Volltext Seite (XML)
11L. Jahrgang Sonntags-Ausgabe -rr Sterbt Leipzig tür L«l»zl, und Dorer«, ,« V"gt»AS(st»C»N- >,« vaul g«dr«cht moaatl! »I»r«,lt4drllch M. 6.00: für Abholer monatlich M. 1.75: M>«mürtta«n 3N!»l«n Inj -ans gebracht monatlich M. lührUch Ä. 6.5Ü: durch bi« Post Innerhalb Deutschland« G« »enatUch 'M. ^5. vlerteilthrlich M. 6.75; Moraen-Aa«, 4tde»d-4lu«gabe M. 0,SO, Sonntaal-Aulgode M. ÜLO monatlich laatfchllrhltch poltdestellgebitdr). Hauptschriftleiter: Dr. Erich Lverkh, Leipzig. Aurelgenpreis: 'L.7.L"L LW Anieiami ». Bahürda» tm amtl. Lell dl, Xoloneljell« SS Pf. » ao«»> A5 klein, A»j«ig,a di« X»l»n«Iz«ll, SU Ps^, ao«würt« 55 PK D,fchüf«tanjrlg«n mit platzoorlchristen im Pretl» erhühl. Beilagen: Selamtaaslaa, M. 7.— da« Taulend aullchl. Postgebühr, chin^lnmnmer >0 Ps. — Sonn- »ad Festiag« 15 Pf- F«»s»e»ch.L»,chl»HRr.l4«»r.1jiUU »ad l»"»«.—P°st«che»kont»7ru» vchriltl«U»»> »ad Delchüftjstele: Lohaaaljgost« Ar.ÜK Verlag: Dr. Reinhold L Lo^ Leipzig. Rr. 175 Sonntag, den 7. April 1S18 Deutscher Vorstoß über die Oise Mtd. Berlin, S. April abends. (Amtlich.) Bon dem Schlachtfeld« zn beiden Seiten der Somme nichts ReneS. Französische Angriffe auf dem Westufer der Avre scheiterten. Südlich von der Oise sind wir in die feindliche Stellung bei Amigny eingedrungen. n Aus der amtlichen Meldung geht hervor, dich unsere Truppen die Oise östlich Chauny überschritten haben und sich im Angriff auf die sich Icing» des Flusses hinziehendcn französischen Befestigungen befinden, deren Schlüssel in Gobain ruht. Bei Amtgny sind sie in die feindlich« Linie eingebrochen. Den französischen Heeresberichten war vor einigen Tagen zu entnehmen, daß ein deutsches Bataillon die Oise überschritten und einen Brückenkopf auf dem Südufer der Oise zu errichten versucht hätte. Die Franzosen rühmten sich, uns wieder über den Fluß getrieben zu haben. Es hat sich offenbar damals um eine Erkundung gehandelt. Unter Borstotz über die Oise ist in taktischer wie strategischer Hinsicht eine Ueoerraschung; denn man hatte von dieser Richtung aus immer einen französischen (Segenstotz gegen die Flanke unserer im Raume von Amiens operierenden Heere erwartet. Run ist es freilich ein von unserer Heeres leitung schon häufig angewendeter Schachzug, auch an jenen Stellen ufsensiv vorzugehen, wo die strategischen Verhältnisse eigentlich die Defensive bedingen und so dem gegnerischen Angriff zuvorkommcn. Ob es sich bei dem Borstoß über die Oise um solch ein Manöver handelt, ähnlich wie der Ansturm Hutiers gegen die Lrozatstellung und gegen Rayon, oder ob der Schwerpunkt unserer Offensive nach Süden in Richtung Soisions—Complegne—Paris verschoben wurde, während der Gegner seine sämtlichen Reserven im Raume von Amiens versammelt hat, mutz abgewartet werden. Tammerfors kapituliert Stockholm, S. April. (Drahtbericht.) Das finnisch« Haupt, gnartier meldet unter dem 6. April, HS Uhr morgens: Dl« erste große Operation der finnische« Armee ist erfolgreich beendet. Die Rote Sarde von Tammerfors hat sich ergeben. Stockholm, S. April. (Drahtbericht.) Das finnische Haupt- anartier meldet unter« 4. April: Das Satalmirta-Korps hat den Feind