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1056 Stahl und Eisen. Zwn hezitigen Wettbewerb der in- u. ausländ. Koksofensysteme. 15. November 1899. liefert so viel Dampf, als für die eigenen Bedürf nisse der Anlage erforderlich ist. Die Abhitze verläfst die Kessel mit nicht über 200 0 C. Die Arbeitsweise der Semet-Solvay-Oefen unter scheidet sich nicht wesentlich von der anderer Ofensysteme. Nachdem die Kohle durch die Oeff- nungen im Gewölbe eingefüllt ist, wird sie, wie allgemein üblich, durch in den Ofenthüren vor gesehene kleine Oeffnungen planirt. Nach erfolgtem dichten Verschlufs der Thüren wird die Verbin dung mit der Vorlage hergestellt. Das Gas ge langt dann durch Luft- und Wasserkühler zum Exhaustor, welcher das Gas durch die Apparate für die Abscheidung von Ammoniak und Benzol prefst und dann nach den Oefen zurückdrückt. Die Verkokungsdauer beträgt 18 bis 24 Stunden, je nach Feuchtigkeit und Gehalt an flüchtigen Bestandtheilen in der Kohle. Zur Beheizung der Oefen wird nicht das sämmtliche erzeugte Gas gebraucht. In einigen Fällen soll der Gasüberschufs sogar 50 % der Gesammtgasmenge betragen. Dieser Gasüberschufs findet für mancherlei Zwecke Anwendung. Im Birminghamdistrict in Amerika wird das Gas zur Beheizung von Stahlöfen gebraucht. In Halifax, Nova Scotia ist, wie bereits an dieser Stelle mit- getheilt,* eine Anlage zur Lieferung von Leucht gas errichtet worden. Durch eine entsprechende Vorrichtung wird hier das zuerst erhaltene Destillationsgas getrennt aufgefangen und den Leuchtgas- und der Rest den Heizgasbehältern zugeführt. Es wird neuerdings angeregt, das Gas in Kraft umzusetzen und zu diesem Zwecke in Gas kraftmaschinen zu verwenden. Die Beschaffenheit des Gases bietet für diesen Zweck kein Hindernifs. Bei der mitgetheilten Analyse des erhaltenen Gases: COa .... 3,27 0 0,00 CnHan . . . 2,57 CO 7,95 CH 31,22 H 52,77 N 2,22 100,00 kann es sich aber offenbar nicht um Mischgas aus allen Oefen, sondern um aus einem einzelnen Ofen geprefstes Gas handeln. Solches Gas ist bei allen Oefen ziemlich unrein. Das Gas der Semet-Solvay-Oefen enthält ebenso wie das Be triebsgas der meisten anderen Systeme bis zu 25 % und mehr Stickstoff. Das Betriebsgas der Ottoschen Unterfeuerungsöfen ist, wie wir später noch sehen werden, wesentlich besser. Während bei fast allen Koksöfen zur Aufnahme des herausgedrückten Koks eine feste Rampe vor gesehen ist, ist bei den in Brackley neu errichteten * ,Stahl und Eisen“ 1899 Seite 180. Oefen eine bewegliche Rampe vorgesehen. Diese durch Patent geschützte Vorrichtung besteht (siehe Abbildung 1) aus einer auf einem fahrbaren Gestell montirten geneigten Fläche Q, welche während des Herausdrückens des Kokskuchens langsam an dem Ofen vorbeigeführt wird. Der Kokskuchen breitet sich gleichmäfsig auf der geneigten Fläche aus und kann gut abgelöscht werden. Man erhält einen hellen und wenig Wasser enthaltenden Koks. Nach Oeffnung der in der Zeichnung ersichtlichen Thüren fällt der Koks über Siebe unmittelbar in die Eisenbahnwagen R oder in Vorrathsbehälter. Diese Vorrichtung bedeutet eine wesentliche Er sparung an Arbeitskräften und verringert das Aus einanderfallen des Koks. Hinsichtlich der Verwendung der Nebenerzeug nisse ist zu bemerken, dafs der Theer meist als solcher verkauft wird. Die Weiterverarbeitung des selben ist auch in England die Aufgabe eines besonderen Industriezweiges geworden. Das Am moniak wird fast in allen Fällen in Form von schwefelsaurem Ammoniak erhalten und bildet so ein Handelserzeugnifs mit stets lebhafter Nachfrage. Das erhaltene Rohbenzol wird entweder als solches verkauft oder auf den Anlagen weiter rectificirt. Neuerdings ist auch die Gewinnung von 50 % Benzol vorgesehen. Die Einrichtungen hierfür sind ver- hältnifsmäfsig einfach und können ohne Vermehrung des Arbeiterpersonals bedient werden. Auch die Herstellung von Benzol von bestimmtem Gehalt als Anreicherungsmittel für leuchtschwaches Gas ist auf einigen Anlagen vorgesehen. Im Anschlufs an diese Mittheilungen über ein hauptsächlich im Auslande verbreitetes Koksofen system dürften die folgenden Angaben über die Erfolge eines im Inlande zu sehr grofser Ver breitung gelangten Ofensystems von Interesse sein. Eines der charakteristischsten Merkmale der von der Firma Dr. C. Otto & Co. in Dahlhausen a. d. Ruhr erbauten Koksöfen bildet bekanntlich der seiner Zeit von Evence Coppe angegebene Steinverband für die Herstellung der Seitenwände der Oefen. Es verdient hier ausdrücklich hervor gehoben zu werden, dafs die Firma, unbeschadet der mancherlei Wandlungen, die mit dem sonstigen Aufbau der Oefen vorgenommen worden sind, an diesem Verband unentwegt festgehalten hat — nicht zum Schäden der Firma, da weit über 10 000 solcher Oefen zur Ausführung gelangt sind. Dieser Verband findet sich sowohl bei den Flammöfen als denjenigen Oefen, die mit Einrichtungen zur Gewinnung der Nebenerzeugnisse versehen sind, er ist besonders auch bei den allerneuesten Aus führungen, den sogenannten Unterfeuerungsöfen, bei denen auf die Anwendung von Regeneratoren Verzicht geleistet ist, beibehalten worden. Zur Erklärung für die Verzichtleistung auf die weitere Anwendung des Regenerativprincips wird ein kleiner Rückblick von Nutzen sein.