Volltext Seite (XML)
Hochzeit - Werbung und Yerlobung 19 Reiche Bauern der Oberlausitz pflegten schon vor 100 und mehr Jahren die Verlobung in feierlicher Weise zu begehen. Nach Schmaler 1 hielt der Hochzeitsbitter vor dem Abmarsch des Brautigams und seiner Begleiter vom Elternhaus eine feierliche Anrede, in der er die Eltern und Verwandten seines Freundes um Einwilligung zu dem Vorhaben ersuchte und in dessen Namen alle um Verzeichung bat, falls er sie beleidigt haben sollte. Alle reichten dem Burschen die Hand zum Zeichen, dafl sie ihm verziehen hatten, und dieser dankte dann den Eltern und Verwandten fiir alles Gute, das sie ihm erwiesen hatten. Unter Fiihrung des Hochzeitsbitters zog der Brautigam mit seinen Begleitern in das Haus seiner Auserwahlten, wo der Hochzeits- bitter in aller Form die Werbung vortrug. Nach Annahme derselben legte er dieHande der zuVerlobenden ineinander und sprach: Na to slubju ja dha waju njetko zjawnje před tutymi zhromadženymi swjedkami w meni boha wbtca, syna a swjateho ducha. Hameń. Njech je z wamaj bbh našich wbtcow a wobbohać waju z tymi darami, z kotrymiž je našich wbtcow wob- bohaćil. »Darauf verlobe ich euch beide offentlich vor diesen versammelten Zeugen im Namen Gottes, desVaters, des Sohnes und heiligen Geistes. Amen. Es sei mit euch beiden der Gott unsrer Vater und bereichere euch mit den Giitern, womit er unsere Vater bereichert hat.« Nachher wurde ein Vater- unser gebetet und das Loblied gesungen: My bohu wbtcewi a synej khwalbu damy, »Lob, Ehr’ und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne«. Dann setzte sich der Verlobte, slubeńc, die Verlobte, slubeńca, mit den Angehorigen und Gasten zum vorbereiteten Mahle, wahrend dessen der Brautvater die Hohe der Mitgift, pomoc, bekanntgab. Nach dem Mahle trat der Neuverlobte mit seinen Begleitern den Heimweg an, in einigen Orten aber war es nach Schmaler 2 Sitte, dafl die Verlobten diese Nacht beieinander blieben 3 . Nach der Verlobung zieht sich die Braut von den Unterhaltungen der jungen Madchen zuriick, tragt auch kein rotes Band mehr. An drei aufeinander folgenden Sonntagen erfolgt das kirchliche Auf- gebot, os. připowedanje, ns. zapowedanje, am Sonntag des zweiten Auf- gebots gehen die Verlobten zum hl. Abendmahl und unterziehen sich beim Geistlichen dem Brautexamen. Nach A. Frenzel 4 muflte sich friiher die Braut zum Aufgebot mit einem Kranze geschmiickt einfinden. Zusammenfassend laflt sich sagen, dafl die zentrale Zeremonie der Ver- lobung der Handschlag ist, der in indogermanischer Zeit wurzelt 5 , — vgl. ai. panigrahana, Handergreifung, lat. dextrarum conjunctio (als Symbol der Gewaltsiibertragung, der nach der Auffassung des Volkes eheliche Rechte gibt). 1 Volksl. II, 228 ff. — 2 Op. cit. II, 229. — 3 Vergl. die sehr ahnliche Verlobungs- rede bei M. Hćrnik im Łužičan 1865, S. 139, deren erste Niederschrift vom Pfarrer Michael Walde, f 1794, stammt. — Deutsch ist diese Rede wiedergegeben bei Bern- hard Schneider, Der wendische Hochzeitsbitter, in den Mitteilungen d. Ver. f. sachs. Volksk. IV (1906) 185, tschechisch bei A. Cerny, Svatba u Lužickych Srbu, S. 10. — ’ Heyraths-Hochzeit, 58. — 5 Bachtold, 113. 2'