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L» LI« Der sächsische «»zähl«. Wett, 4. IV0L. die anhaltende Hitze und eine vorübergehende Blut stockung. Die Sensationsmeldung freisinniger Blätter, der Reichskanzler Traf Bülow habe sich zu einem hohen Beamten dahin geäußert, daß er die Initiative zu einer Revision des Zolltarifent« Wurfes ergreifen wolle, wird jetzt von der offiziöse« „Nordd. Allg. Ztg." als Phantasterei bezeichnet. Berlin, 1. Okt. Der UnterstaatSsekretär im Finanzministerium Lehnert ist heute Bormittag gestorben. Der in Berlin am Montag stattgesundene Deutsche HandrlStag hat sich in mehrstündigen Berathungen mit dem Entwürfe des neuen Zoll tarifs beschäftigt. Die Versammlung genehmigte hierbei eine Reihe von Abänderungen zu dem ge planten Zolltarif, die von dem hierzu niederge- setzten Ausschüsse beantragt worden waren, ebenso eine gleichfalls von letzterem befürwortete Er klärung, wonach der Handelstag seine ernsten Be denken wegen der bedeutenden Erhöhung der Zölle auf viele Lebensmittel in dem provisorischen Zoll- tarifentwurfe ausspricht und den dringenden Wunsch bekundet, eS möchten die Lebensmittelzölle im Tarifentwurse eine wesentliche Ermäßigung er fahren. Im Weiteren nahm der HandelStag noch einen vom Kommerzienrath von. Pfister.München gestellten Antrag an, der energisch langzritige Handelsverträge mit weitgehender Bindung niedriger AuSlandSzölle befürwortete und sich mit aller Entschiedenheit gegen die Festlegung von Mindest sätzen im Zolltarif wendet. Nach Schluß der Verhandlungen des Handelstages betheiligten sich dessen Mitglieder zahlreich an einem Festmahl im „Kaiserhof", zu welchem auch Handelsminister Möller erschienen war. Derselbe hielt im Ver lause der Tafel eine Rede, in welcher er darauf hinwieS, daß sich die Regierung bezüglich der schwebenden Handels- und zollpolitischen Frage in einer schwierigen Lage befinde. Sie müsse einer seits anerkennen, daß langfristige Handelsverträge nothwendig seien, könne sich aber aus der anderen Seite auch der Thotsache nicht verschließen, daß ein höherer Zollschutz der deutschen Landwirth- schäft ebenfalls eine Nothwendigkeit sei. Der Minister betonte dann, eS frage sich nur, wie weit dieser Schutz zu gehen habe, und schloß mit dem Ausdrucke der Zuversicht, daß sich die Mittel linie der Verständigung unter den Interessenten am neuen Zolltarifentwurfe schon noch finden lassen werde. Zu den Jnsubordinationsvergehen auf dem Kreuzer „Gazelle" veröffentlicht die „Nordd. Allg. Ztg." eine weitere offiziöse Erklärung auf Grund des Berichte« des Geschwaderkommandos. Aus derselben erhellt, daß eines Morgens aller dings einige unbedeutende Geschütztheile auf dem genannten Kriegsschiffe verschwunden gewesen sind, daß aber von einer Meuterei keine Rede sein kann. Wahrscheinlich handelt es sich nur um Vergehen gegen kaiserliches Eigenthum, die km Uebermuth oder aus Nachlässigkeit begangen worden sind. Schließlich tritt die Erklärung den verschiedenen Sensationsmeldungen über die Vor gänge an Bord der „Gazelle" entgegen. In Frankfurt a. M. wurde am Montag der diesjährige aus allen Theilen des Reiches stark besuchte Parteitag der National-Sozialen vom Pfarrer Naumann eröffnet. Ein großer baterischer Bauerntag soll wahrscheinlich nach München einberufen werden, um das Verhältnis zwischen dem Bund der Lanv- wirthe und dem Bauernbund in Baiern klarzu stellen. Der stellvertretende Bevollmächtigte BaiernS zum BundeSrathe, Ministerialrath von Geiger, ist zum Ministerialdirektor ernannt worden. O e st e r r e i ch. Das deutsche China-Bataillon unter Major v. Förster hat auch auf seiner weiteren Heimreise aus österreichischem Boden nach dem Verlassen Wien« noch warme Begrüßungen und Ehrungen erfahren, wie in Prerau, Weißkirch und aus der Grenzstation Oderberg. In Oder berg wurde da« Bataillon nochmals gastlich be« wirthet, dann verließ eS daS österreichische Gebiet. Der ungarische Ministerpräsident v. Szell soll, nach Behauptungen Pester Blätter, im Einvernehmen mit dem gemeinsamen Minister de» Aeußeren Grafen GoluchowSki und der öster reichischen Regierung der deutschen Regierung be kanntgegeben haben, daß Oestrrreich - Ungarn auf Grund