znrückgeworfen. In dem von ons einaeschlofseuen Tammer fors dauern erbitterte Straß en Kämpfe an, in denen wir Lord Cecil zu Czernius Rede Haag, 6. Apül. (Eigener Drahtbericht.) AuS London, wird gemeldet: Lord Rodert Lecil Hot sich in einer Unterhaltung mit dem Korrespondenten von Reuter über die jüngsten Erklär»«, gen des Grafen Lzernin wie folgt geäußert: Welche Zweifel bezüglich Lzernins Haltung über seine jüngsten Erklärungen auch de- ftonden haben mögen, es ist kein Zweifel mehr möglich, daß er die preußischen Ideale und die preußische Politik vertritt. Er hat gesagt, daß das Friedensangebot der Zentralmächle nur mäßige Forderungen -nkhnlle nnd nicht nur auf den Prinzipien des Setbstbestimmungs- rechtes begründet sei, sondern auch die Formel .Keine Annexionen und kein« Kontributionen' enthalte. Was das Selbstbefiimmangs. recht der Völker in Rußland anlaag», so sind alle neuen Staaten in Rußland organisiert worden, ohne daß man sich um die Wünsche der Bevölkerung irgendwie bekümmert hat. Die Völker hallen sich nur zu fügen. Im Norden find di« Wünsche einer kleinen L ique deutscher Barone ausschlaggebend gewesen, also nur eines ganz bedeutungslosen Teiles der Bevölkerung, während die Wünsche der großen Maste der Bevölkerung einfach anbeachtet gelaßen find. Ja, es wurde noch nicht einmal der versuch gemacht, den Wünsche« und Ansprüchen der v«r- schieden«« Rasten, wie Esten, Lette«, Litaner, Polen und Ukrainer Rechnung zu tragen. Sie wurden einfach wie Minderjährig« behandelt und einem Staate zogetellt, ohne aas ihre Vergangenheit und ihre Rasta« irgendwelche Rücksicht zu nehmen. Mil Rumänien ist man in gleicher Weise verfahl««. In der Dobra dscha, die Bulgarien überlasten wurde, wohnen nur 18 Prozent Bulgaren gegen 55 Prozent Rumänen, wogegen derjenige Teil von Beßarabien, der augenscheinlich Rumänien überlaste» werden soll, einen verschwindend kleinen Prozentsatz von Rumänen enthält. Bielleicht ist der heuchlerischste Teil des Friedeusangeboler derjenige» in dem es so dargefiellt wird, alt wollten die Zentralmächle keine Kriegskontrlbulioren beanspruchen, während sie doch tatsächlich den Besiegten solche avferlegt haben. Ls ist eine sonderbare Regelung für die neuen Staaten, daß sie keine Verpflichtungen gegenüber Ruß land zu übernehmen brauchten, die aus ihrer früheren Zusammen gehörigkeit mit Rußland hergeleitek werden können. Dies Hal zur Folge, daß dl« ganze Staaksschald, die bisher von dem gesamten Ruß land getragen wurde, von allen diesen Staaten einfach abgeschüttelt wurde. Bezüglich der Ukraine scheint Lzernins Wunsch, alle Lebens mittel zu erhalten, nicht aas einen Ankauf, sondern auf «ine unzweideulige Beschlagnahme hinauszua«h«n. Außerdem müssen die Kosten aller während des Krieges dorgenommenen Requisitionen durch die Zentral mächte von der Kaufsumme obgeschrieben werden. Dies beträgt für Rumänien 55 Millionen Pfund Sterling Unkosten. Außerdem be anspruchen die Zentralmächte das ausschließliche Recht, über dies« Fälle zu entscheiden. Es soll hierfür ei« Sondergerichtshos in Leipzig errichtet werden. Es ist wohl zu verstehen, daß Graf Lzernin in einer Anwandlung von