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20 Feste und Volksbrauche der Sorben Ungleich jiinger ist das kirchliche Aufgebot. Zuerst verlangte es Karl der GroBe in einem Capitulare von 802, um etwaige Ehehindernisse festzu- stellen. Die Kirche fiihrte das Aufgebot erst 1215 durch das Laterankonzil durch, in Deutschland wurde es durch die Trierer Kirchenversammlung 1227 angeordnet. Von der protestantischen Kirche wurde es iibernommen 1 * . Der Ring geht auf die Rdmer zuriick, bei denen er das Vorrecht des freien Mannes war und als Zeichen des hbchsten Vertrauens verschenkt wurde. Als Verlobungs- bzw. Ehering ist er hcute noch in vielen Landschaften Eu- ropas (z. B. Schweiz, Bbhmerwald) selten, im friiheren Schlesien, in der Niederlausitz und in der Liineburger Heide hat er sich erst in jiingster Zeit durchgesetzt-. — Das friiher um Senftenberg iibliche Schenkcn eines Talers war in Europa weit verbreitet 3 , ich sehe darin einen Rest des Brautkaufs, wie er heute noch bei den Balkanvblkern iiblich ist 4 . Vorbereitungen zur Hochzeit 10. In der Zwischenzeit besorgt die Braut ihre Ausstattung und die Ge- schenke, die sie bei der Hochzeit ihrem Brautigam und dessen nachsten Ver- wandten iiberreichen muB. Der Wert der letzteren richtet sich nach den je- weiligen Vermbgensverhaltnissen. L T m Schleife geht das Brautpaar nach der Verlobung auf den Jahrmarkt, groniadu kupować, einen Haufen (Sachen) kaufen, wodurch gleichzeitig die Verlobung der breiten Offentlichkeit be- kanntgegeben wird. Die Braut kauft daselbst dem Brautigam ein schwarzes Halstuch und ein Hemd, erhalt von ihm eine Schiirze, ein Taschentuch, Striimpfe und Schuhe; wer einheiratet, muB fiir die neuen Verwandten des Hauses Geschenke vorbereiten: fiir die mannlichen Hemden, fiir die weib- lichen Tiicher, Hauben usw. °. Nach alter Sitte soll die Braut dem Briiutigam das Hemd selbst nahen, und zwar mit der Hand. Sie achtet dabei angstlich darauf, Kreuzstiche zu vermeiden, denn diese bedeuten Zank in der Ehe e . In diesen gegenseitigen Geschenken der beiden Verlobten erkennen wir unschwer Ehepfander, sichtbare Zeichen der neuen Verbindung. Durch die Geschenke an die nachsten Verwandten soll nach Bachtoldj ein kiinstliches Verwandtschaftsverhaltnis zwischen den beiden Sippen begriindet werden. Die Einladung, os. na kwas prošenje, ns. pśepšoseńe 11. Allgemeines: In der Oberlausitz beginnt der festlich geschmiickte braška zwei bis drei Wochen vor der Hochzeit mit der sehr zeremoniellen Einladung der Gaste, deren Zahl 70 bis 150 Personen betragt. Die Gaste werden in das Haus des einheiratenden Teils, also gewohnlich der Braut, 1 Bachtold, 204. — ’ Bachtold, 151. — 3 Bachtold, 141. — • s. Schneeweis, GrundriB Skr. 32. — 6 M. Handrik im CMS. 54 (1901), 19. — • ib. 112. — ’ Op. cit. 251