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könnt« und Im übrigen ein Dährungschaos unvermeidlich wäre. Ho etaenarttg es auch klingt, hat augenblicklich die ganze Delk ein Interesse daran, daß Frankreich bei der reinen Goldwährung bleibt; denn ohne den sreien Sold markt in Pari» märe ein« Festsetzung der einzelnen Wäh rungswerte gar nicht mehr möglich. Um zu Holland zurackzukehren, ist di« Bank von Hol land gezwungen, die Dulden-, die gegen Francs eingetauscht worden sind, gegen Sold wieder «inzulösen, da andernfalls der Suldenkurs nicht stabil bleiben würde. Auf dies« Wei se vermag der holländische Kapitalist, wenn auch auf eini gen Umwegen, Sold zu Hamstern und zu horten. Aehnlich liegen die Verhältnisse für di« Schweiz. Man braucht dies« Entwicklung nicht mit Sorge zu betrachten, wenn es in re lativ kurzer Zeit gelingt, die Weltwährungen zu stabilisie ren. Denn bisher hielten sich die Goldabgaben noch in re lativ engen Grenzen. Gefährlich wird die Situation in dem Augenblick, da die jetzt bestehende Bewegung der Goldhor- tuna anhält und damit die Goldbesiände der Bank von Hol land und der Schweiz zusammenschmelzen. Es ist kein Zufall, daß gerade die Länder, die schon eine schwere Inflation hinter sich haben, für Beibehaltung der Goldwährung sich einsetzen, während gerade die -roßen lind reichen Staaten, die ein« Inflation überhaupt nicht kennen gelernt haben wie z. B. Amerika, und England, das sie rasch überwunden hat, sich mit erstaunlicher Schnellig keit zur Aufgabe des Goldstandards entschlossen haben. Ent scheidend ist für die Weltwirtschaftskonferenz, auf der auch di« Währungsfragen geregelt werden, die Haltung Frank reichs; hier wurde die Stabilisierung erst 1928, also vor fünf Jahren, durchgeführt, und zwar ist der Franc zum fünften Teil seines Wertes stabilisiert worden. Das bedeutet, daß da» französische Volk bedeutende Inflattonsverluste erlitten hat. Bei der bekannten Einstellung des Franzosen, der in erster Linie Sparer und Rentner ist, besteht eine allge meine Animosität gegen jede Inflation, die nur zur Ver- nichtung der vorhandenen Vermögenswerte führen würde. Selbstverständlich gibt es auch in Frankreich Kreise, die an einer Francentwertung Interesse haben, und'zwar die Exportindustrie und überschuldete Betriebe. Sie können jedoch nicht gegen die im Land vorherrschende Stimmung aüfkbmmen. Em wichtiges Argument, das von Inflations gegnern angeführt wird, besteht darin, daß nicht einmal der französische Export von einer Aufgabe der Währungs- stabilitat Boneile hätte, da km selben Augenblick, da dies emtritt, ein allgemein«» Währunaschaos folgen würde, io daß Frankreich nicht einmal di« kurzen zeitlichen Vorteil«, die England hatte, genießen würde. In der Währungsfrage heißt es, zwei Wochen vor der Weltwirtschaftskonserenz nicht die Nerven zu verlieren. In Deutschland und vielen anderen Ländern wird di« Wäh rungsparität nur noch durch eine scharfe Devisengesetzge bung aufrecht erhallen. Trotzdem konnte z. B. für Deutsch land nicht verhindert werden, daß die Reichsbank beträcht liche Devisenverluste erlitt. Das ist ja auch der Grund, weshalb in Berlin die Gläubigerkonferenz einberufen wurde. Deutschland seinerseits hat keinesfalls ein Interesse daran, die Währungsstabilität aufzuheben, es sei denn, daß Maßnahmen anderer Länder es dazu zwingen. Tatsächlich ist di« Frage der Währungsstabiliflerung und der Neuverteilung der Soldvorräte auf der Weltwirt- schaftskonferenz vordringlich. Jnteresianterweis« werden wahrscheinlich Frankreich und Deutschland oft Zusammen arbeiten gegen die Länder mit entwerteten Währungen England und Amerika. Der Run auf Gold kann nur ge stoppt werden durch Wiederherstellung de» Vertrauen». Dies wird sich rasch einsinden, wenn alle Staaten sich wie der zur Währungsftäbilität bekennen und ihnen auch durch eine Neuverteilung der Golüvorriite die Möglichkeit gegeben wird, die Währung gegen wiederaustretende Schwankun gen zu verteidigen. Landgericht Bauherr. (Nachdruck verboten.) wegen versuchter Verleitung zum Meineid verhandelte die 3. Große Strafkammer unter dem Vorsitz des Landgerichtspräsidenten Dr. Kurth gegen den bisher unbescholten gewesenen 23 Jahre alten Gefreiten Richard Erwin Domsch der ö. Komp, des Jnf.