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wenn Du mich auf die Folter spannst, ich weiß nicht, ob ich meine ober Deine Braut vor mir habe. Wie findest Du denn die Deinige heraus?" „„Hast Du denn nicht bemerkt,"" gab er zurück, „„baß sie als ste herantrat, bie Hand einen Augen blick auf die' Brüst legte? dies ist vaS Zeichen."" „Schön, war meine Antwort, bann werbe ich die Meine gleichfalls rin wenig telegraphisch abrichten, sonst sind wir keinen Augenblick sicher, einander in'S Gehege zu gerathen." „DaS lustige Wiehern meines treuen Rappen, Ver unierbeß aus dem Gasthofe abgeholt worben und in ein eblereS Absteigequartier eingeführt werben sollte, lockte mich an'S Fenster. Da stand unter der HauS, thüre Emilie, welche gleichfalls ihre Freude an dem braven Thiere zu haben schien. Schnell warf ich meine Blicke nach Amalien, bie noch in der Stube anwesend war und als ich mich von ihrer leibhaften Gegenwart überzeugt hatte, sprach ich zu mir:" „Jetzt kannst Du auf-keinen Fall irre gehen; und ich eilte huiab zu Emilien. Leiber war aber dies himm lische Kind schon wieder verschwunden. Meine Blicke suchten aller OrlS nach dem himmelblauen Kleibe. Ver gebens; so blieb mir denn vor per HanV nichts üb rig , als die neue Wohnung meines ebeln Rappen »n Augenschein zu nehmen. Der Kerl wohnte jetzt ganz prächtig und schien ordentlich stolz auf sein neues Quar tier, bas gegen den armseligen Stall im Gasthofe be deutend abstach. Er spitzte die Ohren, als er meine Stimme hörte, und nahm mein Streicheln mit ge wohnter Behaglichkeit auf." „Wir sind in einen guten Hafen eingelaufen, mein Rappe, sprach ich zu dem verständigen Lhiere, kannst Dich freuen, eS wirb Dir hier nichts abgehen, weder an gutem Futter noch an guter Pflege." „Nach dieser Unterredung nut dem Schwarzen machte ich mich wieder nach dem Herrenhause auf den Weg. Ich trat abermals in den blauen Saal. Him mel, da packle mich der böse Genius der Eifersucht von Neuem. In der einen Ecke saß mein neuer Freund der Hauptmann, und neben ihm — Emilie. Ich rieb niir zu wiederholten Malen die Augen; ja, daS war meine Emilie und keine Andere. In meinen Adern begann das Blut konvulsivisch zu arbeiten; ich wollte so eben meinem Zorne freien Lauf lassen, als mich Jemand auf die Schulter tippte. Ich gucke mich um, wer malt mein Entzücken: vor mir stand Emilie." „Nun Gottlob! rief ich, erleichterten Herzens, daß lch Euch Beide einmal beisammen habe; aber geschätztes Kind, welches ist denn Malchcn, Sie, die Sie hier vor mir stehen, oder die dort im Sopha ne ben dem Hauptmann?" „„Du Gottloser,"" strafte die vor mir Stehende, „„kennst Du Deine Emilie nicht mehr?"" „Dir trau ich gar wohl, war meine Antwort, aber wenn dieses Engelsbild doppelt in der Welt um herläuft, welches sterbliche Auge mag da daS rechte herausfinden?" „Herzenskinder, fuhr ich in der Fre.ude meines Herzens fort, stellt Euch zum Guckuck nur einmal ne ben einander, ist'S denn keive Möglichkeit, ein Merk zeichen aufzufinden?" „„Alles vergebens,"" antwortete der Hauptmann, der jetzt lachend sein Malchen herbeiführte; „„ich habe mir alle Mühe gegeben. Du mußt nämlich wissen, theurer Freund, baß, bevor ich meinen kleinen Tele graphen errichtet, mir es nicht besser als Dir