Offenherzigkeit gesagt Hal, daß beim Friedensschluß mit der Ukraine und mit Rumänien sein erster Gedauke der war, Oesterreich-Ungarn mit den nötigen Lebensmitteln und Roh stoffen zu versorgen. Jawohl, das war in der Tat der einzig« Zweck dieses Friedens, der zur Folge hat, daß Oesterreich-Ungarn wirt- sch ältliche und strategische Vorteil« gewinnt, wogegen die Ukraine und Rumänien vollständig der Gnade der Zentralmächle ous- geveferl erscheinen. Lord Robert Lecil sagte znm Schloß, datz er di« vr»uhische Brutalität der österreichischen Heuchelei vorziehe. Er schloß: .Denn man seine Rachbarn ausplSndern und erdrossel» will, ist es bester, nicht über Mäßigung zu reden.' Sturmzeichen im Wiener Parlament Die», 6. April. (Eigener Drahtbericht.) Di« wenige« Abgeordneten, die sich heut« im Abgeordnetenhaus« «ingefundeu habe«, erstrt«se« sehr ledhasl die politische Situativ«, die sich infolge bau GUuvirküuge« »er Red« des Grafe» Lzernin am Dienstag von die Oberhand Haden. Schrill für Schrill wird der Feind zurückgedrängl. Wir haben den Bahnhof aeoommen, die Siromschnelle überschritten und die Esplanade erreicht. Auf der Saoolakr Front ist die Lage vnoer- ändert, ebenso in Karelien, wo sowohl auf der Ioulreno- als auch auf der Raulos-Frvnt heftiges Artilleriefeuer anhäll. Der Gcneralquartiermeifler. IgnaliuS- Wie «Stockholms Tiüningen" aus Wasa erfährt, hat sich in den letzten Tagen die Gefecht Stätigkeit an der ganzen fin nischen Front erheblich vermehrt. Die weißen Gardisten unter- nehmen gegen Björnebvrg eine Offensive und haben Verstärkungen nach Karelien gesandt. Das ganze Land wartet auf den Angriff der Deutschen gegen Hclsingfors und Abo. Demgegenüber schwindet nach Aussagen von Augenzeugen die Zuversicht im Lager der Roten Gardisten täglich mehr. Die Führer der Aufruhrregierung, Manner und Sirola, sind nach zuverlässigen Angaben aus Hclsingfors verschwunden. Wie .Dagens Nyheter" erfahren, greift die Verstimmung unter den Roten Gardisten auch deshalb um sich, weil die Soldaten nickt mehr, wie bisher, ihre Löhnung regelmäßig erhalten. Stakt 15 -Zt pro Tag erhalten die Truppen jetzt nur 25 pro Woche. In aller Stille bildet sich in Südfinnland eine Blaue Bürgergarde, die später den Weißen Gardisten helfen will. Sie soll bereits aus 3000 Mann be stehen. Generalfeldmarschall von Eichhorn übernimmt den Oberbefehl in der Ukraine Kiew, 6. April. (Drahlberichl.) Gcneralfeldmarschall von Eich- Horn ist gestern hier eingetroffen, um den Oberbefehl über di« in der Ukraine befindlichen deutschen Truppen z» übernehmen. Er wurde am Bahnhof durch den Botschafter Freit,errn von Mumm, den Lhef des Stabes mit dem Offizier Korps, den ukrainischen Ministerpräsidenten Gol» bowltfch, den KriegSininister Shukowski sowie durch die Mit- glleder der deutschen Akraine-Delegation empfangen «nd begab sich so dann in das ihm von der ukrainischen Regierung zur Verfügung ge stellt« Palais Popow. Oesterreichisch-rmmrrischer Heeresbericht Wiea,6. April. Amkkch wird verloulbarl: In Italien ttrß die Sefechkstcittgkeit wieder nach. Der Chef per Aeneralstabs. M. T, B.), . Stunde zu Stunde ungünstiger gestaltet. Maa weiß, datz jene