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des Stettiner Giechenhauses und ein Unteroffizier des Pio nierbataillons 2 wurden gleichfalls festgenommen. Das neue Maffengefetz. Wie eine Korrespondenz mitteilt, wird der Entwurf des neuen Gesetzes über Schußwaffen und Schießbedars einige wichtige Erweiterungen erfahren. Während bishßk nur für die Führung von Schußwaffen an öffent lichen Orten ein Waffenschein erforderlich war, wird nun mehr der Besitz von Waffen überhaupt von der Erteilung einer Erlaubnis abhängig gemacht. Auch Kleinkali berbüchsen dürfen nicht ohne Waffenschein erworben werden. Außerdem werden die Führung von Kleinkaliber waffen durch politische Organisationen sowie das Abhalten von Schießübungen in militärischer Form verboten werden. Stahlhelm und Keamteneid. Wie der „Vorwärts" meldet, hat der Regierungspräsi dent von Merseburg bei dem preußischen Minister des Innern den Antrag gestellt, den Beamten die Zugehörig keit zum Stahlhelm mit Rücksicht auf die schwere Be schimpfung der Reichsvcrfassung in dem Stahlhelmorgan, der „Standarte", zu verbieten. Der Regierungspräsident von Merseburg hat ferner den Polizeipräsidenten von Halle und die Landräte angewiesen, unverzüglich gegen die studentische Mensur einzuschreiten. Keine Erhöhung der Kalipreife. Berlin, 24. August. (Drahtb.) Wie wir von zuständiger Seite erfahren, hat der Rcichswirtschaftsminister die durch seinen Bevoll mächtigten ausgesprochene und begründete Beanstandung des Be schlusses des Reichskalirats, die Kaliprcise mit Wirkung vom Sep tember 1926 um 12 Proz. zu erhöhen, ausrcchtcrhaltcn. Der be anstandete Beschluß tritt infolgedessen nicht in Kraft. Eine Er höhung der Kalipreisc erfolgt somit nicht. Neues aus aller Welt. Das GifenbahnaLlenlat. Belohnung für den Weichensteller bei Leiferde. Berlin, 23. August. Bekanntlich hat gelegentlich des Unfalles bei Leiferde der auf dem Block Nr. 169 dienst tuende Weichensteller Klusmann durch seine Geistesgegen wart verhindert, daß ein von Hannover kommender Zug in den entgleisten Zug hineinfuhr. Klusmann brachte den nur noch etwa zwei Kilometer entfernten Zug dadurch zum Halten, daß er in peinlicher Ausführung seiner Dienstvor schriften dem Zug entgegenlief. Von der Verwaltung der Reichsbahn wurde dem Weichensteller für sein umsichtiges Handeln Anerkennung ausgesprochen. Er erhielt eine be sondere Leistungszulage in Höhe von 1000 Mark. Neue Verhaftungen. Hannover, 23. August. In Grußendorf (Kreis Gif horn) wurde am Sonntagabend der frühere Händler W. N. festgenommen. Er wird von einem Arbeiter namens Mohle aus Essen an der Ruhr, der selbst sein Alibi nachweisen konnte, bezichtigt, das Eifenbahnattentat bei Leiferde verübt zu haben. W. N. konnte sein Alibi nicht einwandfrei nach weisen. Er behauptet, in der fraglichen Nacht seine Eltern Mit -em Frachtdampfer -urchs Mittelmeer. Von Albert Schweitzer. (Nachdruck verboten.) Das ist das Schöne an einer Seefahrt: man wechselt den Aufenthalt, ohne sein Quartier zu wechseln; man fährt von einem Erdteil zum anderen, und bettet doch immer wieder das von rei chen und ungewöhnlichen Eindrücken müde Haupt ans demselben Lager.' Losgelöst von allem, was die Ruhe stören könnte, trägt einen die kleine, schwimmende Insel von Europa nach Afrika und dann nach