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solchen Definition. M. H., es giebt Dinge, die klar am Tage liegen, die Jedermann kennt, bei denen Jedermann es lächerlich finden würde, wenn man ihm sagt, das kenne ich nicht, das mufs mir erst definirt werden, und doch ist es seit mehreren tausend Jahren nicht möglich ge wesen , eine zutreffende Definition zu geben. Beispielsweise giebt es noch kein Gesetz, wel ches eine wirklich zutreffende Definition vom »Diebstahl« gegeben hätte. Sie mögen ein Ge setz nehmen, welches Sie wollen, im römischen Recht, im deutschen Recht, Sie finden immer eine grofse Anzahl von Fällen, von denen Jeder im einzelnen Falle, wenn er zur Sprache kommt, sich sagt: ja, das kann doch der Gesetzgeber nicht für Diebstahl erklären; oder umgekehrt: das ist doch ein offenbarer Diebstahl, das kann nicht straflos bleiben. Nehmen Sie nur die De finition zur Hand, dann sitzen Sie gleichwohl fest. Da sind Dinge Diebstahl, die Niemand dafür erkennt, und es sind Sachen nicht Dieb stahl, die offenbar Diebstahl sein müssen. Der Gesetzgeber hat es nicht fertig gebracht, eine nach allen Seiten hin erschöpfende Definition zu geben. Das hat schon vor einer langen Reihe von Jahren in dem bekannten corpus jüris zu der Regel geführt, dafs jede Definition im Rechte gefährlich ist. Es handelt sich nämlich bei einer Definition nicht darum, dafs wir uns untereinander darüber einigen, was wir, philo sophisch betrachtet, unter einer Sache verstehen. Das nützt uns gar nichts. Man kann einen höchst fein ausgearbeiteten, wunderschönen Be griff haben, aber darum, dafs der Begriff philo sophisch richtig ist, ist er noch lange nicht praktisch brauchbar. Wer sagt Ihnen denn, wenn Sie einen philosophisch richtigen Begriff einer Erfindung aufgestellt haben, dafs derselbe in der Praxis zu verwenden ist? Und Sie stellen doch den Begriff gerade deswegen auf, um einen praktischen Nutzen davon zu haben! Dabei ist es aber gleichgültig, ob das mit dem philosophischen Begriff in Uebereinstimmung steht oder nicht. Sie wollen bestimmte Regeln haben, wonach Sie sich in der Praxis richten können. Deswegen müssen Sie in diesem Falle meiner Meinung nach dem Standpunkt der fran zösischen Jurisprudenz sich nähern. In Frank reich — und das ist ein grofser Vorzug der französischen Jurisprudenz, obschon es in man cher andern Beziehung auch wieder seine Schattenseiten hat — ist es eine allgemeine Regel, dafs jede Begriffsbestimmung, die der Gesetzgeber aufstellt, gar nichts weiter gilt, als die wissenschaftliche Regel eines Lehrbuchs. In einem französischen Gesetz können irgend welche Begriffsbestimmungen aufgestellt sein, die französische Jurisprudenz hat diesen gegen über den festen Grundsatz, dafs das weiter keine Bedeutung hat, als wenn es in einem Gompen- dium steht. Wenn der französische Gesetzgeber bestimmt, was ist ein Kaufmann, das und das, so erklärt der französische Jurist: ja, das hat der Gesetzgeber freilich gesagt, aber in diesem concreten Fall hat er sich offenbar vergriffen, da machen wir es anders. Diesen Grundsatz würden wir in Deutschland unbegreiflich finden, der Franzose hält ihn aber für nöthig, um nicht in vorschriftsmäfsigem spanischen Stiefel spazieren gehen zu müssen, wie mir einmal ein sehr berühmter Anwalt am Rhein sagte. Neh men wir uns hieraus eine Lehre. Wir thun viel besser, wir quälen uns nicht mit der Be griffsbestimmung über »Erfindung« ab, sondern überlassen die Entwicklung des Begriffs- der Praxis. Dagegen mögen wir uns die Frage vorlegen, nach welchen speciellen Rücksichten wünschen wir positive concrete Vorschriften zu geben? Wir wollen uns an den allgemeinen Begriff halten, aber im einzelnen Falle dem ge sunden Menschenverstände überlassen, festzu stellen, was ist eine Erfindung? Wir wollen dem Richter und dem Patentamt keine Vor schriften hierüber machen. Wenn man den Wunsch hat, nach einzelnen Seiten hin concrete bestimmte Einschränkungen, Erweiterungen oder Vorschriften zu geben, so mag man das thun, nur fragt es sich, ob ein Bedürfnifs dazu her- vorgetreten ist. Wir können nun nicht sagen, dafs sich die Noth Wendigkeit herausgestellt hätte, den Begriff »Erfindung« durch specielle Vor schriften zu ergänzen oder umzugestalten , ihm etwas zuzusetzen oder abzuthun, sondern im grofsen und ganzen glauben wir, wir können es bei der Sache lassen. Auch das, was das Patentamt in seinen Motiven erwähnt hat, dafs es nämlich von der Ansicht ausgeht, es müsse ein gewisses Mafs der technischen Befähigung überschritten sein, um den Charakter einer Er findung auszumachen, kann man billigen oder nicht; man mag es für eine willkürliche An nahme halten oder nicht; wir glauben nicht, augenblicklich durch entgegenstehende oder be stätigende Bestimmungen hier Stellung nehmen zu sollen, sondern wir sagen uns, auch nach dieser Rücksicht mag das Patentgesetz noch eine Zeitlang weiter arbeiten. Die Zeit ist noch zu kurz, um einzugreifen; ein so dringendes Bedürfnifs ist nicht hervorgetreten. Nun kommen wir, zum Anfang zurück kehrend, zu der von Hrn. Langen angeregten Frage. Nach meiner Ansicht gehört allerdings zum Wesen der Patentfähigkeit, zum Wesen der Erfindung als solcher, dafs nicht blofs der Ge danke vorliegt, sondern dafs derselbe auch einen gewissen Körper hat. Wenn ich z. B. den Ge danken fasse, mich in der Luft zu bewegen, also durch leichtere Luft, mit der ich einen Ballon anfülle, herumzuschweben, so ist der Gedanke an sich ja ganz hübsch, aber das ist