gegangen ist und ich Deiner Emilie schon mehrmals aus Her zensgründe den Hof gemacht habe." " „So, sprach ich im bedenklichen Tone, das ist eine sehr schlimme Sache, welche nach meinem Erach. ten beseitiget werben muß, so wir Beide nicht über kurz oder lang wieder zusammen gerathen wollen. Ich schlage daher unmaßgeblich vor, wenigstens so lange unsere beiderseitige Anwesenheit hierseldst dauert, d.aß Malchen ein rolyeS und Mielchen ein blaueS Schleif, chen am Halse trägt; dieses einfache unschädliche Mil telchen wird alle Verwechselung wohlthuend beseitigen." „Die beiden Grazien wollten von diesem wohlge, meinten Vorschläge im Anfänge gar nichts hören, weil er dem mütterlichen Gelübde zuwider und veßhalb un. statthaft sei." „El waS, entgegnete ich, diese gleiche Tracht Halle Nichts auf sich, als Ihr noch als kleine drollige Mädchen umherliefet; jetzt, wo daS HauS voller Freier steckt, haben sich die Umstände gänzlich geändert; un ter vermaligen Verhältnissen würde selbst bie gute se lige Mutter ein Auge zudrücken; oder wollt Ihr, daß der Hauptmann und meine Wenigkeit tagtäglich von der Furie der Eifersucht wie besessen durch alle Zim- mer und Gemächer gepeitscht werden? Die Sache kann einmal trotz aller Verständigung sehr übel ab- laüfen, wer ist immer Herr seiner Leidenschaft; nicht wahr, Herr Hauptmann?" „Der Hauptmann gestand dies als verständiger Mann zu. Die Mädchen aber schüttelten fortwährend bie Köpfchen. DaS mütterliche Gelübde war den from- men Kindern nicht hinweg zu biSputiren." „Endlich kam ver Papa herbei und als er den Grund unseres Streites vernommen, war er ganz mei- ner Meinung. Er vereinigte sich mit mir und dem Hauptmann, und erst diesen vereinigten Kräften ge- lang eö, die rothe und blaue Schleife provisorisch durch- zusetzrn. Die beiden EvenSlöchler wollten nämlich von der blau-roihen Dekoration nur für die Zeit mei ner und des Hauptmanns Anwesenheit wissen." „„Aber,"" bemerkte Amalie, nachdem wir dieser wichtigen Angelegenheit endlich aus's Reine wa- ren, „„wie denn da, wenn wir Zwei einmal die Schlei fen verwechseln?"" „An diesen außerordentlichen Fall hatte ich wirk- lich nicht gedacht, der Hauptmann auch nicht. Ich vergegenwärtigte mir im Geiste den beispiellosen Wirr- warr, der dann entstehen müßte, wußte für den Au genblick kein Rath und mir blieb nichts übrig, als bittend und beschwörend die Hände empor zu heben." „Kinder, rief ich, frevelt nicht, versündiget Euch nicht und treibt kein loses Spiel mit Euern rechtschaf fenen Bräutigams. Dann wäre der letzte Betrug schlimmer als der erste und die Folgen gar nicht zu berechnen." „Die Mädchen mußten sofort mit Hand und Wort geloben, mir sowohl wie dem Hauptmann, mit ihren Wahrzeichen keinen bösen Tausch zu treiben. Der Herr Papa war mein Zeuge dieses feierlichen Gelöbnisses, daS mich einigermaßen beruhigte." „Noch in derselben Stunde erschienen Emilie und Amalie mir der blauen und rochen Schleife, welche ihnen ganz allerliebst stand. Ich war seelenvergnügt, dieses treffliche Mittel entdeckt zu haben; jetzt wußte ich wenigstens, welche ich vor mir hatte, ob die Ge liebte oder deren Fräulein Schwester." „Die Abendmahlzeit, welche bald nach der De- corirung folgte, gehörte mit zu den schönsten Abend-