Asien. Als ich an Bord der Oldenburg kam, sah es an Deck noch recht wüst aus. Kisten, Fässer und Ballen wurden un unterbrochen verfrachtet. Endlich mar die Ladctäligkeit beendet, der Lotse an Bord und gegen zehn Uhr abends lichtete die Oldenburg ihre Anter. Bei Hellem Mondschein fuhren wir mit halber Kraft am lichterglänzcndcn Altona vorbei. Bei Cuxhafen verließ uns der Lotse und dann nahm die Nordsee uns schaukelnd und kosend auf ihren Rücken. Am folgenden Tag passierten wir bei starkem Nord west Borkum, dann folgten Calais und Dover. Die Fahrt durch den Kanal ging ruhig bei bedecktem Himmel und schwachem Nordmcst vonstattcn. Aber schon bei den Easkadcinseln begann die See unruhiger zu werden. Die Ausfahrt in den Atlantischen Ozean brachte Sturm. Die kurzen, von einem starken Nordwest aufgeregten Wogen schau kelten unser Schiff recht unfreundlich und van den 76 Passagieren lag die Mehrzahl jämmerlich in den Kabinen fest. Sturzwellen g-rgen über Deck und nur auf der Kommandobrücke (deren Betre ten mir unser liebenswürdiger Kapitän gestattet halte) war der Amrmha-t noch möglich, wenn man einige Spritzer mit Humor in rechn. So blieb cs auch noch die nächsten zwei Tage. Der Colt : an B'-rayo hat seinen Ruf bewahrt, das holprigste Pflaster zu stn, so- der Seemann befahren kann. Im Spciscsaal müssen mir ch- eiten inii Hindernissen einnehmen, die Schlingcrlei- sten w>na> - n- T"-')e beiestigt und beim Diner gibt cs manches un'reiw.Uix lpoßch ne Intermezzo. Endlich liegt der Golf hinter uns und Ü.U' Kvvr auch die Brise ab. Von leiser Dünnung ge schaute ,a,,> > wn cn der portugiesischen Küste entlang. Nach und nun 'amen o > Lrekror.len wieder an Deck, der Spcisesaal Widerhall., nur -euch -den Geplauder und Gläscrtlingcn, aus dem Promenadendeck wurde achllnet und Schubleboard gespielt. Die Witterung bei,- sich llheu-.-. Aus den tiefblauen Fluten des Atlnuiil spielten Delphi-.-, nährend in der Ferne eilt Wal seine Fontanc inu mächtigen- Sirohl in dch Lult schleuderte. Kap Roca kam in Sichll dann pallie- - > w - ix-, herrliche Schloß Cintrn. Die Leuchlstuc o .n,u ttllund. G'-ou ihre Grüße durch die Stcr- iicnnacht. Vorbei gehl e- an .dug St. V'ncent, mit dem auf hohem, grauem Felsen gelegenen Keuchnurm. In der Sonne gebadet liegt ein portugiesisches Fon uns dos Klober Kes heiligen Vincent. In aller Frühe erblickten wir Tanger nm le em weißen Häusermeer. Torissa und Algeciras bleiben zur ^n-len, Tanger zur Rechten, und schon haben nur die Straße ourchmn en, die Ken On-nl vom Okzident, das geheimnisvolle Reich der Märchen, Atntu, m,u dem nüchternen klaren Rationalismus Europas scheidet. Blau lacht Ker Himmel, sacht streichelt der Zephir die Wangen und ein Tag l egt über der See so wunderbar schön, wie ein Märchen. Plm-Iich ragen die mächtigen Bastionen von Gibraltar empor. Linls und rechts steigen hinter schmalem Vorlande, aus dem wie Haufen well ßer Scherben eng zusammengepreht, uralt, Städte schlummern, die in Hannover besucht zu haben. Die beiden Genannten ken nen sich vom Zuchthaus her. (W. T. B.) Nach Drahtmeldungen aus Hannover erklärte der Oberstaatsanwalt Dr. Stelling, der die Ermittlungen zur Aufklärung der Ursache der Eifenbahnkatastrophe bei Lei ferde leitet, daß wohl in einigen Fällen der Verdacht einer Täterschaft