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^siso / Rufe» sie sich auch im Ausland« erfreut, geht darau» hervor, daß sie sogar mehrfach Japaner zu ihren Besuchern zählen durste. Einer dieser Herren, Schikah mit Namen, hat e» in seinem Batrrlande bi» zur Stelle de» höchsten Forst» beamten gebracht, denn er ist Direktor der Forst lehranstalt und Ober-Forstrath im kaiserlichen Ministerium. Er war jetzt in Deutschland, um neue Studierende unterzubringen und mehrere deutsche Professoren für Tokio zu gewinnen, wobei er auch Tharandt zweimal aufsuchte. Zuletzt weilte er vier Wochen hier. Am 3. Nov, dem Geburtstage seine» Kaiser», hatte Herr Ober-Forstrath Schikah die hiesige Professoren schaft usw. zu einem Abschiedsmahle um sich versammelt. Bei dieser Gelegenheit brachte der Direktor der Akademie, Herr Geh. Forstrath vr. Neumeister, seinen Trinkspruch auf den Kaiser von Japan aus. Der fremde Herr dankte bewegten Herzens, namentlich dabei der Freude Ausdruck gebend, wie Japan und Deutsch land in der letzten Zeit so nahe gerückt seien, und versichernd, daß die japanische Forstwirth- schaft sich jederzeit eng an die deutsche — und namentlich sächsische — Forstwirthschast an schließen werde. Mit Dank gegen die Forst- Akademie und ihre Lehrer ließ er die Anstalt hoch leben. Leipzig. Bei dem immer noch nicht über wundenen Kohlenmangel ist eS begreiflich, daß überall dort, wo man Kohlenlager vermuthet, Bohrungen vorgenommen und Anstalten züm Abbau der aufgefundenen Kohlenflötze getroffen werden. In der Nähe von Leipzig, ja selbst unter dem Stadtgebiete, liegen Braunkohlen, die allerdings theilweise in sehr geringen Mengen vorkommen, so daß sie nicht abbauwürdig sind. Neuerdings sind durch Bohrversuchr namentlich auf Bösdorfer Flur bis 15 Meter mächtige Braunkohlenflötze angebohrt worden, so daß wohl schon im nächsten Jahre Kohlenschächte dort angelegt werden. Wo die Kohle zum Ver brennen nicht tauglich ist, wird sie zu sogen. Brikett» verarbeitet, die hier in Leipzig bei der Hausfeuerung jetzt vorwiegend verwendet werden. Leipzig, 7. Nov. Da» Schwurgericht verurtheilte heute den Ziegelarbeiter Dreßler wegen Mordes, begangen an dem Brauergehilfen Halse bei Borna auf der Landstraße, zum Tode. Kirchberg. Eine schwergeprüfte Familie ist die des Fabrikarbeiters Karl Lang hier, bei der der Tob dreimal in ganz kurzer Zeit Einkehr hielt. Am Freitag Abend starb ein IV, Jahre alter Enkel deS Genannten an Lungenentzündung, am Sonnabend früh seine Ehefrau im Alter von 66 Jahren und am Sonntag Abend eine ver- heirathete Tochter im Alter von 25 Jahren an Lungenschwindsucht. Eine 22 Jahre alte Tochter war bereits im April d. I. gestorben. Vermischtes. — Unerhobene Gewinne hatte bis jetzt jede Wohlfahrtslotterie zu Zwecken der Deutschen Schutzgebiete zu verzeichnen. Man muß an nehmen, daß Freunde der Deutschen Colonial- Gefellfchast und des Deutschen Frauen - Vereins für Krankenpflege in den Colonien zu Gunsten des großen nationalen und humanen Zweckes ihre Gewinne stillschweigend verfallen lassen. Wohl sind dies keine erheblichen Beträge, denn die großen Gewinne sind alle erhoben, und zwar fielen je 100,000 Mark noch Baiern, Berlin, Hamburg und Rheinprovinz, je 50,000 Mark nach Holstein, Hessen, Frankfurt a. M. und