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868 Nr. 10. „STAHL UND EISEN.“ October 1890. Auf Hochöfen, Bessemer- und Thomas werken der Kategorie A) Puddel- und Walz werken, Eisengiefsereien und Maschinen fabriken u. s. w. mit Wechselschicht: Nein. In den übrigen Betrieben: J a. c) Die Arbeiter, welche bei den § 105 c Ziffer 2 und 3 bezeichneten Arbeiten. länger als 3 Stunden an Sonn- und Festtagen be schäftigt werden, an jedem dritten Sonntage oder Festtage volle 36 Stunden oder an jedem zweiten Sonntage oder Festtage volle 18 oder 24 Stunden von der Arbeit frei zu lassen? In allen Betrieben mit Wechselschicht: Nein. Das zur rechtzeitigen Wiederaufnahme des Be triebs am Montag zu bewältigende Arbeitsquantum ist ein so verschiedenes, dafs sich bestimmte Regeln nicht aufstellen lassen. Meistens drängen sich zu den Sonntagsarbeiten, welche auf das Minimum einzuschränken, im eigensten Interesse der Werksverwaltungen liegt, mehr Leute als nothwendig sind; zur Vornahme der Reparaturen wird zunächst Vormittags eine halbe Schicht verfahren, zur Anheizung vor Aufnahme des Betriebes gewöhnlich 1/4 Schicht. Als technischer Verein betrachten wir es nicht als unsere Aufgabe auszuführen, wie grofs die wirthschaftlichen Schädigungen, soweit die selben nicht oben ziffermäfsig dargestellt sind, sein werden, falls die jetzt üblichen Betriebs weisen der heimischen Werke der Eisen- und Stahlindustrie auf Grund des Gesetzentwurfs zur Abänderung der Gewerbeordnung modificirt werden sollten; wir wollen jedoch unsere Auf fassung dahin präcisiren, dafs die Lage der von uns vertretenen Industrie keine so günstige ist, als dafs sie den mit den Betriebseinschränkungen, welche die nothwendige Folge des qu. Gesetz entwurfs sind, verbundenen Ausfall der Production, bezw. Vertheuerung derselben ohne schwere Er schütterungen und theilweisen Untergang zu er tragen in der Lage wäre, geschweige denn, dafs sie den Arbeitern, deren Lohnbezüge durch den selben Gesetzentwurf eine in vielen Fällen recht empfindliche Kürzung erleiden würden, einen Ersatz bieten könnte. Um auch einen positiven Vorschlag zu machen, äufsern wir schliefslich unsere Ansicht dahin, dafs wir die von der Königlichen Regierung zu Düsseldorf unter dem 24. Juni 1884 erlassene „Anweisung an die Orts-Polizeibehörden über die Zulassung der Sonntagsarbeit in Fabriken“, welche damals unter Mitwirkung unseres Vereins und der Industrie im allgemeinen aufgestellt worden sind, als die zulässige Grenze des Ein greifens der Staatsgewalt in die in Betracht kommenden Verhältnisse der Gewerbebetriebe ansehen und dafs wir die dort getroffenen Be stimmungen in das neue Gesetz aufzunehmen zu empfehlen uns gestatten.“ In gleichem Sinne hat auf die Fragen die »Nordwestliche Gruppe des Vereins deut scher Eisen- und Stahlindustrieller« ge antwortet, welche in Verbindung mit dem ihr befreundeten »Verein zur Wahrung der ge meinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen« ihrem Gut achten noch die folgenden allgemeinen Ausfüh rungen vorangestellt hat: „Bevor wir zur Beantwortung der uns vor gelegten Fragen im Einzelnen übergeben, mag uns im allgemeinen die Vorbemerkung gestaltet sein, dafs die mehrfachen, im Nachstehenden sowohl gegen die Beschlüsse der Reichstags commission als gegen die Regierungsvorlage, betreffend die Gewerbeordnungsnovelle, erhobenen Bedenken durchaus nicht auf einem principiellen Widerstreben gegen die Erweiterung des Arbeiter schutzes beruhen. Die beiden, ergebenst unter zeichneten Vereine sind vielmehr jederzeit dafür eingetreten, dafs gerechtfertigte und durchführ bare Wünsche des Arbeiters durchaus berück sichtigt werden, und es ist eine unbestreitbare Thatsache, dafs in manchen Betriebszweigen des Vereinsgebietes schon heute in Bezug auf Arbeits pausen, Sonntagsruhe und dergl. gröfsere Ver günstigungen bestehen, als die Novelle zur Ge werbeordnung und die Reichstagscommission sie Vorschlägen. Allein die Verhältnisse in den einzelnen Betriebszweigen sind zu verschieden artig, als dafs diejenigen Mafsnahmen, deren freiwillige Durchführung an manchen Stellen durch die vorliegenden Verhältnisse ermöglicht war, allgemein und unterschiedslos gesetzlich zur Pflicht gemacht werden könnten. Nichts ist unserer Meinung nach verkehrter, als auf diese Weise Alles in eine Schablone zu spannen; denn dadurch mufs es dahin kommen, dafs Vorschriften erlassen werden, die in nicht wenigen Betriebs zweigen über das Mögliche — und deshalb über das dem Arbeiter wirklich Nützliche — hinaus gehen. Wenn wir uns gegen eine solche Schablonisirung und das damit nothwendig ver knüpfte Uebermafs an Schutzvorschriften für gewisse Betriebe wenden, so geschieht dies in erster Linie nicht im Interesse der Unternehmer, sondern vor Allem in dem der Arbeiter, welche es selbst wünschen müssen, — und soweit sie nicht durch Agitatoren verhetzt sind, in der That auch wünschen — dafs die gesetzlichen Mafs nahmen nicht die Grenze des Durchführbaren überschreiten, dafs mit anderen Worten die Rücksicht auf die Lebens- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie dem Auslande gegenüber bei der Erweiterung des Arbeiterschutzes nicht aufser Acht gelassen wird. Wir sind auf Grund der Kenntnifs unserer Arbeiterverhältnisse fest davon überzeugt, dafs eine unter dem fleifsigen und vernünftigen Theile unserer Arbeiter — und den anderen Theil zu befragen, wird man wohl keine