bestehe, der oder die Täter seien aber noch nicht ermittelt worden. Der am Sonntag in Grussendorf Ver haftete befindet sich noch in Haft. — Schwere Erkrankungen nach dem Genuß von Speise eis. Aus Offenbach a. M. wird gemeldet: Sonntag nachmittag erkrankten plötzlich, anscheinend nach dem Genuß von Speiseeis, in der Offenbacher Altstadt nicht weniger als 30 Personen; 18 von ihnen mußten ins Krankenhaus einge liefert werden. Ein 17jähriger junger Mann ist nachts ge storben. Die übrigen Erkrankten hofft man zu retten. — Auch in Hannover Fälle von spinaler Kinderläh mung. Aus Hannover meldet der Draht: Sieben Kinder des katholischen Waisenhauses in Hannover erkrankten an spinaler Kinderlähmung. — Ein norwegischer Gemeindevorsteher von Dieben gelökek. In Norderhov töteten Diebe den Gemeindevor steher, der sie verfolgte, durch Messerstiche und verwundeten einen anderen Beamten durch Revolverschüsse lebensge fährlich. Die Leiche des Gemeindevorstehers wurde von den Verbrechern ausgcplündert. — Von einem seltsamen Blitzschlag wird aus Kochel in Oberbayern berichtet. Ein junger Student der Forst wissenschaft unternahm kürzlich mit feinem Freunde einen Ausflug nach dem Herzog st and. Beim Aufstieg hat ten sie starken Regen. Nach ihrem Eintreffen in der Schutz hütte aber hellte sich das Wetter wieder auf, und der Him mel fing an zu bläuen. Dieser Witterungsumschlag lockte die beiden Freunde ins Freie. Mit einem Fcrnghgs be sichtigten sie die Gegend. Da zuckte plötzlich aus heiterem Himmel ein gewaltiger Blitzstrahl nieder, der den Htuden- ten mitten auf die Schädeldccke traf und, ohne diese zu durchschlagen, die Kopfhaut in der Größe eines Fünfmark- stückcs zerstörte und außerdem in der Fersengegend des linken Fußes drei Fleischwunden iin Umfange von Ein markstücken verursachte. Die Stirnknochen waren offenbar von einem durch den Blitz verursachten Schlag des Fern glases blauschwarz unterlaufen. Der getroffene Student fiel bewußtlos zu Boden und wurde von seinem Freund in die nahe Schutzhülle getragen. Unter den anwesenden Touristen befand sich auch ein junger Mediziner, der sich des Bewußtlosen annahm und feststellte, daß das Herz des Getroffenen noch gut funktionierte. Bereits nach einer Viertelstunde war dieser ohne jede Lähmungserscheinungen wieder bei vollem Bewußtsein. Während die Fußwunhen verhältnismäßig schnell heilten, geht die Heilung der stark eiternden Kopfwunde nur sehr langsam vonstattcn. Ein Wunder aber bleibt es, daß der an Kopf und Fuß Verwun dete sonst keinerlei Schaden genommen hat und sich voll kommen wohl befindet. Welchen Weg der Blitz genommen hat, ist den Aerztcn und dem Verletzten noch heute ein Rätselt An den Kleidern befinden sich keinerlei Seng- oder Brandspuren, nur das Innere des nägelbeschlagencn linken Bergschuhes zeigt einige kleine Beschädigungen auf. — Scirocco in Südsrankreich. Aus Montpellier wird gemeldet, daß in Südsrankreich seit drei Tagen ein furcht barer Scirocco wütet. Der größte Teil der Ernte ist be reits verbrannt. Zahlreiche Bäume und besonders die Weingärten haben schwer gelitten. steilen, kahlen Gebirge Spaniens und Afrikas empor, waldlos, nur von niedrigen! Gebüsch bewachsen, das die ewigen Felsen wie in einen Purpurmantel hüllt. Langsam sinkt der Tag hinter den Ge birgen; unsagbar