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Beiblatt zu Nummer 256 Der SäWche Lrzähter. Mittwoch, de» 4. Rove«ber 1914. BerlustUste Nr. 47 der König!. Süchs. Armee. ausgegeben am 2. November 1914, nachmittags 5 Uhr. (Auszug). Greuadier-Reserve Regiment Rr. 19V. Mohn, Georg, Gren. aus Arnsdorf b. Radeberg — gefallen, Zinke, Emil Reinh., Gren. aus Radeberg — verw., r. Hand. Zschäbitz, Oskar, San.-Unteroffiz. aus Neustadt i. S. — gef. Landwehr-Infanterie Regiment Rr. 1V1. Scholze, Peter, Wehrm. aus Teichen — l. verw., linkeS Bein. Strauch, Johann Traugott, Wehrm. aus Kleinbautzen — l. verw. rechter Arm. Bergmann, Louis Alwin, Wehrm. aus Großröhrsdorf — l. verw., Brust. Mauksch, Edwin Paul, Wehrm. aus Bretnig — l. der«., rechtes Bein. Prochaska, Friedrich Bernhard, Wehrm. aus Schmölln — schw. verw., linker Arm. Rappe, Emil Ernst, Wehrm. aus Bischheim — schw. verw., rechter Arm. 12. Jnf.-Reg. Rr. 177, Dresden und Barackenlager Königsbrück. Jentsch, Oskar, Soldat aus Bautzen — gefallen. Pietzsch, Martin, Gefr. aus WehrSdorf (Laus.) — verw. Maiwald, Hermann, Soldat aus Bautzen — gefallen. Steglich l, Richard, Gefr. aus Rammenau — schw. verw. Steglich II, Alfred, Gefr. aus Radeberg — l. verw. Nitzsche, Gustav Willibald, Soldat aus Großröhrsdorf — l. verw. ,>'.AWW Wagner, Ernst Arthur,'Sold, aus Geißmannsdorf — gefall. Haußner, Kurt, Ldwehrm. aus Radeberg — verwundet. Berichtigungen früherer Verlustlisten. Landwehr-Jnfanterie-Regiment Nr. 102. Seibt, Gustav Oskar, Utffz. aus Radeberg — bish. verm., ist kriegsgefangen in Toulouse. Israel, Ernst Alwin, Ldwehrm. aus Steinigtwolmsdorf — bish. vermißt, ist kriegsgefangen in Toulouse. Feldpostbriefe der Söhne unserer Heimat. Die Fliegerbombe. Ein Bischofswerdaer, R. L., der bei der Bagage steht, sendet folgendes Gedicht an seine Angehörigen: St. HilaireS-Le Petit, 1l. Oktober 1914. Es sagt wohl so mancher im deutschen Heer Die bei der Bagage haben's nicht schwer, Und mancher Kamerad rief schon aus, „Na, ihr dahinten seid schön raus," Doch könnt ich manchen wohl anders belehren, Wenn uns die französischen Flieger beehren, Wie es in St. Hiiaires war der Fall, Da merkten sie's wohl überall, Daß auch der Tod uns hat betroffen. Als vier Kameraden die Bombe getroffen, — Und 16 Pferde noch dazu, Da war's vorbei mit unterer Ruh'. Wir schauten gar oit nach des Himmels Zelt, »„ui»»»»»»»»»»»«»»»»«»»»»»««»»»»,», « Siuuspruch. H Geduld! Es kommt der Tag, da wird gespannt » « Ein einig Zelt ob allem Deutschen Land. Geduld! * » Wir stehen einst um ein Panier, Und wer uns » « scheiden will den morden wir! Geduld! Ich kenne » E meines Volkes Mark: Was langsam wächst das A E wird gedoppelt stark. Geduld! Was langsam reift, « daS altert spat, Wann andre welken, werden wir 2 ein Staat! (Conr. Ferd. Meyer.) Gedenktage: Z. November 1847: Vereinigung der Herzogtümer Anhalt- Dessau und Anhalt-Cölhen. 1870: Die Festung Bel fort wird eingeschlossen. 1905: Rußland erhält die Preßfreiheit. Astronomischer Kalender. 4. November: Sonnenaasg. 6 Uhr 5SMin.! Mondaufg 4 Uhr 36 Min. Sonnrnunterg. 4 Uhr 29 Min.! Mondunterg. 8 Uhr 48 Min. Los vom Joch. Roman aus der Zeit der Befreiungskriege. Bon E. v. Winterfeld-Warnow. (IS. Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) Und der Bann war gebrochen. Don allen Seiten strömten sie in Schlesien zusammen, !die Jugend Deutschlands und die reifen Männer. Sogar Knaben meldeten sich zu den Fahnen. Freischaren bildeten sich und Major von Lützow sam melte seine Heldenschar. DaS kleine Rogau, das jetzt, seinen Platz in der Weltge schichte finden sollte, schmückte sich für die Einsegnung der Truppen. Lannenkränze, daS einzige, waS die JlchreSzeit bot, schlangen sich um die Pforten der kleinen, turmlosen Kirche. Friedrich Friesen hatte mit Pastor PeterS, dem Geistlichen -von Rogau, verhandelt über die Feier. Er hatte aucst so Damit kein Flieger uns überfällt, Denn wer das Heulen der Bomben vernommen, Dem wird's ums Herz wohl oft beklommen. Wenns heißt, es kommt ein Flieger an Und gar noch ein Franzosenmann. So gings uns heut am Sonntag gar, Der Himmel war so hell und klar; Gar mancher pflegte Sonmagsruh', Und rauchte in Frieden sein Pfeifchen dazu Ein anderer schnei» Karten dahnm an die Lieben Und freut sich, daß er noch am Leben geblieben. Da wird dieser Frieden gar grausam gestört, Wir alle haben daS Surren gehört. Ein Franzmann kommt im Aeroplan, Nach unserem Lager führt seine Bahn, Er fliegt mit unheimlicher Schnelligkeit, Doch findet uns Jäger er bereit, Wir sangen an, ihn zu beschießen; Mit deutschem Blei ihn zu begrüßen. Da gibt's em Heulen in der Luft, Herab 'ne Bombe wirft der Schuft Und gleich darauf noch eine zweite. Doch taten sie uns nichts zu Leide. Zehn Meter weit von unserem Wagen Hat glücklich sie der Wind getragen. Die and're schlug ins leere Feld, Hat keinen Schaden angestellt. Ein Hohlweg ward uns zum Beschützer, Dort schlug es ein, die Eisenspritzer. Drum wollen wir zum Herrgott beten, Der uns bewahrt vor allen Schäden, Daß glücklich wir nach Hause tommen, Eh' uns der Flieger 's Leben hat genommen. Vom russischen Kriegsschauplätze schreibt ein Mitkämpfer an seine hiesigen Angehörigen: Am 6. Oktober zogen wir von W. nach S., aber dies war mit Russen besetzt. Wir zählten 71 Unteroffiziere und Mannschaften nebst 3 Offizieren, 6 Maschinengewehre, 43 Pferde, dazu 2 Regimenter, ebenfalls mit Maschinen-Gc- wehren und 2 Batterien Artillerie, 12 Geschütze. S. soll im Sturm genommen werden. Wir bekamen heftiges Feuer, die Kugeln regneten. Aber die Landwehr ging vor. Ich folgte mit der Gefechtsbagage, wobei wir 2 Pferde verloren. Ein Mann wurde leicht verwundet. Wir gingen immer weiter vor. Da kam rasendes Maschinengewehr feuer aus dem Kirchturm. Wir verloren den Führer durch Brustschutz, gleich nachher mehrere Leute. Ein Kamerad bekam einen Schutz durch den Kopf, er war gleich tot; 1 Unteroffizier durch den Arm in die Hand hinein uiü> am Ellbogen wieder hinaus, ein Mann einen Lungenschutz, er ist auch schon ge storben. Unsere Artillerie holte diese Bande bald aus dem Turm heraus und weiter ging es. Es war schrecklich, alle die Toten und Verwundeten, dies Jammern und Schreien. Aber der Sieg war unser, und am Abend zogen wir in S. ein. Die Nacht verbrachten wir in dieser ausgebrannten Stadt. Kein Haus hatte mehr ein Dach. Mr machten Feuer und kochten Kaffee. Dann erhielten wir einen neuen Offizier als Führer. An Schlaf war gar nicht zu denken. Am nächsten Morgen zogen wir über die Grenze nach W. Mr zogen uns aber am selben Tage wieder auf W. zurück, wegen zu grotzer Uebermacht. Hier kamen wir in der Nacht weit es möglich war, Quartier für Lützows Scharen gemacht. Nun erwartete er mit den Rogauern, die sich auch zu den Waffen gemeldet hatten, den leidenschaftlich geliebten Major von Lützow, der sie zu Kampf und Sieg führen sollte. Auch Körner wurde erwartet. Er hatte ein Lied gedichtet, das bei der Feier gesungen werden sollte. Sein Feuer, seine Be geisterung würde wieder alle mit fortreihen. Von Rogauer Dorfbewohner, die mitgingen, stand an erster Stelle selbst verständlich Bauer Hübner, neben ihm auch Franz Hüttner, der