de» veröffentlichten Entwürfe» eine» neuen deutschen Zolltarifs keinen Handels vertrag mit Deutschland würdeabschlirßrn können. Indessen bleibt noch abzuwarten, welche vewandtniß e« mit dieser Sensationsmeldung eigentlich auf sich hat. , Die Altczrchen wie die Jungczechen haben am Montag gleichzeitig ihre« Wahlaufruf zu den böhmischen Landtag-Wahlen veröffentlicht. Die Kundgebung der Jungczechen betont in weit entschiedener und rücksichtsloserer Form, al» bie der Wahlaufruf der Altczechen thut, die Forde rungen de» CzechenthumS, unter scharfer Stellung nahme gegen daS deutsche Reich. Niederlande. Als Phantasiegebilde hoben sich rasch genug die Meldungen eine» Pariser Blatte» herauS- gestellt, zwischen der Königin der Niederlande und anderen Staatsoberhäuptern, sei eine Ver ständigung zu Gunsten der Buren erfolgt. An geblich sollten die betreffenden Staatsoberhäupter vereinbart haben, dem internationalen Schieds gerichtshofe im Haag ihre Unterstützung zu ge währen, falls sich letzterer mit dem Protest der Buren gegen die Proklamation Lord KitchenerS befassen sollte. Ausdrücklich erklärt eine Haager Meldung, daß eine solche Verständigung nicht stattgefunden Hobe. Belgien. Gilly, 1. Oktober. Der Nationalkongreß der belgischen Grubenarbeiter nahm einen Beschluß antrag an, der der von den Grubenarbeitern in Serainz eingenommenen Haltung zustimmt, ihnen eine finanzielle Unterstützung zustchert, aber den Vorschlag eines allgemeinen AuSstandeS ablehnt. Frankreich. Die französische Regierung scheint wieder einmal in ein militärisches Wespen nest hineingestochen zu haben. General Davoust, Großkanzler der Ehrenlegion, ist dieses Postens plötzlich enthoben worden; zu seinem Nachfolger wurde General Florentin ernannt. Die Generäle de Dionne und Laveuve haben nunmehr ihre Ent lassung als Mitglieder des RatheS der Ehren legion gegeben, als Zeichen deS Protestes gegen die Maßregelung Davoust'S und die Ernennung Florentins zum neuen Ordenskanzler. Italien. Das italienische Königspaar ist an läßlich seines gegenwärtigen Besuches in Venedig Gegenstand begeisterter Huldigungen seitens der Bevölkerung der alten Lagunenstadt. Im Verlaufe des Montag besuchten die Majestäten die inter nationale Kunstausstellung und Abends das große Konzert auf dem erleuchteten MarkuSplatz, vom Publikum stürmisch begrüßt. England. Die englischen Staatseinnahmen weisen trotz der ungeheueren Kosten des Buren krieges eine Zunahme auf. Sie find in dem am 30. September d. I. zu Ende gegangenen Vierteljahr um 1,422,970 Pfund Sterling gegen über dem gleichen Zeiträume des Vorjahres ge wachsen. Spanien. Tanger, 1. Oktober. Der spanische Aviso „Rio de la Plata", der den mit der Ueberreichung der spanischen Note beauftragten Dragoman Saavedra nach Mazagan gebracht hat, kehrte hierher zurück. Der Sultan von Marokko schickte mit dem Aviso eine Antwortnote an den spanischen Gesandten, die anscheinend günstig lautet. Der Sultan gestattet den freien Handel mit Lebens mitteln an der ganzen Küste. Amerika. Can ton (Ohio), 30. Septbr. Ein Wächter an dem Grabgewölbe, in dem Mac Kinley'S Leiche beigesetzt ist, Namens Deprend, schoß gestern Nacht auf einen Mann, der sich in der Nähe deS Grabes in verdächtiger Weise zu schaffen machte. Der Schuß wurde aber durch einen anveren Mann zur Seite gelenkt, welcher au« entgegen, gesetzter Richtung kam und mit einem Messer auf Deprend einstach, wobei dem letzteren die Kleider zerschnitten wurden. In dem nunmehr entstehenden Handgemenge kam Deprend zu Fall und erlitt leichte Verletzungen. Die beiden Männer entkamen. Man glaubt, eS habe sich um Leute gehandelt, die au« dem Gefängniß in Canton entsprungen waren. Washington, 1. Okt. Der Kommandeur, der aus dem Kirchhofe zur Bewachung de» Grabe» Mac Kinley'S eingerichteten Militärwache äußerte sich dahin, daß er de«, Berichte de» Soldaten Deprend von dem Ueberfalle bei dem Grabe keinen Glauben schenke. Vom Burenkrieg. Pretoria, 1. Oktober. Tjaard Krüger, ein Sohn de» Präsidenten Krüger ist gestern nach kurzer Krankheit gestorben. Er hatte sich erst vor Kurzem den Engländern ergeben. / London. Da» KriegSamt erklärt die Meldungen der Blätter, daß Lord Kitchrner fein Entlassung», gesuch