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Bischofswerda, den 27. Juni 1881 ^ln^Mt^lmnwng*tt^em^eWmgSver?ahre>? für geistliche Stellen betreffend, fanden in zweiter Berathung einstimmige Annahme, worauf die am Montag abgebrochene Berathung des Berichts über den Zustand der evangelisch-lutherischen Landeskirche fortgesetzt wurde. Außer dem am Montag unerledigt gebliebenen Anträge des Sonderausschusses wurde ein Antrag des Superin tendent Michael auf Begründung einer zweiten Superintendent»! in Chemnitz angenommen. Dresden. Dem feierlichen Schluffe der Synode, welcher heute Freitag, den 26. Juni, Vormittags 10 Uhr im Saale der ersten Stände kammer stattfand, hat sich um 11 Uhr in der evangelischen Hof- und Sophienkirche ein Schluß- und Dank-Gottesdienst angeschlossen, bei welchem der berühmte Homiletiker Herr Geh. Kirchenrath Domherr Professor vr. Luthardt aus Leipzig die Predigt hielt. Grimma, 23. Juni. Ein trauriges Ende erlitt bekanntlich am 11. Mai d. I. hier die Hochzeitsfeier des Photographen Grünberg aus Java dadurch, daß die Braut sich durch einen Revolverschuß schwer verletzte. Die junge Frau Grünberg ist nun am 19. Juni nach einer Operation an der damals erlittenen Verletzung verstorben. Die Kugel saß unter dem Herzen und hat, da sie nicht entfernt werden konnte, der unglücklichen erst 19 Jahre alten Frau die ent setzlichsten Schmerzen bereitet. In Wurzen streiken die Aerzte. Die dortige Ortskrankenkasse IV beschloß vor einiger Zeit, daß auch der in Wurzen praktizirende Vertreter der Naturheilkunde, Herr Goldammer, als Kassen arzt zugelassen werden sollte. Die approbirten Aerzte erklärten darauf in einem gemeinsamen Schreiben an den Vorstand, daß sie, falls der Beschluß nicht zurttckgenommen werden sollte, nicht mehr in der Lage wären, den Kasscnmit- glicdern ärztliche Hilfe zu gewähren. -- Eine außerordentliche Generalversammlung der Orts krankenkasse IV faßte jedoch einstimmig den Be schluß, die Zulassung des Naturheilkundigen auf recht zu erhalten. Die Aerzte verweigern den Kassenmitgliedern jede Hilfe. Leipzig, 23. Ium. Als gestern in den Abendstunden in einem Kontor der inneren Stadt einem Bettler von dem allein anwesenden 17jähr. Kontoristen die geforderte Gabe verweigert wurde, war der Bettler so unverschämt, den jungen Mann unversehens mit seinem Bambusstock derart über den Kopf zu schlagen, daß der Getroffene besinnungslos zu Boden stürzte und sich erst nach längerer Zeit wieder erholte. Leider gelang es nicht, den frechen Patron dingfest zu machen. Derselbe ist 20 bis 22 Jahre alt, von kleiner, kräftiger Gestalt, hat blondes Haar, blondes Schnurrbärtchen, blasses, hageres Gesicht und ausfällig viel Sommersprossen im Gesicht. Be kleidet war derselbe mit braunem Jaquett, schwarzer Hose, braunem weichen Filzhut und führte einen gelben Bambusrohrstock mit Knopf I bei sich. Die seit 240 Jahren in Zwickau bestehende „große Grabegesellschaft" hat jetzt fast 1100 Mitglieder und 54,000 Mk. Vermögen. In Zwickau beabsichtigte der Buchhändler Findel aus Leipzig am 20. Juni einen Vortrag über „Die religiöse Bewegung unserer Zeit" zu halten. Die angekündigte öffentliche Versamm lung mußte aber ausfallen, weil keine Theilnehmer und nur der