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der Patriotenliga wesentlich gesteigert und wenn jetzt auch Zwietracht innerhalb der Lfi , ', hängt da- nur mit der unzeitgemäßen Verherr lichung des Exministers BoulangerS zusammen, zu dessen Entfernung von Paris nur die Furcht der französischen Regierungskreise vor einem etwaigen Staatsstreiche, nicht aber eine Anregung Deutschlands Veranlassung gab. General Jung, der vertrauteste Mitarbeiter BoulangerS, ist bereits durch die Ernennung zum Gouverneur von Dünkirchen kaltgestellt worden und General Boulanger selbst dürste allen Grund haben, un verzüglich sein Commando in Clermont-Ferrand zu übernehmen und eine solche Verbannung von Paris noch als eine sehr gelinde Strafe ansehen. Nachdem der Festjubel des Jubiläums der Königin von England verrauscht ist, widmen sich alle politischen Kreise Großbritanniens wieder eifriger denn je den brennenden Fragen, welche Egypten und Irland betreffen. Infolge eines gemeinsamen russisch-französischen Schrittes mußte die Ratification des von Sir Drumond Wolff in Constantinopel bewerkstelligten englisch-türkischen Abkommens über Egypten bis zum 3. Juli ver schoben werden. Man hat sich in London schon mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß der Sultan seine Unterschrift schließlich verweigern wird. In diesem Falle dürften die Beziehungen zwischen der Türkei und England nicht abgebrochen werden, aber die egyptischen Angelegenheiten einfach in derselben Lage bleiben, wie vor dem Beginn der Verhandlungen Sir H. D. Wolffs. Im Unter hause wiedersetzte sich das Ministerium natürlich einem Anträge Wilfried Lawsons, der die eng- lisch-türkische Convention schon jetzt zum Gegen stand der parlamentarischen Bcrathung machen wollte. Nachdem auch der Führer der Opposition, der Exminister Gladstone, die Erörterung dieser Frage als nicht zeitgemäß bezeichnet hatte, lehnte das Unterhaus den Antrag Lawsons mit 276 gegen 115 Stimmen ab. Der Staatssecretär Smith brachte sodann den Antrag ein, daß Montag Abend 7 Uhr der Schluß der Debatte über den Bericht, betreffend die irische Straf rechtsbill erfolgen solle, falls die Debatte bis dahin noch nicht beendet sei. Nach zweistündiger Berathung wurde dieser Antrag mit 220 gegen 120 Stimmen angenommen, worauf die Parnclliten und die meisten Anhänger Gladstones den Sitzungssaal verließen. Der Bericht über die irische Strafrechtsbill wurde sodann ohne Ab stimmung angenommen und die dritte Lesung derselben auf heute Dienstag festgesetzt. Von gut unterrichteter Seite erfuhr das „Bureau Reuter" aus Petersburg, daß der Einfluß Katkows bei dem Kaiser von Rußland keineswegs erschüttert sei und daß im Gegentheil der Czaar jüngst Herrn Katkow die seltene Ehre erwies, ihm einen Besuch abzustatten, während er durch Unpäßlichkeit an's Zimmer gefesselt war. Die Heftigkeit, mit welcher die russischen Regierungsblätter sowohl die englisch-türkische Convention als auch die Candidatur des Prinzen von Koburg in Bulgarien bekämpfen und der Eifer, mit welchem der russische Botschafter in Constantinopel den Grafen Montebello bei der Vertheidigung der französischen Interessen in Egypten zu unterstützen sucht, zeigen deutlich genug, daß die russische auswärtige Politik nach wie vor im Fahrwasser Katkows treibt. Die bulgarischen leitenden Staatsmänner