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Viehmarkt in Kischossmerda Montag, den 6. Juli 1891. Deutsches Reich. Das „Dr. Journal" ist ermächtigt, mitzu- thcilcn, daß am Montag die Verlobung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Friedrich August, Herzogs zu Sachsen, mit Ihrer Kaiser!, und Königl. Hoheit der Erzherzogin Luise, Tochter Sr. Kaiser!, und König!. Hoheit des Großherzogs von Toskana, stattgefundeu hat. Dieses frohe Ereigniß wird im ganzen Lande der lebhaftesten und freudigsten Theilnahmc begegnen. Die er lauchte Braut Sr. Kgl. Hoheit, Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit Louise Antoinette Maria Theresia von Toskana ist das zweite Kind und die älteste Tochter Sr. Kaiserl. und Kgl. Hoheit dcS Großhcrzogs Ferdinand IV. von ToSkana, aus dessen zweiter Ehe mit Ihrer Kaiserl. und Königl. Hoheit der am 27. Dezember 1849 ge borenen Prinzessin Alice von Bourbon-Parma. Erzherzogin Lonise ist am 2. September 1870 zu Salzburg geboren; hochderen Vater war in erster Ehe mit Ihrer Kgl. Hoheit der Prinzessin Anna, Herzogin zu Sachsen, der Schwester Sr. Majestät des Königs Albert, vermählt; dieselbe verstarb am 10. Februar 1859 mit Hinterlassung einer inzwischen verstvrbenen-Tochtcr. Die zweite Ehe ging Sc. Kaiserl. und Königl. Hoheit der Großherzog Ferdinand im Jahre 1868 ei». Die Mutter der erlauchten Braut ist die Schwester des Herzogs Robert von Parma und somit eine Tochter des an» 27. Mai 1854 verstorbenen Herzogs Carl III. von Parma, aus dessen Ehe mit Prinzessin Lonise von Bourbon, welche im Jahre 1864 verstarb. Ihre Kaiserl. und Kgl. Hoheit die Erzherzogin Louise von Toskana hat noch 8 lebende Geschwister, nnd zwar 5 Brüder und 3 Schwestern, die mit Ausnahme dcS Erz herzogs Leopold sämmtlich jüngeren Alters sind. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August begab sich in Begleitung des Rittmeisters Frhrn. v. Lindemann an» Dienstag Nachmittag nach Linda»» ain Bodensee, von wo derselbe An fang Juli nach Dresden zurückkehren wird. c? Bischofswerda, 24. Juni. Ein schöner, prachtvoller Somniermorgen begrüßte heute den Johannistag, der schon so viele Jahre hindurch in hiesiger Gemeinde dem Andenken unserer Ver storbenen gewidmet ist. Schon in aller Frühe pilgerte man hinanS aus unser»» herrlich gelegenen Friedhof. Von allen Seiten brachte man Kränze, Blumen und Guirlanden herbei, um damit die Gräber ihrer Dahingcschiedenen zu schmücken. Manche stille Thräue der Dankbarkeit und Liebe wurde am grünen Hügel der darunter Schlafenden vergossen, die nun in Frieden ruhen und der einstigen Auferstehung, die uns ja der Herr ver heißen hat, frei von allen Beschwerden dieses Lebens, entgcgenschlummern. Ueberall standen ans dem weiten Kirchhofe Gruppen von Menschen und gedachten in stiller Andacht und tiefem Schmerz der schönen Zeit, wo die Verstorbenen noch unter ihnen waren nnd mit den Hinter lassenen Freud und Leid theilten, mit ihnen arbeiteten und für daS Wohl der Ihrigen sorgten. Doch auch hier an den Gräbern finden wir Trost und Ruhe bei dem Gedanken, daß wir uns vielleicht gar bald Wiedersehen nnd dann auf ewig mit einander verbunden sind. Reicher Blumenschmuck zierte die Gräber, hell schien die Morgensonne über dieselben hinweg, eine Stille und Ruhe herrschte in der Natur, als sei der große Sabbath angebrochen und hoch über uns ließ die Lerche ihr Morgculied zum ewigen Schöpfer emporsteigeu. DaS war der liebliche Johannismorgen auf unser»»» Friedhöfe. Doch immer zahlreicher wurde die Menge der Pilger, die hier zusammcnkam und dieses oder jenes Grab aufsuchte. Manche Mutter stand am kleine»» Hügel des liebe»» Kindes, welches der Herr so bald wieder abgerusen hatte und sie nun allein weiter pilgern muß. Doch da ertönt früh 9 Uhr Glockengeläute voi» dem Thurme der Hauptkirche herüber durch die Lüste nach dem stillen Friedhöfe. Es begann der Gottes dienst in der Begräbnißkirche, und zahlreich ver sammelte sich die Gemeinde in derselben, um sich hier zum heutigen Tage den rechten Trost aus Gottes Wort zu holen. Die vom Herrn Pfarrer vr. Wetzel gehaltene Predigt legte der Gemeinde