sich aus seiner jungen Ehe, von seinem Riekele losriß. Sogar der alte Dogelwürger hatte sich noch gemeldet und daneben eine Reihe jüngerer Burschen. Christoph Vogelwürger stand in schwerem, inneren Kampfe. Sein deutscher Sinn trieb ihn mitzuziehen, den Vater und Schwager nicht allein gehen zu lassen. Und doch hing sein Herz an dem großen Kaiser, unter dessen Fahnen er gestanden hatte. Gegen ihn zu kämpfen, das vermochte er nicht. Er hatte aus treuem Herzen sein: vive l'empe- reur! gerufen. Aber auch gegen die deutschen Brüder konnte und wollte er nicht kämpfen. Wie wäre es möglich gewesen, daß er vielleicht dem eigenen Vater gegenüber gestanden hätte in blutiger Schlacht? So beschick er sich nach langem inneren Kampfe: er blieb daheim. Sein geschwächter Kör per und seine kaum verheilte Wunde an der Stirn, machten ihn ja auch kaum fähig zum Dienst. - Welch' Leben und Treiben am nächsten Tage in dem kleinen Dorfe herrschen würde! Der Abend sank schon herab und die Dorfstraße lag still und verlassen. Die Männer besorgten zum letzten Male ihre Wirtschaft. Die Frauen sorgten für Proviant und Klei dung. Da kam auf der Dorfstraße in schlankem Trabe die Postkutsche hergerumpelt. Sie hielt bei dem Kretscham und ihr entstiegen zwei Frauen, eine in mittlere» Jahren, die kur- und dick, rundlich und behaglich auSsah 'km fußfreien, Rock, ein roteS Tuch um den Kopf geschlungen,-die Füße in derben Schuhen. So stand sie, Gesche Katt-erine, breit und wuchtig neben dem Postillon, gab ihm noch ein Extratrink geld zum Schöppchen auf ihr Wohl und schritt dann mit strammem Schritt, sich überall umsehend, auf daS Kirch lein zu. Langsamer folgte Anna Lühring. Mit großen, verträumten Augen sah sie umher, und an, es war schon starker Frost und wir konnten vor Kälte nicht schlafen, trotzdem wir in der Scheune lagen. Am 8. Oktober rückten wir nachmittags 4 Uhr weiter vor, über nachteten, und bei Morgengrauen, es hatte wieder gefroren, griffen wir den feindlichen linken Flügel an. Diesmal ging auch ich mit, nahm mir ein Gewehr und 60 Patronen, die ich auch redlich verschoß. Der Feind aber flüchtete bald und hinterließ viele Gefangene und Verwundete. Es ist ein großer Jammer, die Russen, es waren lauter ältere Leu» 50—55 Jahre alt, hatten, wie sie sagten, seid 9 Tagen noch nichts gegessen. Die Nacht verbrachten wir in W. oder auf deutsch N. Aber trotz der Siege mußte unsere Brigade im mer wieder zurück, wegen zu großer Uebermacht. Es ging wieder nach W. Hier bekamen wir mal Ruhe bis zuni 11. Oktober abends. Auch Kaffee und vor allem ein war mes Mittagessen hatten wir mal wieder. Um 8 Uhr abends ging der Tanz wieder los bis in die Nacht hinein, dazu Re gen in Strömen. Mr hatten 2 Gefreite als Verwundet». Auch hier gab es viele verwundete und tote, auch gefangene Russen. Am Morgen des 12. Oktober waren die Russen wieder verschwunden. Es ging nun wieder vorwärts auf S. zu. Bei N. erhielten wir Artilleriefeuer. Alles ging wieder zum Kampfe vor. Ich mutzte als Deckung und Führer der Gefechtsbagage zurückbleiben, als wir plötzlich von drei Seiten Feuer erhielten. Ich befand mich mitten im Schlachtfeld im Gewehr- und Artilleriefeuer und glaubten uns schon verloren, als von rechts 2 Regimenter Verstärkung kam und die Russen auf eine Linie zurückgedrängt wurden. Es regnete den ganzen Tag, wir waren durch rind durch naß. Aber die Beute war groß. 18 Geschütze mit je 8 Pfer den Bespannung und viele Gefangene. Auch ich erbeutete ein russisches Reitpferd, welches ich jetzt noch reite. DaS Feuer dauerte bis in die Nacht, unsere Truppen waren