verhehlen nicht länger, daß die am Sonntag in Tirnowa zusammentrctende Sobranje sich mit der Fürstenwahl beschäftigen soll. Die Candidatur Battenberg ist endgiltig aufgcgeben, aber auch gegen die des Prinzen von Koburg wird Ruß land Einspruch erheben. Die bulgarische Be völkerung drängt dennoch zu einer Entscheidung, die auch deshalb dringlich scheint, weil die inner halb der Regentschaft neuerdings vorhandene Zwietracht eine Fortdauer des jetzigen Zustandes unmöglich macht. Berlin, 2. Juli. Der Kaiser machte heute Nachmittag, nachdem er vorher eine Unterredung mit dem Geh. Hofrath Bork gehabt hatte, in Begleitung des Flügeladjutanten vom Dienst, Oberstlieutenant v. Plcssen, eine Spazierfahrt durch den Thiergarten. - - Am Mittag war der erlauchte Monarch beim Aufziehen der neuen Wache am Fenster seines Arbeitszimmers er schienen, um dem vor dem Palais versammelten Publikum für die dargebrachten Ovationen zu danken. Berlin, 4. Juli. Heute Abend 10 Uhr wird Se. Majestät der Kaiser und König mit seinem Gefolge Berlin verlassen und sich zum Hurgebrauche nach Bad EmS begeben. Die Schricker. Der frühere UnterstaatSsecretär von Mayr übergab das von den in Elsaß-Lvchrmgen sich aushaltenden Baiern gestiftete Denkmal an die Stadt Straßburg. Die Uebernahme erfolgte durch den Beigeordneten Hochapfel. Paris, 2. Juli. Der „France" zufolge würde die Vorlage wegen versuchsweiser Mobi- lisirung eines Armee-Corps vertagt, refp. auf nächstes Jahr zurückgestellt. Aus Petersburg meldet man vom 1^ Juli: Wie verlautet wurden am Donnerstag, also einen Tag vor der Abreise des CzaarS und der Czaarin nach Finnland, in Kraßnoje-Selo in der Nähe des kaiserlichen Schlosses, zwölf Nihilisten ver haftet und alsbald nach der Peter-PaulSfeste gebracht. London, 2. Juli. Die Königin hielt Nach mittags eine Revue über 30,000 Mann der freiwilligen Truppen vor dem Buckinghampalast ab. Der Prinz und die Prinzessin von Wales„ die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie und andere Fürstlichkeiten wohnten der Revue bei. Die Königin wurde von der Volksmenge enthusiastisch begrüßt. Madrid, 4. Juli. Hier eingegangenen Nach richten zufolge haben in Valenzia aus Anlaß der Erhöhung der Octroi-Abgaben auf Vieh Ruhe störungen stattgefunden; fast alle Octroi-Hebestellen wurden in Brand gesteckt. Aehnliche Unordnungen werden aus Barcelona gemeldet. Sachsen. Se. Majestät der König verließ am Sonn abend Edinburg, um sich mit seiner Begleitung auf mehrere Tage in's schottische Hochgebirge zu begeben. Wie nunmehr als bestimmt verlautet, bezieht kurze Zeit nach Beendigung der Manöver Se. Königliche Hoheit Prinz Friedrich August das am Taschenberg gelegene Prinzenpalais. Nachdem Sc. Hoheit den Dienst der Infanterie und Kavallerie praktisch erprobt hat, dürfte der Prinz alsdann der Artillerie als Batteriechef zu- ertheilt werden. Bischofswerda, b.Juli. Heute Nachmittag 2 Uhr zog über die Gegend von Langwolmsdorf, Rückersdorf, Lauterbach, Drebnitz, Putzkau, Neu- kirch rc. ein schweres Gewitter. Blitz folgte auf Blitz mit furchtbaren, heftigen Donnerschlägen. In südlicher Richtung sah man mehrere durch Blitzcinschlag verursachte Feuer aufgehen und vermuthet man dieselben in Rückersdorf, Lang wolmsdorf oder Lauterbach. Bischofswerda. In postalischen Kreisen^ ist mehrfach bemerkt worden, daß bei