Einberuser und der Referent er schienen waren. ! Für die neue große Orgel der Marienkirche I in Zwickau ist jetzt und zwar in der nordwest lichen Thurmecke, ein zweipserdriger eincylindriger liegender Gasmotor aus der Fabrik von Otto I in Deutz bei Köln aufgestellt worden. Derselbe ist auf starken eisernen Bohlen festgeschraubt und I ruht auf eisernen Schienen, damit das Thurm gewölbe die Last des Motors und die der gegen 40 Zentner schweren Windmagazine zu tragen vermag. Das Geräusch des Motors ist nur in I der Vorhalle der Kirche wahrnehmbar, der Gas geruch aber, da die Abstoßrohrc hoch in den Thurm gelegt sind, gar nicht zu spüren. Der I Orgelprospekt ist ein großartiger, 75 klingende l Stimmen mit 4500 Pfeifen, von denen einzelne bis 160 Pfund schwer sind. Aus dem Gebirge wird geschriebenIn folge der anhaltend kalten Witterung wurde gar manche Hoffnung, welche der prachtvolle Mai I geweckt hatte, wenn nicht zerstört, so doch be deutend herabgedrückt. Die Kartoffeln z. B., die I in überraschend kurzer Zeit ausgegangen waren, sind in den letzten Wochen fast gar nicht ge- I wachsen und stehen, statt daß sic nun bald zum Rtt!hel^e?ommen^en^öl!ten^a^ Finger lang auf den Feldern, so daß ängstliche Gemüther schon jetzt eine vielleicht ebenso schlechte Kartoffelernte wie im vorigen Jahre fürchten. Auch das Sommergetreide ist zurückgeblieben, während Winterkorn, das hier allerdings nur wenig gesät wird, meist sehr schön ansteht. Sehr günstig scheint der Regen für den GraSwuchS gewesen zu sein, denn so viel Futter als in diesem Jahre gab eS schon lange nicht. Auf den besseren Wiesen fängt es an abzufaulen, und eS mußte, trotz des ungünstigen Wetters, mit der Heuernte begonnen werden. In verschiedenen Städten Sachsens sind neuerdings an öffentlichen Zahlstellen wieder katsche Geldstücke angehalten worden, so z. B. in Pirna ein falsches Zweimarkstück mit dem Münzzeichen 8 und der Jahreszahl 1876; in Zwickan Einmarkstücke mit der Jahreszahl 1875 und dem Münzzeichen 0 und in Glauchau Ein markstücke mit dem Münzzeichen und der Jahreszahl 1881. In der Ausbeute an Nickelmetall nimmt Sachsen iin Deutschen Reiche den ersten Rang ein. Von den 4800 t Nickelerz, welche in Europa gefördert werden, kommt ungefähr ein Drittel auf Deutschland bez. auf Sachsen und Westfalen. Die hauptsächlichsten sächsischen Gruben befinden sich in Johanngeorgenstadt, Eibenstock, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Marienberg und Altenberg. f Durch Feuer wurden vernichtet: das Mehl- horn'sche Gut in Oberlungwitz; das Schädlich- sche Wohnhaus zu Hammerbrücke. — Todt auf gefunden (wahrscheinlich überfahren) wurde ein 2jähr. Knabe unweit Pannitsch bei Taucha. — In Kappel hat der Arbeiter Thierbach ein 19jäbr. Mädchen durch 2 Revolverschüsse lebensgefährlich verletzt. — Einem 8jährigen Knaben auS Taucha wurde durch Umsturz eines Balkens in Leipzig ein Bein zerschmettert.- — Das 3jähr. Söhnchen des Schneiders Knoblauch in Leipzig wurde überfahren und ziemlich stark verletzt. — Der Scheermeister Müller auS Oberplanitz wurde im Feineisenwalzwerke zu Zwickau bei der Maschine todt aufgesunden. — In Langenau wurde eine 34jährige HandelSsrau au» Freiberg im Freien vom Schlagfluß getödtet.