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dadurch keine Veränderung erleiden; namentlich würde» die' freundnachbarlichen Beziehungen zu Deutschland keine Beeinträchtigung erfahren. Stettin. Hier ist am 14. November ein großes Feuer entstanden, das mehrere mit Getreide und Hanf angefüllte Speicher verzehrte. Oesterreich. Graf And ras sh hat nunmehr das Portefeuille des Aeußeren angenommen; die Reichskanzler schaft wird nicht wieder hergestellt. Er gedenkt eine Politik des Friedens im besten Sinne des Wortes, und zwar auf jener Basis zu verfolgen, auf welcher sich die äußere Politik des Gesammtreiches seit längerer Zeit mit Entschiedenheit bewegt. — Die Ernennung der Minister ist zur Zeit noch nicht erfolgt; doch verlautet von der Ernennung des Grafen Kellersperg zum Mi nisterpräsidenten. — Czechische Blätter bringen bereits die heftigsten Artikel gegen Andrassh. Graf Beust (der vorerst nach Dresden und dann als österreichischer Botschafter nach London gehen wird) wurde am 11. Novbr. durch einen Besuch des Kaisers überrascht. Am 12. verabschiedeten sich die Beamten des auswärtigen Ministeriums von Beust, ihm dankend und versichernd, daß er ihnen unvergeßlich sein werde. Graf Beust dankte tief ergriffen, indem er erklärte, er habe ein ruhiges Bewußtsein und den unerschütterlichen Glauben an die Zukunft dieses Reiches, sowie Ver trauen zu der erpropten Hand, in die er sein Amt niecerlege; durch die Huld und Gnade des Monarchen, sowie durch das Vertrauen zu der Volksvertretung und die laute Sympathie seiner Mitbürger, richte sich sein Lebensmuth von Neuem wieder auf. - Die Stadt Teplitz verlieh dem Grafen Beust das Ehrenbürger recht; die Wiener Universität hat eine Abschiedsdepu- tation an ihn gesendet. Pesth. Graf Lonyay ist zum ungarischen Mi nisterpräsidenten ernannt, und sämmtliche ungarische Minister sind in ihren bisherigen Stellungen bestätigt worden. Vermischtes. Von der Enthüllung des Schiller-Denkmals in Berlin schreibt man, daß Jedem, der den Festplatz am Gensdamenmarkte besichtigte, die Ci täte aus Schiller's Werken, welche an den Fahnenmasten, Medaillons u. s. w. angebracht waren, oder vielmehr ihre ungeschickte Wahl,- auf fallen mußten. Was namentlich die Inschriften aus den Medaillons betrisst, so waren sie für die Metropole deutscher Intelligenz znm größten Theilc so überaus merkwürdig ge wählt, daß man in der That nicht weiß, ob die Decorations- commission sich hat einen Witz machen wollen oder ob sie die Auswahl und Anfertigung vielleicht einem Älippschüler, bez. irgend einem belletristisch gebildeten Anstreichergehilsen über laßen hatte. Was soll man dazu sagen, wenn man bei der Menge herrlicher patriotischer und erhebender Sentenzen in des großen Dichters Werken am 11. November am Eingang las: „Ist der holde Lenz erschienen? hat die Erde sich ver jüngt? oder: „Es lächelt der See, er ladet zum Bade," und an Ecken gegenüber dem Fenster, an dem der deutsche- Kaiser der Festfeier beiwohnte, die Verse standen; „An der Quelle saß der Knabe" und „Kein Augustisch Alter blühte, keine Medicäers Güte lächelte der deutschen Kunst." — Als eigenthümlichen Humor war es jedenfalls zu betrachten, daß hinter dem Platz des hochweisen Magistrats die Ballade: „Ein frommer Knecht war Fridolin" ihre vier ersten Zeilen spendete, und hinter den Stadtverordneten zu lesen stand: „Wer wagt es, Ritlersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen Schlund?" Uebcr den letzten Stufen einer Tribüne stand geschrieben: „Wer über den schrecklichen Abgrund vom letzten Seraph zum Unendlichen setzte, wird auch diesen Sprung ausmessen." Unter dem sächsischen Wappen: „Wär's möglich, könnte ich nicht mehr, wie ick wollte? nicht mehr zurück, wenn's mir beliebt?" Und bei dem der neuen Landestheile: „Die schönen Tage von Aranjuez sind nun vorüber!" Aber nicht allein mit so sinniger Auswahl hatte man sich begnügt, sondern auch allerlei versucht, den Dichter zu corrigiren. So konnte man aus der Tribüne an der Taubenstraße lesen: „ Freude schöner Götterfunken, Tochter des Elysiums (wahrscheinlich zum Andenken des Kneipiers Heinzelmann im Berliner Elysium), wir betreten freudetrunken Göttliche dein Heiligthum." — Dergleichen Kleinigkeiten sind freilich kaum erwähnenswerth, wenn man bedenkt, daß bei der Schillerfeier in Berlin des Dichters herrliche Worte: „Ehret die Frauen, sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben!" mit dem strengen Gebot illustrirt waren, daß sich keine Dame, sollte sie selbst ein Billet vom Papa und dem communalverwaltenden Eheherrn erwischt haben, auf dem Festplatz oder in dessen Nähe innerhalb der Constabler- Chaine blicken lassen durste. Verhandlungen der Stadtverordneten zu Dippoldiswalde. 23. Sitzung am 3. November 1871. Anwesend die Stadtverordneten: Reichel, Vorsteher, Zimmermann, Liebscher, Carl Teicher, Lommatzsch, Könitzer und Gustav Teicher, sowie Ersatzmann Heise. Das Collegium beschloß 1) auf Antrag des Herrn Hausbesitzer Kirchner hier, da die früher Bobe'sche Spitzbube am Walksteige in diesem Frühjahre abgetragen und der communliche Platz wieder frei geworden, den dafür gewährten Laaszins von 5 Ngr. jähr lich wieder in Wegfall zu stellen. 2) Nahm man Kenntniß von dem plötzlichen Austritt dös Lehrers Hernr Berge aus seiner Stellung an hiesiger Stadtschule und war damit einverstanden, daß Herr Lehrer Krocker den höheren Gehalt Berge's zugewiesen erhalte, der neue Lehrer aber mit 200 Thlr. jährlichen Gehalt und freier Wohnung im Schulhause angestellt werde. Hierbei wurde mit Rücksicht auf die Uebelstände, die ein so plötzlicher Ab gang der Lehrer für die Schule haben muß, beschlossen, den Stadtrath zu ersuchen, bei der Regierungsbehörde um Aus kunft darüber zu bitten, wie in solchen Fällen die Gemeinden sich schützen können. 3) Aus den Beschluß des Sladlraths vom 30. October d. Js., die Abgabe von Lehm an Private betreffend, hatte man zu erwidern, daß am neuen Wege im Bödichen am Tännichtberge ein circa 2 Ellen mächtiges Lehmlager sich befindet. Man beschloß gleichzeitig, beim Stadlrache nochmals zu beantragen, aus diesem Lehmlager unter Aussicht des Waldausfehers Lehm gegen einen entsprechenden Kaufpreis an Private abzugeben. 4) Genehniigte man nachträglich das zur Ausgleichung einer Rechnung über technische Arbeiten getroffene Abkommen und die Auszahlung des festgcstellten Vergleichsquantums. 5) Von der Verordnung der Königl. Kreis - Direction zu Dresden vom 20. October d. Js., die Bestätigung der auf die Herren Restaurateur Fischer und Oekonom Zimmer-