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Zum heutigen Wettbewerb der in- und ausländischen Koksofensysteme. Die Mitglieder des Iron and Steel Instituts I haben im August d. J. einer vor kurzem in Brackley errichteten Koksofenanlage Semet - Solvayschen Systems einen Besuch abgestattet, welcher mehreren englischen Zeitschriften* Veranlassung gegeben hat, über dieses System, seine Einrichtungen, die getroffenen Verbesserungen und die Ausdehnung, die dasselbe in den verschiedenen Ländern ge nommen hat, Mittheilungen zu machen. Im Fol genden sollen hiervon einige, die deutschen Fach leute interessirende Angaben wiedergegeben werden. Die erste Anlage Semet-Solvayschen Systems auf englischem Boden wurde von John H. Darby auf den Brymbostahlwerken im Jahre 1893 er richtet, zu einem Zeitpunkt, wo wohl schon ver schiedene Anlagen anderen Systems seit längerer Zeit in Betrieb standen, ohne indessen die Ge winnung der Nebenerzeugnisse zu einer so aus gedehnten zu machen, wie dies beispielsweise auf dem Festlande und besonders in Deutschland der Fall war. Die Gründe, die die englischen Metal lurgen zurückgehalten haben, die Gewinnung der Nebenerzeugnisse einzuführen, sind bekanntlich hauptsächlich in dem Vorurtheil begründet gewesen, dafs aus mit solchen Einrichtungen versehenen Oefen nur ein minderwerthiger Koks erzeugt werden könne. Es ist auch die Behauptung aufgestellt worden, die deutsche Kohle eigne sich überhaupt besser zur Gewinnung der Nebenerzeugnisse. Die . Kohle zeige in Deutschland bezüglich ihrer Zu- ' sammensetzung in chemischer Beziehung eine viel gröfsere Gleichmäfsigkeit. Der Wasserstoff gehalt schwanke in viel geringeren Grenzen, als dies für englische Kohle zutreffe. Das Gleiche beziehe sich auf den Sauerstoffgehalt. Der Aschen gehalt weise indessen für England stets günstigere I Zahlen auf. Bei der gröfseren Schwankung in | der Zusammensetzung sei es daher in England viel schwieriger, über die voraussichtlich zu er wartende Koksqualität ein Urtheil zu bilden. Könnte man die Beschaffenheit der Kohle durch die chemische Analyse feststellen, so würde die i Ausdehnung der Kokserzeugung mit Gewinnung der Nebenerzeugnisse vielleicht einen gröfseren Umfang angenommen haben. Es giebt aber keine bestimmten Anzeichen, um zu entscheiden, was eine gute und was eine schlechte Kokskohle ist. Am besten entscheiden hier im grofsen vorgenom mene praktische Verkokungsversuche. Mit der vorgefafsten Meinung, Koks aus Oefen mit Gewinnung * „The Tron and Coal Trades Review“ 11. August [ 1899. „The Colliery Guardian“ 15. September 1899. I der Nebenerzeugnisse sei minderwerthig, scheint in England jetzt aufgeräumt zu werden, denn der Hauptverfechter dieser falschen Ansicht, Sir Lowthian Bell, ist jetzt zur Einführung von Oefen mit Gewinnung der Nebenerzeugnisse über gegangen. Nach einer von J. H. Darby aufgestellten Tabelle stellt sich die jetzige Verbreitung der Semet-Solvay-Oefen in den verschiedenen Ländern und die darin erzeugte jährliche Koksgewinnung wie folgt: Jährliche der Oefen Kokserzeugung in tons (engl.) Belgien . . . . 579 663 000 England . . . . 370 416 000 Amerika. . . . 297 337 000 Frankreich . . 155 190 000 Deutschland . . 97 97 000 Japan 16 16 000 Die jährliche Leistung eines Semet-Solvay-Ofens stellt sich hiernach auf 1000 bis 1225 t engl. oder 1016 bis 1244 deutsche Tonnen. In England und Amerika fand bekanntlich bis vor kurzem die Kokserzeugung fast ausschliefs- lieh in Bienenkorböfen statt. Wie sehr ein Ofen der modernen Systeme die Leistung eines Bienen korbofens übertrifft, mag daraus hervorgehen, dafs ein solcher Ofen in gleichem Zeitraum etwa das Drei- bis Vierfache an Koks leistet. Es ist in einem besonderen Falle für Amerika nachgewiesen worden, dafs 120 Semet-Solvay-Oefen 300 48- bis 72 stündige und 340 72- bis 96 stündige Bienenkorböfen ersetzt haben. Diese Leistung ist aufser durch gröfsere Fassung durch intensivere Beheizung und erhöhtes Ausbringen erzielt worden. Die neuerdings errichteten Semet-Solvay-Oefen sind 30 (= 9,1 4 m) bezw. 33' engl. (= 10,06 m) lang, 5'8" (= 1,727 m) bezw. 6' (= 1,83 m) hoch und je nach Gattung der Kohle 13 bis 20" (= 0,33 bis 0,508 m) weit. Die Decke über den Oefen ist 4' (= 1,219 m) dick. Die zur Ge winnung der Nebenerzeugnisse getroffenen Ein richtungen bieten zu einer besonderen Besprechung keine Veranlassung. Aus den Oefen gelangt das Gas in eine sogenannte nasse Vorlage, wo sich alle Theerverdickungen niederschlagen, so dafs die Gondensationsapparate davon verschont bleiben. In der Vorlage angebrachte Reinigungsöffnungen gestatten eine bequeme Entfernung der Theer verdickungen. In besonders vorgesehenen Kühl kanälen wird die Verbrennungsluft bis auf 300 0 C. vorgewärmt. Die durch die Abhitze erzeugte Wasserverdampfung beträgt in einem speciellen Falle 1,25 kg auf jedes Kilogramm Koks, und