— Bei einem Exzeß in Oelsnitz sind mehrere Leute gestochen und durch Steine re. erheblich verletzt worden. — In Chemnitz wurde ein junger Kauf mann im Bade vom Schlage getödtet. — In der Nähe des Bahnhofes Lugau wurde ein 3 V,» jähriges Mädchen überkahrcn und schwer verletzt. In Greiz wurde ein 7jähr. Mädchen von einem Fuhrwerk überfahren und getödtet. — Ein Artillerie» nterosfizier wurde beim Zünden von Kanonenschlägen bei Zeithain schwer verbrannt. — Der 16jähr. Laufbursche Görne in Dresden hat sich mehrfacher Brandstiftungen schuldig ge macht. — Das 50jährige Bürgerjubiläum feierte Herr Schneidermeister Taudt in Annaberg. — Die Kirche zu Pausitz bei Riesa feierte den 26. Juni das 100jährige Jubiläum ihres Be stehens und das 100jährige Pastorjubiläum der Familie Pötzsch. Herr Pastor vr. Pötzsch ist der dritte dortige Geistliche, Vater und Groß vater waren seine alleinigen Vorgänger. — Am 24. Juni 1841 wurde von Borsig in Berlin in seiner Anstalt die 1. Lokomotive fertiggestellt, 1854 die 500. — Der Professor vr. Weber, Geheimrath rc. in Göttingen, Erfinder der Tele graphen, ist gestorben. — In Leisnig tagten die sächsischen Innungen (201 Innungen mit 8890 Mitgliedern), wobei 85 Innungen vertreten waren. — Zwei verheirathete Bürger, die Weber meister Fichtner und Kunitz in Mitweida sind am nämlichen Tage im gleichen Alter von 78 Jahren 11 Monaten 25 Tagen gestorben und an einem Tage beerdigt worden. — Am 19. Juni 1811 (also vor 80 Jahren) fand in der Hasenhaide bei Berlin der erste Turntag auf dem vom Turnvater Jahn errichteten Turnplätze statt. — Im Februar und März wurden auf den sächs. Bahnen in den Wagen 2008 verschiedene Gegenstände zurückgelassen. — Der deutsche Kriegerbund hat 174 Verbände mit 6010 Vereinen und 504,655 Mitgliedern. Zur UntcrstütznngS- kasse gehören 2815 Vereine, die 1890 33,400 M. Unterstützungen erhielten. Das Vermögen des Vereins beträgt 160,015 M. — Für das Kaiser Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser sind 509,488 M. gesammelt, wozu die Kriegervereine 218,500 M. zusammengebracht. — Den 19. Juni 1291 erhielt die Stadt Grodck (Graudenz) die Stadtgerechtigkeit. Sachsen. ! *** Umschau in der sächs.-preuß. Lausitz < und dem Meißner Hochland, 26. Juni, i Durch Feuer wurde vernichtet: Das Haus des ! Häuslers Mosig in Baschitz. — Bei Königstein ' wurden 2 Leichen, eine männliche und eine weib- l liche, auS der Elbe gezogen. — Der 17jährigr Böhme beim Gutsbesitzer Mauer in Niederstem« > stürzte vom Boden und zog sich gefährliche Ver letzungen zu. — Der Lohnfuhrmann Mulansky auS Doberschau fiel vom Wagen und zog sich mehrfache nicht unerhebliche Verletzungen zu. — Ein Dachdeckergehilse aus Pirna ist von einer Kaserne der Festung Königstein gestürzt und hat beide Arme gebrochen. — Durch Kupfervitriol, der zu Jmprägnirungszwecken in der Olbers dorfer Anstalt verwendet worden, und davon Mengen in den Dorfbach gekommen, sind die I Fischereiinhaber und Äeflügelbesitzer rc. geschädigt worden. — Ein lljähriger Schulknabe in Groß schönau ist als Verfasser von Brandbriefen er mittelt worden. — Demnächst wird der Bezirks verband (im Königreich Sachsen) der deutschen Fleischerinnungen in der Stadt Zittau tagen. — Herr Grund- und