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11» Deutsches Reich. DaS gute Befinden Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich August, sowie der kleinen Prinzessin dauert in erfreulichster Weise fort. Wachwitz, 1. Oktober 1901, früh 8 Uhr. (gez.) vr. Leopold, (gez.) vr. Fiedler. Se. Majestät der König hat dem Bürger meister Kretzschmar in Zschopau das Ritterkreuz 1. Kl. vom AlbrechtSorden verliehen. Ferner wurde mit Genehmigung Sr. Majestät dem Haus besitzer Friedrich Wilhelm Zeibig in Lockwitz für die von ihm am 26. Juni d. I. unter eigener Lebensgefahr bewirkte Errettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens in der Elbe die silberne Lebensrettungsmedaille mit der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen. Bischofswerda. Der Winterfahrplan für die sächsischen Staats- und mitbetriebenen Privatbahnen trat am Dienstag, den 1. Oktober, in Kraft. Die andauernd zurückgehenden Ein nahmen haben leider erneut Anlaß gegeben, auch im Zugsverkehre die größtmöglichste Wirtschaft lichkeit zu üben. Daraus erklärt sich die Ein ziehung von Zügen auf den verschiedentlichen Linien aller Landestheile oder die Beschränkung einzelner Züge auf kürzere Strecken oder auch auf gewisse Tage. Betroffen sind hiervon aber nur solche Züge, die schon während der Sommer monate nur eine geringe Benutzung hatten, die in der weit verkehrsärmeren Winterszeit jedenfalls aber noch mehr zurückgehen würde. Bischofswerda, 2. Okt. Im kühlen, son nigen Herbst ist eine Besteigung unserer so nahe liegenden Berge am lohnendsten, und zwar aus schon oft dargelegten Gründen: anhaltend gutes Wetter — klare Fernsicht — weniger Anstrengung. Der Butterberg, insbesondere der Baltenberg führen ein außerordentlich reiches Landschaftsbild vor Augen und bieten beide Berge recht ange nehmen Aufenthalt; zur gegenwärtigen Laubsärbung ist auch ein Spaziergang nach dem idyllisch gelegenem Georgenbad, ferner durch den herrlichen Hohwald nach dem ForsthauS Klunker und Hoh- waldschänke sehr zu empfehlen. Benütze man die gegenwärtige kurze Ferienzeit und genieße die uns dargebotenen Naturschönheiten und erquicke sich tu der reinen, gesunden Gebirgsluft. — Herbstzauber, wie er in gleich märchen hafter Pracht uns seit manchem Jahr nicht be- schieden gewesen ist, liegt jetzt auSgegossen über Flur und Feld und erfüllt mit berückendem Rausche die Seele. Und der vorige Sonntag war wohl einer der schönsten von diesen prächtigen Herbsttagen. Dankbar wurde er von Alt und Jung begrüßt und auSgenutzt. Bom frühen Morgen bis in die späten Abendstunden waren fröhliche Ausflügler, Touristen und Spaziergänger unterwegs, um sich noch einmal an der im Herbst schmuck prangenden Natur zu erfreuen. Und mit Recht. DaS perlende Sonnrngold stählt die Nerven, die balsamische Luft weitet die Brust, die milde Wärme der Temperatur umschmeichelt die Sinne, sodaß neue Lebenslust Alle» ergreift, wa» da kriecht und fliegt, und di« sonst in uns bei« Anblick de» sich bunter färbenden und fallenden Laube» wach werdende Wrhmuth, die Trauer über die Vergänglichkeit irdischen Sein», keinen Raum finden will. — Da» anhaltende sonnige und warme Ernte wetter ermöglicht e» unseren Landwirthea, nicht nur die Srummeternte, welche diese» Jahr einen reichlichen Ertrag lieferte, unter Vach M Hauptkräfte der menschlichen Seele: Erkennen, Fühlen und Wollen unter der treuen Pflege geschickter Lehrer sich entwickeln, kommt für das Kind nach und nach ein fester geistiger Besitz zu Stande, der die Gmndlage alles Wissens bildet und je länger je mehr sich erweitert. Zugleich mit den Kenntnissen werden durch die Ausbildung von Auge Ohr und Hand dem Kinde Fertigkeiten angeeignet, die für sein späteres Fortkommen nothwendig sind. Gott wolle auf die Lehrerarbeit in diesem Hause seinen Segen legen, damit die Kinder, die hier ihre Bildung empfangen, mit einem reichen Maaß des Wissens und Könnens hinaustreten ins Leben, um dadurch geschickt zu werden zur Erreichung ihrer irdischen Aufgabe. Weit höher aber als diese steht für jeden Menschen die himmlische Bestimmung, denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele! Darum muß es eines Jeden vornehmste Sorge sein, zu schaffen seiner Seele Seligkeit mit Furcht und Zittern. Die Eltern haben diese Verpflichtung nicht allein für sich, sondern auch für ihre