das Wort des Herrn aus Jes. 40, 1—5 in er baulicher und zum Herzen sprechender Weise dar. Nach Schluß des Gottesdienstes zerstreute sich zwar der größte Theil Derjenigen, welche hier den Johaunismorgei» verlebt hatten, "aber noch lange darnach war der Friedhof von Pilgern besucht und legten Kränze in dankbarer Erinne rung an die Entschlafenen auf ihre Gräber nieder. Bischofswerda, 26. Juni. Ain 24. Juni fand die Einweihung des nenen Fußweges nach dem Valtenberg in programmgemäßer Weise statt; die circa 150 Festtheilnehmer, darunter die Gebirgsvereinssektionen Radeberg nnd Neustadt ziemlich stark vertreten, trafen, in Begleitung deS hiesigen Stadtmusikkorps, gegen halb 5 Uhr auf dem Valtenberg ein. Nachdem nun der Vor sitzende des Vereins dem hohen Protektor des Gebirgsvereins, Sr. Kgl. Hoheit dein Prinzen Georg, Herr Rechtsanwalt Roch im Namen des CentralansschusscS der Sektion Bischofswcrda- Valtenberg, sowie Herr Blumenfabrikbesitzer Heinrich Gräfe Sr. Majestät unfern» allverehrten König Albert Lebehochs in begeisterten Worten ausgebracht hatten, fand der offizielle Theil dieser Festlichkeit seinen Abschluß. Die übrigen Nach mittagsstunden wurdcn bei schönster Witterung durch Instrumentalmusik, diverse Toaste und ge meinschaftliche Gesänge angenehm ausgcfüllt. Nach der Rückkehr vom Berge entwickelte sich in den Sälen des Hotels zur „goldnen Sonne" wiederum fröhliches Leben, bestehend in KommcrS, verbunden mit einen» Tänzchen. Gegen 1 Uhr verabschiedete man sich mit dem Bewußtsein, wieder einmal recht angenehme und heitere Stunden im Gebirgsvcrcin verlebt zu haben. Bischofswerda, 24. Juni. Die Firma „Herrmann Gmeiner, Bnntpapiersabrik in Golv- bach und Niederlage in Dresden" ist mit einem Aktienkapital von 450,000 Mark in eine Aktien- Geselllchaft unter der Firma: „Bunt- u. Luxus papierfabrik Goldbach" verwandelt worden. Die Aktien bleiben im Privatbesitz. Zum Vorsitzenden des AussichtSrathes ist der bisherige Besitzer, Herr Kommissionsrath Gmein er-Benndorf in Dresden und zum Direktor der neuen Gesellschaft Herr Wilhelm Pfaff in Goldbach erwählt worden. Kollektiv-Prokura haben Herr Heinrich Lohnes und Herr August Franz in Goldbach erhalten. Bischofswerda. Nun kommen die Tage der Rosen! Nach langer Regenzeit und mancher Unbill des Wetters blüht Knospe für Knospe im warmen Sonnenschein auf und die herrlichen Farbcntöne zeigen sich als wahre Augenweide. Zwar hat der strenge Winter manchen Strauch vernichtet nnd die Witterung der letzten Wochen hat manche Knospe zerstört, aber noch sehen wir viele schöne und volle Stöcke in dei» prächtigen Promenaden und Privatgärten unserer Stadt, welche ihre frischen und duftigen Blumen ent falten. Mit der Rosenzeit beginnen zugleich die Tage der goldenen Ferien und des Urlaubs. Die Glückliche», welche auf einige Wochen den Staub der Akten oder die dicke Luft der Schul stube voi» sich schütteln können, fliehen hinaus aus die blauen Berge nnd in die grünen Wälder. Unsere Umgebung ist reich gesegnet mit schönen Plätzchen aller Art, wo man Leib und Seele erfrischen kann, ohne den Eisenbahnen, welche für Viele noch immer zu theuer sind, erst eine Menge Geld zu opfern. — Aus einer größeren Anzahl sächsischer Bahnstationen werden von» 1. Juli au Privat depeschen nicht mehr befördert werden. Es sind dies Bischheim, Böhringen, Breitingen, Burk hardtsdorf, Dorfchemnitz, Dürrröhrsdorf, Ebers bach, St. Egidien. ErdmannSdorf, Erlau, Groß postwitz, Großschirma, Großvoigtsberg, Hohen- fichte, Jocketa, Lichtenberg, Mehltheuer, Meiners dorf, Mügeln b. Pirna, Naunhof, Niederau, Oberlichtenau, Oberoderwitz, Olbernhau, Ostrau, Ottendorf b. Neustadt, Pommritz, Priestewitz, Reitzenhain, Reuth, Rositz, Scharfenstein, Schmölln (S.