weicher, flaumiger, samtartiger Glanz, wie von dunkelpurpurnen Violen, liegt über ihnen, der sich allmählich ins Tiefschwarze auslöst. Nach nnderthalbtägiger Fahrt im Mittclmeer laufen wir in den Hafen von Algier ein. In einem Arabcrboot gehe ich aus wenige Stunden an Land. Eine Fülle interessanter Eindrücke um fängt den Europäer, der hier zum ersten Mal afrikanischen Baden betritt. Das bunte orientalische Leben, die verschiedenen Menschen rassen fesseln das Auge. In den Kasfees drängt sich die elegante Welt bei den Klängen der Jazzbandkapellc ziisammcn, während würdevolle Araber ruhig ihre Zigarette rauchend in den Trubel blicken. Ein kurzer Gang nur durch die engen Gassen des Araber viertels mit seinen fensterlosen Fassaden bis zur Kasba, dem Fisch markt, der großen Moschee und durch den wundervoll angelegten Jardin d'Essay, dann lichtet unser Dampfer die Anker und hinaus geht es auf die wieder stark bewegte See. In der Frühe des nächsten Morgens flaut der Wind ab und ein französischer Lotse bugsiert uns vorsichtig dnrch die schmale Ein fahrt in den Kanal, der den flachen Tunissce durchschncidct und weiter in langsamer Fahrt aufwärts in den inneren Hafen. Hun derte von rosenroten Flamingos fischen ungestört im Tunissce. Tunis war einst ein berühmtes Seeräubcrnest, jetzt eine fran zösische Stadt mit vorwiegend italienischen Elementen. Sobald man die Lufbrücke betreten hat, begrüßt uns ein ohrenbetäubendes Geschrei: Kosferträgcr, Dragoman, Hcnelagenten, schwarze Visagen, ans denen die weißen Zähne nur so blitzen und weiße Visagen, ra sierte und bärtige Fczc und Zylinder, europäische Tracht und mau risches Zivil. Ein breiter Boulevard, prächtig bepflanzt, bildet den Eingang zur Stadt, elegante Oole's und Läden mit schönen Aus lagen folgen. Kamele und ll-.ünc Esel tragen ihre Lasten gemäch lich durch die Straßen. Natürlich sind mir auch durch die Souk, die Bazare geschlen dert und haben uns in Warenlager von Teppichen, Waffen und Schmucksnchen hineinnötigen lassen, nm bei einer Tasse frischen Mokkas alle Schätze des Orients nebst allem Imitntionsschund Europas vor uns ausbreitcn zu lassen. Wir strichen in den ent legenen Quartieren herum, wo die Araber noch ganz unter sich sind, wo jedes Häuschen sich selbstherrlich nach außen nbschließt. Wir haben uns an bunten Bildern erfreut, die das Leben der Kns- fceschenken und Märkte entrollen. Dann waren wir im Ghetto, wo die Jüdinnen Hausen, linier den jungen Mädchen findet man Typen von großer Schönheit. Freilich, wenn sic alt werden, dann werden sie selten schöner, wenigstens nicht sür den europäischen Ge schmack; denn Korpulenz gilt in Nordasrika als große Frnuenschön- heit. Durch eine Maismehlspeisc sollen sie systematisch gemästet werden und das Resultat entspricht dann ost dem Aufwande. Ein Bild hat sich mir besonders unvergeßlich eingcprägt — Karthago — oder vielmehr die Stätte, wo einst Karthago stand! Denn cs ist verschwunden, als wäre cs nie gewesen. Was einst noch über den Erdboden ragte, wurde als Baumaterial fortge schleppt. Aber eines hat sich in den zweitausend Jahren nicht ver ändert, die Natur. Noch dehnt sich die weite Lagune im Sonnen schein, noch hebt sich der Hügel, auf dem einst die unbezwingbare Akropolis errichtet war, in der Aencas liebte und