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12. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1840. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 12. März 1840. Sagte ich es nicht in meinem vorigen Berichte, daß der mächtige Sol Pelz und schweres Sammelwerk schnell ver scheucht, sobald er sich blicken läßt? Freilich ist dieß jetzt nur noch eine artige Neckerei, die zum Schlußfeste des Carnevals dem feurigen Liebhaber der Mode wohl ansteht. Man fängt schon an, weniger schwere Bekleidungen und Mäntel zu zeigen, auch tauchen schon hier und da hellere, freundlichere Farben auf. So sahen wir bei der am 3ten Statt gefundenen Soirüe in dem Salon eines Depulirten die Dame eines neuen Mini sters eintrctcn, welche durch ihre Robe vieles Aufsehen machte. Dieses Kleid war aus veilchenblauem Satin von der feinsten und glänzendsten Qualität, mit drei Volans von weißen engli schen Spitzen versehen, hatte ein Schneppcnleibchcn ebenfalls mit solchen Spitzen bis hoch oben herauf besetzt und weite, faltenreiche und aufgcschlitztc Acrmel. Der Halsthcil war oval ausgeschnitten und mit aufgeklappten Dreizacken sehr niedlich verziert. Um den Hals der Dame bemerkte man eine köstliche Schnur weißer Perlen und die Coiffure derselben war zwar sehr einfach, jedoch nicht minder geschmackvoll, denn sie bestand aus einem sehr erfindungsreich componirten Zweige blaßgelbcr Ü autasieblumcn, der mit Diamanten durchbrochen war und s. h c albbogenförmig auf die linke Seite des nußbraunen Haa res ncig^, welches in zwei sich in der Mitte kreuzenden zarten Fechten walzenförmig durch eine goldene Halbmondnadel auf den Seneiecl befestigt war. Die Dame trug glänzend-weiße Glacehandschuhe', welche mit rosenrother Seide sehr geschmack voll gesteppt waren. Selbst die Schuhe dieser Dame machten durch ihr einfaches Wesen, indem sie von isabellcnfarbencm Sälen waren, sehr vieles Aufsehen, wiewohl hieran auch wohl der niedliche Fuß an und für sich nicht wenig Antheil haben mochte. — . Ueberhaupt sah ich in der letzter» Zeit wieder sehr viele Coiffü en, bei denen die Phantasicblumen eine sehr große, vicl- lcubt ?n bedeutende Rolle spielten und ich befürchten muß, daß man von der löblichen und weit ansprechendern Einfachheit leicht zu dem andern Extreme überspringen wird. Am Ende haben die Damen mehr Phantasie auf dem Kopfe, als in dem Kopfe. Das wäre doch gar zu arg. Man sollte einen Mäßigt keitsvcrcin der Phantcsieblumcn begründen, da doch einmal in unserer wunderlichen Zeit so viele andere, nutzlose Coalitioncn und Verbindungen in's Leben gerufen werden. — Dicßmal muß ich auch einer neuen und sehr geschmackvollen Art Theeschürzen erwähnen, welche man in der jüngsten Zeit sehr allgemein in den socialen Kreisen der minikersüchtigen Hauptstadt antrifft. Sie sind aus dem feinsten weißen Tüll oder Gaze gefertigt, mit halbmondförmigen Zacken an ihrem untern Rande versehen und mit hineingestickten Veilchen in reicher Masse verziert. Ich finde die Idee, solche Blümlein hineinzubringen, allerliebst, denn sie ist doch jedenfalls eine zarte Andeutung des nahenden Frühlings. Diese Schürzen werden von hellblauem Bande, welches vorn schärpenartig hcrabfällt, gehalten und dieses Band ist etwa nicht angenäht, sondern wird durch eine eigne Art Nadeln, mit einem Demant oder Goldknops mittlerer Größe, an den oberen Zipfeln der Schürze befestigt. Diese Nadeln hat Herr Bossel in auf der Richelieustraße Nr. 370 sehr kunstgemäß erfunden. — Neulich bemerkte ich auch Fichu's von quadratförmig durch löchertem Scidenzcug in grüner, rosenrother und weißer Farbe. Sie sind mit Franzen derselben Couleur und in schwachem Vo lumen verziert, und sind etwas größer als die von uns jüngsthin erwähnten. Diese Fichu's nehmen sich namentlich sehr gut zu Sammctroben von dunkler Farbe aus, doch darf die Damenge stalt nicht allzugroß sein, oder einen zu kurzen Hals haben. — Ivssellin's (Rue de Paix Nr. 13) Schnürleiber bilden noch immer einen der gesuchtesten Hauptartikel der verdeckten und dennoch Alles beherrschenden Damentoilette, und wenn wir Frauen so unter uns sind, so dreht sich sehr oft das Gespräch lediglich um sie. Macht man das in Deutschland auch so? Schließlich empfehle ich Ihnen, werthgeschätzteste Geschlechts genossen, jene graciösen Mützchen ü trois piöce» mit schwar zen Spitzen und Sammet auf der einen Seite und mit rosen wogenden Krappes auf der andern Seite verziert. Mit einer solchen war unlängst das von uns schon öfter erwähnte liebens würdige Fräulein Sara, die entzückende Braut eines hiesigen Professors der Medizin, im Renaissance-Theater angethan und zog mit Recht die allgemeinste Aufmerksamkeit auf sich. Herr Vollis auf dem Boulevard des Italiens Nr. 22 hat diese Bonnets comxonirt. Ihre Melanie. Feuilleton. Die Zaubcruhr. Nichts Erstaunlicheres und nichts Zierlicheres zu gleicher Zeit, als die wundervolle Stutzuhr, welche der Mechaniker Ingold, im Palais-Royal Nr. 177 zu Paris, ganz neulich beendigt hat. Diese Uhr, von vergoldeter Bronze, stellt die Vorhalle ei nes kleinen Tempels dar, dessen Spitzgicbel von zwei Säulen getragen wird. Eine Erdkugel von Email, auf deren Polen zwei mit Steinen geschmückte Kreise in entgegengesetztem Sinne sich bewegen, ruhet darauf. Ueber der Erdkugel schwebt ein