Sachsen-Altenburg und dir Gewinne von 25,000 Mark, 15,000 Mark, 10,000 Mark in die ver schiedensten LandeStheile des deutschen Reiches. Wie immer, so wird auch diesmal das mit dem General-Vertrieb betraute Bankhaus Lud. Müller L Co. in Berlin, Hamburg, München und Nürnberg (Agenturen befinden sich in fast allen Orten de» Deutschen Reiches), diese beliebten WohlfahrtSloose zum amtlichen Preise von Mark 3.30 wieder längst vor Ziehung geräumt haben, weshalb sich rascher Kauf empfiehlt. Die Zieh ung findet schon am 29. November und den folgenden Tagen zu Berlin öffentlich statt. — Uebrr das Gedeihen der Fische im Jahre 1900 brachte die Kaiserliche Fischzucht- Anstalt einige interessante Thatsachen. Da letzte Jahr, welche» un» so überreichen Segen an Obst brachte, da» unsere Reben so herrlich gedeihen ließ, hat uns auch eine seltene Fülle von Fischen aller Art gebracht. Die Karpfen- brüt ist hier zu Lande gediehen, wie seit vielen Jahren nicht metzc. Nicht nur, daß die Zahl eine viel größere ist, wir in früheren Jahren, auch durch ihre Größe zeichnen sich di« Karpfen Der sächsische Erzähler. Wett« 10 Da« Durchschnitt»««- i Pulver gefüllte Flasche Sommer alten Karpfen Kohlrnofen warf. Durch höchst vortheilhast au». ' wicht der jungen, einen Sommer beträgt 110—120 Gramm, doch sind auch zahl reiche Exemplare von 250—300 Gramm vor handen. Ebenso ist die Zanderbrut trefflich ge- dirhen; Barsche sind reichlich und in schönen Exemplaren vorhanden. Auch die älteren Fische haben ein viel größeres Gewicht ergeben, wie in DurchfchnittSjahren. Die zwei Sommer alten Karpfen haben ein Durchschnittsgewicht von 750 Gramm erreicht. Speise-Karpfen züchtet die Kaiserliche Fischzucht-Anstalt wegen ihrer be schränkten Fläche nicht, doch sind die zu Zucht zwecken im dritten Sommer zurückbehaltenen Karpfen im Durchschnitte 2000 Gramm schwer geworden. — (Opfer der Börse.) Ein räthselhafter Kleidersund, der dieser Tage aus einer Buhne im Oberwasser der Oder bei Breslau gemacht wurde, hat nunmehr seine Aufklärung gefunden. Ein dort niedergelegter Pelerinenmantel, in dessen Taschen sich einige Legitimationspapiere vorfanden, führte aus die Spur seines EigenthümerS und bestätigte die Bermuthung, daß die Sachen einem Unglücklichen gehört haben, der freiwillig den Tod in den Wellen gesucht und gefunden hat. Es handelt sich bei dem Selbstmorde um einen im oberschlesischen Jndustriebezirk sehr geachteten Mann, den Gemeindevorsteher, Kaufmann und Gastwirth Robert Malh aus Schwientochlowitz. Der Mann lebte bis vor Kurzem in den glänzendsten Bermögensverhältniffen; Verzweiflung über einen Pörsen-Berlust von 300,000 Mark hat ihn in den Tod getrieben. Zu derselben Zeit hat ein Kaufmann aus Schwientochlowitz ebenfalls an .! in einen brennendeu Kohlrnofen warf. Durch di« Explosion entstand eine große Panik. Sämmtliche Fenster de» Spitals wurden zertrümmert. BoriSko stellte sich selbst der Polizei. — (Eine Königin al» Lebensretterin.) Da» Tagesgespräch in Lissabon ist gegenwärtig ein Zwischenfall, der sich in dem eleganten Bade ort CaScaeS, in dem sich auch die Königliche Familie aushält, ereignet hat. Königin Amalie rettete durch ihren Muth einem ertrinkenden Fischer das Leben. Die Königin Amalie ruderte gewöhnlich täglich kurze Zeit in einem Boot, das einem