-Regi- ments 10 in Bautzen. Domsch war am 2. März 1933 vom Schöffengericht Bautzen erstinstanzlich zu 1 Jahr 3 Monaten Zucht haus und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt worden. Er und auch die Staatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil Be rufung eingelegt. — Domsch hatte auf einem Seminar die Reife prüfung bestanden und dann bei der Reichswehr die Zahlmeister laufbahn eingeschlagen. Am Sonnabend, den 29. Noveniber 1930, hatte er, wie schon das Schöffengericht als erwiesen angesehen hat te, auf dem Tanzsaal des „Heiteren Blick" in Bautzen die ledige Auguste Emma Reiche» aus Cunewalde kennen gelernt und am selben Abend noch mit ihr intim verkehrt. Am 1. September 1931 hatte die Reiche» einen Knaben geboren. Die Empfängnisse» lief also vom 3. November 1930 bis 4. März 1931. Am 26. September 1931 hatte der Amtsvormund des Jugendamtes des Bezirksoerban des Klage gegen Domsch wegen Leistung von Unterhaltsbeiträgen für da» Kind beim Amtsgericht Baugen erhoben. Sm Termin am 22. Oktober 1931 hatte Dänisch eingewendet, er habe die Kindel mutter schon am 1 November 1930 kennen gelernt und an diesem Tag«, also außerhalb der Empsängniszeit, mit ihr intim verkehrt, die KIndcsmutter habe außerdem noch mit anderen Männern geschlechtlichen Verkehr gepstogen. Die Reiche» hatte ausgesagt, daß der einzige und erste Geschlechtsverkehr mit Domsch am 29. November 1930 stattgefunden und sie in der Empsängniszeit mit anderen Männern nicht intim verkehrt habe. Am 4. Januar 1932 war Domsch persönlich bei der Rekhelt in Cunewalde gewtsen und hatte nach deren Behauptung sie aufgesordert, zu bezeugen, daß sie schon am 1. November 1930 ihn kennen gelernt und mit ihm Geschlechtsverkehr gehabt und daß sie in der Empsängniszeit auch sich anderen Männern hingegeben habe. Obwohl die» von der Reiche» abgelehnt worden war, hatte Domsch dann am v. Januar 1932 an sie einen Brief geschrieben, darin seine Aufforderungen wiederholt und diese dahin erweitert, sie solle betreff» de» Ver kehrs mit anderen Männern dem Gericht Einzelheiten angeben, wann und wo dies geschehen sei. Er hatte hinzugefügt, da» sei di« einzige Möglichkeit, dem ihm drohenden Unheil aus dem Weg« zu gehen. Im Leben gebe es manchmal keinen anderen Ausweg, al» eine Lüge zu gebrauchen. Fall» sie diese Angaben beschwören müsse, könne ja niemand etwas nachweisen, wenn sie beide einig seien. In einem Briefe vom 27. Sept. 1931 hatte Domsch übrigens der Reiche» angeboten, ihr zwei Jahre lang monatlich IS RM., die nächsten zwei Jahre monatlich 20 RM. und dann weiter mo natlich 25 RM. zu zahlen, außerdem die Entbindungskosten zu tra gen und eine Entschädigung für Verdienstausfall zu gewähren, ohne damit eine Schuld auf sich zu nehmen, oder die Vaterschaft anzuerkennen. — Den Brief vom 9. Januar 1932 hatte die Rei che» dem Amtsvormund übergeben. Hierauf war das strafrecht, liche Verfahren gegen Domsch «Ingeleitet worden. Im Zlvilklag- und im Strafverfahren hatte Domsch den Gerichten zu seiner Ent lastung Briefe und Postkarten überreicht, auf denen teils das Da tum des Poststempels ausgekratzt oder abgeändert worden war. Der Inhalt der angeblich von der Reiche» stammenden Briefe und die Handschrift waren gefälscht. Der als Sachverständiger gehörte Professor Dr. K o ck e l - Leipzig, der auf diesem Gebiete in ganz Deutschland