Partien, die von dem Grafen Lzernin so stark angegriffen wurden, sich für eine politische Aktion vorbereUen, die darauf abzielt, hei der Ein- briugnaq des Dndgelprovisoriams und dessen Berälvng der Regie- rung die größten Schwierigkeiten zn bereiten. Die Mißstimmung hat auch auf die Ukrainer übergcgrifsen, die es für sehr gefährlich finden, daß Graf Lzernin in der gegenwärtigen Zeit eine so große Partei des Haases so stark angreifen konnte. Im Abgeord netenhaus« glaubt man Henle, daß das HauS.erst am 23. April zusammen- treten wird. Darauf denket auch der Umstand hin, daß die verschie denen, für die nächste Woche «mberufenen Ausschüsse den Termin ihrer Beratungen wieder verschoben. Für den Donnerstag find di« Mit glieder der christlich-sozialen Vereinigung nnd Vertreter der deokfch- nalionalen Gruppen zur Besprechung über die VerfaffnngSreolfion «in- geladen worden. Wien, 6. April. (Drahtbericht.) Die .Dentsch-Nationale Korre spondenz" wendet sich gegen die von tschechischer Seite ausgestreuken Gerüchte über eine Demission des Grafen Czernin. Radoslawow über die Ansprüche Bulgariens Sofia, S. April. (Bulgarische Telegraphen-Agentur.) Da auf der Tagesordnung die Forderung eines Kredits von ungefähr 2 Milliarden Franken zur Deckung der tatsächlichen Ausgaben für Material und Kriegslieserung stand, benutzte Ministerpräsident Radoslawow diese Gelegenheit in der Sobranje, um die ausgezeichnete Lage Bulgariens zu beleuchten, daS am Kriege teilgenommen hat, um seine nationale Einheit zu verwirklichen. Diese Lage verdanke es vor allem der glänzenden Haltung der Armee. Radoslawow hob hervor, daß die Erlangung derDobrodscka die erste Stufe zur Verwirklichung des nationalen Ideals sei. Die Dobrudscha, erklärte Radoslawow, ist zu unä zurück- gekommen in erster Linie, weil die Bevölkerung, die sic bewohnt, sich für Bulgarien entschied, ferner, weil die bulgarischen Truppen unseren Verbündeten im Kampfe gegen Rumänien entscheidende Hilfe leisteten, indem sic sich für die Befreiung der bulgarischen Provinz- schlugen und auch weil die Diplomatie unserer Verbündeten unsere nationalen Ansprüche in den Friedenäocrhandlungen unterstützte. Aber diese Frage ist nun erledigt. Wir haben kein Haßgefühl mehr gegen Ru mänien, das wir im Gegenteil gern zum Freunde haben möchten. Der Friede mit Rumänien ist eine Folge des Friedens von Brest- Litowsk mit der Ukraine und Grotz-Ruhland. Unsere nationalen Be strebungen begegnen warmer Sympathie in diesen russischen Ländern. Alle Welk erkennt den bulgarischen Charakter der Dobrudscha, Maze doniens und des MorawalandeS an. Alsdann appellierte Radoslawow an die Abgeordneten, sie möchten einstimmig ohne Debatte den gefor- derten Kredit bewilligen zum Zeichen des Vertrauens auf die Armee. Nach diesen Erklärungen des Ministerpräsidenten wurden die Tribünen von dem Publikum und den Journalisten geräumt und die Sitzung hinter verschloßenen Türen fortgesetzt, in welcher der Kriegsminister Nei de n o w vertrauliche Ausführungen machte. Türkischer Vormarsch im Kaukasus n^b. Konstantinopel» 3. April. (Heeresbericht.) Palä- ftinafrent: Rege beiderseitige Artillerie- nnd Fliegerlätigkeit von der Küste bis zum Jordan. KankasuSfront: Unser« Truppen haben auf breiter Front den Vormarsch fortgesetzt. Nördlich des Waase« ward« Erdschicht nach hesiigem Kampf besehl. Starke Vorflellnnge« und be festigt« Ortschaften westlich Sari Kamisch find erstürmt worden. Ar- dahanlfi genommen. 