Fischer Namens Catalao gehört. Dieser Tage landete die Königin nun gegen zehn Uhr und Catalao drehte das Fahrzeug herum in der Meinung, e» auf eine flache Stelle zu ziehen. Plötzlich kam eine große Welle über das Boot und trug es in die See, während der Fischer sich vergeblich anstrengte, eS in seine Gewalt zu bekommen. Die Königin war in diesem Augenblick im Begriff, in ihren Wagen zu steigen, aber als sie die gefahrvolle Lage des Fischers sah, stürzte sie vorwärts, warf sich in die See und schwamm heraus, bis sie dem Fischer ihre Hand reichte und ihn mit Hilfe von zwei anderen Seeleuten an's User brachte. Der Fischer wäre ohne die Hilfe der Königin unrettbar er trunken, da er sich beim Fallen in's Wasser den Arm gebrochen hatte. Auf Befehl der Königin wurde der Gerettete in die königliche Burg ge bracht. Hier wurde ihm die nöthige Pflege zu theil, und die Königin selbst hals dabei, sein Bett zu machen. Differenzen infolge Börsenspiels etwa 400,000 Mark zahlen müssen; eine ähnliche Summe soll aus gleicher Veranlassung ein Kattowitzer Kauf mann verloren haben. Die Gesammtsumme, welche die vorgenannten Personen an der Börse verspielt haben, wird auf etwa eine Million Mk. geschätzt. — Freyburg, 2. November. Vor Kurzem legten 10 russische Arbeiter eines in der Nähe gelegenen Rittergutes, die der Besitzer erst einige Tage vorher «durch einen Agenten gegen eine VermittelungSgebühr von 72 Mk. engagirt hatte, plötzlich die Arbeit nieder, weil der Lohn zu knapp und das Essen zu schlecht sei. Der hiesige Gendarm wurde gerufen und mußte das aller dings dünne Essen untersuchen. Die Sache kam zur Anzeige, und die Leute wurden wegen Contractbruchs jeder zu 1 Tag Haft verurtheilt. Bald danach zankten sich einige Russen, und dabei kam eine recht nette Geschichte an's Tageslicht. Die Russen handeln nämlich nach einer ganz bestimmten Methode. Sie lassen sich vermiethen und legen binnen Kurzem unter irgend einem Vorwande die Arbeit nieder — so haben sie überall das Essen mit Wasser u. s. w. selbst verdünnt —, um sich dann wieder von Neuem vermiethen zu lassen. So haben sie sich in einigen Tagen dreimal verdungen. — Swinemünde, 7. Novbr. Auf dem Dampfer „Jndustria" der Reederei Kunstmann, der gestern von hier nach England abging, brach gegen den Kapitän, die Offiziere und arbeitenden Mannschaften eine Meuterei aus. Der Dampfer kehrte während der Nacht hierher zurück. Sechs an der Meuterei Betheiligte wurden verhaftet. — (Vermischte Nachrichten.) Im Walde bei KlauSthal (Harz) hat ein Pistolen duell zwischen dem Berginspektor Fischer und dem Bergamts-Studenten Engelhardt stattge funden. Fischer ist durch einen Schuß in den Unterleib schwer verletzt worden. — Die Straf kammer in Nürnberg hat eine GastwirthSfrau zu einem Monat Gefängniß verurtheilt, weil sie Pferdefleisch statt Rindfleisch zu Goulasch und Sauerbraten verwendet hatte, ohne den Gästen davon Kenntniß zu geben. — Gegen zwei Berliner jüdische Mediziner, den Chirurgen Professor James Israel und den Physiologen Professor Immanuel Munk, erhebt Professor Pflüger in Bonn den schweren Borwurf, sie hätten „physiologische Vivisektionen am Menschen" vorgenommrn und zwar an einem im jüdischen Krankenhause liegenden Mädchen, da» an Ele phantiasis des linken Bein», einer