als Autorität anerkannt ist, wies unwiderleglich nach, daß der Briefinhalt durch Durchpausen von Worten au» echten Schriftstücken der Reiche» hergestellt worden war. Der Sachver ständige bezeichnete die Fälschungen als so kunstfertig ausgeführt, wie sie ihm in seiner langjährigen Tätigkeit noch nie vorgekommen seien. Noch nach Abgabe des ersten Gutachtens des Prof. Dr. Kockel hatte Domsch zur Entkräftung des Gutachtens und zwecks Täuschung des Gerichtes noch weitere gefälschte Schriftstücke ein gereicht. Am 18. April 1932 war der Angeklagte im Zivilprozeß zur Zahlung von Untrrhaltsbeiträgen verurteilt worden. Im Ok tober 1932 war er Vater eines zweiten unehelichen Kindes von einem anderen Mädchen geworden. Trotz des erdrückenden Be weismaterials behauptete Domsch heute immer noch, der intime Verkehr mit der Kindesmuttrr habe vor der Empsängniszeit und ^H^vnnk nur der jungen Brust ihr Wogen von Leid in Lust, von Lust in Pein: Tränen der Lied und froher Hoffnung Schein, das gibt deS Lebens schönsten Regenbogen. Getbel. Ls weint Lier I^arr Nomsn von - E E!? — — Suet- U lU L (3. k^oriseirung) (blacticiruck verboten) v. Lossow preßte das Mädchen an sich, er fühlte durch seinen Anzug dfe Wärme ihres Körpers ... Sie riß sich los und sprang mit gleitenden Bewegungen auf di« kleine Bühn«. Sofort wechselte die Musik das Thema. Angiolina tanzte. — Sie wand sich mit einer Geschmei digkeit und Grazie, die einer ersten Künstlerin Ehre gemacht hätte, v. Lossow verfolgte mit halbgeschlossenen Lidern jede ihrer Bewegungen. Er hatte inzwischen Asti bestellt und trank hastig einige Gläser hintereinander. Sein Fuß schlug den Takt an das Tischbein — wie Feuer lief ihm Musik und Wein durch die Glieder. Da — ein greller Pfiff — und Mit kühnem Sprung saß ihm Angiolina auf dem Schoß. Er hatte Mühe die Balance zu halten, so heftig war der An prall. Sie kuschelte sich in seinen Arm und sah ihm von unten herauf ins Gesicht. „Gebt zu trinken, Herr, meine Kehle ist durstig gewor den vom Tanz, und dann sagt mir, was Ihr hier sucht." „Ich bin einer, der malt, Angiolina," sagte er zerstreut, „so eine kleine braune Hexe wie dich habe ich zwar noch nicht gemalt, aber ich möchte es wohl gerne." „Oh, so seid Ihr ein Künstler, Herr, wie Andräa Breg- no einer war, dessen Werke die Fremden heute nach vier hundert Jahren hier in der Kirche noch besuchen?" „Richtig, mein Kind," lachte v. Lossow, „nur nicht ein so ganz großer, denn nach vierhundert Jahren wird sich kei ner mehr um meine Werke bekümmern — es kümmert sich schon jetzt keiner darum." „Ach — das tut nichts, Herr," belehrte sie eifrig, „denn das soll immer so gewesen sein bei den großen Künstlern." „Ei, ei, was sie nicht alles weiß, die kleine braune Angiolina." „Oh, ich weiß noch viel mehr, Herr." „Und das wäre?" Sie zog ihr Gesicht in wichtige Falten, und mit einem tiefen Seufzer begann sie: „Daß man zum Beispiel keine Zi garette raucht, bevor man nicht seiner Dame eine angeboten hat." v. Lossow lachte herzlich auf und steckte ibr '.fiuell die seinige zwischen die blitzenden Zähne. Sie sog behaglich daran weiter, sich unbesorgt in seinen Arm legend .. . v. Lossow leerte fern Glas. Verteufelt noch mal — machte ihm die klein« braun« Hexe heiß . . . Begehrend beugte er sich über ihren roten Mund. Seine Hand hielt ihre Brust umspannt. „Sage, Angiolina, wohin wirst du mich gleich führen?" Sie umschlang seinen Hals und flüsterte ihm etwas ins Ohr. In seinem Gesicht malte sich größtes Erstaunen. „Zur Prescara di Osteno? Wo ist sie? Da mag es ja ordentlich kalt sein." Sie hielt ihm den Mund zu. „Sei still — das soll nie- mand hören." Er ergriff ihr« Hand und hielt sie fest. Da bei fiel ihm auf, daß sie manikürt war. Und wieder war es ihm, als. hätte er die Hand schon irgendwo gesehen, nur hätte sie damals