Volltext Seite (XML)
Tropcnsonne. „Za, aber .... Wir müssen hineingehen! Ich wage es nicht .... Dort steht Martha an der Tür!" 2l0 teten sich auf diese« Fahrzeug, und Zen» Poulsen fühlte, wie er bleich wurde; aber der englische Konsul aus Barbados rief nach Champagner, er wollte auf das Wohl seines jungen Freunde» trinken und ihm Glück auf den Weg wünschen. And der Wein kam und die Pfropfen knallten und man ches Augenpaar blickte bewegt in die strahlenden blauen Lugen de» jungen Leutnant»; und mit leicht bebenden Lippen sprach'«: ^Z will neuer sorget! Z will neoer sorget!" Während sie an Land ruderten, erfuhr er durch seinen Kollegen, daß er schon am nächsten Tage weiter solle nach St. Croix. Da er schon einberufen war, brauchte er sich nicht beim Obersten zu melden, dagegen hatte ihn dieser zum Abend eingeladen: seine Tochter Mist Edith feierte ihren achtzehnten Geburtstag. . Der grotzt Kasernenhof glänzte silbern, weitz im Mond schein, so weist, als wäre er mit Schnee bedeckt; und auch über da» Wasser breitete sich der zauberische Schein bis da hin wo Kimmel und Me« ineinand« verschwanden. In »eit« Ferne leuchteten die Schiffslaternen. Gaiq untep am Wasser, wo e» sich mit leise plätschern de» Tünen an den Steinen brach, stand Zen» Poulsen mit der jungen Tochter des Obersten. H»»d lag in seinem Arm und er drückte sie fest an sich. Aus dem hell erleuchteten Hause klang Tanzmusik her üb« und da» rhythmische Gleiten vieler Füste im Walzertakt. ^Leutnant Poulsen .... es geht nicht an!" — Zens Poulsen lachte — „Es geht nicht an?! Glauben Sie denn, dast man danach fragt, wenn man die Prinzessin im Mär chen ist?" „Bin ich das denn? .... bin ich . . . die Prinzessin im " Ihre Stimme klang weich und verschleiert. „Za, sehe» Sie sich doch nur um! Sehen Sie den Mond, der gewiß viermal so grost ist wie ein Mond in Dänemark! Sehen Sie die Finsternis da drüben! .... ist sie nicht wie das Totenreich selber? Und die Lichter auf den Höhen! . . . strahlen sie nicht wie Sterne am Weihnachtsbaum? Und die Musik, die zu uns herüberklingt .... und die Luft .... merken Sie nicht, dast sie ganz erfüllt ist von berauschendem Jasminduft? ... Und können Sie denn nichp sehen und hören und fühlen, dast wir uns in einem Märchen aus Tausend und einer Nacht befinden? Und ich ... . wissen Eie, was ich bin?" Er beugte sich über sie und der Mondenschein fiel in seine Augen und auf seine glänzenden meisten Zähne, sie mutzte ihn ansehen und den Atem anhalten. „Zch bin Aladdin, der arme dumme Gesell, der nichts hatte als seine alte rostige Lampe, und doch Eulnare er rang Begreifen Sie das?" Dann wurde er plötzlich ernst, und ohne seinen Blick aus dem ihren zu lösen, sagte er leise und mit tiefer Empfin dung: „Dies hier habe ich nie geträumt, denn ich wußte ja nicht . . . konnte nicht wissen, dast es auf Erden etwas. . . so wunderbar Schönes gäbe!" Die Musik spielte, der Jasmin duftet«, die silberne Mond säule glitzerte auf dem dunklen Wasserspiegel, und zwei Paar junger Lippen ruhten aufeinander im ersten Kuh, während zwei Seelen in bangem Beben ineinanderklangcn, in scheuer Borahnung der Schmerzen, die auch das reinste Glück mit sich bringt. Mit drei starken Akkorden bracht jetzt die Musik ab. Mist Edith schloß die Augen, und als sie wieder auf blickte, war sie wie ein«, die aus schwerem Schlummer er wacht. Sie glättete hurtig das Haar. „Zch must ins Haus zurück." Sie