Volltext Seite (XML)
1058 Stahl und Eisen. Zum heutigen Wettbeiverb der in-u. ausländ. Koksofensysteme. 15. November 1899. überlassen, sich unter den vielen zur Verfügung stehenden verticalen Zügen die zum Abzug be quemsten auszusuchen. Es müssen also innerhalb des Ofens stark und schwach beheizte Partien miteinander abwechseln. Es liegt auf der Hand, dafs die Möglichkeit, jede einzelne Stelle des Ofens erreichen zu können, d. h. in der Lage zu sein, diese Stellen ganz nach Belieben schwach oder stark beheizen zu können, für den Verlauf des Processes von der weittragendsten Bedeutung sein mufs, und es ist geradezu auffallend, wie wenig man den Erfordernissen einer gleichmäfsigen Be heizung bei den bisherigen Koksofenbauten gerecht geworden ist. Will man diesem Princip gerecht werden, so kann es sich nur um eine Gaszuführung von unten her handeln. Diese Oefen müfsten also unterhalb zugänglich gemacht, d. h. dieselben müssen auf gangbare Gewölbe gesetzt werden. Die Erkenntnifs der Wichtigkeit einer möglichst gleichmäfsigen Beheizung, andererseits aber auch der Fingerzeig, den verschiedene neu aufgetauchte Koksofensysteme gegeben hatten, dafs man auf eine Vorwärmung der Verbrennungsluft unter Um ständen ganz verzichten könne, ohne irgend welche Einbufse an der Leistung, rechtfertigten das Vorgehen der Firma Dr. C. Otto & Co., zunächst eine kleine Versuchsanlage zu errichten, bei der dem Princip einer möglichst weitgehenden Vertheilung der ent wickelten Wärme gerecht zu werden versucht wurde. Der Erfolg dieser, sowie derjenige der im Anschlufs daran erfolgten zahlreichen Errichtung grofser umfangreicher Anlagen ist ein unbestrittener, und liefert diese grofse Verbreitung den besten Beweis für die Richtigkeit des erkannten Princips und die Vorzüglichkeit dieses neuen Systems. Das selbe kennzeichnet sich bei Beibehaltung des Auf baues der Otto-Hoffmannschen Seitenwand durch das in gangbaren Fundamentkanälen angebrachte Rohrnetz für die Vertheilung der Heizgase auf die ganze Länge jedes einzelnen Ofens. Bei einigen der ersten Ausführungen wurden die Oefen mit Doppelwänden versehen, d. h. jede einzelne Ofenkammer erhielt ein besonderes Be heizungssystem, wurde also von Einwirkungen des Nachbarofens unabhängiger gemacht. Der auf diese Weise erhaltene gröfsere Wärmespeicher sollte Schwankungen in der Ofentemperatur, die beim Füllen bezw. Entleeren der Nachbaröfen ein treten, ausgleichen. Die Erfahrung hat gelehrt, dafs diese Doppelwände zu entbehren sind, und werden die Oefen neuerdings nur noch einwandig hergestellt. Zur Beheizung jeder Ofenzwischenwand ist eine grofse Anzahl Brenner vorgesehen, neuerdings meist 10 für jede Wand. Diese Brenner sind nach Art der Bunsenschen Brenner eingerichtet und gestatten die Regulirung des Luftzutrittes zum Verbrennungsgase. Die Höhenlage dieser Brenner ist so gewählt, dafs die Intensität der Flamme in der Höhe der Ofensohle beginnt und mit dem oberen Ende der Verticalzüge aufhört. Auf diese Weise wird das Maximum der erzeugten Tem peratur eben auf die Stellen übertragen, wo sie einwirken soll, nämlich dort, wo die Kohle ein gebettet liegt, und die weiteren Abzugskanäle für die Verbrennungsproducte werden vor einer Ueber- hitzung bewahrt. Es ist einleuchtend, dafs man es bei diesem System ganz beliebig in der Hand hat, durch entsprechende Gas- und Luftregulirung jeden beliebigen Hitzegrad zu geben, und dafs man es ebenso in der Hand hat, die Beheizung an allen Stellen der Ofenwand ganz gleichmäfsig zu gestalten. Sollte an irgend einer Stelle die Verkokung eine mangelhafte sein, was sich durch den Zustand des herausgedrückten Kokskuchens oder durch Beobachten des Horizontalkanals zu erkennen giebt, so ist auf die leichteste Art und Weise Abhülfe zu schaffen. Die vorzügliche Ueber- sichtlichkeit der Verbrennungsvorgänge bezw. die Leichtigkeit, mit der man hier ändernd eingreifen kann, darf vielleicht als der Hauptvorzug dieses neuen Systems betrachtet werden. Forscht man nach der Ursache, worin der rasche Verlauf des in diesen Oefen vorgenommenen Verkokungsprocesses liegt, so ist er in dem Umstande zu finden, dafs bei diesen Oefen auf die Einheit Kokskohle eine gröfsere Menge Heizgas entfällt, als dies bei anderen Ofensystemen zutrifft, und wenn trotzdem, wie wir später noch sehen werden, der Gas- überschufs ein verhältnifsmäfsig grofser ist, so ist dies nur ein Beweis dafür, dafs in diesen Oefen kein Gas unnütz bezw. an verkehrter Stelle verbrennt, wo es aufserdem statt Nutzen nur Schaden bringen kann. Vorrichtungen zum Zweck der Vorwärmung der Verbrennungsluft sind bei diesen Oefen nicht getroffen worden. Die Luft tritt von aufsen zu, streicht über den Boden der Gänge, das untere Mauerwerk derselben fast auf der Temperatur der äufseren Luft haltend, und steigt allmählich dem i Auftrieb folgend bis unter den Scheitel des Ge- i wölbes, auf dem Wege dorthin alle von oben | ausstrahlende Wärme in sich aufnehmend. Hier angekommen, hat sich die Luft schon auf etwa 80 0 | erwärmt. Bei dem weiteren Aufstieg bis zu den Brennern findet eine weitere Erwärmung, unter i Umständen bis auf 400 0 C. statt. Die Zurück gewinnung der ausstrahlenden Wärme mufs als : ein weiterer wesentlicher Vorzug des Systems be zeichnet werden. Die Wärmemengen, die bei den meisten Koksöfen durch Ausstrahlung in den Boden verloren gehen, sind ganz enorme. Die hohe Leistung der Oefen findet in dieser sorg fältigen Wiedergewinnung eine weitere Begründung. Es ist durch Thatsachen nachgewiesen, dafs bei einer solchen Anlage von 60 Oefen täglich 50 Oefen gargebrannt sind, d. h. die Garungsdauer ist auf weniger als 29 Stunden zurückgegangen, dabei