Volltext Seite (XML)
ISS seinkr Götzen und andere heidnische Lieder beibringt, so ist ein wirklicher Segen von solchen Schulen nicht zu Höffen. So sind denn auch 33 von diesen Schulen, die mit der Mission in Mayaveram über 20 Jahre in Verbindung waren, beinahe spurlos verschwunden. Besser sind diejenigen Schulen, in Venen christliche Lehrer die Kinder der Heiden unterrichten; doch leider fehlt es sehr an entschieden christlichen, geschickten und fleißigen Schullehrern; auch wird der in der Schule in die Herzen der Kinder auögestreute Same bald- im Hause wieder erstickt, und was sprossen will, von den heidnischen Aeltern mit Fleiß auSgereutet. Der ge nannte Missionär ist daher bemüht, in der ihm an vertrauten Station Mayaveram Missionsfamilien her- anzuziehen, d. h. die Jugend so viel wie möglich den Einflüssen des Hcidenlhruns zu entziehen und dieselbe, um durch sie in weiteren Kreisen zu wirken, für ein christliches Familienleben zu erziehen. Neben anderen ist die Waisenschule in Mayaveram eine solche Anstalt, wo dieses geschieht. Waisenschule heißt sie, weil zu nächst hilflose Waisen christlicher Aeltern dann Auf nahme finden, hernach Kinder der Heiden, deren man habhaft werden kann. Im Jahre 1851 waren 42 Kin der in derselben, und im Jahre 1855 ist ein Waisenhaus, welches 100 zu fassen vermag, vollendet worden. Zwar hätten wir (sagt der mehrgedachte Missionär) gern eine gleiche Zahl von Knaben und Mädchen ausgenommen, aber erstere erhalten wir schwerer und durch die Heran bildung der anderen wirb unser Zweck recht eigentlich erreicht, da der traurige Zustand des weiblichen Ge schlechts in Indien hauptsächlich das Gedeihen des Familienlebens hindert. Die Heibenkinder erhallen wir iheilS von solchen Aeltern oder Personen, die sie mit der Bitte bringen, sie aufzunehmen, IheilS von solchen, die sie zum Verkauf aubieten. Dies geschieht nämlich von den Heiden theils aus Noth, theils aus Aber glauben, theilS aus andern sündlichen Beweggründen. Daß etwa eine heidnische Mutter, sich und ihr Kind vom Hungertode zu rMen, dasselbe verkauft, ließe sich entschuldigen; aber furchtbar ist's, daß der Aberglaube also ihr Herz verhärtet hat, daß sie auch ihres Kind leins vergessen kann. Kinder im April geboren und kaö achte in einer Familie bringen einem Hause Un glück und Schande. Man sucht ihrer los zu werden, verkauft sie oder schafft sie auch sonst auf die Seite. — Gegen einen solchen Menschenhandel sträubt sich daS Christenherz, man schämt sich, daß der Mensch so tief gefallen ist. Aber weisen wir diese armen Ge schöpfe weg, so nehmen die Tempelbirnen sie auf und erziehen sie zu ihrem schändlichen Gewerbe, oder sie werden langsam oder schnell gemordet. Auch wird den Verkäufern der verlangte Preis nicht als solcher ge geben, sondern als Gegengeschenk. Die Sache bleibt freilich dieselbe. Aber wenn man auf diesem Wege einen Menschen vom zeitlichen und ewigen Verderben retten kann, soll man eS nicht thun? Eö ist dieselbe Frage wie die, ob eS gestattet ist, einen Sclaven los- jukaufcn. —Die in unsere Schule aufgenommenen Kin der werden, bei möglichster Äbschließung von dem Heidenthum umher, sür's Himmelreich und für einen christlichen Hausstand anferzogen, und sodann unter unserer Obhut verheirathct. Bereits sind 9 christliche Familien durch die Schule gestiftet worden, und wenn auch nicht alle so in der umgebenden Finsterniß leuch ten, wie sie sollten, so sind loch einige, die den ver irrten Wanderer wie ein Licht in der Nacht anlocken und ihm den Weg weisen können. Der segnende Ein ¬ fluß, wenn auch nur einer rechtschaffenen Christen familie an einem. Ort, kann nicht ausbleiben. Der Segen ist nicht ein schnell vorübergehender, sondern sie