solchen W den Händen des Publikums verdorbenen (ver schriebenen) Postanweisungen und Briefumschlägen mit eingedrucktem Werthstempel einfach dieser Werthstempel herausgeschnitten und dann zur Frankirung irgend eines anderen Postgegenstandes zu verwenden versucht worden ist. Dies ist grundfalsch und hat zur Folge, daß der dar gestellte Werthbetrag den Absendern wirklich ver loren geht, da die Post derartige Sendungen als unfrankirt betrachtet und mit Porto belegt. Derartige verdorbene Postanweisungen und Brief umschläge mit eingedrucktem Werthstempel tauschen die Postanstalten gegen gute neue ein, und dem Absender erwächst kein Schaden. Also nicht ausschneiden, sondern umtauschen! Verdorbene oder verschriebene Postkarten und gestempelte Streifbänder werden nicht umgetauscht. — Am 1. Juli ging in Sachfen die Jagd für männliches Edel- und Dammwild, sowie für Rehböcke und wilde Enten auf, während in Preußen von nämlichem Tage an außer männ lichen Roth- und Dammwild auch Wildenten, Trappen, Schnepfen und wilde Schwäne geschossen werden dürfen. In Oesterreich dagegen sind nur wilde Enten und Gänse aus der Schonzeit ge treten, indeß Edel- und Dammwild dort noch auf zwei volle Wochen gesetzlichen Schutz genießt. Trotz des schneereichen und wiederholt mit strenger Kälte aufgetretenen letzten Winters soll der Be stand des Hochwildes — Dank der Fürsorge der Forstverwaltung, welche den Thieren nie Futter mangel leiden ließ — fast überall ein recht guter sein. Vor der Hand freilich dürfte noch nicht auf billige Preise des Hirsch- und Rehwildprets zu rechnen sein, da innerhalb der nächsten beiden Wochen nicht nur viel des in Sachsen und Preußen geschossenen Hirschwildes nach den böh mischen Bädern verschickt werden wird, sondern erfahrungsgemäß auch die ungezählten Sommer frischen in den Gebirgsgegenden gerade im Monat Jult viel Wildpret aufbrauchen. — Diejenigen, welche beabsichtigen, sich ein combinirbareS Rundreisebillet ausfertigen »u lassen, seien darauf aufmerksam gemacht, daß derartige Bestellungen in den Monaten Juli und fllugust gericht zu Leipzig im Hochverratksprocesse der I Abreise erfolgt mittels Extrazuges vom Pots acht Elsässer hat die Erbitterung der Mitglieder damer Bahnhofe aus über Magdeburg, Kreiensen, der Patriotenliga wesentlich gesteigert und wenn WilhelmShöhe und Gießen, woselbst morgen Vor letzt auch Zwietracht innerhalb der Liga herrscht, mittag 8>/. Uhr während eines kurzen Aufem- ' -—"" - haltes derKaffee eingenommen werden soll. In Bad Ems trifft Se. Majestät der Kaiser morgen Vormittag um 11 Uhr ein. Empfang und Be gleitung finden auf dieser Reise nicht statt. Berlin, 4. Juli. In Begleitung Sr. Maj. des Kaisers werden sich während des Aufent haltes Sr. Majestät in Bad Ems befinden: die Generaladjutanten Generale der Kavallerie Graf v. d. Goltz und der Chef des Militär- Cabinets, General der Kavallerie v. Albedyll, sowie Generallieutenant Graf Lehndorff, ferner der Ober-Hof- und HauSmarschall Graf Perponcher Kammerherr Frhr. v. Reischach, der Chef des Civil-Cabinets, Wirkl. Geh. Rath v. Wilmowski, die Flügeludjutanten Oberstlieutenants v. Peters- dorff und v. Plessen, die Leibärzte General- StabSarzt der Armee vr. v. Lauer, Generalarzt vr. Leuthold und Stabsarzt Ur. Timann, der Geh. Hofrath Bork, die Abtheilungschefs im Militärcabincts Oberst v. Brauchitsch und Oberst lieutenant v. Oidtmann, und als Vertreter des Auswärtigen Amtes der Wirkl. Geh. Legations rath und Gesandte in Bern, Kammerherr v. Bülow. Das zuletzt von Ur. Mackenzie aus dem Halse des deutschen Kronprinzen entfernte Stück der Wucherung ist von Professor Virchow untersucht worden und haben sich dabei bösartige Erschei nungen nicht herausgestellt. Berlin, 2. Juli. Der „Nat.