blitzende Ringe getragen. Er besah sie ge nauer. Nein, diese Hand hatte nie Ring« getragen. Sie «ar braun und verbrannt, und nirgendwo zeigte sich der Abdruck eines Rinae». „So komm, laß uns eilen," drängte er und stellte An- giolinä auf die Füge. Sie schlüpfte in Bluse und Rock, wäh Arno v. Lossow war in den nächsten Tagen nur zu den Mahlzeiten zu sehen. Und auch diese überschlug er oft. Wie er sagte, machte er Skizzen von Berg und Wald, er brachte auch tatsächlich manch prächtige Farbenstudie mit. In Wirk lichkeit verbrachte er aber jeder freie Stunde bei Angiolina. Wenn Arno v. Lossow im Brand seiner Sinn« stand, ver gaß er alle gesellschaftlichen Verpflichtungen. Rücksichtslos schob er zur Seite, was ihn hemmte und belastete. Sein In teresse für Elisabeth war vollständig verflogen. Blaß er schienen ihm ihre Reize, farblos ihr ganzes Wesen, neben Angiolina, dem sprudelnden Naturkind mit den ewig wachen Sinnen, di« nichts von den Künsten der modernen Frau wußte, der aber di« erdhaften Künste der Eva aus dem Paradies noch eigen waren. Immer wieder trieb es warten, bi» das Mädchen erschien, oft lag sie schon zusam mengerollt wie eine kleine Katze im Heu und empfing ihn ihn zu jener Hütte auf den Felshöhen. Oft mußte er lange mit glühenden Küssen. Dann versank Zeit und Raum in rotglühender Zeitlosigkeit. ten Perlen. Sein Gesicht war wachsgelb. Nervös nagte er an seinem Bart. „Was nun?" Fragend, sah er zu Wanjka auf. „Uns bleibt nur Gewalt," sagte er zögernd. „Gewalt?" Ianusch stützt« den Kopf in die Hände. „Es gibt kein« unzuverlässigere Brut als die Weiber, wenn man sie mit Mannern zusammenbringt," knirschte Wanjka. „Weshalb ließt Ihr sie auch gestern laufen? Sie konnte gut im Hotel bleiben, di« Gefahr lag immerhin nahe„ daß cr nach Osten« fuhr und sie dort traf. Wenn sie schweigt ist die Sache weiter nicht schlimm, aber wer weiß, was ihr cinsällt in ihrem Liebestaumel. Durch eine Andeutung kann sie alles verderben." „Unke nicht wie ein altes Werb," schrie ihn Wanjka auf springend an. „Sie weiß nicht viel, das ist gut — „Höre, Alter," sagt« er zu Beppo gewandt, „sie wird ersäuft wie eine Katze, wenn sie uns lästig wich." „Die Angiolina ersäufen, Herr?" Das einfältige Gesicht Beppos überlief ein Grinsen. „Die muß man erst haben." Er kicherte unentwegt weiter und trug seine Pfanne zum Ofen zurück. Wanjka warf ihm ein Trinkgeld zu. Mit schweren Schritten verließ er die Hütte, stumm trippelte Ianusch hinter ihm drein. rend v. Lossow bezahlte. Niemand beachtete sie als sie in die Nacht traten. Der Mond war inzwischen ein gute» Stück weiter ge zogen. Beinahe schien es, als wären di« Sterne schon blas ser. Angiolina schritt, in ihr leichtes Tuch gehüllt, fröstelnd neb«n v. Lossow her. Durch das ganze Dorf führt« der Weg, vor der Brücke rechts ab, über einen kurzen Steg. An einer Felsecke befand sich ein kleines Restaurant, von wilden Re ben dicht bewachsen. Behende kletterte Angiolina an den Reben empor. Mit einem Schlüssel in der Hand kam sie zurück. — Sie löste einen Kahn. — Zwischen hohen Fels wänden bewegte er sich gespensterhaft durch die Schlucht. In die Dunkecheit, die dort herrschte, lugte hier und da ein Stern, und geheimnisvoll umspielte das Mondlicht die Fels zacken. '... . Mit einem Rucke hielt der Kahn. Das Mädchen sprang auf einen Stein. Dann reicht« sie v. Lossow die Hand. Un sicher tappte er ins Dunkle. Angiolina band den Kahn fest. Auf glitschrigem Pfad führte sie v. Lossow Mir Höhe. Schweigend gingen sie zwischen den engen Felswänden. . . Endlich tat sich der Fels auf. An steile Hänge lehnt« sich eine niedrige Hütte. Das Mädchen stieß die Tür auf. v. Lossows Fuß trat auf Heu. Angiolina griff nach seinen Händen und zog ihn nieder. Schwer atmete v. Lossow den Duft des trockenen Heues. An seiner Brust lag