furchtbar abgespannt, wir machten am Abend noch 300 Ge fangene mit 4 Maschinengewehren. Am 13. Oktober rückten wir nach hier, wo wir vom rten Armeekorps abgelöst wur den und uns bis heute unserer wohlverdienten Ruhe er freuen. Ein Brief aus dem Schützengraben in der Nähe von C., am 11. Oktober. .... Wir liegen schon 4 Wochen in der Erde ver schanzt auf einer Stelle. Der Ernst der Sache ist hier und eine Entscheidung soll hier fallen. Daß die Lage nicht so leicht ist, erklärt schon die Zeit, die wir schon hier liegen und noch liegen werden. Tie Tage, sowie die Nächte sind sehr unruhig; an schlafen kaum zu denken, fortgesetzt feind liche Vorstöße. Nun, wir wollen nicht darüber murren, beim dazu sind wir hier! Möge es Gott zu einem schnellen Ende führen und unseren Waffen den Sieg verleihen. Es wird nun auch dazu noch kalt, und ich habe schon gedacht, wenn uns die Heeresverwaltung Federbetten und Pelze schicken würde, ginge es schon einigermaßen; nun, da dies unmöglich ist, wollen wir denken, der Gott, der uns gesund ins Feindes land geschickt hat, wird uns auch wieder gesund in die Heimat schicken. Wir haben schon sehr viele Kamera den eingebüßt, bei S. und anderwärts, auch den Haupt mann, was wir sehr bedauern. Wir gedenken alle seiner Güte gegen seine Mannschaften; er war schwer verwundet und ist in französischen Händen und wir wissen nicht, ob er noch lebt. Wir waren beim Sammeln der Kompagnie nur blickte hinauf zu dem tannengeschmückten Eingang der Kirche. Energisch zog Gesche sie in den Schutz der Kirchhofs- mauer. „Ei, Demoiselle, wollt Ihr durchaus schon jetzt hier ge sehen werden? Ich bin froh, daß keiner herausgekommen ist! Da brauchen wir wenigstens einmal nicht zu lügen!" Anna antwortete nichts darauf. Leise sagte sie: „Also hier ist es? Hier sollen sie den Segen empfangen?" „Ja, Mamsell, Ihr seid ja so still! Jst's Euch jetzt leid, das wir hier sind! So sagt's dreist! Schämen braucht Ihr Euch nicht! Im Gegenteil, ich wäre froh, lvenn Ihr Euren Plan aufgäbt! Umkehren könnt Ihr noch immer. Und mich sollt's freuen für Euren alten Vater, den Meister Lühringl Er hat's wahrlich nicht um mich verdient, datz ich ihm die Tochter hierher schleppe? Ist immer gut zu mir gewesen! Wollen wir umkehren? Ich bin gleich dabei! Hab ich Euch hergebracht, bring' ich Euch auch wieder hin. Wie ist's, Ann chen, wollen wir umkehren?" „Umkehren, Gesche? Ich denke, darüber wollen wir nicht mehr reden! Willst du nicht genau dasselbe tun wie ich?" — „Ich? Ich?! " Gesche stemmte beide Arme in die Seiten: „Nee! Mamsell, das ist denn doch ganz was anderes! Ganz was anderes! Ich will nicht kämpfen! Bin nur Marketenderin! Und schießen? Nee, das möcht ich nicht. Ich sorge, daß keiner hungrig ist, und daß sie zu trinken vorfinden! Aber sonst! Nein! Der Krieg ist nicht schön, Mamsell! Ich hab'n kennen gelernt. Und da, seht mal hier, Eure schönen Zöpfe müssen auch herunter!" Sie faßte hinein und zog sie spielend auseinander. „Ist es nicht 'ne Schande um das schöne Haar?" Lächelnd hatte Anna sie gewähren lassen. Nun wollte sie mit raschem Griffe die Haare zusammenraffen. Aber Gesche wehrte sie. „Ist dies nicht 'ne Pracht? Hab mich schon immer da ran erfreut, als Ihr noch «in Kind wart! Nee, ich kann mich doch ärgern, daß daS nun alles abgeschnitten werden muß?" „Warum, Gesche? Dem Vaterlande wird mehr geop fert! Aber wir dürfen nicht länger zögern! Vielleicht kannst du beim Pfarrer näheres erfahren. Oder er sagt dir, wel chem von LützowS Jägern ich vertrauen könnte?" Da stand plötzlich ein großer, blonder Offizier hinter