnhof die Arbeit niedergelegt. Die Ar beiter begründen drn Streik mit Lohnforderungen und bezeich. nen ihn außerdem als einen Sympathiestreik für die im Aus stande verharrenden Arbeiter der Station Nürnberg-Rangi r« bahnhof. Die erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhal tung des Betriebes find getroffen. Halbamtliche Londoner Mitteilungen Über die Sachverstänölgrnvorfihläge. Nach tn London eingetraffenen halbamtlich«» Mit teilungen haben stch die Sachverständigen auf folgende» einstimmig angenommenes Programm geeinigt r 1. Die Selbständigkeit der deutschen Regierung tn wirtschaftlichen Fragen muß tn den besetzten Gebiete» wtederhergestellt werden. Die Zollgrenze zwischen du» besetzten und dem unbesetzten Gebiet mutz Aufgehoben werden. Die Eisenbahnen de« Ruhr- und de» Rhein gebiets find wieder der deutschen Leitung zu unterstellen. Alle Maßnahmen, die die Tätigkeit der deutschen Jntfttz strte einengen. .müssen beseitigt werden. Ueber die mi litärische Räumung-es Ruhrgebiets habendi« Sachver ständigen keine Meinung ausgesprochen. 2. Deutschland erhält ein Moratorium auf.vier Jahre. Während dieses Moratorium» müssen die Koh» lenlteferungen fortgesetzt und die Kosten der Besatzung»» truvpen bezahlt werden. Für diese Leistrvnftn kann Deutschland jedoch ein« Anleihe auhre-men, di« au» de» Einnahmen der Eisenbahn sichergestellt wird. Der Wer« der Sachleistungen und di« Zahlungen für di« Besatz zungskosten sollen zusammen auf.etwa eine Milliarde Goldmarkt begrenzt sein. Sollte sich Deutschland« Fi nanzlage außerordentlich schnell bessern, .so. ist an Hand eines betgefügten Wohlstandsindex di« Aufnahme von Barzahlungen in kleinerem Umfange in den letzten hetz den Zähren als Möglichkeit dorgesÄen. 3. Nach Llblauf des vierjährigen Moratoriums zahlt Deutschland jährlich 2,v Milliarden Goldmark an Re parationen. Diese Zahlungen sollen stchergeyellt wer» den durch folgende Einnahmen: 1200 Millionen Gold, mark aus dem Ertrag per Zölle und der Monopol« auf Zucker, Branntwein und Labaks SSO Millionen auD einer Hypothek auf die Retchseisenbahnen; SSO Milli onen aus verschiedenen Hypotheken auf-en industrielle« und landwirtschaftlichen Besitz: annähernd 300 Milli- nen aus einer BerkehrSsteuer. Soweit diese.halbamtliche Mitteilung, Wa» daran wahr ist. wird die nächste Woche zeigen. Außerdem sind da» ja schließlich nur Vorschläge, und niemand wei- vorläufig. .wä« davon durchgeführt werden wird. Englan-s Kritik an -er -rutschen Note. Die „Times" kritisier«« die deutsche Rote scharf,und behaupten. Deutschland habe technisch keinerlei Recht, da» Aufhören der Injektion durch die Kommission zu verlangen. Deutschland sei allerdings so entwaffnet, Po es unmöglich einen modernen Krieg Führen könnte,.aber Frankreich befürchtet nun einmal, .Deutschland -ab« wäh rend des letzten Jahres wieder gerüstet, und kein« Modi fikation de» heutigen System» sei möglich, bevor diese Befürchtung glicht al» unbegründet erwiesen werde. Di« „Times" schließen dann im alten hochmütigen Etilr Jedenfalls hätten nur die Alliierten, nicht Dmttz-laad darüber zu entscheiden, wann die Injektion d« K«mtz Mission aufhören IM«. In diesem veitaufsatz -ört man wohl di« authen tische Stimm« de» yoreign Office, au» der vmgeRom Macdonalds, aber kaum Win« eigen« Mein»»», »Kd WD» nicht die feiner Partei, auf d.«ren Führer, die deutsch« Note tatsächlich einen recht günstigen Eindruck «««acht haben soll. E» heißt, -atz Potncare» letzt« VöNiu Mo, tvagswidrige Erklärung, er werd« wed«r Ruhr «och Rhein räumen, bevor Deutschland nicht -en letzte« Pf«» nia bezahlt habe, selbst Macdonalds unglaublich«» Oh, timi»mu» einen bösen Stotz versetzt«. > -am« über -te Teilnahme -er Netchsregierung an -er Traurrfeier für Vreper. Im Anschluß.an die tn der linksstehenden Press« namentlich im vorwärts" erschienen Angriffe gegen die RetchSregterung w«S«n de« verlaufe» der Drau«» feier für den in französischer Gesan«nschaft verstorütz neu «Mi Dreher.hatte «in vertrete» d« «Lett* «dm