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DER BERGMANN IN DER KUNST ZUR ZEIT AGRICOLAS Von HEINRICH WINKELMANN, Bochum. Im Rahmen des Gedenkens zum Todestage Agricolas ist, nach der Darstellung aller Beziehungen dieses bis in unsere Tage hinein bedeutenden Mannes zum Geist seiner Zeit und zu seiner Umwelt, ein Rückblick auf die uns vordringlich am Herzen liegende Stellung des Bergmannes und des Bergbaus in der Kunst von nicht unerheb licher Bedeutung. Tritt doch mit jener Epoche, die das Leben und Schaffen AGRi- COLAs umfaßt, die deutsche Kunst in ihre zweite Blütezeit ein: Reformation undRenaissance. Namen wie DÜRER, CRANACH, BURGKMAIER, GRÜNE WALD, BALDUNG-GRIEN, ALTDORFER, PETER VISCHER d. J. und RIEMEN- SCHNEIDER werden gegenwärtig. Der bis dahin zum Himmel, zum Ausdruck des Glaubens, zur kirchlichen Darstellung des Geistes der Gotik strebende künstlerische Drang wird mehr und mehr zur Freude an der sinnlich wahrnehmbaren diesseitigen Welt mit ihrer lebensvollen Kraft hingelenkt. So ist es naheliegend, daß um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert Maler und Holzschneider in starkem Maße das reizvolle und umfangreiche Gebiet des Bergbaus als künstlerisches Motiv entdeckten. Es darf nicht übersehen werden, daß gerade der Bergbau im deutschen Sprach gebiet schon sehr früh als kulturbildendes Element auftritt. Lange vor den übrigen Ländern war der deutsche Bergbau in der Lage, Kunst und Kultur kräftige Impulse zu geben und ein eigengeartetes Brauchtum zu entwickeln. Die — im Gegensatz zu anderen Ländern — im deutschen Sprachgebiet geachtete Stellung des Bergmannes ist der tiefere Grund für diese Entwicklung. Im wesentlichen aber entspringen die kulturellen Leistungen des Bergbaus dem Boden des Gemeinsinnes, einer Folge des abgeschlossenen Wohnens, der gemeinsamen und gefährlichen Arbeit und dem Bewußtsein, auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen zu sein. Berechtigtes Standesbewußtsein, gefördert durch das zwar nicht ganz uneigennützige Wohl wollen der Landesherren, ist ein weiteres Moment, aus dem echte berufsständische bergmännische Kultur erwuchs. Gewerkenrecht, Bergregal, Bergbaufreiheit, Finder und Abfindungsrecht sind schließlich die Fundamente der Ordnung, auf denen sich diese hochstehende bergbauliche Kultur entwickeln konnte. Hier sei daran erinnert, daß FRIEDRICH BARBAROSSA schon 1158 in der RonkalischenKonstitu- t i o n das Silber- und Salzregal verkündete, in dem erstmalig schriftlich festgelegt wurde, daß Erz und Salz der Verfügung des Grundeigentümers entzogen und dem Kaiser vorbehalten sei, der seinerseits das Schürfrecht weiterverleihen konnte, und daß König WENZEL II. um 1300 schon den Kuttenberger Gewerken eine Berg ordnung verlieh. Dieses Kuttenberg, jene Bergstadt in Böhmen, die im 15. Jahrhundert vom unbedeutenden Marktflecken — dank dem dort seit 1237 um gehenden Bergbau — zum blühenden, reichen Gemeinwesen emporwuchs, ist ein Beispiel für den geistigen Auftrieb den der Bergbau indirekt dem kulturellen Wachstum gab, und dessen Zeugen — Kirchen, Klöster, Altäre, Bildwerke, kunst gewerbliche Arbeiten, Geschmeide, kostbare Bücher sowie Kleinodien der Stände