Erkrankung der Haut und de» Unterhautbindegewebe», die mit Erweiterung der Lymphgefäße verbunden ist, litt. — Die Pariser Polizei verhaftete am Dienstag einen Pförtner und dessen Frau, die beide beschuldigt sind, jede» Jahr, und zwar seit acht Jahren, ihr neugeborene» Kind dem Hunger- tode prei»aegrben zu haben. — Einer Meldung au» Krakau zufolge versuchte der Möach BoriSko «in Attentat auf da» Spital der barm herzigen Brüder in Krakau, indem er eine mit — (Ein verlorener Sohn.) Eine rührende Geschichte wird aus der Krim be richtet: Vor einigen Tagen stellte sich ein vier zehnjähriger Knabe im Comptoir eines der größten Güter der Gegend vor und bat um Arbeit. Die äußere Erscheinung des Knaben erweckte das größte Mitleid. Er war buchstäb lich in Lumpen gehüllt, schien halb verhungert zu sein und gab auch wirklich zu, daß er seit mehreren Tagen kaum etwas gegessen habe. Da der Inspektor des Gutes nicht zugegen war, nahm einer der Aufseher den Knaben in sein HauS und that sein Möglichstes für ihn. Als der Inspektor Abends zurückkehrte, wurde ihm der Fall vorgetragen, aber er entgegnete rauh, daß er einen „zerlumpten Wegelagerer" nicht brauchen könne. Inzwischen sammelten die armen Diener untereinander eine kleine Geld summe und Kleider und forderten den Knaben aus, am folgenden Morgen wieder in dem Comptoir anzufragen. Gerade als ihm der Bei trag eingehändigt wurde, trat der Inspektor ein. Er sah den verlassenen Knaben an, erblaßte und fragte ihn mit zitternder Stimme: „Heißt Du nicht Theodor?" Der Junge nickte bejahend. Da umarmte ihn der Inspektor stürmisch und küßte ihn zur größten Ueberraschung der Be amten auf das Innigste. Der arme verlassene Knabe war der eigene Sohn des Inspektors, der vor zehn Jahren von der eigenen Mutter, der geschiedenen Frau des Inspektors, au» der Obhut des Vaters gestohlen worden war. Der Knabe erzählte, daß er keine Erinnerung mehr an seine Mutter hätte und stets unter Fremden gewesen wäre. Zuletzt hätte er einigen blinden Bettlern al» Führer gedient. Er trug noch da» Kreuz, da» sein Vater ihm bei seiner Taufe um den Hal» gehängt hatte. — (Entführung eine» Kindes.) Die Bewohner de» Viertel» Dejean, in dem Pariser Vorort Montmartre sind durch da» geheimniß- volle Verschwinden eine» Kinde», der 12jährigen Antoinette Gaillard, in große Aufregung versetzt worden. Da» kleine Mädchen war am vorver gangenen Sonntag Vormittag von seiner Mutter zu einem nahen Kaufmann« geschickt worden. Bon diesem Gange kehrte e» nicht wieder zurück. Alle Nachforschungen bei den verschiedenen Kauf leuten der Gegend, bei den Nachbarn und selbst i bei den in Paris wohnenden Verwandten der ! Familie haben bisher zu keinem Resultat geführt. Auch den Bemühungen der Polizei, die täglich 2 Mal die Morgue (Leichenhalle) und die Hospitäler visttiren läßt, gelang e» nicht, über den Verbleib der Vermißten etwa» in Erfahrung zu bringen. E» werden bereit» allerlei seltsame Gerüchte in Bezug auf da» Verschwinden der keinen Gaillard laut: Manche» spricht für die Annahme» daß da» Kind da» Opfer eine» Verbrechen» geworden ist. Einzelne Leute vollen behaupten, Antoinette sei von einem jener Mädchenhändlrr, die gegen wärtig in der Seinestadt ihr Wesen treibe«, entsühn worden. Di« Verzweiflung der Eltern ist unbeschreiblich.