atmete schwer. „Wenn Martha uns sähe . . . ." „Wer ist Martha?" „Meine Freundin, die große, dunkle, mit dem Bernstein kamm." „Morgen reise ich ab. Wir haben nur diesen Abend — nur diesen Abend!" Zens Poulsen trat aus dem Gouvernements-Gebäude; er war in Gala nut Helm und Federbusch, — sporenklirrend ging er den Hügel hinab. Durch die Anlagen ging er, wo die Kindermädchen auf den Bänken saßen, während die Kin der im Schatten der Bäume spielten. Alle gelben und braunen Mädchengesichter wandten sich ihm zu und einige ließen lächelnd ihre weißen Zähne und ihr rotes Zahnfleisch sehen. Zm Hafen lag der Postdampfer mit wehender Flagge. Er trat in den Kasernenhof; die Schildwache präsentierte das Gewehr. Er ging schnell hinüber zum Bureau des Obersten und klopfte dienstlich an. Eine Ordonnanz kam heraus und bat ihn einzutreten und einen Augenblick zu warten, der Oberst werde gleich da sein. Aus dem Zimmer nebenan hörte man Damenstimmen, die eine laut und deut lich, die andere weich und verschleiert. „Liebste, war « nicht zu komisch? Die Art, wie er die Hacken zusammenklappte, wenn dein Vater ihn anredete! And seine Verbeugungen! . . . Aber das findest du vielleicht gar nicht?" „Doch." „Leutnant Fangel taufte ihn den „amerikanischen Apfel". Zch habe auch noch nie einen erwachsenen Menschen mit so roten Backen gesehen." „Das haben die Dänen oft." „Du hast dich doch unmöglich in den amerikanischen Apfel verliebt! Arme Edith!" „Ach, wo denkst du hin!" „Was spracht ihr miteinander, als ihr wie zwei Statuen unten am Wasser standet?" „Ich we'ß nicht mehr. Irgendetwas ganz Gleich gültiges." „Wie denn! Mir scheint, du wirst rot! Er hat dich an gesteckt!" Sie lachte neckend. „Za, das ist unverkennbar, Miß Edith hat ein kleines Stück ihres Herzens an den ameri kanischen Apfel verloren. O, das muß ich Fangel erzählen!" „Alma, es ist unverschämt von dir, so zu reden —" die Stimme zitterte vor verhaltenem Weinen — „dieser dumme Bauernjunge! Du kannst dir denken, daß ich ihn auch komisch fand. Aber ich war ja die Hausfrau, ich konnte doch nicht weglaufen . . . obgleich er mich langweilte . . ." „A - hem?" .tödlich langweilte! Du kannst dir doch denken, daß ich lieber getanzt hätte, als auf seine dummen Reden zu hören." Das spottende Lachen erklang von neuem und dann die weiche Stimme schnell und eifrig. Zens Poulsen öffnete leise die Tür und suchte sein Quartier auf. Eilig legte er die Galauniform, den Helm mit dem wallenden Federbusch, den Säbel und die sporenklirrenden Stiefel ab. Dann setzte er sich in Strümpfen an den Tisch, verbarg das Gesicht in seine Hemdsärmel und brach in ein so krampfhaftes, heftiges Kinderweinen aus, daß seine Schultern zitterten. Edith war in Westindien geboren, und ihr Wesen wies die natürliche Sicherheit der weißen Kreolin. Von ihrem zwölften Zahre an hatte sie sich als Dame gefühlt und war auch als solche aufgetreten; von der Unruhe, der unerklär lichen Angst, der Unsicherheit, der ahnungsvollen Sehnsucht des libergangsalters hatte sie nie etwas gewußt. Zens Poulsens junger feuriger Geist hatte sie mitgerissen wie ein Marschrhythmus, wie eine Fanfare. Sie hatte es nicht gleich selbst begriffen. Aber die Tage vergingen, und sie empfand eine innere Leere, die sich zur Sehnsucht auswuchs. Sie verlor sich in Gedanken, die kein rechtes Ziel hatten, in Träume, die so leicht zerflossen wie Sommcrwolken. Kein Wort, das er ge-