das Ma chen, sie hielt ihn mit beiden Armen umfangen. Da über ließ er sich der Glut dieser seltsamen Nacht. Am anderen Morgen wartete Angiolina vor dem Häus chen Beppos. Sie trug den roten Rock und die Bluse vom gestrigen Abend. Ihre Hände hielten ein großes Paket, nervös zupfte sie an dem Papier, das es umhüllte. Immer wieder spähte sie die Straße hinab, aber es war nichts zu sehen . . . Endlich kamen ganz unten zwei Gestalten die Straße herauf, eine große und «ine klein«. Hastig trat An giolina ins Haus zurück. „Bleib hier, Beppo," sagt« sie zu dem Alten, der bei ihrem schnellen Eintritt von der Pfanne aufsah, mit der er sich essend beschäftigt hatte. Die Hütte war voll von dem Qualm des gebratenen Fisches, unange nehm legte er sich auf Hals und Augen. Es dauerte nicht lange, so traten die Russen ein. „Was stehst du noch hier in der qualmigen Bude, bist du noch nicht fertig, Mädchen?" „Euer Geschäft taugt nicht, ich will nichts damit zu tun haben," stieß Angiolina hervor, vergeblich gegen den Husten reiz ankämpfend, den ihr der Rauch verursachte. „Hier sind die Kleider und der Schmuck, gebt sie einer anderen, die euch williger dient." Wanjka trat auf sie zu, seine schwarzen Augen blitzten sie drohend an: „Bist du des Teufels? Was ist in dich ge fahren?" „Nichts," sagte sie trotzig, „ich will nicht." „Sofort ziehst du dich um," herrschte sie Wanjka an. Angiolina trat höhnisch lackend einen Schritt zurück: „So laßt euch sagen, ich verderbe euch nur das Spiel, ich habe mir euer» Kavalier in der Schenke geholt. Ich kann ihm das Märchen von der großen Tänzerin nicht mehr er zählen." Dröhnend schlug di« Hand des Russen auf den Tisch. „So hast du alles zunichte gemacht — wirst nun wohl Der- rat üben und den Lohn auf der anderen Seite holen?" fragte er lauernd und knirscht« mit den Zähnen. „Die Son ne geht nicht mehr für dich auf, wenn du unfern Plan störst." „Was gehen mich eure Pläne an, was frag« ich nach dem blonden Mädchen, solang« ihr mit ihm nichts vorhabt? Und nun nehmt euern Tand und g«ht." Mit katzenartiger Geschwindigkeit glitt sie hinter Wanjka hervor, nahm das Paket und warf es zur offenen Tür auf die Straße hinaus. Dort fiel es auseinander. Di« Ringe und Perlen rollten in den Staub . .. Hurtig sprang sie darüber hinweg, und eine Gedankenlänge später war sie verschwunden. Micholaiewitsch Wanjka ließ sich schwer auf den ein zigen Stuhl der Hütte fallen. Ianusch kniete im Staub der Straße und suchte mit seinen langen Fingern die zerstreu Eigenartigerweise bdkarn Frau Dahlen das Klima in Lugano nicht sonderlich gut. Sie klagte häufig über Kopf schmerzen und lag viel auf der Terrasse. Trotz Elisabeths drängender Bitte ließ sie es nicht geschehen, daß Elisabeth bei ihr blieb. „Du sollst Frühlingsfonne haben," wehrte sie ab, „ich vertrau« dich Herrn v. Fredershagen sorglos an, wandere und genieße, mein Kind." , In diesen Tagen des Alleinseins wurde sich v. Freders- Hagen seiner Liebe zu Elisabeth bewußt. Eine tieft Be wunderung erfüllte ihn vor dieser reinen Mädchenseel«. Wie aus anderen Welten flatterte sie durch das Leben, ihr Mund erzählte froh und unerfahren, wie der eines Kindes. Sie liebte die Blumen und Tiere, jedes Ding bekam Seele und Gestalt, das ihre Augen sahen. Die Ausflugsort« d«r Menge mied sie. Am liebsten besuchte sie alte Kirchen und träumte in deren Dämmerung vo? alten Altarbildern, oder sie kletterte auf Zickzackvfaden an einsamen Gehöften vorbei, aus den«n dunkle Kinder augen fragend auf die schöne Fremde blickten. Die bissigen Hofhunde, die sonst jeden Wanderer mißtrauisch ankläfften, traten wohl schnuppernd vor das Gehöft, doch da» war alles, wodurch sie anzeigten, daß sie die Nähe eines Fremden wahrgenommen. v. Fredershagen begleitete Elisabeth getreulich auf allen Wegen. (Fortsetzung folgt »,