Hypothekenbuchsührer Hammer aus Ehrenfriedersdorf kommt als solcher zum Amtsgericht Bautzen. — Die in Schandau tagenden Sächs. Forstleute werden laut Beschluß 1892 in Freiberg und 1893 in Annaberg ihre Jahresversammlungen abhalten. — Zu Nieder- gcrbitz wurde die stattliche neue Schule feierlich eingeweiht. — Herr Pfarrvikar Zenker aus Plauen wurde zum Pfarrer von Lockwitz er wählt. — In Alt- und Neugersdorf wurde ein großes Schulfest mit prächtigem Festzuge abge halten. — Am 21. d. ließ der Gcwcrbevercin zu Ebersbach durch Herrn Pastor Hoffmann seine neue Fahne weihen. — Desgl. feierte am näm lichen Tage der Turnverein zu Steinigtwolms dorf das Fest seiner Fahnenweihe. — Am 21. Juni 1741 bestand in Meißen der 13jähr. Sohn HeS Oberpfarrers Lessing, der spätere berühmte Dichter und Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing, das Ausnahmeexamen und wurde auf I der Fürstcnschule St. Afra ausgenommen. — Die Loge „Friedrich August zu den 3 Zirkeln i» Zittau" feierte am 21. d. das 75jähr. Jubi läum ihres Bestehens. I O Dresden, 24. Juni. Heute Vormittag sand in feierlichster Weife in Gegenwart behörd licher Abgeordneter die Eröffnung des vor einiger Zeit von der jetzt nahezu 500 Mitglieder zählen den hiesigen Bäckerinnung angekauften und zum ! Herbergs- und Jnnungshause ausgebauten Grund stückes Liliengasse 6 statt. Der Herbergspachter ! hat z. Z. in schönen, Hellen, luftigen Räumen 40 Betten stehen, wird diese jedoch in der nächsten Zeit auf 56 vermehren. Die Innung hält im Hause Sitzungs- und Archivlokal. Die Ein richtung ist eine schmucke und durchaus praktische. Die jetzige Innung besteht seit 1872 und ent stand aus der früheren, welche Anfang der 1860er Jahre durch die Gewerbefreiheit veran laßt, einging. Die Innung hatte ein mehrhundert- jährigeS Alter und besaß seit 1727 eine alte vom König August dem Starken geschenkte Fahne. König Albert verlieh der neuen Innung 1877 eine neue Fahne. — Heute hielten, wie alljähr lich, das städtische Waisenhaus, das Pestalozzi- stist, die städtische Kinderpfleganstalt JohanneS- seste ab. Morgen folgt denselben die königliche Blindenanstalt rcsp. das Freimaurerknabeninstitut. ! Die V. evangelisch-lutherische Landes synode erledigte in ihrer Dienstags-Sitzung den Erlaß Nr. 10 (die in der Landeskirche abzu haltenden Kirchenvisitationen) aus Grund des darüber vom Versassungsausschuß erstatteten Berichts. Der Ausschuß hatte die Grundzüge der im Entwürfe vorgelegten Generalverordnung im großen Ganzen gebilligt und nur einige Aenderungen vorgeschlagen, insbesondere die Be aufsichtigung des Religionsunterrichts mehr in den Vordergrund gerückt und den für die durch Mitglieder des Landeskonsistoriums abzuhaltenden Visitationen der Parochien der Ephorien in Aussicht genommenen Apparat etwas vereinfacht, dagegen die Bestimmung, daß der Visitation am anderen Tage eine Diözesan-Versammlung folge, obligatorisch gemacht. Die so abgeänderte Vor lage, mit welcher sich der Vertreter des Kirchen- rcgimentS ausdrücklich einverstanden erklärte, wurde von der Synode einstimmig genehmigt. Der Entwurf eines Kirchengesetzes, die Pensions berechtigung von Kantoren und Omanisten rc. ^betreffend, und der Entwurf einer Verordnung,