-Ztg." wird aus Paris telegraphirt: Die Agitation wegen der angeblichen Gefahr einer Ueberfluthung Frankreichs mit deutschem Spiritus ist absolut unbegründet, da bei dem heutigen Preis des Spiritus an den deutschen Börsen trotz der ver dreifachten Exportprämie der Hectoliter sich hier auf 60 Francs stellen würde, während sonst hier der Preis nur 41 Francs beträgt. — Heute soll in Bezug auf die Erhöhung des Spirituszolles Beschluß gefaßt werden. In der „Röpubliquc Franyaise" führt der Deputirte Jules Roche aus, die Erhöhung müsse sich auf 45 Francs belaufen, der Zoll also 75 Francs betragen, um der deutschen Exportprämie gleich zukommen. — Die Polizei hat das öffentliche Ausrufen des Hetzblattes „La Döfense Nationale" untersagt. Frankfurt a. M., 4. Jnli. Auf das gestern von der Fcstversammlung an Se. Majestät den Kaiser abgcsandtc Huldignngstelegramm ging nach folgende allerhöchste telegraphische Antwort ein: „Die zum 9. deutschen BundcSschießcn^vereinigten Schützen haben durch ihren Festgruß und den Ausdruck treuer Anhänglichkeit mich herzlich er freut. Indem ich der Versammlung meinen wärmsten Dank ausspreche, muß ich mit der patriotischen Gesinnung derselben mich innig ver binden in dem gemeinsamen Wunsche und Rufi: Heil dem Vaterlande! Wilhelm." Der allgemeine deutsche Handwerkertag findet bekanntlich vom 16. bis 19. August in Dort mund statt. Diese Zusammenkünfte der selbst ständigen Handwerker, sei es unter engeren Be- rufsgcnossen, sei es in allgemeinen oder örtlich abgegrenzten „Tagen", sind ein Beweis, daß die sogenannte Handwerkerbewegung im langsamen, aber sicheren Fortschrcitcn begriffen ist. Hand in Hand damit geht die Entwickelung des Innungs wesens. Fast täglich lesen wir in den Blättern, daß die Regierung dieser oder jener Innung die vorgesehenen Rechte des K 100 der Gewerbe ordnung verliehen hat, ein Zeichen, daß immer mehr Innungen in Bezug auf Zahl und Fähig keit ihrer Mitglieder, sowie in Bezug auf die Leistungen auf dem Gebiete der Lehrlingsaus bildung rc. den gesetzlichen und sonstigen An forderungen genügen. Die von einem Finanz - Consortium unter Führung der Reichsbank übernommene 3^ proc. deutsche Neichsanlcihe im Betrage von 100 Mill. Mark gelangt am 5. Juli zur öffentlichen Sub- scription und zwar, wie verlautet, zum Course von 99 Procent. München, 4. Juli. Der „Allg. ZtH." zu folge wird auf der voraussichtlichen Reise des Kaisers nach Gastein doch eine Begrüßung Seitens des Prinzregenten erfolgen, jedoch nicht hier, sondern zur Vermeidung der unausbleiblichen anstrengenden Ovationen auf einem anderen bairischen Bahnhof, dessen Bekanntmachung erst in letzterer Stunde erfolgt. Karlsruhe, 4. Juli. Die 2. Kammer nahm einstimmig die Branntweinsteuervorlage an. Straßburg, 2. Juli. Heute Nachmittag fand die feierliche Einweihung des Denkmals für König Ludwig I. von Baiern statt. Die Fest rede hielt der Secretär des Universitätssenats