Dido litt und starb; noch grüßen, ernst und schön die zackigen Gipfel des Atlas herüber. Einst stand hier das Handelszentrum des Altertums, das gewaltige Emporium des Welthandels jener Tage, die starke Her rin des größten Kolonialreiches. Und jetzt? Nichts als die kahl«. Aus Sachsen Leipzig, 24. August wieder eine Pilzvergiftung I» Taucha. Am Montag ist wiederum ein Arbeiter mit einer Pilzvergiftung in das Krankenhaus nach Leipzig eingelis, fert worden. Es handelt sich nach einer Meldung der „Neuen Leipz. Ztg." um den Arbeiter Zwingberger au» Pönitz bei Taucha, der nach dem Genüsse selbstgesammelter Pilze plötzlich erkrankte. Es liegt jedoch nur eine leichte Erkrankung vor. Leipzig, 24. August. Schwere» Autounglück. In der Nacht fuhr, wie die „Neue Leipz. Ztg." meldet, auf der Chaussee zwischen Zerbst und Tornau ein Automobil, in dem sich vier Personen befanden, mit großer Geschwindig keit gegen ein entgegenkommendes Fuhrwerk. Die Deichsel des Wagens verletzte einen der Insassen so schwer, daß er bald darauf starb. Die übrigen Autofahrer kamen mit leichten Verletzungen davon. Der Fuhrwerksbesitzer zog sich mehrere Verstauchungen zu. Die beiden Pferde wur den getötet, Auto und Fuhrwerk wurden vollkommen zer trümmert. Die Schuld soll den Führer des Autos treffen. Aus der Oberlausttz. ' Bischofswerda, 24. August. —* Deutsche Oberschule. Am Montag fand im Festsaal der Deutschen Oberschule die Nachfeier des Verfas- sungstages statt. Der gemeinsame Gesang des Liedes „Stimmt an mit Hellem, hohem Klang" eröffnete sic. Die Schülerin Ruth Seeliger trug dann das Gedicht von Otto: „Das treue deutsche Herz" vor. Ein in begeisternden Rhythmen gehaltener gemischter Chor „Deutsch vor allem", komponiert und geleitet von Herrn St.-R. Strieg - ler, bildete den Uebergang zur Ansprache des Herrn St.-R. Schlesier über: „Unter dem Zusammenklang von Vaterland und Volk steht die Feier. Daß deutsches Vater land und deutsches Volk Wirklichkeiten geblieben sind, daß sie nicht im Zusammenbruch untergegangen sind, ist ein Verdienst der Verfassung vom 11. August 1919, die deut sches Verantwortlichkeitsgefühl geschaffen hat. Wenn sie auch Mcnschenwerk ist, hat sie doch Großes gewirkt, die Ein heit des Reiches, die Ludwig Jahn 1810 in seiner Schrift als herrliches Ziel hinstellt, hat sie allem Vernichtungswil- len von außen und innen zum Trotz erhalten. Diese Ver fassung aber setzt eine Erziehung derer voraus, die einst deutsche Staatsbürger sein wollen. Sittliche Bildung, staats bürgerliche Gesinnung, persönliche und berufliche Tüchtig keit im Geiste deutschen Volkstums sind die Erziehungsziele, oder wie cs an einer anderen Stelle heißt: Die Erziehung des Nachwuchses zur leiblichen, seelischen und gesellschaft lichen Tüchtigkeit ist oberste Pflicht. Für diese Ziele ist schon Jahn ein Vorkämpfer gewesen. Durch seine Turn kunst will er Leib, Seele und Geist kräftigen und bilden. Auch heute noch sind Körperpflege und Körpererziehung, wie sie das moderne Turnen betreibt, Grundlagen für die Entwicklung eines tüchtigen Menschen; denn auch sittliche Wirkungen gehen von ihm aus; Geistesgegenwart und Ent schlossenheit, Mut und Kraft zum Wollen sind Früchte turnerischen Lebens. So ist das Turnen ein Stück Volks kultur voll wundertätiger Lebenskraft und