Kinder. Weil aber das Elternhaus so häufig dieser Verpflichtung sich entzieht, hat Gott die christliche Schule geordnet, damit sie die Kinder, die ihr zugeführt werden, Hinweise auf das Eine, das noch ist und ohne das alles Andre, was die Erde hat und bietet, uns nichts helfen kann. Die Unterweisung in diesem Einen Nothwendigen ist die Aufgabe jeder christlichen Schule, sie ist auch die Aufgabe dieser Schule, die wir heute dem Gebrauch übergeben. Dieses Eine Nothwendige ist, kurz gesagt, Christus. Christus soll in diesem Haus regieren, christlicher Geist und christliche Sitte sollen darin wohnen und walten. Darum soll auch im Religionsunterricht dieser Schule Christus im Mittelpunkte stehen, d. h. das Evangelium von dem gottmenschlichen Heiland, der für uns verlorene und zu ewiger Unseligkeit verdammte Menschen sein Leben dahingegeben und den Zugang zum Vater uns wieder ge öffnet hat. In ihm ist das Heil der ganzen Welt beschlossen, in ihm allein ruht auch das Heil dieser Schule. Wie die Pracht und Herrlichkeit des jerusalemischen Tempels in Trümmer sank, als das Volk sich von seinem Heiland lossagte, so wird auch der Prachtbau unserer modernen Bildung zu Grunde gehen, wenn Jesus Christus nicht mehr den Grund- und Eckstein in ihm bildet. Wo aber Christus in einer Schule wohnt und waltet mit seinem Geiste, da hat auch das Wort Gottes eine Heimstätte, denn dann ist die Lehrerarbeit mit allem Fleiß darauf gerichtet, daß die Kinder be kannt werden mit dem Hauptinhalt der heiligen Schrift, daß ihnen das Verständniß der als Memorierstoff verordneten Sprüche und Lieder erschlossen wird, und daß sie diese Sprüche mit allem Fleiß lernen, damit sie späterhin an solchem geistlichen Schatze das haben, was sie an ihm haben sollen: im Leben einen Halt, in den Versuchungen einen Schutz, in der Noth einen Trost und im Sterben eine sichere Hoff nung. Groß und gewaltig ist die erziehliche Kraft, die Gott in sein Wort hineingelegt hat. Diese erziehliche Kraft wollen wir auch für unsere Kinder hier in diesem Hause recht treulich nützen. In einer Schule aber, in welcher als oberster Grundsatz gilt, die Kinder fleißig im Worte Gottes zu unterweisen und sie auszu erziehen in der Zucht und Vermahnung zum Herrn, ist es überhaupt wohl bestellt um das Werk der Erziehung, denn da giebt es auch eine Erziehung zu ehrerbietigem, willigen Gehorsam gegen Eltern und Lehrer, eine Erziehung zur Keuschheit, zur Sanftmuth, zur Verträglichkeit gegen Geschwister und Mitschüler, überhaupt zu Allem, was lieblich ist und wohllautet, da giebt es auch eine Erziehung zur Vaterlands liebe und Königstreue^ Soll es aber dem Lehrer hier j in 'diesem Hause gelingen, den hohen und vielseitigen Aufgaben, die Unterricht und Erziehung an sein Wirken stellen, in vollem Maaße gerecht zu werden, so muß bei ihm eine Voraussetzung vorhanden sein: er muß das rechte Lehrerherz haben. Aus einem solchen Lehrerherzen geht dann hervor, wie aus einer Quelle: die rechte Lehrertreue, der rechte Lehrersinn, der rechte Lehrerwandel. Lehrer mit solchem Herzen stehen nicht mehr allein im Dienste Gottes- sie wirken auch zur Ehre Gottes. Dadurch aber machen sie die Schule in That und Wahrheit zu einer heiligen Arbeitsstätte. Als Jakob nach dem Traum von der Himmels leiter am Morgen erwachte, da faßte er alles, ^eim erbaut haben; doch vor allen Dingen seid reu und fleißig und haltet die Gebote Gottes, >aß Ihr tüchtige und brauchbare Bürger dieser Erde und dereinst des Himmels werdet, — dann wird der Segen Gottes auf Euch ruhen und Keses Haus wird hundertfache Zinsen tragen! In dieser Hoffnung rufe ich Euch zum Schluffe ju: „Euren Eingang segne Gott! Amen." Herr Stadtverordnetenvorsteher Heim. Gräfe prach in gewohnter packender Weise und ver- mch die neue Schule mit einem vorgeschobenen Posten ächten Deutschthums, wie unsere Vater- tadt dies seit ihrer Gründung stets gewesen und brachte die Glück- und Segenswünsche des Kollegiums, sowie der ganzen Bürgerschaft dar. Nach Schluß dieser Ansprache hielt Herr Ober pfarrer vr. Wetzel das Weihegebet, indem er in zu Herzen gehenden Dankesworten den Höchsten wies, der seine schützende Hand über den Bau zehalten, daß er glücklich und ohne Unfall voll endet wurde und flehte Gottes Segen auf diese neue Pflegstätte des Geistes herab. Nach dem Schlußgesang: „Nun danket alle