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Freitag. 68. 30. August 1861. Erscheint . Preis Dienstag« undWM^M HM M pr° Quartal »MWecherrh-Iertung. ZK. Amts- und Meige-Matt der Königlichen Gerichts-Iemter und Stadtrathc zv Dippoldiswalde, Franenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. In den ersten Tagen dieser Woche ist unsere alte Orgel in der^Stadtkirchr^ abge« tragen worden, um im Laufe des nächsten Jahres durch ein neües Kunstwerk des Orgelbauer Stöckel ersetzt zu werden. Sie ist i38 Jahre Be gleiterin des Kirchengesanges gewesen. Wie viele Herzen mögen in einem solchen Zeiträume durch ihre sanften, harmonischen Klänge bewegt und erhoben worden sein! Und ob sie schon seit vielen Jahren sehr wandelbar geworden, und nur mit großer Vorsicht zu behandeln und bei Weitem nicht mehr in allen Stimmen zu gebrauchen war, so merkte man doch unter der kunstfertigen Hand des HW»- Cantor Tronicke kaum ihren Übeln Zustand. Sie scheint einige Mal zur Reparatur in etwas ungeschickten Händen gewesen zu sein; besonders aber ist sie 1728, kurze Jahre nach ihrer Aufstellung, vom Blitz sehr stark beschädigt worden. Der damalige Amtmann Königsdörser berichtet darüber unter dem 11. August 1728: „Als diesen Nachmittag gegen 5 Uhr ein furcht sames Gewitter über hiesige Stadt sich zusammen gezogen, hat endlich ein schrecklicher Donner-Strahl die Stadtkirche dergestalt gefährlich getroffen, daß solcher anfangs die Thurm-Haube beinahe um den vierten Theil ausgerissen, dann weiter herunter über den Glockenstuhl verschiedene und zum Theil große Oeffnungen durch den Thurm gemachet, also daß die Steine davon häufig in Schloßhof herübergestürzt worden, in der Kirche selbst aber hat man den größten Schaden und Gefahr wahrgcnommen, maßen nicht nur das por 5 Jahren neu erbaute Orgelwerk hier und da zerschmettert und zugleich unbrauchbar gemacht worden, sondern es hat auch neben derselben zwischen der Decke einer darunter befindlichen En-por-Kirche und dem Fußboden vom Chor bereits zu zünden angefangen, davon der Ausbruch einiger Flamcke durch Gottes Gnade und unermüdlichen Fleiß derer angelegten Arbeiter noch abgewendet blieben rc." An ihren Bau ist im Jahr 1719 zuerst ernstlich gedacht worden, weil das alte Orgelwerk „durch die Länge der Zeit in so schlechten Stand gerathen, daß es, wenn solches unter dem Gottesdienst gespielt worden, wegen Verstimmung derer Pfeifen und wenigen Windes gräßlich geheulet, und die Andacht gestöret." Der zu Rathe gezogene Orgelbauer Prockhardt aus Fürth, damals zu Dippoldiswalde, lieferte den Anschlag zur Herstellung einer neuen Orgel, unter Mitverwendung „etlicher Stimmen des alten PfeifwerkS." Dazu wurden ihm 280 Thlr., das völlige alte Werk und Bälge, daS benöthigte Holz (aus dem Bödigen), Eisen und Bild hauerarbeit (?), sowie freie Wohnung, auch beim Aufsetzen des Werkes so viel, als nöthig, Hand- oder Zecharbeiter bewilligt. Später bewilligte man zu noch vollständigerer Herstellung , statt obiger Summe, 38V Thlr. Für die später wieder entfernte Bildnerei an der Orgel erhielt der Bildhauer Trabitz 14 Thlr., und der Maler Clement für Vergoldung und Malerei 34 Thlr. Dafür schmeichelte man sich aber auch, daß der äußere Schmuck der Orgel ganz dem der neuen Orgel in der Sophienkirche in Dresden ähnlich sei. Woher nahm man das Geld, da die Kirche schon damals arm war? Man sammelte freiwillige Beiträge, die aber nur 48 Thlr. 5 Gr. ergaben, wozu Dippol diswalde 41 Thlr. 21 Gr. 6 Pf., Ulberndorf 3 Thlr. 20 Gr. 6 Pf., und Oberhäselich 2 Thlr. 11 Gr. beigesteuert haben. Man veranstaltete auf 5 Jahre Collccten bei Taufen nnd Hochzeiten, auch ließ man eben so lange den Klingelbeutel beim NachmittagS- gotteSdienst herumgehen, der ein Ziemliches einbrachte, weil dieser Gottesdienst damals fast besuchter war, als der Vormittagsgottesdienst, wo der sonst gelehrte Pastor Schmelz predigte. Man borgte hauptsächlich, und 1724 hatten zu fordern: 70 Thlr. 12 Gr. — Pf. der Orgelmacher Hr. Brockbardt, 145 Thlr. 15 Gr. — Pf. die St. Nicolaikirche, und 18 Thlr. 12 Gr. — Pf. das Geistliche Lehn. Fertig wurde die Orgel 1723, und war der Termin auf Sonntag Cantate gesetzt. Ob sie an diesem Tage feierlich eingeweiht worden ist, darüber sind keine Nachrichten vorhanden. In einem Berichte an das damalige Oberconsistorium von 1724 wird dieselbe ein sehr fein gerathenes Werk genannt. Und in einem Zeugnisse des Amtmann Königsdörfer von 1725 wird gerühmt, „daß sie allenthalben wohl und tüchtig gefertiget, insonderheit das Pfeiffwerk an Stärke, Schärfe und Lieblichkeit dergestalt wohl eingerichtet sei, daß Jeder mann, so es höret, ein sattsameS Vergnügen bezeigt." Daß man mit dem Erbauer sehr wohl zufrieden sein mußte, beweist wohl der Umstand: DaS Oberconsistorium zu Dresden genehmigt unter dem 15. März 1723, rc. „daß die Aufsicht über die Orgelwerke derer in dem Amte Dippoldiswalda befindlichen Kirchen, dem in der Stadt Dippoldiswalda niedergelassenen Orgel macher , Albert Brockharden, aufgetragen, und ibme vor ein Orgelwerck in einer Htadtkirchen (jährlich) Zwei Thlr., hingegen in einer Dorfkirchen Ein Thaler aus dem Kirchenvermögen jedes Orts gereicht werde." Auch ist ihm in dieser Zeit in Höckendorf der Bau einer neuen Orgel für 120 Thlr., und in Seifersdors eine Reparatur für 40 Thlr. ausgetragen worden.