hilft Menschen bilden mit deutscher Staatsgesinnung, die sich bekennen zum Wahlspruch des Leipziger Turnvaters Ferdinand Götz: Herz und Hand fürs Vaterland!" Nach diesen packenden, in ernste Mahnung ausklingenden Worten ertönte die braune Steppe, auf die die elektrische Bahn ein paar Globetrotter, ein paar Neugierige bringt. Wohl nirgends hat die Weltgeschichte ein erschütternderes Menetekel an die Wand der Paläste geschrieben. Mit tiefer Empfindung und wehmütiger Resignation verläßt man diese Stätte. Herr Griemelchen an seinen Hund. (Sächsisches Idyll vor der Haustür.) (Nachdruck verboten.) Nu gomm, mei gutes Hündchen, jetz woll mer alle bccdc wieder hibbsch miss bci's Frauchen geh'n, nich wahr? — Haftes gcheert, mei glecncs Schnuckelchen? de mußt doch schcene solchen, wänn dci Här- richcn seift. — Nu mache, gomm jey härt Wie ofte sol'ch dich dünne hcitc einladcn. — Awcr Fibbsel, was is'n bloß mit dir hcitc? De bist doch sonst so ä glecncs vruves Dicrchen. Mr gcnnt dich doch förmlich gar nich wieder! — Wechte du, das gränzt schon beinahe an Subnordinazjon! Nu das verschtehste nadierckch »ich in dein Hundegchärne. Jedenfalls gom-nste jetz ändlich hör, sonst zieh cl; ämal andre Seiten uff! — Wo siuste dünne w- wieder hin, dum mes Luder? Hier wohn mr dach! — Jetz wär'ch amsr eeglich, du Glabbser! Dänkste dünne, dci armes Härrichen w'Il sich de Beene in Bauch schtehn wächen dir? Das hcbb'ch wörtlich nich um dich verdient, du Borchtcnbiest dräckches! — Awcr nu lccjt mr de Galle iwcr! So, da haste eens mit dr Peitsche druff! Warum gehts dünne nu uff cenmal, he? 's fühlte wecßgncbbchcn »ich mähr viel, da Hütte sich dci gutes Härrichen noch ufsgcrücht wächen dir nieder trächtigen Inster! Das eene muß 'ch dr awcr lassen: So a obsch tinatcn Gccdcr wie dich gibbts in gans Leibzch nich zum zwcetcn Male. Schäm d'ch! Lene Voigt. Die Feuerfrefserirr und -er abgebrannte Getreideschober. (Nachdruck verboten.) In einem braunschweigischen Dörfchen fand kürzlich Rindv'eh- und Echwcinemarkt statt. Auch ein Tummelplatz fehlte nicht: Zwo Karussells, eine Russcnschaukel, zwo Schießbuden, ein Flohzirkus, Trinkzcltc und zu guter Letzt eine Degenschluckerin und Feuerfres- scrin in Gestalt einer überirdisch großen Dame, die, nach den Anga ben eines geduldigen Blcchplakates vor dem Schauzelt ihre zwo hundertundvierzig Kilo wiegen sollte. Beschriebene Riesengestalt schaute ich mir also an: Eintrittsgeld nur sechzig „Mcssingpfennige". Ich kam gerade recht, als das Ueberweib die lange Degen klinge eines anwesenden Landjägers aus ihrem unergründlichen Schlunde zog. Dann folgte der Knotcnstock eines baß erstaunten Viehtreibcrs, dein bei dieser Prozedur die Augen wie bei einem fliegcnfangcnden Laubfrosch aus den Höhlen traten. Schließlich begann die „Feuerfresserci". Spiritusflammcn verschwanden im Klatschrosenmäulchen der Ueppigen. — Dann war die Vorstellung zu Ende und alle Zuschauer verließen mehr oder weniger befriedigt das Schaukabinett der Jüngerin der zehnten Muse. Da trat ein junger, stämmiger Landwirt auf die „feurkhe" Dame zu, faßte ihre Riesenhände (Handschuhnummer IS) und rief: „Lüttches Fräulein, ich bedaure sehr, daß Sie nicht vorgestern bei meinem Getreideschober waren! Da hätten Sie sich mal ordentlich satt fressen können!" -an- Runge.