3<l Mörser and viel Munition gelangten hier ln ansercn Besitz. An der Schwarzmeerkäpe Ist die früher« Grenz« in Richtung Batam überschritten. A«f den «beigen, Fronten nichts von Belang. Sozialpolitik im Friedensvertrage Bon Lr. Iunck, M. d. R. Bei dec Beratung des russischen Friedensvertrages hat der Reichstag einen Beschluß gefotzt, dec von größter grundsätzlicher Bedeutung ist und einen stärkstem in der (Beschichte der Sozial. Politik Hilden könnte. Der Beschluß lautet: «Den Reichskanzler zu ersuchen, beim Abschluß der künftigen Friedens verträge dahinzu wirken, daß Vereinbarungen über eine Mindestforderung auf dem Gebiete des Arbciterschühes und der Sozialversicherung zwischen den vertragschließenden Staaten berbcigeführt werden und für die Ausgestaltung eines inter nationalen AlbciterschutzeS und der Sozialversicherung die Grund lage einer weiteren Entwicklung geschaffen wird." Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt und vom Auswärtigen Amt lebhaft begrüß'.. Auch der Staatssekretär des Reichswirl- jchaftsamtes, also der für Sozialpolitik zuständigen Stelle, ließ fein Einverständnis erklären. Sonach ist zu hoffen, datz bei den künf tigen FriedenSoerhandlungen die Sozialpolitik zu der Geltung ge langen wird, die ihr zukommt. Arbclterschutz und Sozialversiche rung. In ihnen verkörpert sich die Fürsorge für das arbeitende Volk, die als eine Pflicht des Staates erkannt zu haben, für alle Zeiten ein Ruhmestitel der Deutschen sein wird. Die Deutschen waren es, die den stolzen Bau ihrer Reichsversicherungsorünung ausführten, der weit hinaus über die Grenzen des Reiches als ein Wahrzeichen deutscher Gesetzgebungskunst und deutschen Pflicht bewußtseins sichtbar ist, der ganzen Welt zur Nacheiferung. Und ebenso war es die deutsche Gesetzgebung, die den Schutz der arbeitenden menschlichen Persönlichkeit bahnbrechend tn die Hand nahm; es genügt hier, zugleich um di« Tragweite des Reichstags beschlusses zu kennzeichnen, an die Begrenzung der Arbeitszeit, ins besondere sür den Sonntag, und an den Schutz der Frauen, Jugend lichen und Kindtr> zu erinnern. Und nunmehr sind es wiederum die Deutschen, diesk angeblichen Kulturfeinde, die in so großen, die ganze Menschheit berührenden Fragen Träger des Fortschrittes sein wollen. Uebrigens würde Deutschland, wenn es in den ZriedenSver- trägen Sozialpolitik trlebe, auch klug und weise handeln. Denn seht gilt es die Verluste an Menschenkrast wieder herzustellen, die bei nahe die gesamte Kulkurwelt in diesem furchtbaren Kriege erlitt und noch erleidet. Will man den Gesichtspunkt der Nützlichkeit noch schärfer betonen: Deutschland kann dem Wiederaufbau seines eigenen Wirtschaftslebens nicht besser dienen, ois wenn es seine Feinde veranlaßt, gleiche sozialpolitische Lasten auf sich zu nehmen. — ein Gedanke, der ebenfalls im Reichstage zum Ausdruck