ringrreicht habe, für durchaus unbegründet. E» habe auch keinerlei Differenz zwischen Kitchrner und dem KriegSamte bestanden, seitdem ersterer da» Oberkommando in Südafrika von Earl Robert» übernommen habe. London, 1, Oktober. DaS „Reuter-Bureau" meldet au» Melnoth vom 29. September: Ein großer Wageuzug, der Vormittag» nach dem Fort Prospekt abging, wurde 6 Meilen von hier von den Buren weggrnommen. Der Feind verbrannte 'die Wagen mit den Lebensmitteln und nahmen da» lebende Vieh mit. Der Unter inspekteur der Natalpolizei, Mansell, wurde gefangen genommen, 6 Mann der Eingeborenen- Polizei fielen, 2 werden vermißt. London, 1. Oktober. AuS Bloemfontein wird gemeldet, 3 holländiiche Beamte seien ver haftet worden, weil sie sich in einer Rede stark gegen die Engländer ausgesprochen hätten. — DaS Gerücht, Kommandant Malan sei getödtet worden, bewahrheitet sich nicht. — Die englische Verlust liste für den 29. September beträgt: 7 Mann todt, 12 verwundet, 3 vermißt, 4 verstorben. In dieser Zahl sind nicht die Verluste von Jtala mit einbegriffen. Kapstadt, 1. Oktober. Der englische Dampfer „Grenoble", nach hier unterwegs, ist durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Die Mannschaft kämpfte 4 Tage lang gegen den Brand und be stieg erst die Boote, nachdem die Kommandobrücke durch eine Explosion in die Luft geflogen war. Ladysmith, 1. Oktober. Der Erfolg der Engländer im Zululand stellt sich jetzt viel be deutender heraus, als bisher gemeldet wurde. 200 Buren wurden getödtet, über 300 gefangen genommen. Chapman leistete Vorzügliches. Einige Mann von der eingeborenen Polizei wurden ge tödtet. Ein Polizeiosfizier und der britische Konvoi fielen in die Hände der Buren. (!!!) Aber eine amtliche Liste der englischen Verluste bei der Vertheidigung von Jtala verzeichnet selber einen Offizier und 11 Mann als todt, 5 Offiziere und 38 Mann als verwundet und 63 Mann als vermißt. Eshowe (Zululand), 1. Oktober. ES wird nunmehr weiter berichtet: Die Buren ließen vor dem Fort Jtala 305 Mann auf dem Schlachtfeld. Wir fragen: klingen diese Nachrichten wie Siegesbotschaften? Nicht so recht; sonst würden die Meldungen ganz ander« lauten. Die Fassung hinterläßt den Eindruck, daß die Engländer helden haft, aber erfolglos gekämpft haben, und daher glauben wir, daß die Nachrichten aus Durban vom 29. September die Wahrheit bringen, welche besagen: Bothas Angriff auf daS Fort Jtala an der Zulugrenze am 26. September war durchaus erfolgreich. Die englische Besatzung wurde zum Rückzug gezwungen. Die Verluste betragen: 2 Offiziere und 19 Mann todt, der Kommandeur, 5 Olfiziere und 46 Mann sind verwundet und 92 wurden gefangen genommen. Außerdem wurden 1 Geschütz und große Vorräthe erbeutet. General Hamilton traf verspätet ein und war daher un fähig, BothaS Vormarsch aufzuhalten. — ES hat dem KriegSamt in London offenbar große Ueberwindung gekostet, diese weitere Schlappe — e« ist wohl die sechste innerhalb zweier Wochen — zuzugeben. Erst wurde wieder krampfhaft zu vertuschen gesucht. Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Dresden, 2. Okt. Prinz Friedrich August hat aus Anlaß der Geburt der Prinzessin Marie Alice den Armen der Stadt Dresden 500 Mark gespendet. Dresden, 2 Oktbr. Rath und Stadtver ordnete der Stadt Dresden haben auS Anlaß der Geburt der Prinzessin Marie Alice dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich August ei« Glück wunschschreiben gesandt, worauf zu Händen des Oberbürgermeisters Geh. Finanzrath Beutler ein Dankschreiben ringegangrn ist. Berlin, 2. Oktober. Die Delegiertenver sammlung de» CentralverbandrS deutscher Indu strieller nahm einstimmig eine Resolution an, welche die Nothwendigkeit de» Abschlüsse« lang fristiger Handelsverträge betont, die Erhöhung der Vrtrridrzölle gutheißt, billigt, daß unter die Minimal - Ärtreidezollsätze de» Zolltarifgrsetzent- würfe» nicht heruntrrgegangen werde und sich gleichzeitig gegen eine gesetzliche Feststellung von Getreideminimalzöllrn erklärt. Köln, 1. Oktober. Die 54. Hauptversamm lung de» Gustav Adolf-Verein» ist heute hier mit eiuem Gottesdienst in der TriuitatiSkirche eröffnet worden, bei dem Hosprediger vr. RvM^Mßü Potsdam die Festrede hielt. -