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weiches Flufseisen, dessen procentualer Gesammt- kohlenstoffgehalt einige Hundertstel nicht über steigt; ferner nimmt mit abnehmendem Ge- ' sammtkohlenstoffgehalt bei unter sonst gleichen Umständen erfolgender Härtung auch das Ver hält nifs von Härtungskohle zu Carbidkohle noch ab, indem ein immer geringerer Bruchtheil des Gesammtkohlenstoffgehaltes unverwandelt zurück bleibt. Ausgeglühtes Dynamoblech kann demnach aus doppeltem Grunde überhaupt nur Spuren von Härtungskohle enthalten, so dafs es nicht un bedenklich erscheinen könnte, Quantitätsunter schiede dieser Spuren für die relativ grofse Ver schiedenheit der Hysteresisverluste verantwortlich zu machen. Nun reichen aber in der That schon ganz geringe Mengen von Härtungskohle aus , das mechanische Verhalten des Eisens merkbar zu verändern.* So wird ja auch die beim Ablöschen aus sehr hohen Temperaturen selbst beim weichsten Flufseisen auftretende Härtung von den Anhängern der reinen Kohlenstoffformen - Theorie lediglich auf Spuren von Härtungskohle zurück geführt. Da ferner mit wachsendem Kohlenstoff- gehalt die Festigkeit weit langsamer wächst, als der Hysteresisverlust, so bleibt der Gedanke dis- cutabel, dafs der schon in den mechanischen Eigenschaften des Flufseisens bemerkbare Einflufs ganz geringer Mengen von Härtungskohle bezüg lich des magnetischen Verhaltens in vergröfsertem Mafsstabe zum Vorschein gelangt. Es sind in dessen andere Gründe vorhanden, welche uns zwingen, zur Erklärung der magnetischen Er scheinungen die Allotropie des Eisens stärker heranzuziehen als die Umwandlung der Kohlen- stoffform. Schwer in die Wagschale fällt da zunächst der Umstand, dafs die Punkte, an welchen das hocherhitzte Eisen die Form des Kohlenstoffs ändert und die Permeabilität verliert, nur bei kohlenstoffreichem Stahl ineinanderfallen, beim weichen Flufseisen dagegen durch ein verhältnifs- mäfsig grofses Temperaturintervall getrennt sind. Bei solchem kohlenstoffarmen Eisen fällt vielmehr, wie bereits früher erwähnt wurde, der Wechsel in dem magnetischen Verhalten zusammen mit dem Uebergang des Weicheisens in Harteisen, so dafs man nahezu gezwungen ist, diese letztere Erscheinung für die Ursache der ersteren an zusehen. Es ist weiterhin unmöglich, die Vergröfserung des Hysteresisverlustes durch die mechanische Be arbeitung des Eisens in der Kälte anders zu erklären, als durch eine Umwandlung der Eisenform. Wir sehen hierbei ab von einer unter Umständen möglichen mechanischen Zertrümmerung des Krystallkorns, wodurch die Ummagnetisirungs- arbeit ebenso wie die Festigkeit wachsen mufs, * Ledebur, „Stahl und Eisen“ 1891 S. 294. da die Adhäsion der Krystallkörner mit der Zahl der letzteren gröfser wird.* Eine Umwandlung der Kohlenstoffform durch kalte mechanische Be arbeitung des Eisens ist bisher nicht nachgewiesen worden und erscheint als ausgeschlossen.** So mit bleibt nur die Allotropie des Eisens als Er klärungsgrund übrig. Der Eintritt der Eisen- allotropie infolge mechanischer Bearbeitung in der Kälte darf aber auch als feststehende Thatsache gelten. Dafür spricht aufser einer Reihe von anderen Gründen besonders der bekannte Knick in der Festigkeitscurve, welcher andeutet, dafs an der betreffenden Stelle ein Fliefsen des Materials, eine Längenvergröfserung ohne Zunahme der Be lastung, also lediglich infolge von inneren, mole- cularen Veränderungen stattgefunden hat. Aehn- liche geradlinige Unterbrechungen von Schaulinien kennt die Physik überall da, wo ein Uebergang aus einem molecularen Zustand in den andern vor sich geht, wie beispielsweise beim Verdampfen, Gefrieren, beim Uebergang in eine andere Krystall- form u. s. w. Es wird also auch bezüglich der Festigkeitscurve eine Allotropie des Eisens, hervor gerufen durch die mechanische Arbeit des Ver längerns, durch Analogieschluß? ziemlich gewifs. Der Streit darüber, ob die durch Ablöschen von hohen Temperaturen aus und durch mechanische Bearbeitung in der Kälte erzeugten Harteisen einander gleich sind, oder ob wir ß- und S-Eisen unterscheiden müssen, ist für uns belanglos und dürfte auch wohl sobald nicht entschieden werden. Wir begnügen uns vielmehr damit, die That- Sachen der gleichzeitig erfolgenden Vergröfserung des Hysteresisverlustes und Umwandlung der Eisenform durch mechanische Bearbeitung in der Kälte einander gegenüberzustellen, um daraus die Berechtigung abzuleiten, für unsere Hypothese diese beiden Erscheinungen in ursächlichen Zu sammenhang zu bringen. Schliefslich ist es noch möglich, wie späterhin gezeigt werden soll, auf Basis der Allotropie des Eisens eine Theorie der bekannten Ermüdungs erscheinung, welche als „Altern“ des Dynamo blechs bezeichnet wird , zwanglos aufzubauen, während auch hierfür die Verschiedenheit der Kohlenstoffformen keine Erklärung bietet. Trotz alledem aber dürfte es nicht angängig sein, bei der Lösung der Fragen, welche uns die magneti schen Erscheinungen stellen, die Härlungskohle gänzlich aufser Acht zu lassen. Dieselbe mufs sicherlich bezüglich der Hysteresis schon dadurch eine Rolle spielen, dafs sie die Reibungsverhält- nisse zwischen den einzelnen, beim Wechseln der Magnetisirungsrichtung sich umlagernden Molecüle beeinflufst. Sodann ist es auch nicht unwahr scheinlich, dafs mit steigendem Gehalt an Här tungskohle ihr Einflufs nicht nur absolut, sondern * v. Jüptner, „Stahl und Eisen“ 1899 S. 281. * * Ledebur, „Stahl und Eisen“ 1888 S. 714.