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Nr. 42. V.MMM Mörsers Heimat Sonrrlags-Kerkrgs zmn KüchsischsnLrzähltzr Die „Wustlche" in Nie-erneukirch. Von E. Nierich, Neukirch. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges besaß Neukirch außer seinen beiden Rittergütern noch einige andere kleine Rittersitze, sogenannte Freigüter. Mehrere von den dama ligen Adligen lebten in sehr kümmerlichen Verhältnissen, so daß sie froh waren, wenn sie nicht das Schicksal der He lene von Haugwitz oder der Margarethe von Nostitz teilten, die als Haushälterinnen im Oberhofe Stellung suchten, sondern ein kleines Freihäusel als Eigen nannten, wie einige Damen von Schreibersdorf. Eine solche Adels familie, die auch einst bessere Tage gesehen hatte, war die derer von Parzifall (auch Parzifeld, Berzifell) genannt. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts besaßen sie noch das Ritter gut Prossen bei Schandau mit den Dörfern Porschdorf und Wendischfähre, sowie das Rittergut Altendorf. Durch die kriegerischen Zeitläuse mag das Geschlecht wie viele andere verarmt sein, so daß wir sie 1631 auf einem mittleren Frei gut in Niederneukirch finden. Das war aber auch gerade das Jahr, in dem das Dorf am meisten unter dem Einfalle der wilden Kroaten zu leiden hatte. Da niemand vor dem rohesten der Kriegsvölker seines Lebens sicher war, flohen fast alle Bewohner in die schützenden Wälder. Mit großem Geschrei zerschlugen die Krieger alles, was ihnen unter die Hände kam. Dre Kirche wurde erbrochen und beraubt, Möbel auf die Straße geworfen, und wer sich noch nicht im Walde in Sicherheit gebracht hatte, fiel ihren Musketen kugeln zum Opfer. So fand man auch den Rittergutsherrn des Niederdorfes, Ulrich II. von Nostitz, in der Nähe von Bischofswerda, wohin er fliehen wollte, erschlagen auf. Durch den leichten „Sieg" dreist geworden, drang die räu berische Horde den Bewohnern in die Wälder nach bis vor die Mauern von Neustadt. Hier fanden sie aber so tapfe ren Widerstand, daß sie den Rückzug antreten mußten, der durch die Verfolgung durch Neustädter Bürger, unterstützt von Bauern der umliegenden Dörfer, zu einer regelrechten Flucht wurde. Erst in dem verlassenen Neukirch sammel ten sich die Kroaten und zogen langsam durch das Dorf nach Naundorf zu. Aui dem Wege kamen sie auch an dem Parzifallschen Gute vorbei, das als letztes an dem Hange stand. Aus Wut über ihre erlittene Niederlage brannten sie dieses vollständig nieder. Zwei Jahre später fiel kaiser liches Kriegsvolk mordend und sengend ein, so daß man, wie ein Augenzeuge berichtet, auch nicht eine Henne hätte erhalten können. Selbst der Wald bot nicht mehr die Sicherheit, und nur bei Nacht wagten sich die Beherzten in die Nähe des Dorfes. 1637 hausten sieben Wochen lang Landsknechte derart in dem verlassenen Dorfe, daß viele Güter, darunter auch Hans Heinrich von Nostitz Edelhof, in Flammen aufgingen. Türen und Fenster gab es in kei nem Hause mehr, selbst der ,Lurmseiger" wurde „verbergt" »Md der Sewichtsstricke beraubt. Zweimal noch zogenKriegs- Heere durch den Ort. Der Schwedengeneral Kömgsmarck setzte sich hier fest, so daß ein Zeitgenosse schreib^ daß am Ende des großen Krieges Neukirch „völlig oen>ervt wm. Die Kriegslasten waren so schwer gewesen, daß viele nmst mehr in der Lage waren, ihr Haus wieder aufzubmren. wo wissen wir, daß ganze Dörfer als wüste Marken liegen He blieben sind. Auch den Parzifalls war es nicht mehr mög- lich, das niedergebrannte Gut wieder autzubauen. E» blieb als Wüstung liegen, die der spätere Besitzer, der SW- tergutsherr des Niederhofes, Johann Friedrich von Knoch, am 24. März 1656 als „Wüstlung genandt" dem Großgärt- ner Peter Thonig für fünfzig Thaler verkaufte. Das Hau», was sich dieser Thonig hier erbaute und sämtliche „Wiesen, Hüttungen und Holzungen" behielten aber im Bolle den Namen „Wüstlung, Wüstliche, Wustlche", wie es bi» auf den heutigen Tag noch genannt wird. Nach dem Kaufver träge hatte der von Parzifall noch eine Kirchenschuld von 16 Thalern; „und halt der von Parzifall die Kirche wegen solcher Schuldt uf sein ander guth hirgegtn zuversichern". Daraus geht hervor, daß das Geschlecht entweder noch eia Gut besaß oder sich für die verkaufte „Wüstlung" ein anderes, vielleicht kleineres, kaufte. Der Adelsstolz dieses durch die Zeitverhältnisse verarmten und herabgekomme nen Geschlechtes wurde völlig gebrochen durch die Demüti gungen der Niederneukircher Gutsherrschaft, al» die von Ponickau auf dieses freie Geschlecht den Gestndezwang an wendeten und Maria von Parzifall als Kuhhirttn und ihre Schwester Johanna von Parzifall (auch Parzival geschrie ben) als Mittelmagd wählten. Kein Wunder, wenn die Familie ihren Adel vergaß und sich put Bewohnern des Dorfes verheiratete» Hans Siegmund von Parzifall führte eine Ursula Thunig heim, und ein Schmied Petschel war mit Maria und ein Bauer Düring mit Sibylle vorrchiarzi- val vermählt. Daraufhin verschwand dann der Name die ses schwer geprüften Geschlechtes ganz aus Neukirch. Die „Wustlche" kennen aber die meisten heute noch, ohne zu wissen, welche Zeiten bitterster Kriegsnot über Vie Fluren gegangen sind, die dem Anwesen diesen Namen gegeben haben. Gin weiteres Naturdenkmal der diluvialen Eiszeit in der Gderlausttz. Der Mpdmühlenhügel von Gleitta. Im Zusammenhang mit den bereits früh« i» diesen Blatt«« Nr. 43 vom 26. .Oktober 1924, Nr. 1 vom 4. Januar ISS und Nr. 38 oöm 19. Sept. 1926 beschriebenen Naturdenkmälern «ms d« großen diluvialen Eiszeit, fei heute noch em« solch« wichtig« Munde gedacht, well solche gerade bei uns tn Sachsen, im südlich sten Randgebiet der Vereisung, überaus selten sind. Ls hmüielt sich um den Gleinaer Windmühlenhüget zwischen Königswartha und Baruth, den Rest einer Endmoräne, d« hter i» Äm« überaus lehrreichen Aufschluß beobachtet werb« kam«.