Gott re." schloß sie ernste Feier, der sich ein Rundgang durch die der Neuzeit wohlangepaßten Räume des neuen Gebäudes anschloß. Der sächsische VrMIer. Wett» L was seine Seele unter dem Eindruck jenes Traumes bewegte, zusammen in den Ausruf: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes, denn Gottes Haus. Hier ist die Pforte )es Himmels! Dasselbe wird man auch von diesem Schulhaus sagen dürfen, das wir heute zeweiht, solange Lehrer darin wirken werden, die das rechte Lehrerherz haben, denn dann ist es als eine heilige Arbeitsstätte im Dienste Gottes und zu Gottes Ehre zugleich eine ge weihte Bildungsstätte für den jugendlichen Geist, ein heiliger Gottesbau zur Pflege unsterblicher Menschenseelen und eine gottge segnete Pflanzstätte christlicher Zucht und Sitte für alle, die als Lernende hier aus- und eingehen. Dazu gebe der drei einige Gott seinen Segen. Amen." Die gehaltene Weihe- und Festrede des Kgl. Bezirksschulinspektors Herrn Schulrath Schütze machte auf die Versammlung einen tiefen Ein druck. Alsdann betrat der Ortsschulinspektor Herr Schuldirektor vr. Henze die Rednerbühne, um an die Kinder zu sprechen und es geschah dies in ergreifender wohlthuender Weise: „Nun danket alle Gott!" und die Bitte um Heil und Segen aus der Höhe für das neue Heim der Kinder war der Grundton seiner Einleitung. Nun aber gilt es, fuhr Redner fort, die schöne Form mit edlem Inhalt zu erfüllen! Ihr habt von einem Steingebild des Morgenlandes, der Mammonssäule in Aegypten, gehört: Sie klang und tönte, wenn sie der Morgenstrahl der Sonne traf. Seht, so reden auch die Stein gebilde, die die Außenwände dieses Hauses zieren, eine stumme und doch laute Sprache. Soll ich Euch dieselbe deuten? Wohlan, so hört! Nun erklärte Redner 1. Ursprung und Be deutung der gekreuzten Bischofsstäbe, des Wappen zeichens unsrer Stadt. Der Heiland war es, der mit dem Rufe: „Weide meine Lämmer!" dem Simon Petrus gleichsam den geweihten Hirtenstab reichte. Und diese Mahnung ruft er jedem Lehrer noch heute zu, denn er soll die ihm anvertrauten Kinder hüten und bewahren und ihre Geister und Herzen weiden und hin führen zu dem großen Hirten, der gesagt hat: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!" 2. „Nun aber blickt im Geiste höher hinauf zu den Giebelfeldern dieses Hauses! Von dort blickt Euch ein anderes Steingebilde, die Eule, mit sinnend ernsten Blicken an. Sie war der Göttin Pallas Athene geweihet, der Schätzerin von Kunst und Wissenschaft! Nun ahnt Ihr schon, was dieses Steingebild Euch sagen will: „In diesem Hause sollen Eure Köpfe hell und Eure Herzen warm werden!" Denn hier sollten sie ja nicht nur nützliche Kenntnisse sammeln, um mit Ehren in der Welt bestehen zu können, sondern auch Sinn und Begeisterung gewinnen für alles Große und Schöne, für deutsches Heldenthum, für deutsche Sprache, für deutsche Art und Sitte! Aber vor das Schöne setzten die Götter den Schweiß und es gebe nichts Großes aus Erden, was ohne Mühe errungen worden wäre. Wie der Bau dieses Hauses, so schreite auch der Tempelbau des Geistes nur mühsam und langsam vor und Lehrer und Kinder müßten treu Zusammenwirken, wenn das Werk gedeihen solle. Aber freilich, vieles Wissen allein mache keinen Menschen glücklich, denn „Vieles Wissen ohne Religion macht den Menschen zur Bestie!" 3. „Darum denk' ich mir, die vielen Obelisken, die die Giebel dieses Hauses zieren, sind gleich sam Finger, die nach oben zeigen! Ja, nach oben! — Denn die Religion ist die Majestät aller Majestäten und das Funda ment der Wohlfahrt aller Menschen und wo sie regiert, da stellen sich alle Tugenden von selber ein, wie die Knospen am Rosenstock!" Nun mahnt der Redner vor Allem zu treuem Gehorsam (4. Gebot), weil darauf der Erfolg der Erziehung im Elternhaus und Schule beruhe. Und wo Gehorsam walte, da herrsche auch Ehrfurcht vor Gesetz und Obrigkeit und Liebe und Treue gegen König und Vaterland. Hierbei erinnert Redner an das ergreifende Löwendenkmal in Luzern und an das Krieger denkmal vor der alten Schule, das erste mahne: „Lieber sterben, als die gelobte Treue brechen", das andere: „Mit Gott für König und Vater land treu bis in den Tod!" Am Schluß die Mahnung: „Liebe Kinder Danket den Vertretern unserer Stadt von ganzem Herzen und dankt der ganzen Stadtgemeinde, die Euch mit schweren Opfern dieses neue schöne