-A.), Schönberg, Schönfeld, Schweikershain, Seelingstädt, Sohland, Stenn, Laubenheim, Waldkirchen, Wiesenburg, Wilthen, Wolkenburg, Wolkeustein und Zeitz (Güterbahnhof). — (Verpslegstativneu). In» Königreich Sachsen werden von 9 Bezirksverbänden, 2 Ge meinde»» , 13 Vereinen 68 Verpflegstationei» für mittellose Wanderer unterhalten, von denen 33 in Gasthöfen, 27 in Herbergen zur Heimath, 8 anderwärts in Privatwohnnngen untergebracht sind. Arbeitsleistung verlangen 31 Verpfleg stationen, Arbeit weisen 42 Stationen nach. Die Gesammtverpflegungskosten beliefen sich im Jahresdurchschnitt auf 54,349 Mk. und wurden 139,515 Wanderer verpflegt. Ueberdies bestehen noch 50 Geldgabenstellen, welche mit einein Kostenaufwande von 11,842 Mk. 52,780 Wanderern, ein OrtSgeschenk verabfolgten. Der Aufwand zur Beseitigung bezw. Milderung der Bettlcrplage beträgt aus den Kopf der Bevölkerung annähernd: ir» der Kreishauptmannschaft Bautzen 4,19 Mk., in der Kreishauptmannschast Dresden 1,63 Mk., in der Kreishauptmannschast Leipzig 1,77 Mk., in der Kreishauptmannschast Zwickau 1,98 Mk. Bautzen. In der hiesigen Michaeliskirche soll im nächsten Jahre eine vom hiesigen Orgel bauer Eule zu erbauende neue Orgel ausgestellt werden. Kamenz, 24. Juni. Ueber das vom 21. August bis 1. September in unserer Umgebung stattfindende Brigade-Exerzieren des Kgl. sächs. Ulanen- und Gardereiter-Regiments wird der „K. W." folgendes mitgetheilt: Das Exerzierfeld ist in der Gegend von Panschwitz nnd wird begrenzt von der Bautzener Straße, voi» den» Wege Miltitz-Höflein und von dein Höflein-Kuckauer Kommnnikationswege. DaS Ulancnregiment wird ain 20. August in der Gegend von Königsbrück Kantonnement beziehen und am 21. August durch Kamenz nach den Quartierorten rücken, während daS Gardcreiterregiment am 20. August in der Pulsnitzer Gegend verguartiert wird und voi» da ans durch Elstra in die Quartierorte rückt. Dresden, 25. Juni. Seit gestern benutzen aus Rußland kommende jüdische AuSgcwiesene, wie daö „Journal" schreibt, auch die Boden bacher Linie zur Reise über Hamburg nach Südamerika. Gestern passirten nur 8 Personen, heute '/«2 Uhr Nachmittags jedoch dcrei» 140 hier durch. Wie einzelne versicherten, war mit dem AuSweisnngsbefehl nur eine Frist von vicr- undzwanzig Stunden zugestanden worden. — Recht bedeutend gestaltet sich jetzt nach dein Eintritt günstigerer Witterung der Verkehr nach den böhmischen Bädern. Sowohl die Züge von Leipzig als auch die von Berlin bringen täglich bis auf den letzten Platz gefüllte Wagen und nicht selten müssen die Durchgangswagen nach Tcplitz und Karlsbad doppelt eingestellt werden. Ganz besonders stark stellt sich der Badeverkchr bei dem hier gegen 1/212 Uhr abgehenden Schnell zuge, welcher, obwohl er in zwei Theilcn abge fertigt wird, lange Wagenreihen mit sich führt. Anläßlich des Besuches des Kaisers aus Helgoland am 29. Juni findet daselbst großer Empfang durch den Chef der Mariuestation der Nordsee, Viceadmiral Schröder, statt. Das See bataillon wird zur Stellung der Ehrenwache durch das Artillerieschulschiff „MarS" nach Helgoland übergeführt. — Der „Hamburger Börsenhalle" zufolge gedenkt der Kaiser nach dem Besuche von Holland und England von Leith aus nach Bergen und von dort nach Tromsoe zu-fahren, um in der Nähe der Insel Skiervöe Ende Juli dem Walfischfangc beizu wohnen. Potsdam, 25. Juni. Auf Befehl des Kaisers wird das Gardeulanenregiment auf 3 Tage mobilisirt. ES ist dies der . erste Fall einer Probemobilmachung in Deutschland. Berlin, 25. Juni. Der gestrige Kronrath beschloß unter Anderem auch, seine Genehmigung zur Veranstaltung einer Lotterie voi» 8 Millionen Mark zur Bekämpfung der Sklaverei zu ertheilen. Königsberg, 23. Juni. Der kommandirende General Bronsart von Schellendorf, früher preußischer Kriegsminister, ist gestorben. Ueber die Erkrankung des Generals hatte bisher nichts verlautet, er scheint also einem Schlaganfall er legen zu sein. Der Verstorbene hat nicht einmal ein Alter von 60 Jahren erreicht (geboren 25. Januar 1832), er war ein hochgeschätzter Offizier, der lange Zeit dem Generalstab angehörte und bekanntlich in den Jahren 1883 bis 1889 dein KriegSministerium Vorstand, von dem er zurück trat, als ihm im Reichstag fachliche sowohl wie persönliche Schwierigkeiten gemacht wurden. Der General ist auch als Militärschriststeller vielfach thätig gewesen und hat auch auf diesem Felde Bedeutendes geleistet. Um dein Für sie»» Bismarck seine Ehr erbietung zu bezeugen, hatte sich der deutsche