werden ja wieder ihre Kinder in der Zucht und Vermahnung zum Herrn erziehen, und dazu werden sie ermahnt; denn sie bleiben mit uns, wie mit einem Aelternhaus, in beständiger Verbindung. So gleicht eine solche Familie der Plantane, die, wenn sie auch erstirbt, um so mehr neue Schößlinge aus der Wurzel treibt. R. Gr. Vermischtes. Ein schrecklicher Vorfall hat sich am 6. d. M. in dem Gasthof zum „Einsiedler" in Potsdam ereignet: „Der in Berlin wohnhafteZahnarzt Janson traf am 6. März mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (einem Mädchen von IO Jah ren und einem Knaben von 8 Jahren) in Potsdam ein und stieg dort im Gasthofe zum „Einsiedler" ab. Äie Familie bat um ein Zimmer, da sie über Nacht bleiben wollte. Man ent sprach diesem Begehren sehr gern, uns die Familie legte sich an scheinend früh zu Bett. Am nächsten Morgen ließ sich Niemand höre», ebenso vernahm man den ganzen Tag über nicht daS ge ringste Geränsch in dem Zimmer. Endlich am Nachmittag ge wann man die Ueberzengung, eS müsse der Familie ein Unglück zugcstoße» sein; man Holle Polizeibcamte nnd drang in Gegen wart derselben mit Gewalt in das Zimmer. Ein trauriger Anblick bot sich dar. Man erblickte vier Leichen. Die beiden Kinder lagen nebeneinander, die Mutter und der Vater waren in der Nähe nicdergcsunkcn. Nähere Untcrsnchungcn ergaben, daß alle vier Personen durch Anwendung einer bedeutende» Quantität Chloroform erstickt waren. Der Vater hatte erst die beiden Kinder, dann die Frau, dann sich gctödtct. Auf dem Tische sand man zwei Briefe, den «inen von dem Vater, den andern von der Mutter unmittelbar vor dem Tode geschrieben. Diese Briefe, welche einen traurigen Einblick in den Seelen zustand der Verstorbenen gewähren, lauten wie folgt. Der Mann schreibt: „Unverschuldetes Unglück hat nnS zur Verzweif lung gebracht, die Verzweiflung hat unSzu dieser That getrieben. Unsere beiden Kinder konnten wir uns nicht entschließen zurück- zulasscn, denn wir haben nie eine andere Freude gehabt als sie. Die Kosten unseres Begräbnisses wird sich meine Familie gewiß nicht weigern zu erstatten, umsoweniger, da wir bitten, eS recht einfach einzurichten. Nia» möge nnS in den Kleidern beerdigen, welche wir tragen. An Geld lege ich den Rest von 3 Thlrn. 4 Sgr. her, der unsere Rechnung hoffentlich decken wird; wid rigenfalls der übrige bescheidene Nachlaß dazu verwendet werden müßte. Zuletzt noch bitte ich, behandeln Sie uns in Ihrem Denken und in Ihrem Thun mit Schonung, wie sie das Unglück stet« verdient. Richtet nicht, auf daßJhr nicht gerichtet werdet." Ueber die Verhältnisse der. Familie erfährt man Folgende»: Janson stammt ans Elbing; er ist etwa 40 Jahre alt. Früher wohnte die Familie tn KönigSbcrgt Dieselbe hat sich erst vor etwa 11/2 Jahr hier niedergelassen. Die Praxis des Mannes als Zahnarzt ging schlecht und derselbe befand sich fortwährend in der drückendsten Noth. In der früher» Wohnung vermochte Janson die Micthe nicht zu bezahlen, und er mußte dieselbe da her mit Zurücklassung aller seiner Habseligkeiten verlassen. Dessenungeachtet micthete er sich am I. Jan. d. I. eine große Wohnung, nahm Möbel zur Miethc ans und richtete sich herr schaftlich ein. Er glaubte, durch eine solche glänzende äußer« Ausstattung seine Praxis zu heben. Aber er fand sich getäuscht und gericth noch tiefer in Schulden, so daß die Zahl der ihn be suchenden Execntoren größer war, als die seiner Patienten. Zu letzt litt die Familie Mangel an den nothwendigftcn Lebensbe dürfnissen, und da dem Manne die Kraft fehlte, diese unglück liche hoffnungslose Situation länger zu ertragen und der Cha- rakter der Frau überhaupt ein etwas exaltirter war, so reiste allmälig der Plan zu der gräßlichen That,