ge- bracht worben ist. Wir zögern jedoch nicht, unserseits zu erklären: im Vordergrund steht zweifellos die ideale Seite, nämlich die Tat sache, datz hier ein allgemein menschliches Hochziel zur internatio nalen Geltung gebracht werden soll. Damit wird an Bestrebungen angeknüpst, die schon vor dem Kriege begonnen hatten und auch während des Krieges nicht ganz erloschen waren. Sowohl auf der Konferenz von Vertretern der Gewerkschaften Frankreichs, Englands, Belgiens und teilweise Italiens, die im Juli 1916 zu Leeds stattfand, als auch aus der Berner Konferenz des Internationalen Gewerkschaftsbundes i.n Oktober 1917, woran Vertreter der Mittelmächte und der neutralen Länder teilnahmen, ist ähnliches besprochen worden. Beide Kon ferenzen wünschten, daß das Internationale Arbeitsamt in Basel als zwischenstaatliches Organ für die Durchführung des Arbeiter schuhes anerkannt werden möge. Demgegenüber findet der Be schluß des Reichstages seine Bedeutung darin, daß die inter nationale Sozialpolitik nunmehr aus dem Bereiche der Wünsche in das der Tat gelangen soll. Je gewaltiger der heiß erkämpfte deutsche Sieg seiir wird, um so eher kann Deutschland seinen Gegnern mit heilsamem Zwange dasjenige auferlegen, was ihnen ihr eigenes Pflichtbewußtsein gebieten sollte. Und mit solchen Friedens bedingungen wird Deutschland dereinst vor der Weltgeschichte als dem Weltgerichte bestehen können. Sache der Rcichsregierung ist es jetzt, die Ausgabe entschlossen in die Hand zu nehmen und durch- zufllhren. Geschieht dies, dann kann schließlich auch aus diesem furchtbaren Kriege neues Leben erblühen und die Sozialpolitik wird dereinst zu den Fäden gehören, durch die die zerrissen« Menschheit wieder untereinander verbunden wird. Der Reichstag seinerseits möge über seinem Beschlüsse wachen. Auch sonst warten seiner große sozialpolitische Aufgaben. Ins besondere mag jetzt endlich dem Koalitlonsrechtc der ihm gebührende Platz in der deutschen Gesetzgebung angewiesen werden. Dieses Recht mutz von den unvernünftigen Fesseln gewisser Bestimmungen der Gewerbeordnung befreit werden; es muß ein Ende damit ge macht werden, daß gerade für die Koalitionen, ohne deren Mit arbeit das Vaterland in diesem Kriege längst »ntergegangen wäre, ein ihrer unwürdiges Ausnahmerechk gilt. Was den Arbeiterschuh anlangt, so möchte an dieser Stell« daran erinnert werden, daßFinnland am 18. August 1917 ein allgemeines ArbeitSgeseh erlösten Hal, worin namentlich Vor schriften über die Arbeit von Kindern, Jugendlichen und grauen zusammengefatzt sind; andere sozialpolitische Gesetze und Verord nungen haben sich angefchlossen; alles zeugt von sozialpolitischem Verständnis. Schöner konnte der junge finnische Staat seinen Ein tritt in dl« Reche der Kulturvölker und seine Ebenbürtigkeit mit ihnen nicht bekunden, als aus diese Weise. So wird die nächste Zu kunft der Völker unter dem Zeichen der Sozialpolitik stehen. In Deutschland lädt zur rechten Stunde die immer rührige Gesellschaft für Sozial« Reform auf den 14. April zu einer großen Kundgebung für Sozialpolitik nach dem Kriege ein. Möchten die dnt gesprochenen Worte mächtig hinauStöncn in alle Land«?